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EbM & Individualisierte Medizin - Deutsches Netzwerk ...

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� Inwieweit gehören die Begriffe „Individualmedizin“ oder „integrative <strong>Medizin</strong>“ in<br />

diesen Kontext?<br />

Mit dem Versuch, diese Fragen zu beantworten soll der Weg zu einer nüchternen<br />

Diskussion bereitet werden.<br />

V3 <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> in der Onkologie<br />

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig<br />

HELIOS-Klinikum Berlin-Buch, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie;<br />

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft<br />

Molekulargenetische Untersuchungen haben in den letzten 20 Jahren entscheidend zu<br />

einem besseren Verständnis der Pathogenese von Tumorerkrankungen beigetragen und<br />

waren Voraussetzung für eine auf dem Krankheitsverständnis basierende<br />

Herangehensweise in Erforschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe. Dadurch konnten<br />

wichtige Fortschritte in der molekularen Diagnostik von Tumorerkrankungen, Identifikation<br />

molekularer Marker für die Definition von Risikogruppen und Entwicklung neuer, gegen<br />

zelluläre bzw. molekulare Zielstrukturen gerichteter medikamentöser Therapiestrategien<br />

(sog. „targeted therapy“) erzielt werden. Trotz dieser Fortschritte ist unser Verständnis<br />

hinsichtlich der exakten Wirkungsweise neuer Wirkstoffe in der Onkologie noch sehr<br />

lückenhaft und die mit den „zielgerichteten“ medikamentösen Therapiestrategien<br />

verknüpften Erwartungen (besser wirksam und/oder weniger toxisch als konventionelle<br />

Zytostatika) konnten bisher nur bei wenigen Tumorerkrankungen erfüllt werden. Dies wird<br />

auch erklärt durch die genetische Heterogenität von Tumorerkrankungen mit bis zu 15<br />

Mutationen mit onkogenen Eigenschaften („driver mutations“) innerhalb eines<br />

Tumorsubtyps.<br />

Ziele individualisierter, besser stratifizierter Strategien in der Onkologie, z.B. basierend<br />

auf Biomarkern oder pharmakogenetischen Algorithmen, sind insbesondere die<br />

Erkennung von Patientenuntergruppen, bei denen neue Wirkstoffe gut wirksam sind,<br />

sowie die gezielte Behandlung von Patientenuntergruppen bzw. Tumorsubtypen anhand<br />

prädiktiver prognostischer Parameter. Darüber hinaus verspricht man sich von<br />

Ergebnissen der individualisierten <strong>Medizin</strong> eine Verbesserung des Designs klinischer<br />

Studien, um an kleineren, besser definierten Patientenuntergruppen die Wirksamkeit bzw.<br />

den Nutzen neuer Wirkstoffe rascher nachweisen zu können. Die Entwicklung<br />

individualisierter Therapiekonzepte in der Onkologie ist prinzipiell zu begrüßen, setzt<br />

allerdings die Identifizierung und Validierung geeigneter Parameter für eine an<br />

Patientenuntergruppen spezifisch ausgerichtete Therapie voraus. Um zu verhindern, dass<br />

unzureichend validierte, kostenintensive Verfahren vorschnell in die<br />

Gesundheitsversorgung eingeführt werden, benötigen wir auch für individualisierte<br />

Arzneimitteltherapien eine evidenzbasierte Wissensbasis, die im Rahmen kontrollierter<br />

klinischer Studien erarbeitet werden muss. Nur unter dieser Voraussetzung können die<br />

derzeit an die individualisierte <strong>Medizin</strong> geknüpften hohen Erwartungen erfüllt und deren<br />

Potenziale genutzt werden. Hierzu zählen in der Onkologie insbesondere eine<br />

Effizienzsteigerung in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung neuer<br />

Wirkstoffe, aber auch die aus ethischen und pharmakoökonomischen Gesichtspunkten<br />

nicht mehr vertretbare Strategie („Gießkannenprinzip“), nach Zulassung „zielgerichteter“<br />

Wirkstoffe alle Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen mit diesen häufig sehr<br />

teuren Arzneimitteln zu behandeln, obwohl nur eine kleine Untergruppe davon profitiert.<br />

An ausgewählten Beispielen (myeloproliferative Erkrankungen, Mammakarzinom, nichtkleinzelliges<br />

Lungenkarzinom, kolorektales Karzinom) werden Möglichkeiten und<br />

Grenzen der derzeit verfügbaren, klinisch eingesetzten Biomarker, pharmakogenetischen<br />

Algorithmen und „zielgerichteten“ Therapiestrategien verdeutlicht und auf<br />

Herausforderungen an das Design zukünftiger klinischer Studien zur Validierung<br />

prädiktiver Biomarker bzw. zum Nachweis eines Zusatznutzens neuer Wirkstoffe in der<br />

Onkologie hingewiesen.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 25

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