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FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN

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9087 einprogrammierten Träumen a la Freud, in Kapseln kondensierte Gefühle wie<br />

Freude, Liebe, Trauer, Nostalgie, Melancholie und ein übertragbarer elektrischer<br />

Magen. Das größte Wunder aber habe End nach Meinung seines Erzeugers mit der<br />

Abschaffung der Zeit erreicht:'<br />

"Es erscheint unbegreiflich. aber unser Held hat es doch zuwege gebracht, daß das<br />

ganze Mutmaßen über die Wirklichkeit in Trümmern lag und das, was eben 'unbegreiflich'<br />

war, Ends Verstand erfaßte ... und die neue Allwelt wie Saft aus den Gedächnisköpfen<br />

herausquetschte. Wie floß sein Reflexionsstrom und was kam dabei<br />

heraus? Beim Nachdenken über die Grundlagen der Allwelt kam er eines Tages zu<br />

dem Schluß, daß diejenigen, die bis dahin den Versuch unternommen hatten, die<br />

zwei großen Einheiten Raum und Zeit in einer zu verschmelzen, von Anfang an in<br />

ihren Überlegungen einen Riesenfehler begangen haben. "70<br />

In den folgenden Überlegungen des Erzählers geht es um die kosmologische Kardinalfrage,<br />

ob die Zeit oder der Raum bleiben soll. Er kommt zu dem Urteil:<br />

"Der Mensch hat aufgehört, irgendeinen Raum zu besetzen. Der Mensch ist kein Ort<br />

mehr im Kosmos. Beim Übergang zur nicht festgelegten, nicht garantierten Ewigkeit<br />

dehnte er sich in der Zeit, entwickelte sich und wurde träge, existierte als Dauer-<br />

Kaugummi oder als schwarzer Kater. "71<br />

Die mit Hilfe von Comic-Elementen aufgezeigten Formverwandlungen, denen der<br />

Protagonist End ausgesetzt wird, erweisen sich als ein - vom Autor bewußt -inszeniertes<br />

Spiel mit typologisierten Bildern. Sie erzeugen in den Imaginationen der Leser<br />

bestimmte Projektionen, die im Verlaufe der Texthandlung an verschiedenen Stellen<br />

auftauchen. Die sicherlich kühnste Projektion ist die Begegnung von End mit der<br />

Revolution, die sich seiner Gedanken und Gefühle bemächtigen will, aber an dem<br />

Willen des freiheitliebenden End scheitert."<br />

Zentrales Thema der End & Fin Company ist die Beschreibung der Stadt 1999 und ihrer<br />

Bewohner. Sie stellt eine Ansammlung von Menschen dar, deren wichtigstes<br />

Konsumtionsmittel das Wort ist. Es bildet "Inhalt und Form des mühseligen und<br />

unendlichen Daseins. "~3 Seine Benutzer fordern auf Kundgebungen die Wiederkehr<br />

der Zeit in ihrem städtischen Raum. Losungen wie 'Wir wollen jährliche Städte und<br />

monatliche Straßen', 'Wir fordern die Länge von Tag und Nacht', 'Weg mit der Breite'<br />

oder 'Wir fordern das Gefühl für den Zeitmangel' überraschen aufgrund ihrer<br />

Abstraktheit und ihres Mangels an politischen Inhalten ebenso wie durch den Zeitpunkt<br />

der Manifestation. Der Text signalisiert "Heiliger Dezember">, Zeitpunkt des<br />

70<br />

71<br />

72<br />

73<br />

74<br />

Loe.eit., 171'.<br />

Loe.eit., 20.<br />

Der Text arbeitet an dieser Stelle mit medialisierten Bilderzeugungsstrategien. D.h. auktorialer<br />

und Personentext werden nach der Art eines Hypertextes struktuiert. Ein solcher Text<br />

konfiguriert seine Topographie im Akt des Lesens selbst (vgl. dazu Bolz, Norbert. Am Ende<br />

der Gutenberg Galaxie. München 1993, 199).<br />

"End&Fin Cornpany", loc.eit., 23.<br />

Die polnische Literaturkritik wertet Bieleckis Revolutionsmotiv als Auseinandersetzung mit<br />

dem Kriegszustand von 1981 bis 1983. Vgl. Drzewuski, Janus,: in: Tworczosc 48, (1992) Nr.<br />

12, 104.<br />

23

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