07.03.2024 Aufrufe

KEM Konstruktion 03.2024

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gibt es aus dem Softwarebereich kommend die agile<br />

Entwicklung mit kurzen Sprints. Wie passt das<br />

zusammen?<br />

Koch: V-Modell und agile Entwicklung in dieser Weise<br />

gegeneinander zu stellen, halte ich für falsch. Das<br />

V-Modell beschreibt ursprünglich ja nur den Ablauf,<br />

die Aktivitätensequenz – beginnend mit den Anforderungen,<br />

ein Design zu entwickeln, zu implementieren<br />

und anschließend zu verifizieren und zu validieren.<br />

Ob diese Sequenz drei Jahre oder nur drei Wochen<br />

dauert, steht da nicht drin. Bei drei Wochen bewege<br />

ich mich aber in der Größenordnung der agilen<br />

Entwicklung – will heißen: Dann kann ich das V-Modell<br />

auch dabei nutzen.<br />

Zumindest für die Automobilindustrie kann ich zudem<br />

sagen, dass wir inkrementell in dieser Weise<br />

entwickeln. Ist das eine V beendet, folgt das nächste.<br />

Im Ergebnis handelt es sich also um hintereinander<br />

geschaltete Sprints, innerhalb derer ich das V-Modell<br />

nutze. So interpretiert, ergibt sich kein Widerspruch<br />

zwischen V-Modell und Agilität. Gelegentlich gibt es<br />

allerdings auch die Interpretation, dass über mehrere<br />

Jahre hinweg das Produkt erst zerlegt und dann nach<br />

und nach wieder zusammengesetzt wird – mit der<br />

Realität in den Unternehmen hat das aber nichts zu<br />

tun.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Zunehmend kann<br />

ich ja inzwischen über IoT-Ansätze auch Daten im<br />

Betrieb sammeln und nutzen – lässt sich die damit<br />

verbundene Komplexität auch mit den oben beschriebenen<br />

Methoden bewältigen?<br />

Koch: An dieser Stelle kommen wir mehr oder weniger<br />

zu Problemen der Gesellschaft. Wir vernetzen<br />

unsere Komponenten, Baugruppen beziehungsweise<br />

Produkte immer mehr, alle kommunizieren miteinander<br />

und hängen damit auch voneinander ab. Die<br />

Komplexität in der Entwicklung wird auch dadurch<br />

gesteigert, dass wir IoT-Daten aus dem Betrieb wieder<br />

in die Entwicklung zurückspielen wollen, um sie<br />

in der nächsten Produktgeneration zu nutzen. Analog<br />

gilt das für die Handhabung des Produkts und darüber<br />

hinaus gedacht für das System, wie eingangs beschrieben.<br />

Dabei besteht natürlich schon die Gefahr, dass Menschen<br />

diese Zusammenhänge nicht mehr verstehen,<br />

Angst bekommen und solche Systeme beziehungsweise<br />

Technik ablehnen. Die große Herausforderung<br />

wird sein, angesichts der weiter voranschreitenden<br />

Vernetzung die Menschen, die Gesellschaft mitzunehmen.<br />

Entstehende Ängste lassen sich aber wiederum<br />

bei der systemischen Betrachtungsweise mit<br />

einbeziehen. Deswegen ist eines meiner Anliegen,<br />

mit der GfSE den Kontakt zu Entscheidungsträgern in<br />

der Politik zu bekommen und die Frage zu diskutieren,<br />

wie komplexere Systeme auch in politischen<br />

Entscheidungen berücksichtigt werden können – mit<br />

dem Ziel, die Gesellschaft auch weiterhin zusammenzuhalten.<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation: Lassen Sie uns<br />

abschließend wieder etwas näher in die Produktentwicklung<br />

schauen – gibt es insbesondere KMUs,<br />

die schon heute eine Entwicklung wie oben beschrieben<br />

realisieren können?<br />

Wilke: Die gibt es! Im Rahmen des Projekts SE4OWL<br />

von it’s OWL konnte das Fraunhofer IEM zusammen<br />

mit dem Sondermaschinenbauer Harting Applied<br />

Technologies zeigen, wie sich das in die Praxis umsetzen<br />

lässt. Die rund 50 Mitarbeiter definieren heute<br />

im Rahmen des zu entwickelnden Systems einzelne<br />

Handlungsfelder, die sie dann in einzelnen Sprints<br />

angehen. Damit konnten wir auch zeigen, wie sich<br />

Engineeringprozesse optimieren lassen, um technisch<br />

komplexe Systeme und digitale<br />

Services zu entwickeln.<br />

Übrigens: Kleine und mittlere<br />

Unternehmen können von dem<br />

erfolgreich abgeschlossenen Projekt<br />

und dem Einsatz des Systems<br />

Engineering profitieren:<br />

Wer selbst in die Umsetzung gehen<br />

möchte, kann auf unseren<br />

praktischen Online-Werkzeugkasten<br />

zurückgreifen, der unter<br />

der Adresse hier.pro/vAmD9 abrufbar<br />

ist.<br />

Produktentwicklung<br />

mechatronischer Systeme<br />

mit dem erweiterten<br />

V-Modell der VDI-<br />

Richtlinie 2206.<br />

Bild: VDI/VDE 2206:2021–11<br />

INFO<br />

Speziell mit dem Systems Engineering<br />

für die Entwicklung<br />

nachhaltiger Produkte beschäftigt<br />

sich die GfSE-Arbeitsgruppe<br />

„Sustainability enabled by<br />

Systems Engineering“ (SuSy):<br />

hier.pro/RIRM0<br />

<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>|Automation » 03 | 2024 15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!