Der «KoBo - Gemeinde Bonstetten
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KoBo Landwirt schafft<br />
Agrarpolitik fordert die Bauern<br />
Bauernfamilie Ruedi und Ruth Glättli mit Laura. (Bild: Werner Locher)<br />
Zurzeit diskutiert das Parlament<br />
in Bern die neue Agrarpolitik.<br />
Konkret geht es um die Frage, für<br />
welche Leistungen sollen die Bäuerinnen<br />
und Bauern in Zukunft<br />
mit den jährlich zur Verfügung<br />
stehenden 2,3 Milliarden Franken<br />
entschädigt werden.<br />
Von Werner Locher<br />
An und für sich stellt diese Frage bereits<br />
die entscheidende Änderung dar. Denn<br />
vor 15 Jahren, als das Direktzahlungssystem<br />
eingeführt worden ist, war alles<br />
noch klar: Die Preise der Lebensmittel<br />
müssen sinken, die Einkommensausfälle<br />
der Bauern werden mit Direktzahlungen<br />
abgegolten. Man gab deshalb Beiträge<br />
pro Hektare, pro Tier usw. Voraussetzung<br />
war die Erfüllung des ökologischen<br />
Leistungsnachweises ÖLN. Spezifische<br />
Ökoleistungen wurden noch zusätzlich<br />
abgegolten. Das soll jetzt ändern. Alle<br />
Beiträge sollen an spezifische Bedingungen<br />
gekoppelt sein. Sie werden neu<br />
heissen: Beiträge für Tierwohl, Beiträge<br />
für Versorgungssicherheit, Beiträge<br />
für Landschaftsqualität. Die bisherigen<br />
Ökobeiträge werden weitergeführt. Die<br />
Bonstetter Bauern sind verunsichert: Jeder<br />
weiss heute, wie viel er verlieren wird,<br />
aber keiner weiss, mit welchen Mass-<br />
6 KoBo 05/12<br />
nahmen er diesen Ausfall wieder kompensieren<br />
kann. Wenn das Parlament<br />
im Dezember die Vorlage verabschiedet<br />
hat, wird es noch bis Mitte 2013 dauern,<br />
bis die Verordnungen und Ausführungsbestimmungen<br />
im Detail bekannt sein<br />
werden: Welche Massnahme wird wie<br />
abgegolten? Jeder Bauer wird dann seinen<br />
Betrieb durchrechnen müssen und<br />
entscheiden, welche Änderungen sich<br />
ihm aufdrängen. Allzu viel Zeit bleibt<br />
da nicht. Ab 1. Januar 2014 tritt die neue<br />
Regelung in Kraft.<br />
Kurzinterview mit dem Bonstetter Bauern<br />
Ruedi Glättli:<br />
Bist Du zufrieden mit dem Verlauf der<br />
Diskussion?<br />
Ruedi Glättli: Nein. Auf der einen Seite<br />
redet man von grösseren, effizienteren<br />
Betrieben, welche die Schweiz in Zukunft<br />
haben soll, und auf der anderen<br />
Seite verkaufen die Grossverteiler ihre<br />
Nahrungsmittel in der Werbung mit Bildern<br />
aus kleinbäuerlichen Betrieben. Das<br />
ist ein Widerspruch.<br />
Was würdest du dir wünschen?<br />
RG: Die Politik sollte Rahmenbedingungen<br />
schaffen, dass bei uns auch mittlere<br />
Betriebe von ihrer Arbeit leben können<br />
und nicht darauf angewiesen sind,<br />
die wegen des Freihandels sinkenden<br />
Erlöse mit einem Nebenerwerb zu subventionieren.<br />
Möchtest du den Handel verbieten?<br />
RG: Nein. Aber es macht doch keinen<br />
Sinn, dass wir unsere gesunden, nachhaltig<br />
produzierten Nahrungsmittel ins<br />
Ausland verkaufen und dafür billige<br />
Nahrungsmittel von irgendwoher importieren.<br />
Wo bleibt da der gesunde Menschenverstand?<br />
Aber man sagt, vom Handel profitieren vor<br />
allem arme Länder?<br />
RG: Die Erfahrungen der letzten 10<br />
Jahre beweisen dies aber gar nicht. Besser<br />
wäre es, wenn man Regeln einführen<br />
würde, welche es verbieten, dass aus<br />
Ländern, wo Hunger herrscht noch Nahrungsmittel<br />
exportiert werden können.<br />
Die Ernährung der Menschen darf nicht<br />
zum Tummelfeld von Nahrungsmittelspekulanten<br />
werden.<br />
Wird die neue Agrarpolitik Auswirkungen<br />
auf deinen Betrieb haben?<br />
RG. Das kann ich im Moment nicht<br />
sagen. Das Ganze ist sowieso eine Hauruck-Übung.<br />
Die neuen Rahmenbedingungen<br />
werden erst in einem halben Jahr<br />
bekannt. Um bauliche Anpassungen für<br />
eine Betriebsumstellung vorzunehmen,<br />
ist ein halbes Jahr zu knapp.<br />
Wie steht es um euer Erdbeerfeld. Werdet<br />
ihr das weiterführen?<br />
RG. Wenn es sich machen lässt, sicher. Es<br />
geht aber dann nicht mehr, wenn ich den<br />
Betrieb extensivieren und einen vollen Nebenerwerb<br />
annehmen muss. Die saisonalen<br />
Arbeitsspitzen, wie sie bei einem Erdbeerfeld<br />
anfallen, lassen sich nicht mit einem<br />
Fulltime-Nebenerwerb kombinieren.<br />
Mit diesem Artikel verabschiedet sich<br />
Werner Locher als langjähriger Redaktor des<br />
KoBos. Wir danken ihm herzlichst für seine<br />
besonders vielfältigen und interessanten<br />
Beiträge zur Bonstetter Kultur, Geschichte<br />
und Landwirtschaft und wünschen ihm nur<br />
das Beste!