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pdf Seite 65–117 - terramare - Archäologische Dienstleistungen

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ichtung der Brücke nach Süden auf etwa 111°<br />

(Abb. 3). Die veränderte Ausrichtung wird den<br />

Verlauf des Flusses berücksichtigt haben und<br />

nimmt zugleich Bezug auf die heutige Parzellierung<br />

der Friedrichstadt und den Verlauf der<br />

heutigen Brückstraße. Darüber hinaus wurden<br />

die Pfeiler auf 17 m an der Basis verlängert und<br />

deren Abstände auf 14 m bis 15 m erhöht. Dies<br />

weist auf eine mögliche Verbreiterung der Fahrbahn<br />

hin, kann vorrangig aber mit dem neuen<br />

Konstruktionselement der Auflasten aus Sandsteinquadern<br />

auf den Pfeilerenden in Verbindung<br />

gebracht werden (Abb. 4).<br />

Diese Brückenphase kann anhand der Datierung<br />

des räumlich eingebundenen Pfostens<br />

Befund-Nr. 149 (Abb. 1) in die Zeit nach 1776<br />

datiert werden. Die von einem der Pfosten unmittelbar<br />

am östlichen Ufer gewonnene dendrochronologische<br />

Datierung von 1826 belegt eine<br />

Reparaturphase dieser letzten hölzernen Brückenkonstruktion.<br />

Gegen die hier vorgenommene Übertragung einzelner<br />

Daten auf die gesamte Konstruktion sind<br />

mehrere kritische Anmerkungen vorzubringen.<br />

Es handelt sich um keinen geschlossenen Befund,<br />

sondern um ein aufgrund der räumlichen<br />

Beziehung der einzelnen Pfosten erschlossenes<br />

Ensemble. Die Verwendung von Altholz aus<br />

anderen Bauten kann nicht ausgeschlossen werden,<br />

andererseits können ältere, noch standfeste<br />

Pfosten in eine neue Konstruktion integriert<br />

worden sein. Des Weiteren ist mit dem Austausch<br />

einzelner schadhafter Pfosten im Zuge<br />

von Reparaturen an der Substruktion zu rechnen.<br />

Die naturwissenschaftlichen Datierungen<br />

bieten demnach nur allgemeine Angaben zur<br />

Bestandszeit der Brücke, in Kombination mit<br />

ihrem Lagebezug und der Parallelisierung mit<br />

den Urkunden – Freigabe 1666 und Stadtplan<br />

von 1770 – gewinnen die hier vorgestellten Phasen<br />

und deren Datierung aber an Validität.<br />

Historischer Kontext<br />

Im Dreißigjährigen Krieg erstürmten kaiserliche<br />

Truppen – nach Gregorianischem Kalender<br />

– am 20. Mai 1631 die Stadt Magdeburg<br />

mit einer Brutalität, die selbst Zeitgenossen entsetzte.<br />

Als Magdeburger Hochzeit bezeichnet<br />

wird sie zum Ausdruck für unmenschliche und<br />

grauenvollste Verwüstung. Das neue Wort für<br />

dieses entsetzliche Mordbrennen lautet „magdeburgisieren“.<br />

Die Stadt wurde damit 1631 auch<br />

linguistisch Sinnbild für die Grauen des Dreißigjährigen<br />

Krieges.<br />

Die „Lange Brücke“ in Magdeburg<br />

1<br />

Die nachfolgende Besatzung dauerte bis zum 4.<br />

Januar 1632, als die kaiserlichen Soldaten unter<br />

der neuen schwedischen Belagerung abziehen<br />

und bei dieser Gelegenheit Wehranlagen, aber<br />

auch Schiffe und Brücken zerstörten. An diesem<br />

Tag wird die „Lange Brücke“, sofern sie noch<br />

Bestand hatte, endgültig zerstört worden sein.<br />

Die in einem Stich dargestellte Erstürmung der<br />

Stadt 1631 vom östlichen Elbeufer aus über die<br />

intakte Brücke entsprang insofern der Phantasie<br />

des Künstlers, als der Einfall von der Neustadt<br />

aus über das nordöstlich gelegene Neue Werk<br />

erfolgte (Priegnitz 1958, 16 f.).<br />

Der Wiederaufbau der Stadt begannt im März<br />

1632 mit einer Bestandsaufnahme: In Magdeburg<br />

lebten von geschätzten 25000 bis 30000<br />

Einwohnern vor der Zerstörung noch 449 Menschen<br />

(Schneider 1995, 75). Des Weiteren wurde<br />

Magdeburg vermessen und ein neuer Plan<br />

der Stadt erstellt. Mit dieser Aufgabe wurde im<br />

Februar Otto von Guericke betraut, der sie im<br />

April mit einem Riss abschloss. In diesem entwarf<br />

er auch eine neue Gliederung der Stadt, die<br />

sich durch zwei große, von Osten nach Westen<br />

laufende Hauptstraßen nun stärker zur Elbe<br />

hin öffnen sollte. Der Bau von Brücken in der<br />

Verlängerung der Straßenachsen dürfte an dieser<br />

Stelle bereits impliziert gewesen sein, zumal<br />

Guericke im gleichen Jahr einen Kostenvoranschlag<br />

für den Bau der „Langen Brücke“ vorlegte<br />

(Hoffmann 1850, 182 Anm. 2; 201 Anm.<br />

1. – Schneider 1995, 78).<br />

Ob zu diesem frühen Zeitpunkt bereits ein vollständiger<br />

Brückenzug über die gesamte, durch<br />

Inseln gegliederte Elbe bis zum anderen Ufer errichtet<br />

wurde oder ob man es mit einem Bau bis<br />

Abb. 3: Die Gliederung der<br />

Brückenpfosten in die Pfeilerbündel<br />

der zwei Brückenphasen.<br />

Bildausschnitt<br />

unten links: Lage der<br />

Brücke an der Alten Elbe<br />

(Kreis) und Befestigung der<br />

Stadt um 1632 (1).<br />

75

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