EbM & Individualisierte Medizin - Deutsches Netzwerk ...
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Grußwort des Tagungspräsidenten<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
„Evidenz und individualisierte <strong>Medizin</strong>“ lautet das Hauptthema der 12. Jahrestagung<br />
des Deutschen <strong>Netzwerk</strong>s Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> 2011, zu der ich Sie herzlichst<br />
nach Berlin einlade.<br />
Die individualisierte <strong>Medizin</strong> scheint Träume wahr werden zu lassen. Sie setzt auf<br />
Biomarker, also auf objektive Messgrößen, die auf verschiedenen organisatorischen<br />
Ebenen des Organismus erhoben werden können und zur „Bewertung von normalen<br />
biologischen Prozessen, von pathologischen Prozessen, von pharmakologischen<br />
Reaktionen auf eine therapeutische Intervention oder von Reaktionen auf<br />
präventive oder andere Gesundheitsinterventionen“ dienen, wie es in einem Bericht<br />
an den Deutschen Bundestag heißt.<br />
Biomarker sollen erkrankten Menschen zu Diagnosen von ungekannter Präzision<br />
und zu einer darauf maßgeschneiderten Therapie verhelfen, die sie wieder gesund<br />
macht.<br />
Biomarker identifizieren die Patienten, die von einem Medikament profitieren, den übrigen bleibt die Einnahme<br />
erspart. „The drugs don’t work“– die meisten Medikamente wirken bei den meisten Patienten nicht – soll nicht<br />
mehr gelten. Hat die Number needed to treat ausgedient?<br />
Biomarker ermöglichen individuelle Risikoprofile. Gesunden wird das Auftreten von Krankheiten wie Diabetes<br />
mellitus und koronare Herzkrankheit vorhergesagt, diese ändern daraufhin ihr Verhalten, beweisen damit Eigenverantwortung<br />
und bleiben gesund. Das würde die Prävention revolutionieren.<br />
Diese und andere Verheißungen haben das Konzept einer individualisierten <strong>Medizin</strong> zu einem beliebten, bestens<br />
ausgestatteten Forschungsbereich und einem aufstrebenden Wirtschaftsbereich gemacht.<br />
Dessen ungeachtet sind mehr Fragen offen als beantwortet.<br />
So sind Krankheit und Gesundheit Ergebnisse eines jeweils einzigartigen Kausalmechanismus, der aus biologischen,<br />
psychischen und sozialen Kausalfaktoren besteht. Welche Bedeutung haben die durch Biomarker bezeichneten<br />
Merkmale im Kausalmechanismus? Handelt es sich um notwendige oder gar hinreichende Kausalfaktoren?<br />
Bieten sie also Ansätze für effektive Interventionen?<br />
Werden überhaupt und - wenn ja - in welchem Ausmaß die Möglichkeiten verbessert, Gesundheit zu erhalten,<br />
Krankheit zu verhindern bzw. in ihrem Verlauf günstig zu beeinflussen?<br />
Wie hilfreich sind dem oder der Betroffenen „biomarkerbasierte prädiktiv-probabilistische Gesundheitsinformationen“<br />
für die Prävention? Erleichtert ihre Kenntnis tatsächlich den Abschied von ungünstigem Gesundheitsverhalten?<br />
Die Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> ist derzeit die Grundlage für Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses.<br />
Sind die etablierten Methoden des Nachweises der klinischen Wirksamkeit, derer sich die EBM bedient, für<br />
Fragestellungen der individualisierten <strong>Medizin</strong> geeignet oder müssen hier andere Methoden angewandt und neue<br />
Maßstäbe angelegt werden? Taugen die Kriterien ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig auch<br />
für die Bewertung der Leistungen einer individualisierten <strong>Medizin</strong>?<br />
Oder soll unter dem Etikett „individualisierte <strong>Medizin</strong>“ eine Gesundheitswirtschaft gefördert werden, in der Umsatz<br />
wichtiger ist als der Nutzen für den Patienten?<br />
An offenen Fragen mangelt es also nicht, auch nicht an weiteren Themen, wie z. B. Methoden in der EBM, Interessenkonflikte<br />
und Integrität der Wissenschaft, evidenzbasierte Physiotherapie. Auch Trainingskurse bieten wir<br />
wieder für verschiedene Zielgruppen an. Besonders freue ich mich darüber, dass das Ärztliche Zentrum für Qualität<br />
das Symposium „15 Jahre Leitlinien in Deutschland – Anspruch und Wirklichkeit“ im Zusammenhang mit der<br />
Jahrestagung des DN<strong>EbM</strong> durchführt.<br />
Somit sind die besten Voraussetzungen für einen spannenden und wissenschaftlich ergiebigen Jahreskongress<br />
gegeben. Ich würde mich freuen, Sie im März 2011 in Berlin begrüßen zu dürfen.<br />
Ihr<br />
David Klemperer<br />
Tagungspräsident<br />
Vorsitzender des DN<strong>EbM</strong><br />
<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />
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