04.01.2013 Aufrufe

FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN

FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN

FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

te Gebrauchsliteratur sei nicht zuletzt aufgrund der in ihr erzeugten einfachen<br />

Feindbilder und der Alltagspublizistik von den Lesern abgelehnt worden. Ihre Folge<br />

sei eine Krise der Literatur, die in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre und vor<br />

allem in den .neunziger Jahren die wichtigsten Exponenten der polnischen Nachkriegsliteratur<br />

mit einer überraschenden, schier unaufhaltsamen "fremden" Kraft von<br />

der literarischen Bühne weggefegt habe.<br />

Von der fehlenden Attraktivität der Literatur der achtziger und neunziger Jahre geht<br />

auch der Krakauer Literaturhistoriker Wlodzimierz Maclag in seiner Abhandlung<br />

"Unser 20. Jahrhundert. Leitlinien der polnischen Literatur"? aus. Er geht bei seiner<br />

Ursachenfindurig von zwei Quellen aus. Er verweist auf eine globale Kulturkrise, die<br />

auch die polnische Nationalliteratur am Ende des 20. Jahrhundert erfaßt habe. Der<br />

geistige Zustand der Kultur bilde sich in Texten ab, in denen eine Unbeweglichkeit<br />

im Massenbewußtsein und ein Mißtrauen gegenüber Begriffen zu beobachten sei,<br />

die die praktische Erfahrung des Alltäglichen überschritten. Außerdem habe die Literatur<br />

den Kontakt zur Lebenserfahrung verloren, sie sei nicht vorbereitet auf das,<br />

was passiert ist, das heißt: es gebe keine Sprache für die Unberechenbarkeit der Welt,<br />

in der wir uns befänden.'<br />

Die These von der andauernden Krise der Literatur, die teils nationale Ursachen habe,<br />

teils auf die allgemeine Krise der Kultur vor allem in den westlichen Industrieländern<br />

zurückzuführen sei, wird von einer Reihe renommierter polnischer Literaturwissenschaftler<br />

geteilt. Wir wollen zunächst einige dieser Stimmen im Hinblick<br />

auf die nach 1989 publizierte Erzählliteratur zitieren. In einem zweiten Schritt widmen<br />

wir unsere Aufmerksamkeit jenen Positionen, die in dem ästhetischen Repertoire<br />

der jungen Prosaiker eine Chance für die Schaffung eines neuen Kanons erzählerischer<br />

Texte sehen. Anschließend geben wir einen Überblick über die in den<br />

neunziger Jahren vorherrschenden erzählerischen Richtungen, in denen experimentelle<br />

Erzählweisen ihren Standort suchen.<br />

Zu den schärfsten Kritikern der polnischen Prosa der neunziger Jahre gehört der<br />

Breslauer Literaturkritiker Mieczyslaw Orski. In seiner Rezension zu Jan Pawel<br />

Krasnodebskis "Wielki Nic// 9 schreibt er:<br />

"Die zeitgenössische polnische Prosa durchlebt eine Krise. Sie holt die Verspätung<br />

gegenüber der Weltliteratur auf, die nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs in einem<br />

breiten Strom ins Land geflossen ist, und widmet gegenwärtig die allergrößte<br />

Aufmerksamkeit den Problemen ihres künstlerischen Laboratoriums, so als ob die<br />

pragmatischen Aufgaben vernachlässigt worden wären oder einfach zu wenig an den<br />

Leser gedacht worden sei.// l0<br />

7<br />

S<br />

9<br />

10<br />

"Postmodernizrn w polskiej literaturze - spojrzenie z daleka?", in: Nowa Res Publica" (1994)<br />

Nr. 7/8 (70171), 76-82.<br />

"Nasz XX. wiek. Przewodnie idee literatury polskiej". Krakau 1993. Dort S. 374-381.<br />

Loc.cit., 381.<br />

Orski, Mieezyslaw: .... , in: Tygodnik Powszeehny (1994) Nr. 9, 256.<br />

Orski, Mieczyslaw. Rez. zu: Krasnodebski, Jan Pawel. Wielki nie (Das große Nichts), in: Tygodnik<br />

Powszechny (1994) Nr. 9, 256.<br />

5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!