Download - Quadrat Goslar/Bad Harzburg
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Dieser Kauf war dann der Grund, hier zu blei-<br />
ben?<br />
Ewald Schnug: Irgendwann muss man ankommen.<br />
Und beim „Oberen Wasserloch“ fühle ich, dass<br />
ich jetzt angekommen bin, es wird meine „Glucsburgh“<br />
werden.<br />
Silvia Haneklaus: Ich bin noch auf dem Weg<br />
(lacht). <strong>Goslar</strong> ist schon eine schöne Stadt. Das<br />
Einzige, was verbesserungswürdig ist, ist der<br />
demographische Spiegel: Hier sind ja nur Alte und<br />
sehr Alte...<br />
Ewald Schnug: Na ja, dazu werden wir zwei auch<br />
nichts mehr beitragen...<br />
Silvia Haneklaus: ... aber noch verbessern wir den<br />
Durchschnitt.<br />
Ewald Schnug: Wenn man aus dem hohen Norden<br />
kommt, ist das schon komisch. Das Leben ist ja<br />
dort schon etwas herber, aber interessanterweise<br />
steigt dadurch anscheinend auch die Fortpflanzungsbereitschaft.<br />
pFlaNzeN auF Diät<br />
Kommen wir von der Fortpflanzungsbereitschaft<br />
der engländer und Schotten noch einmal zurück<br />
zur ernährung der Pflanzen.<br />
Silvia Haneklaus: Seit der Promotion bin ich in<br />
diesem Bereich tätig. Ich forsche beispielsweise<br />
auf dem Gebiet der ernährungsbedingten Resistenz<br />
von Kulturpflanzen gegenüber pilzlichen<br />
Schaderregern. In anderen Worten, wir wollen auf<br />
den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten,<br />
indem wir Pflanzen zum Beispiel durch eine<br />
gezielte Schwefelernährung gesund erhalten.<br />
Ewald Schnug: Das ist wie beim Menschen: gesund<br />
durch gesunde Ernährung.<br />
Silvia Haneklaus: Das ist ebenfalls eines der Projekte,<br />
an dem wir arbeiten. Über gezielte Düngungsmaßnahmen<br />
lässt sich nämlich in Nahrungspflanzen<br />
der Gehalt an bioaktiven, sekundären<br />
Inhaltsstoffen erhöhen. Eine andere Arbeit zielt<br />
auf die Herstellung pflanzlicher Düngemittel ab,<br />
die verschiedene schwefelhaltige sekundäre<br />
Inhaltsstoffe enthalten und durch entsprechende<br />
Verarbeitung kontinuierlich bioaktive Substanzen<br />
an die Wurzeln abgeben, die beispielsweise schädliche<br />
Mikroorganismen von den Kulturpflanzen<br />
fernhalten. Das ist nicht nur für den Ökobauern,<br />
sondern für jeden Landwirt verwendbar.<br />
aN WisseN verDieNt maN Nicht …<br />
Ewald Schnug: Das grundsätzliche Problem dabei<br />
ist natürlich: An Wissen verdient man nicht viel.<br />
Bei uns gilt jedoch primär das Prinzip, Chemie<br />
durch Know-how zu ersetzen.<br />
Silvia Haneklaus: Erstaunlich ist, dass vor allem<br />
Landwirte aus dem süddeutschen Raum dafür<br />
besonders offen sind, auch wenn ich ihnen sage,<br />
dass ich den Erfolg nicht zu 100 Prozent garantieren<br />
kann. Wenn ich diesen Praktikern mitteile, die<br />
Voraussetzungen sind ideal, dann antworten diese:<br />
Das reicht mir doch. Das erstaunt mich dann<br />
immer wieder aufs Neue, denn diese Kollegen wissen<br />
aus Erfahrung, dass Know-how immer etwas<br />
anstrengender ist als einfach zum „Spray of the<br />
day“ zu greifen.<br />
Da hat sich aber auch einiges im Laufe ihrer<br />
Arbeitszeit geändert?<br />
Ewald Schnug: Ja, aber man muss sehen, dass das<br />
Problem unserer Landwirtschaft vor allem die<br />
Märkte sind. Es ist seltsam, dass man in einem<br />
Supermarkt in Yorkshire Butter aus Neuseeland<br />
billiger kauft, als Ökobutter aus England. Sie fahren<br />
nach Neuseeland und das Erste, was sie im<br />
Kühlregal sehen, ist dänische Butter. Irgendetwas<br />
läuft da in unserer Gesellschaft grundsätzlich<br />
schief. Das ist eine Welt, so wie die Mehrheit sie<br />
ganz privat � quadrat 12 / 2011 33<br />
will und wir sitzen in der kleinen Glaskugel und<br />
träumen von einer anderen, heileren Welt.<br />
ernährungs- und Kaufverhalten sind also ein<br />
gesellschaftliches Problem?<br />
Ewald Schnug: Mit entsprechend angebauten Produkten<br />
kann man eben nicht so angeben, wie mit<br />
einem Luxusauto. In einer kapitalorientierten<br />
Gesellschaft, wo der Mensch alles hat, ist der treibende<br />
Motor, dem anderen zu zeigen: Ich habe<br />
mehr. Wenn jetzt Mama für ihre Familie Ökonahrung<br />
kauft, sagt Papa: Das Geld ist fort, aber<br />
haben dich denn auch genügend Nachbarn am<br />
Bio-Regal gesehen?<br />
ökOlOGie GeGeN hOchWasser<br />
Wie kann man dieses Problem lösen?<br />
Ewald Schnug: Durch die Förderung von wissenschaftlich<br />
basierter Erziehung von der Kindheit<br />
an, oder aber auch durch die Entlohnung von<br />
Umweltleistungen ökologisch wirtschaftender<br />
Betriebe. So haben wir herausgefunden, dass in<br />
ökologisch bewirtschafteten Böden siebenmal so<br />
viele Regenwürmer leben, wie in herkömmlich<br />
bewirtschafteten Flächen.<br />
Dadurch kann dort doppelt so viel Wasser versickern.<br />
Das wiederum bedeutet, dass mit mehr ökologisch<br />
bewirtschafteten Flächen in gefährdeten<br />
Gebieten die negativen Auswirkungen von Hochwässern<br />
minimiert werden könnten. Unser Appell<br />
an die Gemeinden: Für jeden Hektar zum Beispiel<br />
durch Straßen- oder Hausbau versiegeltes Land<br />
zwei Hektar Ökolandbau als Ausgleich zu fördern.<br />
Und es ist eine Leistung, die der Ökolandwirt<br />
erbringt, die nicht über die Produkte entlohnt<br />
wird, für die aber jeder Bürger, der schon mal<br />
durch Hochwasser nasse Füße bekommen hat, zu<br />
zahlen bereit sein wird. Durch diese spezielle Förderung<br />
könnten die Biobetriebe auch wieder näher<br />
zu den Verbrauchern an die Ballungsgebiete<br />
rücken und so frische, lokal erzeugte Lebensmittel<br />
anbieten und die Agrarlandschaft vom Erholungswert<br />
her attraktiver, weil vielfältiger machen.<br />
Eigentlich genial, nur die Politik springt leider bislang<br />
darauf nicht an.<br />
Wir haben da aber auch noch andere Projekte in<br />
petto. Es bleibt spannend. (sts)