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Kolumne<br />

Staatsschuldenkrise, Eu-<br />

rokrise, Bankenkrise, Fi-<br />

nanzmarktkrise….? Was<br />

ist es denn nun?<br />

Es zeichnet sich europa- und welt-<br />

weit ein äußerst diffuses Bild ab.<br />

Alles schon vorbei, mittendrin<br />

oder wohl gar erst am Anfang?<br />

Keiner weiß es genau. Weder<br />

hochdekorierte Wissenschaftler,<br />

Wirtschaftsspezialisten, noch Politiker<br />

oder gar Banker. Alle stochern<br />

im Nebel und hoffen, dass<br />

der Kelch an uns vorübergeht.<br />

Was meinen wir mit uns? Uns<br />

Deutsche? Uns Europäer? Sind wir<br />

schon Europäer oder müssen wir<br />

es jetzt zwangsläufig werden, damit<br />

die Verschuldensquote nicht<br />

überproportional steigt ?<br />

Was ist die Lösung? Eine Währungsreform,<br />

zurück zur D-Mark,<br />

geht das überhaupt noch? Ein<br />

Austritt Deutschlands aus dem<br />

Euro käme Deutschland jedenfalls<br />

teuer zu stehen und ist<br />

politisch gesehen eher unvorstellbar.<br />

Regelmäßig taucht eine<br />

Rating-Agentur auf und wertet einen<br />

Staat der so genannten ‚First<br />

World‘ und damit einen europäischen<br />

Staat ab. Das bedeutet, die<br />

Kapitalbeschaffung wird für diesen<br />

Staat noch schwieriger. Am<br />

Ende bleibt nur der Ausweg unter<br />

unseren Rettungsschirm und die<br />

europäische Allgemeinheit zahlt<br />

die Rechnung. Den Rating-Agenturen<br />

kann kein Vorwurf gemacht<br />

werden; sie bewerten nur die Tatsachen.<br />

Und doch erhöhen sie<br />

damit die Fließgeschwindigkeit<br />

des Strudels. Wir befinden uns<br />

immer noch in einer nie da gewesenen<br />

Instabilität und niemand<br />

ist im Besitz eines vorhandenen<br />

Gegenmittels um die Krankheit<br />

„Krise“ zu besiegen. Zumindest<br />

noch nicht! Wir fangen an Europa<br />

zu retten und wissen doch nicht<br />

so recht, was wir da eigentlich<br />

retten. Heißt Rettung jetzt eigentlich<br />

Verwendung deutscher<br />

Steuergelder im großen Stil für<br />

kriselnde Euroländer? Der ESM<br />

(Europäischer Stabilitäts Mechanismus)<br />

jedenfalls sieht ab 2013<br />

erstmals vor, dass 80 Mrd. EUR<br />

Bargeld fließen. Deutschlands<br />

Anteil liegt hier bei 22 Mrd. EUR.<br />

Die deutsche Haftung wird sich<br />

aufgrund von heutigen Prognosen<br />

auf 190 Mrd. EUR erweitern.<br />

Steuern wir eventuell auch auf<br />

eine unbegrenzte Haftung zu? Es<br />

sieht zumindest danach aus, obwohl<br />

die Politik das zurzeit nicht<br />

bestätigen will und kann.<br />

Warten weitere Staaten, wie Spa-<br />

nien, Italien und Portugal, um<br />

von uns Europäern aufgefangen<br />

zu werden? Es herrscht auch hier<br />

starke Unsicherheit. Denken Sie<br />

an Spanien. Zuerst dachte man<br />

daran die spanischen Banken<br />

unter den Rettungsschirm zu platzieren,<br />

dann war die Rede davon<br />

kurzfristig Spanien als Ganzes<br />

zu schützen und wenig später<br />

ist man wieder davon abgerückt.<br />

Spanien hat mit 24,5 % mittlerweile<br />

die höchste Arbeitslosenquote<br />

der Welt. Im Vergleich liegt<br />

diese in Deutschland bei 6,8 %<br />

und in Europa durchschnittlich<br />

bei 11,3 %. Viel besorgniserregender<br />

ist jedoch die Arbeitslosenquote<br />

junger Menschen.<br />

Spanien führt hier im Bereich der<br />

unter 24-jährigen mit 53 % und<br />

Griechenland sogar mit 55 % die<br />

Riege an. Aktuell ist das Bruttoinlandsprodukt<br />

(BIP) im 3. Quartal<br />

zum vorherigen Quartal um 0,4<br />

% weiter gesunken. Insgesamt im<br />

Vergleich zum Vorjahr gar um 1,7<br />

%. Laut Presseberichten liegt das<br />

Defizit nicht bei vereinbarten 6,3<br />

% vom BIP, sondern bei 7,3 %.<br />

25 Wirtschaftsvereinigung Gifhorn 25<br />

Gemeinsam sind wir stark!<br />

Wie viel Europa ist dann eigentlich<br />

noch übrig, wenn der Ernstfall<br />

eintritt? Eins steht fest, wir müssen<br />

zusammenwachsen und die<br />

Bankenunion ist ein erster wichtiger<br />

Schritt. Es müssen gewollt<br />

Wirtschafts-, Währungs- und politische<br />

Union folgen. Wir alle müssen,<br />

und das nicht nur im Banken-<br />

Bereich Souveränitätsrechte<br />

abgeben, ob wir das wollen oder<br />

nicht. Was ist eigentlich passiert?<br />

Vergangenheitsbewältigung hilft<br />

zwar nicht, die Probleme von morgen<br />

zu beseitigen, doch es hilft<br />

zumindest die Ursachen zu erkennen.<br />

Die Europäische Währungsunion<br />

wurde am 01.01.1999 von<br />

11 Staaten gegründet und wuchs<br />

bis zum 01.01.2011 auf 17 Mitgliederstaaten<br />

an.<br />

Die größten Anteile am Bruttoin-<br />

landsprodukt haben Deutschland<br />

mit 21,7 %, Frankreich mit 21,2 %<br />

und Italien mit 16,9 %. Es ist also<br />

nicht verwunderlich, dass Frau<br />

Dr. Merkel mit dem französischen<br />

Staatspräsidenten Herrn Sarkozy<br />

die Vorreiterrolle übernahm und<br />

auch weiterhin selbst mit Herrn<br />

Hollande übernehmen muss.<br />

2001 trat das kreative Griechen-<br />

land der Union bei und vorhan-<br />

dene Kontrollorgane haben diese<br />

Kreativität nicht bemerkt. Doch<br />

Griechenland trifft keine alleinige<br />

Schuld. Mangelnde Fiskaldis-<br />

ziplin war eher der Regelfall als<br />

die Ausnahme. Österreich, Frank-<br />

reich, Italien und Portugal haben<br />

in den Jahren 1999 bis 2010 die<br />

60 %-ige Schuldenobergrenze<br />

fortwährend (12 Jahre) verletzt.<br />

Aber auch Deutschland hat dieses<br />

Maastricht-Kriterium 11 Jahre<br />

missachtet. Es sieht leider bei der<br />

3%-igen Defizitgrenze nicht besser<br />

aus. Auch diese haben einige<br />

nicht so richtig ernst genommen.<br />

Jetzt sollte man eigentlich davon<br />

ausgehen, dass nun alles besser<br />

wird und man aus den Fehlern<br />

der Vergangenheit gelernt hat.<br />

Allerdings schreitet die Staatverschuldung<br />

immer weiter voran.<br />

Die Meinungen gehen auch in diesem<br />

Punkt erheblich auseinander.<br />

Ist Wachstum überhaupt möglich<br />

ohne Höherverschuldung? Beides<br />

ist notwendig. ▸ ▸<br />

Thomas Fast – Vorstandssprecher Wirtschaftsvereinigung<br />

Gifhorn

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