FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN
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(wessen"), die Überschreitung von Grenzen (welche"), ist hier ein grundsätzliches<br />
Problem, nämlich die Welt in ihrem Reichtum anzunehmen, ihn zu vermehren, die<br />
Monotonie zu dynamisieren, eine andere Art des Fühlens aufzuzeigen."151<br />
r.-7.2. Die Leichtigkeit der Inspiration<br />
Die Titel der 62 Kurzgeschichten, die in Fractale abgedruckt sind, assoziieren wegen<br />
der häufigen Verwendung von Eigennamen mit hoher semiotischer Signifikanz und<br />
aufgrund der Anspielung auf sehr unterschiedliche Erscheinungsformen von Realität<br />
eine große Lesererwartung. Sie entsteht nicht zuletzt im Hinblick auf die Aneinanderreihung<br />
von scheinbar unvermittelbaren Phänomenen. Die Beschreibung von<br />
psychologischen Räumen ist neben der Darlegung methodischer Verfahren zur Gestaltung<br />
von Erzählungen situiert; Naturereignisse folgen auf historische Ereignisse<br />
oder auch umgekehrt; die Begegnung mit fremden Kulturen wird zu einer Bewährungsprobe<br />
für nationalistisch gesinnte Charaktere; große Politiker plaudern mit religiösen<br />
Fanatikern; Geschlechtertausch erscheint ebenso alltäglich wie die Züchtung<br />
seltener Pflanzenarten. Es könnte eine Ansammlung von spannenden "Geschichten"<br />
sein, wenn den Leser nicht unmittelbar zu Beginn der Handlung eine Reihe von ungewohnten<br />
Erzählelementen erwarten würde. Der Ankündigungstext des Posener<br />
Verlages verweist auf diesen Sachverhalt:<br />
"Es sind ungewöhnliche Geschichten, in denen die Leichtigkeit des Stils den Leser<br />
unbemerkt aus dem Alltag in eine groteske Welt transportiert. Ironie, Humor, die<br />
durch nichts eingeschränkte Grenzüberschreitung verschiedener Kulturen und literarischer<br />
Konventionen - das ist die Kraft dieser ungewöhnlichen Erzählungen."152<br />
Es zeichnet die Mehrheit der auftretenden Erzählerinnen und Erzähler'> aus, daß<br />
sie einen unbekümmerten Umgang mit ihren Figuren pflegen. Er gründet sich auf<br />
die unvermittelte Vorstellung der Personen der Handlung und deren häufiges Abgleiten<br />
in andere Räume und Zeiten. Zu diesem Zweck steht ihnen ein scheinbar unbegrenzter<br />
fiktionaler Handlungsraum zur Verfügung. Sie nutzen ihn, um in irgendwelche<br />
europäischen und außereuropäischen Kulturräume zu springen. Ihr freier<br />
Flug über kontinentale Räume scheint kein festgelegtes Ziel zu haben, wenngleich<br />
zu beobachten ist, daß bestimmte Erzählertypen dann und wann räumliche und zeitliche<br />
Koordinaten einführen, die sie nach einer gewissen Erzählzeit plötzlich wieder<br />
auflösen.<br />
Das polnische kulturelle Element spielt im Rahmen dieses intertextuellen Spiels eine<br />
eher marginale Rolle. Trotzdem ist festzuhalten, daß eine Reihe von Figuren ihre<br />
kulturellen und psychomentalen Eigenarten mit dem "polnischer Wesen" vergleichen.<br />
Die dabei entstehende vergleichende Betrachtung ist jedoch kein Gegenstand<br />
151<br />
15~<br />
153<br />
Loc.cit., 12.<br />
Vgl. Klappentext der Ausgabe .Biblioteka Czasu Kultury", Posen 1994.<br />
Das grammatikalisch-syntaktische System des Polnischen weist eine weibliche und eine<br />
männliche Signifikanz für das grammatische Geschlecht auf, weshalb die jeweiligen Erzähler<br />
markiert sind.<br />
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