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FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN

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Unter den von Nowacki genannten bedeutenden Prosatexten-! fallen die Namen<br />

Krzysztof Bielecki und Tomasz Sektas auf, weil sie in der Zwischenzeit auch in anderen<br />

Überblicksdarstellungen der zeitgenössischen Prosa der Gegenstand differenzierter<br />

Kritik geworden sind.t? Auch Tadeusz Drewnowski hebt sie in seinem<br />

Aufsatz über die Krise der polnischen Literatur> als Beispiele für ungewöhnliche<br />

experimentelle Schreibweisen hervor. Er erweitert seine Liste bemerkenswerter Autoren<br />

um drei Namen: Natasza Goerke, Manuela Gretkowska und Anna Bolecka. Die<br />

seit zehn Jahren in Hamburg lebende Goerke stellt in ihren oft epigrammartig verkürzten<br />

Texten> Figuren vor, die aus Kulturen mit in sich widersprüchlichen Elementen<br />

stammen. Der Ort ihrer Handlung befindet sich oft in künstlich geschaffenen<br />

Welten. Manuela Gretkowska Protagonistinnen zeichnen sich durch provokante<br />

Äußerungen über kulturgeschichtliche Traditionen und Bräuche aus, sie brechen<br />

mit gewährten Gewohnheiten im Zusammenleben der Geschlechter, die Schauplätze<br />

ihrer Aktionen wechseln häufig. Anna Boleckas stille Heidinnen> begeben sich auf<br />

die Suche nach ihren Vorfahren, indem sie sich in deren magische Welten<br />

"hineinleben" und den Versuch unternehmen, die Gefühle ihrer Vorfahren zu simulieren.<br />

Dabei entwickeln sie Erzählverfahren, die an den magischen Realismus in<br />

den Werken von Edward Stachura (1937-1979) und von Wieslaw Mysliwski (Jg.<br />

1940) anknüpfen. Die ungewöhnlichen perspektivischen Einstellungen der auftretenden<br />

Figuren und deren Versuch, kulturhistorische Schichten "aufzugraben" , haben<br />

auch die Aufmerksamkeit professioneller Literaturwissenschafter auf sich gezogen.<br />

Anna Nasilowska, Mitglied des Redaktionskollegiums der angesehenen Fachzeitschrift<br />

Teksty drugie, hat in einem umfangreichen Essay mit Blick auf die Prosa<br />

der drei Autorinnen unter anderem den Abschied vom provinzialistischen Geist"<br />

aus der polnischen Erzähllandschaft mit dem expliziten Hinweis auf eine Reihe von<br />

auffälligen Textphänomenen begründet, die vor allem in Natasza Goerkes Fractale<br />

und in Manuela Gretkowskas Tarot paryski und Kabaret metafizyczny auftreten: der<br />

spielerische Umgang der Protagonisten mit unterschiedlichen Kulturen, die metaphysischen<br />

Empfindungen im Alltagsleben ihrer Zeitgenossen und das ironische<br />

Spiel mit abendländischen Weltbildern.<br />

Der für die bedeutendste literarische Fachzeitschrift im ostpolnischen Raum, die in<br />

Lublin erscheinenden Kresy ', schreibende Krzysztof Unilowski spricht in einem<br />

Aufsatz zu Beginn der neunziger Jahre von der Notwendigkeit einer deutlichen<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

Vgl. Nowacki, Dariusz. loc.cit., 65.<br />

Unilowski, Krzysztof ° potrzebie rewizji, in: Kresy 21 (1991) Nr. 1 (21), 188. -Vgl. dazu das<br />

Interview mit Henryk Bereza im Gespräch mit Krzystof Szyrnoniak "Marz~ 0 wtajemniczeniu<br />

doskonalym". in: Nowy Nurt (Posen) (1994) Nr. 4, 4-5. - Außerdem die Rezension von<br />

Bozena Budziriska zu Henryk Berezas Publikation "Obrachunek", in: Nowy Nurt (1994) Nr.<br />

3,3.<br />

"Dose urodzajnyj kryzys", loc.cit.<br />

Vgl. dazu "Fractale", Posen 1994.<br />

"Lee do nieba"("Flieg in den Himmel"), Warschau 1989 und "Bialy karnien" ("Weißer<br />

Stein") Warschau 1994.<br />

Nasilowska, Anna: Pozegnanie prowincjonalizmu, in: Polityka (1994) Nr. 48.<br />

Ihr Titel (Grenzlandgebiete) assoziiert jenen geographischen Raum zwischen Wilna und<br />

Lemberg (poln: Lwow) , in dem bis zum Jahre 1939 vielschichtige Kulturen existierten und<br />

eine Reihe von slawischen und baltischen Sprachen einschließlich des Jiddischen gesprochen<br />

wurde.

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