FORSCHUNGSSTELLE OSTEUROPA BREMEN
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Drewnowski verweist auf weitere ästhetische Erfahrungsmuster, die sich in der nationalen<br />
polnischen Literatur aufgrund ihrer Auseinandersetzung mit dem kommunistischen<br />
Regime abbildeten. Er bezieht sich dabei auf Marek Hlasko<br />
tCmeruarze, dt. Friedhöfe), Adam Wazyk (Poemat dia dorosiych, dt. Poem für Erwach=<br />
sene) , Wiktor Woroszylski (Dziennik Wegierski, dt. Ungarisches Tagebuchr+, Kazimierz<br />
Brandys t Matka krolow, dt. Mutter der Könige: Nierzeczywistosc, dt. Irrealität), Tadeusz<br />
Rozewicz tWyszedi z domu, dt. Er hat das Haus verlassen), Jerzy Andrzejewski<br />
(Apelacja, dt. Bittschrift, Miazga, dt. Brei), Tadeusz Konwicki (Mala apokalipsa, dt.<br />
Kleine Apokalypse, Kompleks polski, dt. Polnischer Komplex), Zbigniew Herbert (Raport<br />
Z obleionego miasta, dt. Bericht aus der belagerten Stadt) und Wiktorija Krasniewska<br />
(Prof. Barbara Skarga). Ein hoher Prozentsatz dieser meist in nichtstaatlichen Verlagen<br />
publizierten Texte ist mit Hilfe der Untergrundverlage publiziert worden bzw.<br />
erst nach 1989 in unzensierten Auflagen den polnischen Lesern zugänglich gemacht<br />
worden.<br />
Angesichts der Fülle von unterschiedlichen narrativen und ästhetischen Mustern, die<br />
nach dem politischen Umbruch in die Massenrezeption einbezogen worden sind, ist<br />
nach Meinung von Drewnowski die These von der Krise der Literatur wohl nicht zu<br />
halten oder zumindest übertrieben. Trotz der in sich überzeugenden Argumentationskette,<br />
in der wesentliche Traditionslinien der einzelnen Bereiche der polnischen<br />
Nationalliteratur bis zum Ende der achtziger Jahre aufgenommen wurden, bleibt<br />
Drewnowski unsicher in seiner Bewertung der polnischen Literatur der neunziger<br />
Jahre. Zwei Fragen bewegen ihn, ohne daß er sie explizit benennt. Wird die Gegenwartsliteratur<br />
mitbestimmt von der Haltung eines Massenlesers, der immer mehr von<br />
den Angeboten der Medienindustrien in seiner Freizeit angelockt wird und der sich<br />
stärker einer Trivialliteratur hingibt, die in großen Auflagen und bunten Aufmachung<br />
den Büchermarkt überschwemmt? Zeichnen sich neue ästhetische Bedürfnisse<br />
in einem Massenkonsumenten ab, der möglicherweise auf der Suche nach anderen<br />
fiktionalen Bewältigungsmustern für seine Realität ist?<br />
In einer Skizze zur Situation der polnischen Prosa zu Beginn der neunziger Jahre<br />
geht Dariusz Nowacki solchen Fragestellungen nach, indem er sowohl die Erzählliteratur<br />
von arrivierten Autoren der älteren Generation als auch die Debütarbeiten von<br />
jüngeren Schriftsteller(n)linnen untersucht.!' Er sieht in der "um Herz und Verstand<br />
der Leser" ringenden Literatur von Autoren wie Jerzy Andrzejewski, Czeslaw Milosz<br />
und Jan Kokolka gewichtige Konkurrenten der newcomers auf dem polnischen<br />
Markt. Ein gemeinsames Anliegen verbinde die drei Generationen der Nachkriegszeit:<br />
das Aufspüren geschichtlicher Stränge im Umkreis großer Persönlichkeiten,<br />
die Analyse geheimnisvoller Ereignisse in Familiengeschichten und das Interesse<br />
an der Aufklärung mythischer Versatzstücke in den Biographien längst verstorbener<br />
Polen. Vorbildtexte für die mehr oder weniger geglückte Aufarbeitung solcher<br />
Problemfelder seien die drei Werke der obengenannten Autoren: Miazga, Dolina Issy<br />
und Ucieczka do nieba. In ihnen träfen archaische, dokumentarische, modernistische<br />
und spätmodernistische Erzählstrukturen aufeinander. Sie erwiesen sich als Bestand-<br />
13 Die kommentierte polnischsprachige Ausgabe "Dziennik Wegierski 1956-1981 (wraz z glossarni<br />
1976, 1981, 1986)" erschien im (Wesn-Berliner Verlag Veto 1987.<br />
1-1 Nowacki, Dariusz: Bez zrnian. Szkic 0 wspolczesnej polskiej prozie, in: Fa-Art (1992) Nr.<br />
4(10),62-67.<br />
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