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EbM & Individualisierte Medizin - Deutsches Netzwerk ...

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<strong>EbM</strong> &<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Programm<br />

Stand: 14.03.2011<br />

<strong>EbM</strong> Kongress 2011<br />

24. - 26. März 2011 TU Berlin<br />

12. Jahrestagung<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> e. V.


Wissenschaftliche Leitung und Organisation<br />

Tagungspräsident<br />

Prof. Dr. med. David Klemperer<br />

Hochschule Regensburg<br />

Seybothstr. 2<br />

93053 Regensburg<br />

Veranstalter<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Netzwerk</strong> Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> e. V.<br />

Tagungsorganisation<br />

Karsta Sauder<br />

Astrid Hintze<br />

Geschäftsstelle des DN<strong>EbM</strong> e. V.<br />

c/o ÄZQ, TiergartenTower<br />

Straße des 17. Juni 106-108<br />

10623 Berlin<br />

Tel: 030/4005-2501, Fax: 030/4005-2555<br />

E-Mail: sauder@azq.de<br />

Konferenzmanagement und Registrierung<br />

MCI – Deutschland GmbH<br />

Markgrafenstraße 56, 10117 Berlin<br />

Tel: 030/20459-0, Fax: 030/20459-50<br />

Wissenschaftlicher Beirat<br />

Prof. Dr. Hartwig Bauer, Berlin<br />

Prof. Dr. Gerd Gartlehner, Krems<br />

Dr. jur. Rainer Hess, Berlin<br />

Prof. Dr. Axel Heyll, Düsseldorf<br />

Dr. Günther Jonitz, Berlin<br />

Prof. Dr. Johannes Köbberling, Wuppertal<br />

Prof. Dr. Regina Kunz, Basel<br />

Wissenschaftliches Programmkomitee<br />

Prof. Dr. Reinhard Busse, Berlin<br />

Prof. Dr. Martina Dören, Berlin<br />

Prof. Dr. David Klemperer, Regensburg<br />

Dr. Klaus Koch, Köln<br />

Dr. Monika Lelgemann, Essen<br />

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Berlin<br />

Prof. Dr. Ingrid Mühlhauser, Hamburg<br />

Prof. Dr. Edmund Neugebauer, Köln<br />

Prof. Dr. Günter Ollenschläger, Berlin<br />

PD Dr. Matthias Perleth, Berlin<br />

Dr. Sylvia Sänger, Jena<br />

Prof. Dr. Daniel Strech, Hannover<br />

Prof. Dr. Jürgen Windeler, Köln


Impressum<br />

<strong>EbM</strong> Kongress 2011<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Netzwerk</strong> Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong><br />

c/o ÄZQ<br />

TiergartenTower<br />

Straße des 17. Juni 106-108<br />

10623 Berlin<br />

Tel: 030 4005-2506<br />

Fax: 030 4005-2555<br />

E-Mail: kontakt@ebm-netzwerk.de<br />

Redaktion:<br />

Karsta Sauder<br />

Andrea Haring<br />

Layout:<br />

Marga Cox<br />

Karsta Sauder<br />

Kongressagentur:<br />

MCI Deutschland GmbH<br />

Markgrafenstraße 56<br />

10117 Berlin<br />

Tel: 030 2045912<br />

Fax: 030 2045950<br />

E-Mail: ulrike.linde@mci-group.com<br />

Bildnachweise:<br />

Titelseite: istockphoto.com<br />

S. 108: TU Berlin<br />

Programm ist abrufbar unter:<br />

www.ebm-netzwerk.de<br />

© DN<strong>EbM</strong> 2011<br />

Inhalt<br />

Wissenschaftliche Leitung und 1<br />

Organisation<br />

Impressum 2<br />

Inhalt 2<br />

Grußwort des Tagungspräsidenten 3<br />

Programm 4<br />

Abstracts 20<br />

Vorsitzende und Referenten 104<br />

Teilnehmer Postersession 106<br />

Allgemeine Informationen 108<br />

Veranstaltungsort 109<br />

Gesellschaftsabend 110<br />

Sponsoren 111


Grußwort des Tagungspräsidenten<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

„Evidenz und individualisierte <strong>Medizin</strong>“ lautet das Hauptthema der 12. Jahrestagung<br />

des Deutschen <strong>Netzwerk</strong>s Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> 2011, zu der ich Sie herzlichst<br />

nach Berlin einlade.<br />

Die individualisierte <strong>Medizin</strong> scheint Träume wahr werden zu lassen. Sie setzt auf<br />

Biomarker, also auf objektive Messgrößen, die auf verschiedenen organisatorischen<br />

Ebenen des Organismus erhoben werden können und zur „Bewertung von normalen<br />

biologischen Prozessen, von pathologischen Prozessen, von pharmakologischen<br />

Reaktionen auf eine therapeutische Intervention oder von Reaktionen auf<br />

präventive oder andere Gesundheitsinterventionen“ dienen, wie es in einem Bericht<br />

an den Deutschen Bundestag heißt.<br />

Biomarker sollen erkrankten Menschen zu Diagnosen von ungekannter Präzision<br />

und zu einer darauf maßgeschneiderten Therapie verhelfen, die sie wieder gesund<br />

macht.<br />

Biomarker identifizieren die Patienten, die von einem Medikament profitieren, den übrigen bleibt die Einnahme<br />

erspart. „The drugs don’t work“– die meisten Medikamente wirken bei den meisten Patienten nicht – soll nicht<br />

mehr gelten. Hat die Number needed to treat ausgedient?<br />

Biomarker ermöglichen individuelle Risikoprofile. Gesunden wird das Auftreten von Krankheiten wie Diabetes<br />

mellitus und koronare Herzkrankheit vorhergesagt, diese ändern daraufhin ihr Verhalten, beweisen damit Eigenverantwortung<br />

und bleiben gesund. Das würde die Prävention revolutionieren.<br />

Diese und andere Verheißungen haben das Konzept einer individualisierten <strong>Medizin</strong> zu einem beliebten, bestens<br />

ausgestatteten Forschungsbereich und einem aufstrebenden Wirtschaftsbereich gemacht.<br />

Dessen ungeachtet sind mehr Fragen offen als beantwortet.<br />

So sind Krankheit und Gesundheit Ergebnisse eines jeweils einzigartigen Kausalmechanismus, der aus biologischen,<br />

psychischen und sozialen Kausalfaktoren besteht. Welche Bedeutung haben die durch Biomarker bezeichneten<br />

Merkmale im Kausalmechanismus? Handelt es sich um notwendige oder gar hinreichende Kausalfaktoren?<br />

Bieten sie also Ansätze für effektive Interventionen?<br />

Werden überhaupt und - wenn ja - in welchem Ausmaß die Möglichkeiten verbessert, Gesundheit zu erhalten,<br />

Krankheit zu verhindern bzw. in ihrem Verlauf günstig zu beeinflussen?<br />

Wie hilfreich sind dem oder der Betroffenen „biomarkerbasierte prädiktiv-probabilistische Gesundheitsinformationen“<br />

für die Prävention? Erleichtert ihre Kenntnis tatsächlich den Abschied von ungünstigem Gesundheitsverhalten?<br />

Die Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong> ist derzeit die Grundlage für Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses.<br />

Sind die etablierten Methoden des Nachweises der klinischen Wirksamkeit, derer sich die EBM bedient, für<br />

Fragestellungen der individualisierten <strong>Medizin</strong> geeignet oder müssen hier andere Methoden angewandt und neue<br />

Maßstäbe angelegt werden? Taugen die Kriterien ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig auch<br />

für die Bewertung der Leistungen einer individualisierten <strong>Medizin</strong>?<br />

Oder soll unter dem Etikett „individualisierte <strong>Medizin</strong>“ eine Gesundheitswirtschaft gefördert werden, in der Umsatz<br />

wichtiger ist als der Nutzen für den Patienten?<br />

An offenen Fragen mangelt es also nicht, auch nicht an weiteren Themen, wie z. B. Methoden in der EBM, Interessenkonflikte<br />

und Integrität der Wissenschaft, evidenzbasierte Physiotherapie. Auch Trainingskurse bieten wir<br />

wieder für verschiedene Zielgruppen an. Besonders freue ich mich darüber, dass das Ärztliche Zentrum für Qualität<br />

das Symposium „15 Jahre Leitlinien in Deutschland – Anspruch und Wirklichkeit“ im Zusammenhang mit der<br />

Jahrestagung des DN<strong>EbM</strong> durchführt.<br />

Somit sind die besten Voraussetzungen für einen spannenden und wissenschaftlich ergiebigen Jahreskongress<br />

gegeben. Ich würde mich freuen, Sie im März 2011 in Berlin begrüßen zu dürfen.<br />

Ihr<br />

David Klemperer<br />

Tagungspräsident<br />

Vorsitzender des DN<strong>EbM</strong><br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 3


Programm<br />

Änderungen sind vorbehalten. Programm- und Personenänderungen entnehmen Sie bitte den<br />

Aushängen am Info-Point.<br />

Donnerstag, 24. März 2011<br />

10.00 – 12.45 Trainingskurse des DN<strong>EbM</strong> mit kooperierenden Organisationen<br />

10.00 – 12.45 T1<br />

10.00 – 12.45 T2<br />

10.00 – 12.45 T3<br />

10.00 – 12.45 T4<br />

10.00 – 12.45 T5<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> – Worüber und wie sollten Journalisten<br />

informieren?<br />

Ingrid Mühlhauser (Universität Hamburg) und Klaus Koch (IQWiG)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit der Universität Hamburg und dem IQWiG<br />

Gesundheitsinformationen recherchieren und bewerten<br />

Trainingskurs für Patientenberater und Selbsthilfevertreter<br />

Sylvia Sänger (GesundheitsUni am Universitätsklinikum Jena), Hardy Müller<br />

(Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen,<br />

WINEG), Britta Lang (<strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit der GesundheitsUni Jena, dem WINEG und dem<br />

Deutschen Cochrane Zentrum<br />

Von der Evidenz zur Empfehlung – GRADE<br />

Susanne Weinbrenner (ÄZQ), Jörg Meerpohl (<strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum),<br />

Gero Langer (MLU Halle-Wittenberg)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit dem ÄZQ<br />

Methodische Qualität von Leitlinien – Analyse und „Good practice“<br />

Monika Nothacker (ÄZQ), Ina Kopp (AWMF), Thomas Langer (ÄZQ)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit der AWMF und dem ÄZQ<br />

Health Technology Assessment (HTA) – Evidenzbasierte<br />

Informationen für Entscheidungen im Gesundheitswesen<br />

Sunya-Lee Antoine (DIMDI), Alric Rüther (IQWiG) und Ruth Schwarzer<br />

(Oncotyrol-Center for Personalized Cancer Medicine GmbH und UMIT)<br />

Kooperation von DIMDI, IQWiG und UMIT<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 4


Donnerstag, 24. März 2011, 13.00 – 18.30<br />

Symposium des ÄZQ:<br />

15 Jahre Leitlinien in Deutschland<br />

Anspruch und Wirklichkeit<br />

13.00 – 13.30 15 Jahre Leitlinien – was wurde erreicht?<br />

Günter Ollenschläger (ÄZQ) und Ina Kopp (AWMF)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 5<br />

Ärztliches Zentrum für<br />

Qualität in der <strong>Medizin</strong><br />

13.30 – 14.30 Podiumsdiskussion: Leitlinien in Deutschland – wohin geht die Reise?<br />

Moderation: Albrecht Encke (Past-Präsident der AWMF)<br />

Karl-Heinz Rahn (AWMF), Jörg-Dietrich Hoppe (BÄK), Andreas Köhler (KBV),<br />

Rainer Hess (G-BA), Joachim Szecsenyi (AQUA) und Jürgen Windeler (IQWiG)<br />

14.30 – 15.00 Erfahrungsberichte NVL Asthma<br />

Dieter Ukena (AkdÄ), Antonius Schneider (DEGAM), Heinrich Worth (Deutsche Atemwegsliga)<br />

und Martin Schulz (AMK/ABDA)<br />

15.00 – 15.30 Erfahrungsberichte NVL KHK<br />

15.30 – 16.00 Pause<br />

Norbert Donner-Banzhoff (DEGAM), Ulrich Laufs (AkdÄ) und Hans-Reinhard Zerkowski<br />

(DGTHG)<br />

16.00 – 16.30 PatientenLeitlinien des NVL-Programms<br />

Jutta Hundertmark-Mayser (DAG SHG), Hannelore Loskill (BAG Selbsthilfe e. V.), Jürgen<br />

Matzat<br />

(DAG SHG) und Ingrid Voigtmann (DAAB)<br />

16.30 – 17.00 Erfahrungsberichte NVL Herzinsuffizienz<br />

Martin Scherer (DEGAM), Stefan Störk (DGIM) und Klaus Mörike (AkdÄ)<br />

Zur Diskussion: Welche Bedeutung hat die Versorgungsrealität bei der Formulierung einer<br />

NVL?<br />

Dr. Dominik Graf von Stillfried (ZI)<br />

17.00 – 17.30 Erfahrungsberichte NVL Depression<br />

Martin Härter (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), Tom Bschor (AkdÄ),<br />

Jochen Gensichen (DEGAM) und Rainer Richter (BPtK)<br />

17.30 – 18.00 Erfahrungsberichte NVL Diabetes<br />

Rüdiger Landgraf (DDG), Heinz-Harald Abholz (DEGAM), Klaus-Dieter Lemmen (DOG),<br />

Gerhard Rümenapf (DGG) und Wolfgang Pommer (DGfN)<br />

18.00 – 18.30 Erfahrungsberichte NVL Kreuzschmerz<br />

Jan Hildebrandt (AkdÄ), Jean-Francois Chenot (DEGAM), Bernd Kladny (DGOOC) und<br />

Wilfried H. Jäckel (DGRW)


Donnerstag, 24. März 2011<br />

13.00 – 18.00 Fachbereichssitzungen des DN<strong>EbM</strong> e. V.<br />

17.15 – 19.00 Sitzung des geschäftsführenden Vorstands und der Beisitzer<br />

Freitag, 25. März 2011<br />

09.00 – 11.15<br />

Plenarveranstaltung<br />

Vorsitz: David Klemperer (HS Regensburg) und Monika Lelgemann (MDS)<br />

09.00 – 09.20 Begrüßung und Eröffnung<br />

09.20 – 09.40 V1<br />

09.40 – 10.00 V2<br />

10.00 – 10.20 V3<br />

10.20 – 10.40 V4<br />

10.40 – 11.15 Plenardiskussion<br />

11.15 – 11.30 Pause<br />

11.30 – 13.00<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> / Das allgemeine Verständnis<br />

Bärbel Hüsing (Fraunhofer ISI)<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> / Unser (Un)Verständnis<br />

Jürgen Windeler (IQWiG)<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> in der Onkologie<br />

Wolf-Dieter Ludwig (AkdÄ)<br />

Sollen wir wirklich immer individualisieren?<br />

Es kommt darauf an!<br />

Norbert Donner-Banzhoff (Philipps-Universität Marburg)<br />

Pressekonferenz<br />

Moderation: Sylvia Sänger (GesundheitsUni Jena)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 6


11.30 – 13.00 Parallelveranstaltungen I<br />

11.30 – 13.00<br />

11.30 – 13.00<br />

I/1<br />

I/1a<br />

I/1b<br />

I/1c<br />

I/1d<br />

I/1e<br />

I/2<br />

I/2a<br />

I/2b<br />

I/2c<br />

I/2d<br />

I/2e<br />

Leitlinien I<br />

Vorträge zum Thema<br />

Vorsitz: Ina Kopp (AWMF) und Horst Christian Vollmar (DZNE)<br />

Impulse für die Leitlinienentwicklung aus der Gender-Perspektive<br />

am Beispiel internationaler Leitlinien zur Depression<br />

Birgit Babitsch (Berlin School of Public Health), Susanne Weinbrenner (ÄZQ)<br />

Wie sollte individualisierte <strong>Medizin</strong> in evidenzbasierten Leitlinien<br />

umgesetzt werden? – Eine Analyse von Leitlinienmanualen<br />

Michaela Eikermann (IFOM, Universität Witten/Herdecke)<br />

Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine<br />

systematische Literaturübersicht<br />

Thomas Kötter (Universität Lübeck)<br />

Entspricht die medikamentöse Therapie bei Asthma-Patienten mit<br />

häufigen Symptomen den aktuellen Leitlinien?<br />

Sabine Groos (ZI)<br />

Die Arztbibliothek: Cochrane Reviews im Kontext eines<br />

Leitlinienthemas – Analyse des Mehrwerts für den Arzt<br />

Monika Nothacker (ÄZQ)<br />

Impact / Implementierung<br />

Vorträge zum Thema<br />

Vorsitz: Wolfgang Blank (TU München) und Matthias Perleth (G-BA)<br />

Welchen Impact hat Health Technology Assessment auf das<br />

Gesundheitswesen in Österreich?<br />

Ingrid Zechmeister (LBI-HTA)<br />

Veränderte Überprüfung der Inhalationstechnik bei Patienten mit<br />

COPD nach einer Continued Medical Education (CME)-Maßnahme.<br />

Ergebnisse aus dem Disease Management Programm (DMP) COPD<br />

in der Region Nordrhein<br />

Jens Kretschmann (ZI)<br />

Bewertung von Feedback-Berichten aus ärztlicher Sicht.<br />

Ergebnisse aus den Disease Management Programmen (DMP) in<br />

der Region Nordrhein<br />

Bernd Hagen (ZI)<br />

Das Clearingverfahren für Arztbewertungsportale:<br />

Arztbewertungsportale auf dem Prüfstand<br />

Sabine Schwarz (ÄZQ)<br />

Das EU-EBM-Projekt am Universitätsklinikum Frankfurt/ Main:<br />

Zwischenbericht 2011<br />

Martin Bergold (Universität Frankfurt/M.)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 7


11.30 – 13.00<br />

I/3<br />

I/3a<br />

I/3b<br />

I/3c<br />

11.30 – 13.00 I/4<br />

11.30 – 13.00 I/5<br />

Physiotherapie, ein integraler Bestandteil in der<br />

Patientenversorgung<br />

Workshop<br />

Vorsitz: Gabriele Meyer (Universität Witten/Herdecke) und Eckhardt Böhle (ZVK)<br />

Evidenzbasierte Physiotherapie – aktueller Stand und<br />

Perspektiven<br />

Eckhardt Böhle (ZVK)<br />

Evidenzbasierte Physiotherapie – Bereitschaft und Barrieren<br />

Erwin Scherfer (Physio-Akademie)<br />

Die Weiterentwicklung und Anwendung der Forschungspyramide<br />

in der Physiotherapie<br />

Bernhard Borgetto (HAWK Hildesheim), Andrea Pfingsten (HAWK<br />

Hildesheim, AG Forschung ELP)<br />

Frühe Arzneimittelnutzenbewertung nach AMNOG – Bewertung<br />

der Dossiers durch das IQWiG<br />

Workshop<br />

Vorsitz: Thomas Kaiser (IQWiG), Beate Wieseler (IQWiG)<br />

Regulierung von Interessenkonflikten: Konzepte und offene<br />

Fragen zur Evaluation<br />

Workshop<br />

13.00 – 13.45 Mittagspause<br />

Vorsitz: Daniel Strech (MH Hannover)<br />

Interessenkonfliktregulierung. Internationale Entwicklungen und<br />

offene Fragen. Ein Diskussionspapier des DN<strong>EbM</strong><br />

Daniel Strech (MH Hannover)<br />

Empfehlungen der AWMF zum Umgang mit Interessenkonflikten<br />

bei Fachgesellschaften<br />

Claudia Spies (Charité)<br />

Ein Vorschlag für Fragen zur Erfassung von Interessenkonflikten<br />

Klaus Lieb (Universität Mainz)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 8


13.45 – 15.15 Parallelveranstaltungen II<br />

13.45 – 15.15<br />

13.45 – 15.15<br />

II/1<br />

II/1a<br />

II/1b<br />

II/1c<br />

II/1d<br />

II/1e<br />

II/2<br />

II/2a<br />

Leitlinien II<br />

Vorträge zum Thema<br />

Vorsitz: Ingrid Mühlhauser (Universität Hamburg) und Markus Follmann (DKG)<br />

Berücksichtigung von Komorbidität, Begleitmedikation und Alter<br />

in deutschen S3-Leitlinien<br />

Abdel Moniem Mukhtar (ZI)<br />

Wenn die Evidenz nicht weiterhilft – die Rolle des Werturteils.<br />

Anwendung von langwirkenden Beta-Agonisten (LABA) in der<br />

Asthma-Therapie<br />

Liat Fishman (ÄZQ)<br />

Beeinflussten finanzielle Interessenkonflikte der Leitlinienautoren<br />

die Empfehlungen zu Efalizumab (Raptiva ® ) in der S3-Leitlinie zur<br />

Therapie der Psoriasis vulgaris?<br />

Claudia Dünnweber und Gisela Schott (AkdÄ)<br />

Angaben zu Interessenkonflikten in deutschen Leitlinien<br />

Thomas Langer (ÄZQ)<br />

Entwicklung und Evaluation einer Praxisleitlinie zu<br />

freiheitseinschränkenden Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen<br />

– cluster-randomisierte kontrollierte Studie<br />

Sascha Köpke (Universität Hamburg)<br />

Bewertung diagnostischer Verfahren: Stellenwert und<br />

methodische Evaluation von Testgütestudien<br />

Workshop des Fachbereichs Methodik<br />

Vorsitz: Stefan Sauerland (IQWiG), Heike Raatz (CEB Basel), Fülöp Scheibler<br />

(IQWiG)<br />

QUADAS-2: an updated quality assessment tool for diagnostic<br />

accuracy studies<br />

Heike Raatz (CEB Basel)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 9


13.45 – 15.15 II/3<br />

13.45 – 15.15 II/4<br />

Wissenschaftliche Evidenz und Industrieinteressen: Ein<br />

Vergleich zwischen Pharma-, Tabak- und Agroindustrie<br />

Symposium<br />

Vorsitz: Joseph Kuhn (LGL Bayern) und David Klemperer (HS Regensburg)<br />

Die Pharmaindustrie: Forschung für den Guten Zweck?<br />

Beate Wieseler (IQWiG)<br />

Verlauf und Folgen der Drittmittelabhängigkeit im<br />

Wissenschaftsbetrieb. Das Beispiel der Tabakindustrie und ihrer<br />

akademischen Kronzeugen<br />

Dietmar Jazbinsek (Lobby Control)<br />

Gentechnik, Lebensmittelsicherheit und Agroindustrie<br />

Christoph Then (Testbiotech e. V.)<br />

Wie misst man Patientenbeteiligung?<br />

Symposium des Fachbereichs Patienteninformation und -beteiligung<br />

Vorsitz: Norbert Donner-Banzhoff (Philipps-Universität Marburg) und<br />

Hardy Müller (WINEG)<br />

Reliabilität und Validität der deutschen Version der OPTION scale<br />

Heidi Keller (Universität Marburg)<br />

Abbildung der OPTION scale auf Prozessschritte des Shared<br />

Decision Making<br />

Oliver Hirsch (Universität Marburg)<br />

Weiterentwicklung und psychometrische Testung des<br />

Fragebogens zur Partizipativen Entscheidungsfindung – PEF-FB-9<br />

(Patienten- und Arztversion)<br />

Isabelle Scholl (UKE)<br />

MAPPIN’SDM (Multifocal approach to the „sharing“in the shared<br />

decision making), ein Forschungsinstrument zur konvergenten<br />

Validierung der verschiedenen Messperspektiven auf SDM<br />

Jürgen Kasper (Universität Hamburg)<br />

SDMMASS (SDM meeting its concept’s assumptions), wieder ein<br />

neues SDM Maß oder der Entwurf eines Goldstandards?<br />

Friedemann Geiger (UK Schleswig-Holstein)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 10


13.45 – 15.15 II/5<br />

15.15 – 15.30 Pause<br />

15.30 – 16.30<br />

16.30 – 17.15<br />

17.15 – 17.30 Pause<br />

„Investigator initiated trials“ Wie schwierig sind sie wirklich;<br />

praktische Beispiele<br />

Workshop<br />

Vorsitz: Mechtild Schmedders (GKV-SV) und Matthias Dettloff (GKV-SV)<br />

Postersession<br />

IITs aus der Perspektive eines etablierten Forschungsverbundes:<br />

Klinische Studien der Deutschen Hodgkin Studiengruppe<br />

Andreas Engert, Universität Köln, Leiter der GHSG<br />

IITs aus der Perspektive der Urologie: Wir brauchen dringend<br />

aussagekräftige Daten zum richtigen Umgang mit dem Niedrigrisiko-<br />

Prostatakarzinom<br />

Michael Stöckle, Universität Homburg, Leiter der PREFERE-Studie<br />

(Übersicht über angenommene Poster ab S. 15)<br />

Verleihung des David-Sackett-Preises des DN<strong>EbM</strong><br />

Moderation: David Klemperer (HS Regensburg)<br />

17.30 – 19.00 Mitgliederversammlung des DN<strong>EbM</strong> und Neuwahl des Vorstands<br />

Ab 20.00<br />

Gesellschaftsabend ( � weitere Informationen S. 110)<br />

Im Oxymoron am Hackeschen Markt<br />

Rosenthaler Str. 40/41<br />

10178 Berlin<br />

Telefon: +49 30 2839 188-6<br />

Internet: www.oxymoron-berlin.de<br />

Preisverleihungen<br />

� Journalistenpreis des DN<strong>EbM</strong><br />

� Posterpreis<br />

� Ehrengabe des DN<strong>EbM</strong><br />

� Jahresgabe des DN<strong>EbM</strong><br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 11


Samstag, 26. März 2011<br />

09.00 – 10.45 Plenarveranstaltung<br />

09.00 – 09.40 V1<br />

09.45 – 10.45 V2<br />

10.45 – 11.00 Pause<br />

Herausforderungen für die sektorenübergreifende Qualitätssicherung<br />

Joachim Szecsenyi (AQUA, Göttingen)<br />

Quantitative Synthese von komplexen Interventionen –<br />

Unzulängliche Simplifizierung der Komplexität?<br />

Ingrid Mühlhauser (Universität Hamburg)<br />

Gabriele Meyer (Universität Witten/Herdecke)<br />

Matthias Lenz (Universität Hamburg)<br />

Guido Skipka (IQWiG, Köln)<br />

und Auditorium<br />

11.00 – 12.30 Parallelveranstaltungen III<br />

11.00 – 12.30<br />

III/1<br />

III/1a<br />

III/1b<br />

III/1c<br />

III/1d<br />

III/1e<br />

Neues zu methodischen Aspekten<br />

Vorträge zum Thema<br />

Vorsitz: Martina Dören (Charité Berlin) und Andrea Siebenhofer-Kroitzsch<br />

(Universität Frankfurt)<br />

Stand und Bedingungen der nichtkommerziellen klinischen<br />

Forschung in Deutschland<br />

Bernhard Bührlen (UPK Basel)<br />

Sind bestimmte Placebos effektiver als andere?<br />

Margrit Fässler (Universität Zürich)<br />

Evaluierung diagnostischer Verfahren aus einer<br />

entscheidungsträgerrelevanten Sicht – Hintergrund, Probleme,<br />

Methoden<br />

Anna Nachtnebel (LBI-HTA Wien)<br />

Herkunftsländer der Studien in IQWiG-Berichten zur<br />

Nutzenbewertung von Therapie und Diagnoseverfahren<br />

Kirsten Herrmann (IQWiG, Köln)<br />

Eine Übersicht zu Methoden der Aktualisierung evidenzbasierter<br />

Informationsprodukte<br />

Tracy Slanger (IQWiG, Köln)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 12


11.00 – 12.30<br />

III/2<br />

III/2a<br />

III/2b<br />

III/2c<br />

III/2d<br />

III/2e<br />

11.00 – 12.30 III/3<br />

Analysen & Interventionen<br />

Vorträge zum Thema<br />

Vorsitz: Diedrich Bühler (GKV-Spitzenverband) und Edmund Neugebauer<br />

(IFOM, Universität Witten/Herdecke)<br />

Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU) zur Behandlung<br />

des Prostatakarzinoms: eine systematische Übersicht<br />

Marisa Warmuth (LBI-HTA)<br />

Kann die Angst von Patienten durch strukturierte Informationen<br />

während des Intensivstationsaufenthaltes gemindert werden?<br />

Eine multizentrische, randomisierte kontrollierte Studie (RCT)<br />

Annegret Horbach (FH Frankfurt/M.)<br />

Integrative und Personalisierte Gesundheitsversorgung – die<br />

Sicht der Universität Witten/Herdecke<br />

Peter Heusser (Universität Witten/Herdecke)<br />

Priorisierung und Gewichtung von patientenrelevanten<br />

Endpunkten am Beispiel der chronischen Hepatitis C Therapie<br />

Charalabos-Markos Dintsios, Anja Schwalm (IQWiG)<br />

Individuelle Diagnostik: zum Zusatznutzen von Proteomanalysen<br />

zur Diagnose des Prostatakarzinoms<br />

Monika Nothacker (ÄZQ)<br />

Leitlinienimplementierung<br />

Symposium<br />

Das Leid der Leitlinien – Neues zur Implementierung<br />

Vorsitz: Gero Langer (MLU Halle-Wittenberg)<br />

Problemaufriss und Ergebnisse der Online-Befragung der<br />

DNEbN-Mitglieder<br />

Gabriele Meyer (Universität Witten/Herdecke)<br />

Implementierung der DEGAM-Leitlinie „Demenz“ – Hilft viel doch<br />

viel?<br />

Horst Christian Vollmar (DZNE)<br />

Interdisziplinäre Implementierung von Qualitätsinstrumenten zur<br />

Versorgung von Menschen mit Demenz in Altenheimen<br />

Stefan Wilm (Universität Witten/Herdecke)<br />

Ist die Pflegepraxis auf evidenzbasierte Leitlinien vorbereitet?<br />

Daniela Schoberer (LKH-Univ. Klinikum Graz)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 13


11.00 – 12.30 III/4<br />

11.00 – 12.30 III/5<br />

12.45 – 13.15<br />

ab 13.00 Imbiss<br />

Personalised Healthcare:<br />

Der 2010 Report des Nuffield Council on Bioethics<br />

Workshop<br />

Vorsitz: Daniel Strech (MH Hannover)<br />

Präsentation des Nuffield Council on Bioethics Reports:<br />

„Personalised Healthcare“<br />

Alena Buyx (Nuffield Council, London)<br />

Kommentar zu den Empfehlungen des Reports<br />

Bärbel Hüsing (Fraunhofer ISI)<br />

Kommentar zur Methodik des Reports<br />

Daniel Strech (MH Hannover)<br />

Patientenbeteiligung – Methodik und internationale Standards<br />

Workshop<br />

Vorsitz: Corinna Schaefer (ÄZQ)<br />

Verabschiedung<br />

Neuer Vorstand und künftige Tagungspräsidentin<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 14


Freitag, 25. März 2011<br />

15.30 – 16.30 Postersession<br />

P1 Leitlinien I<br />

P1a<br />

P1b<br />

P1c<br />

P1d<br />

P1e<br />

P1f<br />

Die Adaptationsprozesse der NVL Kreuzschmerz<br />

Susann Conrad (ÄZQ)<br />

Untersuchung der Entwicklungsprozesse der NVL „Kreuzschmerz“ und<br />

„Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter“ im Hinblick auf<br />

Barrieren für die Implementierung<br />

Susann Conrad (ÄZQ)<br />

Empfehlungen zur Manuellen Therapie bei lumbalen Rückenschmerzen in<br />

klinischen Leitlinien – Ein systematischer Review<br />

Johannes Grothues (HAWK)<br />

Probleme der Zuordnung von Leitlinienempfehlungen zur Anlage 5 der<br />

Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSA-<br />

ÄndV) – DMP Koronare Herzkrankheit (KHK)<br />

Petra Lange (IQWiG)<br />

Welcher potenzielle Aktualisierungs- bzw. Ergänzungsbedarf des Disease-<br />

Management-Programms (DMP) Koronare Herzerkrankung (KHK) lässt sich<br />

auf Basis aktueller KHK-Leitlinien ableiten?<br />

Petra Lange (IQWiG)<br />

Herausforderungen in der Nutzen- und Schadensbewertung bei Patienten<br />

mit therapierefraktärer oder rezidivierter Erkrankung – am Beispiel von<br />

Patienten mit Hodgkin Lymphom<br />

Melanie Messer und Annegret Herrmann-Frank (IQWiG)<br />

P2 Leitlinien II<br />

P2a<br />

P2b<br />

P2c<br />

P2d<br />

„Mehr Freiheit wagen“ – ein Prozess, der Zeit braucht? Prozessevaluation<br />

der Implementierung einer Praxisleitlinie zu freiheitseinschränkenden<br />

Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen<br />

Anja Gerlach (Universität Hamburg)<br />

Soll-Sollte-Muss! Wie werden Formulierungen von Leitlinienempfehlungen<br />

von Ärzten verstanden? Ergebnisse einer Pilotstudie<br />

Alexander Nast (Charité)<br />

Interessenkonflikte in dermatologischen Leitlinien in Deutschland – ein<br />

Indikator für die Qualität?<br />

Alexander Nast (Charité)<br />

Praxishilfen zu Leitlinien im Online-Portal „Arztbibliothek“<br />

Christiane Rothe (ÄZQ)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 15


P2e<br />

P2f<br />

Systematische Leitlinienrecherche: Ist eine ergänzende Suche in<br />

bibliographischen Datenbanken notwendig?<br />

Ulrich Siering (IQWiG)<br />

NVL Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter: Von der<br />

Studienevidenz zur Handlungsempfehlung – Was tun bei qualitativ<br />

heterogener Studienlage?<br />

Beate Weikert (ÄZQ)<br />

P3 Versorgung / HTA<br />

P3a<br />

P3b<br />

P3c<br />

P3d<br />

P3e<br />

P3f<br />

P3g<br />

P3h<br />

Onkologische Themen in HTA-Berichten des DIMDI<br />

Sunya-Lee Antoine (DIMDI)<br />

Wissenschaftliche Evidenz für Gesundheits-Entscheidungen: HTA<br />

Britta Göhlen (DIMDI)<br />

HTA beim DIMDI: Wer schlägt die Themen vor?<br />

Felix Miedaner (DIMDI)<br />

Evidenz aus Critical-Incident-Reporting-Systemen? Systematische<br />

Auswertung von Berichten aus CIRS-AINS zur Erkennung von Risiken bei<br />

der Verwendung von Perfusoren<br />

Julia Rohe (ÄZQ)<br />

Kosteneffektivität des HPV-basierten Primärscreenings in der<br />

Zervixkarzinomfrüherkennung in Deutschland. Eine Entscheidungsanalyse<br />

im Rahmen von HTA<br />

Gaby Sroczynski (UMIT Hall i.T.)<br />

Publikation der DIMDI-HTA-Berichte<br />

Elisabeth Giesenhagen (DIMDI)<br />

A non-interventional, retrospective, cross-sectional study to assess EDSS<br />

specific costs and quality of life of patients with multiple sclerosis in<br />

Germany<br />

Katja Neidhardt (Novartis Pharma GmbH)<br />

Einführung eines Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose: eine<br />

Modellierung der diagnostischen und ökonomischen Auswirkungen<br />

Andrej Rasch (G-BA)<br />

P4 Systematische Übersichtsarbeiten<br />

P4a<br />

P4b<br />

<strong>Individualisierte</strong> Therapie in der Onkologie: eine systematische Recherche<br />

zur Studienlage bei akuten Leukämien<br />

Annegret Herrmann-Frank (IQWiG)<br />

Die Sicherheit von Metamizol unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Agranulozytose: eine systematische Literaturübersicht. Vorstellung des<br />

Reviewprotokolls<br />

Thomas Kötter (Universität Lübeck)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 16


P4c<br />

P4d<br />

P4e<br />

P4f<br />

P4g<br />

Nutzenbewertung des Neugeborenenscreenings auf Cystische Fibrose<br />

(Mukoviszidose) – ein systematischer Review<br />

Katja Matthias (G-BA)<br />

Gesundheitsbezogene Lebensqualität in Studien zur Behandlung des<br />

lokalisierten Prostatakarzinoms – eine systematische Übersicht<br />

Frank Peinemann (IQWiG)<br />

Geschlechtsspezifische Unterschiede in Wirksamkeit und Sicherheit<br />

medikamentöser Behandlungen: ein Umbrella Review<br />

Michaela Strobelberger (Donau Universität Krems)<br />

Ergänzende professionelle Unterstützungsmaßnahmen in der ambulanten<br />

agonistischen Substitutionstherapie Opiatabhängiger: ein systematischer<br />

Review<br />

Yvonne Zens (IQWiG)<br />

Frauenspezifische Risiken für unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln<br />

in der Anästhesie – ein systematisches Review<br />

Ines Ziegler (Berlin School of Public Health an der Charité)<br />

P5 Patienten und Verbraucher<br />

P5a<br />

P5b<br />

P5c<br />

P5d<br />

P5e<br />

P5f<br />

P5g<br />

Eine Evaluation deutschsprachiger Websites zum Thema PSA-Screening<br />

des Prostatakarzinoms anhand der Kriterien der „Guten Praxis<br />

Gesundheitsinformation“<br />

Marcel Bülow (TU Dortmund, Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus)<br />

Blutzuckertest und Primärprävention des Diabetes mellitus Typ 2 –<br />

Evaluation des Effekts einer evidenzbasierten Patienteninformation<br />

Jutta Genz (<strong>Deutsches</strong> Diabetes Zentrum)<br />

Ist das Bewusstsein für die unterschiedliche Qualität von<br />

Gesundheitsinformationen durch technische Hilfsmittel praxistauglich<br />

steigerbar?<br />

Michael Hägele und Christian Leopold (IQGT)<br />

<strong>Individualisierte</strong> Beratung zur Krebsfrüherkennung: Häufigkeit und<br />

Veränderung von Patientenbeteiligung nach Einführung finanzieller Anreize<br />

Dirk Horenkamp-Sonntag (WINEG)<br />

Kompetent als Patient – Ein Projekt zur Stärkung der<br />

Gesundheitskompetenzen von Versicherten und Patienten<br />

Thomas Nebling (TK Hamburg)<br />

Patienteninformationsbroschüren zum Thema Rauchen und Passivrauchen<br />

in der Schwangerschaft und im Wochenbett: eine kritische Analyse<br />

Eva-Maria Panfil (HS f. Angewandte Wissenschaften, St. Gallen)<br />

Die Wartezimmerinformation – Entwicklung und Implementierung von<br />

Evidenz-basierten Kurzinformationen für Patienten<br />

Silja Schwencke (ÄZQ)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 17


P6 Umsetzung, Evaluation und Methodik I<br />

P6a<br />

P6b<br />

P6c<br />

P6d<br />

P6e<br />

P6f<br />

Analyse von Zentrumseffekten auf die Länge des progessionsfreien<br />

Überlebens bei Patienten mit Hodgkin Lymphom: Ergebnisse der<br />

Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG)<br />

Corinne Brillant und Kathrin Bauer (Uniklinik Köln)<br />

PEROSH – Clearing house systematic reviews on occupational health and<br />

safety topics<br />

Ulrike Euler (BAuA)<br />

Computerunterstütze Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong><br />

Michael Giretzlehner (RISC Software GmbH)<br />

Instrumente zur individualisierten Risikoprognostizierung der<br />

kardiovaskulären Erkrankungen in Deutschland<br />

Vitali Gorenoi (MH Hannover)<br />

Verändert eine einzelne Continued Medical Education (CME)-Maßnahme das<br />

Verordnungsverhalten? Ergebnisse aus dem Disease Management<br />

Programm (DMP) Koronare Herzkrankheit in der Region Nordrhein<br />

Bernd Hagen (ZI)<br />

Studienselektion mit einer webbasierten Spezialsoftware (webbased<br />

TrialSelection DataBase, webTSDB)<br />

Elke Hausner (IQWiG)<br />

P7 Umsetzung, Evaluation und Methodik II<br />

P7a<br />

P7b<br />

P7c<br />

P7d<br />

P7e<br />

Are systematic reviews original research? – survey of editors of core<br />

clinical journals<br />

Florian Herrle (Universität Heidelberg)<br />

Eignung der „related articles“ Funktion zur Bewertung der Vollständigkeit<br />

systematischer Recherchen<br />

Tatjana Janzen (IQWiG)<br />

Einladung zur Kooperation: Projekt: Entwicklung eines Evidenz-basierten<br />

Aus- und Weiterbildungsrahmens und interdisziplinärer Kernkompetenzen<br />

für die prähospitale und innerhospitale Versorgung schwerverletzter<br />

Patienten<br />

Matthias Lenz (Universität Hamburg)<br />

Invitation for collaboration: Project: Development of a European consensus<br />

based educational framework for the discipline of disaster medicine and<br />

nursing<br />

Matthias Lenz (Universität Hamburg)<br />

Schulungsprogramme zum prähospitalen Traumamanagement in<br />

Deutschland. Eine systematische Übersichtsarbeit<br />

Matthias Lenz (Universität Hamburg)<br />

P7f Marktzulassung für zielgerichtete Arzneimittel am Beispiel von Tyrosin-<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 18


Kinase-Inhibitoren bei Philadelphia-Chromosom-positiver chronisch<br />

myeloischer Leukämie<br />

Frauke Naumann (BfArM)<br />

P8 Umsetzung, Evaluation und Methodik III<br />

P8a<br />

P8b<br />

P8c<br />

P8d<br />

P8e<br />

P8f<br />

Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften<br />

und klinische Praxis (FINDAX)<br />

Dea Niebuhr (HS Fulda)<br />

FIT-Nursing Care: Entwicklung und Evaluation einer Internetplattform zur<br />

Unterstützung von Evidence-based Nursing<br />

Eva-Maria Panfil (Institut für Angewandte Pflegewissenschaften, St. Gallen)<br />

High 5s-Projekt – Adaptation und Implementierung von internationalen<br />

standardisierten Handlungsempfehlungen zur Patientensicherheit in<br />

Deutschland<br />

Daniela Renner (ÄZQ)<br />

Evaluation validierter Suchfilter zur Identifizierung systematischer<br />

Arzneimittelreviews in Medline und Embase<br />

Sarah Salge (HS Fulda)<br />

Die Checkliste „Gute Praxis Arztbewertungsportale“: Qualitätsstandards für<br />

Bewertungsportale<br />

Sabine Schwarz (ÄZQ)<br />

Train-The-Trainer: Ein Curriculum für Lehrer zum Erwerb kritischer<br />

Gesundheitsbildung (eine Phase II Studie)<br />

Anke Steckelberg (Universität Hamburg)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 19


Abstracts<br />

T1<br />

T2<br />

Trainingskurse des DN<strong>EbM</strong> mit kooperierenden Organisationen<br />

<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> – Worüber und wie sollten Journalisten<br />

informieren?<br />

Ingrid Mühlhauser (Universität Hamburg) und Klaus Koch (IQWiG)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit der Universität Hamburg und dem IQWiG<br />

Für die Vermittlung von medizinischen Informationen gibt es einige einfache und gut<br />

etablierte Prinzipien und Regeln, die Über- und Unterschätzung von medizinischen<br />

Maßnahmen vermeiden helfen. Ziel ist es, Gesunden und Kranken informierte<br />

Entscheidungen zu ermöglichen.<br />

Im Workshop soll mit den Teilnehmern erarbeitet werden, wie diese Prinzipien und<br />

Regeln in der journalistischen Vermittlung von Themen der „individualisierten <strong>Medizin</strong>“<br />

eingesetzt werden können.<br />

Der Workshop wird einen Schwerpunkt auf genetische Tests legen und auf die daraus<br />

folgenden gesundheitlichen Konsequenzen. Diese Tests werden heute schon mit hohen<br />

Erwartungen angeboten. Die Grundthese des Workshops lautet, dass die im Rahmen der<br />

„individualisierten <strong>Medizin</strong>“ diskutierten Tests und Therapien mit denselben<br />

wissenschaftlichen Methoden untersucht und beschrieben werden können wie jeder<br />

andere Risikomarker, diagnostischer Test oder jede andere Behandlungsmethode. Damit<br />

ist auch eine sorgfältige Bewertung von Nutzen, Schaden und Unsicherheiten ohne<br />

weiteres möglich.<br />

Gesundheitsinformationen recherchieren und bewerten<br />

Trainingskurs für Patientenberater und Selbsthilfevertreter<br />

Sylvia Sänger (GesundheitsUni am Universitätsklinikum Jena), Hardy Müller<br />

(WINEG), Britta Lang (<strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum)<br />

DN<strong>EbM</strong> in Kooperation mit der GesundheitsUni Jena, dem Deutschen Cochrane Zentrum<br />

und dem Wissenschaftlichen Institut der TK (WINEG)<br />

Hintergrund<br />

Patientenberater und Vertreter von Selbsthilfeverbänden benötigen für ihre<br />

Beratungsleistungen Kenntnisse darüber, welche Internet-Quellen aktuelles und valides<br />

Wissen bieten und wie man die Qualität von Informationen einschätzen kann. Der<br />

Trainingskurs „Gesundheitsinformationen recherchieren, bewerten und vermitteln“ soll<br />

einen Schnelleinstieg in die wesentlichen Grundlagen hierzu bieten.<br />

Didaktik: einführende Frontalvorträge, Diskussionen auf der Grundlage der Erfahrungen<br />

der Teilnehmer zu den einzelnen Sachverhalten, Kleingruppenarbeit<br />

Die Teilnehmer sollen dazu motiviert werden:<br />

� verstärkt neue Medien als Grundlage der Informationsbeschaffung zu nutzen<br />

� Qualitätsmerkmale (Evidenzbasierung, Qualitätskriterien) bei der Auswahl von<br />

Informationen zu erkennen und zu berücksichtigen<br />

� selbstkritisch zu handeln<br />

� sich über ihre Erfahrungen auszutauschen und miteinander zu vernetzen<br />

Die Teilnehmer sollen Kompetenzen erwerben hinsichtlich:<br />

� Grundlagen der evidenzbasierten <strong>Medizin</strong><br />

� des Konzepts der wissensgestützten (evidenzbasierten) Patienteninformation<br />

� Einfluss der Gesundheitsinformationen auf das Behandlungsergebnis<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 20


� der Ermittlung des tatsächlichen Informationsbedarfs der Klienten<br />

� Strategien der Informationsrecherche, beschaffung und –bewertung<br />

Es ist der folgende Ablauf vorgesehen:<br />

� Begrüßung, Vorstellung der Workshopleiter, Vorstellung der Teilnehmer, Klärung<br />

der Erwartungen, Zusammenstellen der Fragen zum Thema, kurze Einführung<br />

� Evidenzbasierte Informationen – was bedeutet das?<br />

Grundlagen der Evidenzbasierten <strong>Medizin</strong> (Evidenzhierarchien, Verzerrungen,<br />

Interessenkonflikte, Gute Praxis Gesundheitsinformation)<br />

� Der Informationsbedarf von Patienten / Klienten und die Bedeutung der<br />

Patienteninformation für die Behandlungsergebnisse<br />

� Grundlagen einer systematischen Informationsrecherche (PICO, Vorstellen<br />

verlässlicher Quellen)<br />

� Vorstellen von Instrumenten zur kritischen Informationsbewertung, Bewertung<br />

einer Information<br />

Zusammenfassung (Abgleich mit den eingangs ermittelten Fragen, Erfahrungen und<br />

Meinungen der Teilnehmer)<br />

T3 Von der Evidenz zur Empfehlung - GRADE<br />

Susanne Weinbrenner 1 , Gero Langer 2 , Jörg Meerpohl 3 ,<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ), 2 Institut für Gesundheits- und<br />

Pflegewissenschaft Universität Halle, 3 <strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum Freiburg,<br />

Hintergrund<br />

Da sowohl die Einschätzung der Qualität der Evidenz als auch der Empfehlungsstärke<br />

nicht frei von subjektiven Urteilen sind, kommen Leitliniengruppen oft zu<br />

unterschiedlichen Empfehlungen, obgleich sie sich auf dieselbe Literaturbasis beziehen.<br />

Ziel der GRADE Arbeitsgruppe ist es bei der Bewertung der Qualität der Evidenz<br />

systematisch und transparent vorzugehen und in der Graduierung und Formulierung der<br />

Empfehlung zusätzlich explizit Nutzen und Schaden abzuwägen sowie Wertvorstellungen<br />

und Ressourcen zu berücksichtigen. Dies bildet die Grundlage, auf der die<br />

Leitlinienempfehlungen nach der GRADE- Methodik entstehen und gewährleistet, dass<br />

diese für die Anwender der Leitlinien transparent und nachvollziehbar sind.<br />

Ziel<br />

Der Workshop richtet sich an alle Interessierten, insbesondere richtet er sich an<br />

Personen, die an der Erstellung von Leitlinien beteiligt sind und die Literatur nach der<br />

GRADE Methodik aufbereiten möchten. Den TeilnehmerInnen soll ein erster Eindruck von<br />

den Charakteristika und der Vorgehensweise bei Anwendung der GRADE Methode<br />

vermittelt werden. An einem kleinen Review soll die Methodik exemplarisch dargestellt<br />

und ausprobiert werden<br />

Methodik des Workshops<br />

Begrüßung, Vorstellung und Einführung in das Thema (ca. 15 min)<br />

Vortrag zu den theoretischen Grundlagen von GRADE (15 - 20 min)<br />

Darstellung der konkreten Vorgehensweise bei Anwendung von GRADE (15- 20 min)<br />

Exemplarische Bearbeitung eines Reviews (ca. 60-80 min).<br />

Zusammentragen der Ergebnisse und strukturierte Diskussion der erzielten Inhalte (40-<br />

60min)<br />

Ergebnisse<br />

Die TeilnehmerInnen sollen anhand der Kurzvorträge und anhand der Bearbeitung des<br />

Reviews einen ersten Einblick in die Arbeit mit GRADE gewonnen haben.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 21


T4 Methodische Qualität von Leitlinien: Analyse und „Good practice“<br />

Monika Nothacker 1 , Ina Kopp², Thomas Langer 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ), ² Arbeitsgemeinschaft<br />

wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften (AWMF)<br />

Hintergrund<br />

Deutsche Leitlinien der höchsten Entwicklungsstufe (S3) sollen evidenzbasiert und mit<br />

formalen Konsensmethoden erarbeitet sein. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer<br />

Merkmale, die eine qualitativ hochwertige Leitlinie auszeichnen. Die methodischen<br />

Anforderungen an Leitlinien werden detailliert im deutschen<br />

Leitlinienbewertungsinstrument (DELBI) beschrieben. Die AWMF unterstützt die<br />

Erstellung hochwertiger Leitlinien durch ihr Regelwerk. Einen Überblick, inwiefern die<br />

aktuell gültigen Leitlinien den Qualitätskriterien von DELBI genügen, ermöglicht das<br />

Online-Wissensportal „Arztbibliothek“ von KBV und BÄK.<br />

Ziel<br />

Der Workshop richtet sich an alle Interessierte, insbesondere an Personen, die Leitlinien<br />

nutzen oder an deren Erstellung beteiligt sind. Den TeilnehmerInnen soll ein Überblick<br />

über die Qualität der aktuellen deutschen S3-Leitlinien im Hinblick auf die methodische<br />

Qualität ihrer Evidenzbasierung gegeben werden. Zusammen mit den TeilnehmerInnen<br />

sollen anhand von ausgewählten Beispielen geeignete Vorgehensweisen diskutiert<br />

werden und Standards für eine „gute Praxis“ der Evidenzbasierung weiterentwickelt<br />

werden.<br />

Methodik<br />

Begrüßung, Vorstellung und Einführung in das Thema (ca. 15 min Nothacker, Kopp)<br />

Vortrag zu den Ergebnissen der DELBI-Bewertungen der Arztbibliothek in Bezug auf<br />

unmitttelbar <strong>EbM</strong>-relevante Kriterien (ca. 20 min. Langer, Nothacker )<br />

Im Vortrag wird u.a. auf die Aspekte Durchführung und Darlegung systematischer<br />

Recherche, Transparenz des Ein- und Ausschlusses von Evidenz, Angaben zu Nutzen<br />

und Risiken und Darstellung der Verbindung von Evidenz und Empfehlung fokussiert.<br />

Autorenunterstützung durch das Regelwerk der AWMF – Vorstellung und bisherige<br />

Auswirkungen (15 min. Kopp).<br />

Erarbeitung eines „good practice“ Vorgehens anhand von aktuellen Beispiel-Leitlinien<br />

unter Einbeziehung des Aspektes der Machbarkeit im derzeitigen Setting der<br />

Leitlinienerstellung und Sammlung von Vorschlägen für Hilfen für die Umsetzung (in 2-4<br />

Arbeitsgruppen, ca. 60-80 min).<br />

Zusammentragen der Ergebnisse und strukturierte Diskussion der erzielten Inhalte (40-<br />

60min)<br />

Ergebnisse<br />

Im Ergebnis sollen die Anforderungen der Evidenzbasierung von Leitlinien im Sinne einer<br />

„Good Practice“ konkretisiert werden und Hilfestellungen für Autoren weiterentwickelt<br />

werden.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 22


T5 Health Technology Assessment (HTA) – Evidenzbasierte Informationen für<br />

Entscheidungen im Gesundheitswesen<br />

Sunya-Lee Antoine 1 , Britta Göhlen 1 , Alric Rüther 2 , Ruth Schwarzer 3<br />

1 <strong>Deutsches</strong> Institut für <strong>Medizin</strong>ische Dokumentation und Information, Köln, Deutschland;<br />

2 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland;<br />

3 Oncotyrol-Center for Personalized Cancer Medicine GmbH, Innsbruck, UMIT-Private<br />

Universität für Gesundheitswissenschaften, <strong>Medizin</strong>ische Informatik und Technik, Hall i.T.,<br />

Österreich<br />

Hintergrund:<br />

In einem Gesundheitssystem, in dem der Bedarf an gesundheitlicher Versorgung bei<br />

gleichzeitig knappen Ressourcen steigt, müssen Entscheidungen getroffen werden. Dies<br />

trifft besonders auf die Gesundheitspolitik zu, die gesundheitsrelevante<br />

Versorgungsmaßnahmen finanziert. Aber auch der Arzt und der Patient entscheiden über<br />

ihre gesundheitliche Versorgung. Allgemein besteht der Anspruch, dass die<br />

Prioritätensetzung im Gesundheitswesen wissenschaftlich fundiert ist.<br />

Health Technology Assessment (HTA) bietet evidenzbasierte Informationen, um<br />

gesundheitspolitische Entscheidungsträger und Akteure auf anderen Ebenen des<br />

Gesundheitswesens (z.B. Ärzte, Wissenschaftler, Versicherte) zu unterstützen. HTA ist<br />

die systematische Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren bezüglich ihrer Effektivität<br />

und Effizienz sowie ihren sozialen, ethischen und rechtlichen Auswirkungen. Die Themen<br />

der Bewertungen decken die Bereiche Prävention, Diagnostik, Therapie, Pflege sowie<br />

Methodik ab. In Deutschland beschäftigen sich verschiedene Akteure mit HTA, vor allem<br />

die Deutsche Agentur für Health Technology Assessment (DAHTA) beim Deutschen<br />

Institut für <strong>Medizin</strong>ische Dokumentation und Information (DIMDI) und das Institut für<br />

Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). In Österreich sind dies u.a.<br />

das Ludwig-Boltzmann-Institut für HTA (LBI-HTA) und die Gesundheit Österreich GmbH<br />

(GÖG), in der Schweiz ist HTA u.a. im Aufgabenbereich des Bundesamtes für Gesundheit<br />

angesiedelt.<br />

Material/Methoden:<br />

In diesem Workshop werden die Teilnehmer/innen mittels Fachvorträgen in das Thema<br />

HTA eingeführt. Eine anschließende praktische Übung soll helfen, sich kritisch mit<br />

entsprechenden Berichten auseinanderzusetzen und eine Diskussion anregen.<br />

Gemeinsam bearbeiten die Teilnehmenden folgende Fragen:<br />

Was bedeutet HTA? Was sind die Ziele und der Nutzen?<br />

Wer sind die wichtigen Akteure in Deutschland, Österreich bzw. der Schweiz?<br />

Wie gehe ich mit einem HTA-Bericht um?<br />

Welche Herausforderungen entstehen beim Umgang mit HTA?<br />

Der Workshop richtet sich an alle, die sich für das Thema HTA, die Methodik sowie die<br />

Relevanz in der gesundheitspolitischen Entscheidungsfindung interessieren. Erwartet<br />

werden Grundkenntnisse in der evidenzbasierten <strong>Medizin</strong>.<br />

Ergebnisse:<br />

Ziel des Workshops ist, dass die Teilnehmer/innen ein grundlegendes Verständnis von<br />

HTA entwickeln. Die Teilnehmer/innen lernen die Ziele, den Nutzen und die beteiligten<br />

Akteure von HTA kennen, erhalten einen Überblick über und einen Einblick in den<br />

Prozess von HTA in Deutschland und dem benachbarten deutschsprachigen Raum,<br />

werden an HTA herangeführt und setzen sich mit HTA kritisch auseinander, diskutieren<br />

die Herausforderungen, die mit HTA verbunden sind sowie deren Einbettung und Einfluss<br />

im gesundheitspolitischen Entscheidungsprozess.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 23


Plenarveranstaltung<br />

V1 <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> - Das allgemeine Verständnis<br />

Dr. Bärbel Hüsing<br />

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe<br />

Der Begriff der „<strong>Individualisierte</strong>n <strong>Medizin</strong>“ hat die Konnotation einer dem Menschen in<br />

besonderer Weise zugewandten <strong>Medizin</strong>. Tatsächlich versammeln sich unter diesem<br />

Begriff jedoch zahlreiche, heterogene Entwicklungen, denen teilweise das Potenzial eines<br />

Paradigmenwechsels zugeschrieben wird. Das Spektrum dieser Entwicklungen reicht von<br />

patientenindividuell gefertigten Impfstoffen, autologen Zelltherapien, Arzneimitteltherapien<br />

mit zugehörigen pharmakogenetischen Tests über die Prädiktion individueller Erkrankungsrisiken<br />

auf der Basis der Totalsequenzierung des Erbguts bis hin zum vorsorgenden<br />

Gesundheitsmanagement der eigenverantwortlich agierenden Selbstzahlenden und<br />

der Komplementärmedizin. Am Beispiel therapeutischer Unikate und der stratifizierten<br />

Arzneimitteltherapie werden Potenziale, Ziele und Herausforderungen aufgezeigt, die es<br />

zu meistern gilt, wenn die individualisierte <strong>Medizin</strong> in der medizinischen Routineversorgung<br />

etabliert werden soll. Hierzu zählen<br />

� die klinische Validierung neu identifizierter Biomarker,<br />

� translationale Forschung zur Fokussierung auf Entwicklungen, für die medizinischer<br />

Bedarf besteht und ein Beitrag zu verbesserter klinischer Entscheidungsfindung<br />

und zu einem verbesserten medizinischen outcome erwartet werden<br />

kann,<br />

� methodische Weiterentwicklungen von klinischen Studien in kleinen Patientenkollektiven<br />

und der Nutzenbewertung,<br />

� Neue Formen der abgestuften Einführung von Innovationen in die Versorgung in<br />

Abhängigkeit von der Datenlage,<br />

� „Geschäftsmodell Orphanisierung“ (?) und mögliche Implikationen für Nutzenbewertungen<br />

und Finanzierbarkeit,<br />

� wirksame Unterstützung des medizinischen Personals bei komplexer werdenden<br />

Therapieentscheidungen und höherem Erklärungsbedarf der Therapieoptionen<br />

und –sequenzen,<br />

� Umgang mit erhöhtem Bedarf bei begrenzten Ressourcen: Patientenverhalten,<br />

ethische Bewertung und Veränderungen im Arzt-Patient-Verhältnis.<br />

V2 <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> - Unser (Un-)Verständnis<br />

Jürgen Windeler<br />

IQWiG<br />

Das Schlagwort einer „individualisierten <strong>Medizin</strong>“ ist in aller Munde. Es beschäftigt die<br />

fachliche, wissenschaftliche und auch politische Diskussion.<br />

Es finden Veranstaltungen und Forschungsprojekte statt, es erscheinen Artikel und<br />

Sonderhefte, sogar ganze Bücher, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wie immer<br />

bei einem Thema, dass auf ein solches Schlagwort reduziert worden ist, ergeben sich aus<br />

Veröffentlichungen und Diskussionen eine ganze Reihe von Fragen, die in dem Vortrag<br />

thematisiert und möglichst beantwortet werden sollen:<br />

� Gibt es ein einheitliches Verständnis von „individualisierter <strong>Medizin</strong>“? Ist<br />

„personalisierte“ <strong>Medizin</strong> das Gleiche?<br />

� Bietet „individualisierte <strong>Medizin</strong>“ etwas Neues?<br />

� Gibt es ein Spannungsfeld zwischen „individualisierter“ und evidenzbasierter<br />

<strong>Medizin</strong>?<br />

� Welche Anforderungen sind an Diskussion und Methodik zu stellen?<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 24


� Inwieweit gehören die Begriffe „Individualmedizin“ oder „integrative <strong>Medizin</strong>“ in<br />

diesen Kontext?<br />

Mit dem Versuch, diese Fragen zu beantworten soll der Weg zu einer nüchternen<br />

Diskussion bereitet werden.<br />

V3 <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> in der Onkologie<br />

Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig<br />

HELIOS-Klinikum Berlin-Buch, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie;<br />

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft<br />

Molekulargenetische Untersuchungen haben in den letzten 20 Jahren entscheidend zu<br />

einem besseren Verständnis der Pathogenese von Tumorerkrankungen beigetragen und<br />

waren Voraussetzung für eine auf dem Krankheitsverständnis basierende<br />

Herangehensweise in Erforschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe. Dadurch konnten<br />

wichtige Fortschritte in der molekularen Diagnostik von Tumorerkrankungen, Identifikation<br />

molekularer Marker für die Definition von Risikogruppen und Entwicklung neuer, gegen<br />

zelluläre bzw. molekulare Zielstrukturen gerichteter medikamentöser Therapiestrategien<br />

(sog. „targeted therapy“) erzielt werden. Trotz dieser Fortschritte ist unser Verständnis<br />

hinsichtlich der exakten Wirkungsweise neuer Wirkstoffe in der Onkologie noch sehr<br />

lückenhaft und die mit den „zielgerichteten“ medikamentösen Therapiestrategien<br />

verknüpften Erwartungen (besser wirksam und/oder weniger toxisch als konventionelle<br />

Zytostatika) konnten bisher nur bei wenigen Tumorerkrankungen erfüllt werden. Dies wird<br />

auch erklärt durch die genetische Heterogenität von Tumorerkrankungen mit bis zu 15<br />

Mutationen mit onkogenen Eigenschaften („driver mutations“) innerhalb eines<br />

Tumorsubtyps.<br />

Ziele individualisierter, besser stratifizierter Strategien in der Onkologie, z.B. basierend<br />

auf Biomarkern oder pharmakogenetischen Algorithmen, sind insbesondere die<br />

Erkennung von Patientenuntergruppen, bei denen neue Wirkstoffe gut wirksam sind,<br />

sowie die gezielte Behandlung von Patientenuntergruppen bzw. Tumorsubtypen anhand<br />

prädiktiver prognostischer Parameter. Darüber hinaus verspricht man sich von<br />

Ergebnissen der individualisierten <strong>Medizin</strong> eine Verbesserung des Designs klinischer<br />

Studien, um an kleineren, besser definierten Patientenuntergruppen die Wirksamkeit bzw.<br />

den Nutzen neuer Wirkstoffe rascher nachweisen zu können. Die Entwicklung<br />

individualisierter Therapiekonzepte in der Onkologie ist prinzipiell zu begrüßen, setzt<br />

allerdings die Identifizierung und Validierung geeigneter Parameter für eine an<br />

Patientenuntergruppen spezifisch ausgerichtete Therapie voraus. Um zu verhindern, dass<br />

unzureichend validierte, kostenintensive Verfahren vorschnell in die<br />

Gesundheitsversorgung eingeführt werden, benötigen wir auch für individualisierte<br />

Arzneimitteltherapien eine evidenzbasierte Wissensbasis, die im Rahmen kontrollierter<br />

klinischer Studien erarbeitet werden muss. Nur unter dieser Voraussetzung können die<br />

derzeit an die individualisierte <strong>Medizin</strong> geknüpften hohen Erwartungen erfüllt und deren<br />

Potenziale genutzt werden. Hierzu zählen in der Onkologie insbesondere eine<br />

Effizienzsteigerung in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung neuer<br />

Wirkstoffe, aber auch die aus ethischen und pharmakoökonomischen Gesichtspunkten<br />

nicht mehr vertretbare Strategie („Gießkannenprinzip“), nach Zulassung „zielgerichteter“<br />

Wirkstoffe alle Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen mit diesen häufig sehr<br />

teuren Arzneimitteln zu behandeln, obwohl nur eine kleine Untergruppe davon profitiert.<br />

An ausgewählten Beispielen (myeloproliferative Erkrankungen, Mammakarzinom, nichtkleinzelliges<br />

Lungenkarzinom, kolorektales Karzinom) werden Möglichkeiten und<br />

Grenzen der derzeit verfügbaren, klinisch eingesetzten Biomarker, pharmakogenetischen<br />

Algorithmen und „zielgerichteten“ Therapiestrategien verdeutlicht und auf<br />

Herausforderungen an das Design zukünftiger klinischer Studien zur Validierung<br />

prädiktiver Biomarker bzw. zum Nachweis eines Zusatznutzens neuer Wirkstoffe in der<br />

Onkologie hingewiesen.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 25


V4 Wollen wir wirklich immer individualisieren? Es kommt drauf an.<br />

Norbert Donner-Banzhoff<br />

Universität Marburg<br />

Der Diskussion um die individualisierte <strong>Medizin</strong> (IM) liegen zwei grundsätzliche Fehler zu<br />

Grunde, die sich aus einer therapeutischen Entscheidung ergeben können: Patienten zu<br />

behandeln, bei denen keine Indikation vorliegt (hier: Fehler I. Art), oder Patienten nicht zu<br />

behandeln, die von einer Behandlung profitieren würden (Fehler II. Art). IM kann als das<br />

Bemühen definiert werden, diese Fehler zu minimieren.<br />

In meinem Vortrag behandele ich typische Behandlungssituationen, diskutiere die<br />

Schwere der o.g. Fehler und Möglichkeiten, diese zu verhindern. Dabei benutze ich das<br />

Konzept der „Reue“ (Regret, Chagrin), die sich aus Fehlentscheidungen ergibt. In das<br />

Gefühl der „Reue“ fließen Wertvorstellungen und Emotionen ein, die sich u.a. mit dem<br />

Model von Djulbegovitch und Kollegen quantifizieren lassen.[1]<br />

Als Beispiel für eine Public Health Maßnahme lässt sich die Trinkwasser-Fluoridierung<br />

aufführen. Praktisch Jeder ist von Karies betroffen, für die wenigen Nicht-Betroffenen ist<br />

die „Behandlung“ weder mit Schaden noch Aufwand verbunden. Allerdings besteht auch<br />

kaum eine Möglichkeit, sich dieser Behandlung zu entziehen.<br />

Die Polypill (Kombination niedrigdosierter gefäßwirksamer Pharmaka) für jeden Bürger ab<br />

55 Jahre steht für das Paradigma Massenbehandlung. Hier ist eine individuelle<br />

Entscheidung (Behandlung ja/nein) möglich. Die Reue ist größer, wenn diese Behandlung<br />

unterlassen wird, als wenn sie allen zuteil wird.<br />

Kardiovaskuläre Risikoscores (individuelle Risikoadaptation) erheben den Anspruch,<br />

hier eine sinnvolle Differenzierung zu schaffen. Beim Einsatz beispielsweise der<br />

Framingham-Formel ergibt sich allerdings immer noch ein höheres Maß an Reue als bei<br />

der Behandlung der gesamten Bevölkerung über 55 Jahre. Die Rechtfertigung für den<br />

Einsatz dieser Entscheidungshilfen ergibt sich deshalb wohl eher aus den individuellen<br />

Präferenzen der betroffenen Personen.<br />

Grundsätzlich lässt sich die Heterogenität von Behandlungseffekten in vier<br />

Dimensionen definieren [2]: 1) Prognose unabhängig von der Behandlung; 2) Reaktion<br />

auf die Behandlung; 3) Nebenwirkungen der Behandlung; 4) individuelle Präferenzen.<br />

In der Herz-Kreislauf-Prävention zielt eine individuelle Risikostratifizierung darauf,<br />

entsprechend 1) Personen mit niedrigem Risiko (z.B. junge Frau ohne manifeste<br />

Arteriosklerose) von solchem mit hohem Risiko (z.B. älterer Diabetiker) zu trennen. Die<br />

relative Risikoreduktion variiert hier nicht, wohl aber die absolute Risikoreduktion<br />

wirksamer Interventionen.<br />

Individualisiert wird ganz traditionell bei einer symptomorientierten Behandlung, z.B.<br />

bei Schmerz oder der Angina pectoris. Dass dies in Zusammenhang mit der IM nie<br />

erwähnt wird, macht die Technologie-Lastigkeit dieser Welle deutlich.<br />

Bei krankheitsmodifizierender Behandlung, z. B. Basistherapeutika der rheumatoiden<br />

Arthritis, können die o.g. Fehler vor allem durch präzisere Diagnosestellung verhindert<br />

werden.<br />

Es gibt „alte Biomarker“, die seit Jahrzehnten zur Indikationsstellung und Dosierung<br />

etabliert sind, z.B. den Blutdruck oder das glykolysierte Hämoglobin bei Diabetikern.<br />

Diese sind als „downstream“-Marker zu verstehen, die zusammenfassende<br />

Informationen über individuelle Compliance, Dosis, Pharmakokinetik und –dynamik<br />

liefern. Neue Biomarker dagegen beziehen sich auf sehr spezifische „upstream“<br />

Charakteristika (z.B. genetische Marker zur Pharmakokinetik). Damit stellt sich die Frage,<br />

welchen pragmatischen Wert sie in der Versorgung haben. Die bisherigen Erfahrungen<br />

mit genetischen Markern für eine bessere Einstellung mit oralen Antikoagulantion legen<br />

nahe, dass dieser pragmatische Wert nicht ohne Weiteres angenommen werden darf,<br />

sondern vielmehr in entsprechenden Studien nachgewiesen werden muss.<br />

In der Hämatologie-Onkologie haben wir es mit schweren Erkrankungen, aber auch hochinvasiven<br />

Therapien (Chemotherapie, Knochenmarks-Transplantation) zu tun. Hier<br />

wiegen Fehlentscheidungen besonders schwer. Wirksame Biomarker, die tatsächlich eine<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 26


Effektmodifikation anzeigen, würden hier tatsächlich die Reue gegenüber den globalen<br />

Strategien der Nicht-Behandlung bzw. der Behandlung Aller reduzieren. Dabei steht die<br />

Heterogenität in der Reaktion auf die Behandlung (siehe oben 2) im Vordergrund<br />

(unterschiedliche relative Risikoreduktion bei definierten Patientengruppen); allerdings<br />

werden auch prognostische Faktoren untersucht (siehe 1), um etwa<br />

Behandlungsintensitäten entsprechend anzupassen.<br />

Schlussfolgerung<br />

Aus den oben dargestellten typischen Situationen ergibt sich, dass eine Individualisierung<br />

als Behandlungsprinzip nicht grundsätzlich anzustreben ist. Ihr Wert hängt vom Problem<br />

(Erkrankung), dem Nutzen und den Kosten/Risiken i.w.S. der Behandlung, aber auch von<br />

der Wirksamkeit von und dem Aufwand für differenzierende Strategien ab.<br />

Die heute propagierte IM ist technologielastig; dem Individuum als Person dient sie nicht<br />

zwangsläufig. In der Definition wie auch in Zusammenhang mit relevanten<br />

Wertvorstellungen und Emotionen („Reue“) ist die heute modisch gewordene IM so<br />

schwach abgegrenzt, dass wir auf diesen Begriff verzichten sollten.<br />

Literatur<br />

1. Tsalatsanis A et al. A regret theory approach to decision curve analysis: A novel method<br />

for eliciting decision makers‘ preferences and decision-making. BMC Med Inform & Dec<br />

Making 2010;10:51<br />

2. Kravitz RL et al. Evidence-Based Medicine, Heterrogeneity of Treatment Effects, and the<br />

Trouble with Averages. Mil Q 2004;82:661-87<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 27


Workshops und Symposien<br />

I/3 Physiotherapie, ein integraler Bestandteil in der Patientenversorgung<br />

I/3a Evidenzbasierte Physiotherapie – aktueller Stand und Perspektiven<br />

Böhle, Eckhardt 1<br />

1 Deutscher Verband für Physiotherapie, Köln<br />

Hintergrund:<br />

Physiotherapeutische Maßnahmen, sind nach Maßgabe der Heilmittelrichtlinie nach<br />

pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig, wenn sie medizinisch notwendig,<br />

zweckmäßig und wirtschaftlich sind.<br />

Material und Methoden:<br />

Die Heilmittelrichtlinien und der Heilmittelkatalog regeln die Leistungen auf die der<br />

Versicherte nach § 32 SGB V – Heilmittel - in der ambulanten Versorgung einen Anspruch<br />

hat. Der Heilmittelkatalog und im Speziellen die zu verordnenden Maßnahmen zu<br />

bestimmten Diagnosegruppen basieren weitestgehend auf empirischen Grundlagen. In<br />

Zeiten der evidenzbasierten <strong>Medizin</strong> muss eine Versorgung, die auf empirischer<br />

Grundlage steht, kritisch hinterfragt werden.<br />

Ergebnisse:<br />

Analysiert man die repräsentativen Daten des GEK- Heil- und Hilfsmittelreports 2006 über<br />

die Heilmittelversorgung von Rückenschmerzpatienten und vergleicht diese mit den<br />

Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz ist festzustellen, dass<br />

die Heilmittelversorgung mit physiotherapeutischen Maßnahmen bei den<br />

Schmerzpatienten eine Über-, Unter- und Fehlversorgung dokumentiert. Ca, 50 % der<br />

Verordnungen bei chronischen Rückenschmerzpatienten wurden ausgestellt für nicht<br />

empfohlene oder nur eingeschränkt empfohlene Maßnahmen. Eine qualitativ<br />

ausreichende Heilmittelversorgung von Kreuzschmerzpatienten ist nicht erkennbar.<br />

Therapien, deren Nutzen nachgewiesen ist und in der Nationalen Versorgungsleitlinie<br />

empfohlen werden, wurden zu wenig bzw. falsch verordnet, nicht empfohlene<br />

Maßnahmen aber zu häufig.<br />

Diskussion:<br />

Der Gesetzgeber fordert die Berücksichtigung von Qualität, Wirksamkeit und<br />

Wirtschaftlichkeit in der Versorgung (§ 2 und 12 SGB V). Dies erfordert eine ständige<br />

Überprüfung der Leistungen und deren Weiterentwicklung, um „dem allgemeinen Stand<br />

der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu<br />

berücksichtigen“ (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Ein Maßstab für die Überprüfung und<br />

Bewertung von Qualität physiotherapeutischer Leistungen können Leitlinienempfehlungen<br />

sein, die als evidenzbasierte Entscheidungshilfen dienen.<br />

I/3b Evidenzbasierte Physiotherapie – Bereitschaft und Barrieren<br />

Erwin Scherfer 1<br />

1 Bildungswerk Physio-Akademie des ZVK gGmbH, Wremen, Deutschland<br />

Die Situation:<br />

Physiotherapie verfügt über einen großen und schnell wachsenden Fundus an Evidenz.<br />

allein die PEDro, die Physiotherapy-Evidence-Database mit Sitz in Sydney, Australia,<br />

katalogisiert zurzeit (07.12.10) insgesamt ca. 17.000 RCTs, systematische Reviews und<br />

Leitlinien. Weitere Datenbanken ergänzen die Quellenlage.<br />

Von der Quellenlage her ist Evidenzbasierte Praxis (EBP) in der Physiotherapie möglich.<br />

Dennoch ist zu beobachten, dass die Evidenzlage in der Leistungserbringung häufig nicht<br />

zum Tragen kommt. International scheint im Vergleich zu manchen Ländern ein<br />

Rückstand zu bestehen.<br />

Ursachen:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 28


Das Verharren der Ausbildung unter hochschulischem Niveau verhindert eine Verbreitung<br />

von Qualifikationen, die für EBP erforderlich sind, wie z.B. Kenntnisse in<br />

Forschungsmethodik und Statistik, Datenbankrecherche, kritischer Bewertung von<br />

Literatur. In der Fläche werden die erforderlichen Qualifikationen dem Berufsstand aus<br />

fachfremden Erwägungen vorenthalten.<br />

Die derzeitige Gestaltung der Strukturen der Leistungserbringung verhindert EBP.<br />

Physiotherapeutische Leistungserbringung außerhalb des klinischen Bereichs ist in der<br />

Regel eingebunden in die Vorgaben der Heilmittelrichtlinie und des Heilmittelkatalogs.<br />

Dessen Vorgaben lassen dem Leistungserbringer hinsichtlich einer EBP wenig Spielraum<br />

für individuelle Abwägungen vor dem Hintergrund der jeweiligen Evidenzlage. Auch<br />

innerhalb des klinischen Bereichs findet eine Integration vorhandener Evidenz nicht im<br />

Regelfall statt.<br />

Lösungsansätze:<br />

Auf der einen Seite bedarf es einer Bildungsoffensive, um die für die EBP erforderlichen<br />

Qualifikationen in der Fläche im Berufsstand zu verbreiten. Auf der anderen Seite hat<br />

EBP nur dann Aussicht auf Realisierung, wenn im Rahmen von Modellversuchen gezeigt<br />

werden kann, dass die Befähigung zur und Implementation von EBP zu besseren<br />

Outcomes und zu einer effizienteren Ressourcenallokation führt.<br />

I/3c Die Weiterentwicklung und Anwendung der Forschungspyramide in der<br />

Physiotherapie<br />

Bernhard Borgetto, Andrea Pfingsten<br />

Die Forschungspyramide ist ein Modell als Basis für Clinical Reasoning und Clinical<br />

Decision Making in der Physiotherapie. Es basiert auf einer Dekonstruktion der<br />

klassischen Hierarchie der externen Evidenz und einer Rekonstruktion der<br />

Evidenzhierarchie nach den Kriterien interne und externe Validität (experimentelle und<br />

beobachtende Studien) sowie nach den Kriterien Abstraktion und Konkretion (quantitative<br />

und qualitative Studien). Dabei bestehen zwischen den Seiten teilweise fließende<br />

Übergängen.<br />

Experimentelle Studien werden in der Forschungspyramide als Studien definiert, in denen<br />

die Intervention (die unabhängige Variable) zum Zwecke der Studie manipuliert wird.<br />

Beobachtende Studien hingegen sind darauf angelegt, den Untersuchungsgegenstand<br />

einschl. der unabhängigen Variablen durch die Studie zwar zu erfassen, aber möglichst<br />

wenig zu beeinflussen. Beide Varianten quantitativer Studien untersuchen unmittelbar<br />

quantifizierbare Merkmale, qualitative Studien hingegen arbeiten mit akustischem<br />

(verbalem) und optischem (Beobachtungen) Material, welches zunächst einem<br />

Interpretationsprozess durch die Forscher unterzogen werden muss. Qualitative<br />

Untersuchungsergebnisse sind prinzipiell quantifizierbar, umgekehrt sind quantitativ<br />

erhobene Daten einer qualitativen Interpretation nicht zugänglich.<br />

Somit ergeben sich vier Hierarchien bezogen auf die interne Validität der Studiendesigns,<br />

welche jeweils unterschiedlich abstrakte bzw. konkrete Aussagen sowie intern bzw.<br />

extern valide Studienergebnisse ermöglichen: experimentelle und beobachtende<br />

quantitative bzw. qualitative Studien. Diese bilden – in der neuen Fassung – vier Seiten<br />

der Forschungspyramide. Die höchste Stufe der externen Evidenz ist so nur zu erreichen,<br />

wenn Studien mit höchstmöglicher interner Validität von allen vier Seiten vorliegen und in<br />

einem systematischen Review (quantitativ-qualitative Meta-Analyse) integriert wurden.<br />

Systematische Reviews, die auf der Grundlage der Forschungspyramide durchgeführt<br />

werden, bilden den zum jeweiligen Zeitpunkt der Recherche höchsten Grad an externer<br />

Evidenz ab. Sie bieten aktuelle Informationen zu dem Wirkungspotenzial einer<br />

Intervention unter idealen Rahmenbedingungen und zu den bislang erzielten Wirkungen<br />

unter alltäglichen (ggf. auch unterschiedlichen) Rahmenbedingungen. Sie stellen<br />

gleichzeitig abstrakte, statistisch abgesicherte Informationen zur Verfügung, die den Grad<br />

der Sicherheit bzw. Unsicherheit beim Transfer der auf ihrer Grundlage gewonnenen<br />

Handlungsempfehlungen auf einen einzelnen Patienten quantifizieren, sowie konkrete,<br />

interpretativ abgesicherte Informationen, die helfen, die auf der Erfahrung beruhenden<br />

Handlungsintentionen zu systematisieren und mögliche Handlungsoptionen aufzeigen.<br />

Durch solchermaßen ausgearbeitet systematische Reviews erhöht sich die<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 29


Wahrscheinlichkeit, im Einzelfall mit dem Patienten gemeinsam eine adäquate<br />

Behandlungsentscheidung zu treffen.<br />

Diese grundsätzlichen Überlegungen sollen an einem Beispiel exemplifiziert werden. Um<br />

den potenziellen und tatsächlichen Einfluss von Physiotherapie oder interdisziplinären<br />

Konzepten, die Physiotherapie als Schwerpunkt beinhalten, auf die Rückkehr an den<br />

Arbeitsplatz bei Patienten mit Beschwerden des unteren Rückens zu evaluieren, wurde<br />

ein Review durchgeführt, der die beiden quantitativen Seiten der Forschungspyramide<br />

zusammenführt. Die systematische Suche in den Datenbanken CINAHL und PubMed<br />

zeigte mit 44 experimentellen und 15 beobachtenden Arbeiten, von denen zudem sieben<br />

einarmig durchgeführt waren, ein erhebliches Ungleichgewicht, sodass nur für zwei<br />

Interventionen Studien aus beiden Forschungsansätzen berücksichtigt werden konnten.<br />

Für beide ergaben sich Hinweise auf Variationen der Effektgröße und -richtung bei<br />

Gegenüberstellung experimentell und beobachtend gewonnener Daten. Sollten sich<br />

solche Variationen bei einer größeren Anzahl von Studien systematisch zwischen beiden<br />

Studientypen unterscheiden, so müssten die Ursachen der Diskrepanz zwischen der<br />

Wirksamkeit unter Idealbedingungen und der Wirkung unter realen Bedingungen zu<br />

analysieren in einem nächsten Schritt experimentelle und beobachtende qualitative<br />

Studien durchgeführt und in die Ergebnisse integriert werden. Auf diesem Weg könnten<br />

die Einflussfaktoren auf die Umsetzbarkeit einer potenziell wirksamen Intervention im<br />

alltäglichen Einsatz als erkennbare Muster eruierbar werden.<br />

I/4 Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach AMNOG - Bewertung der<br />

Dossiers durch das IQWiG Thomas Kaiser, Beate Wieseler (IQWiG)<br />

Durch das AMNOG ist seit Anfang 2011 eine systematische Nutzenbewertung von neuen<br />

Arzneimitteln gesetzlich verbindlich verankert. Diese Nutzenbewertung soll der<br />

Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) in zwei Phasen von jeweils 3 Monaten Dauer<br />

vornehmen: In der ersten Phase wird auf der Basis eines vom Hersteller eingereichten<br />

Dossiers eine Nutzenbewertung erstellt und veröffentlicht. In der zweiten Phase findet<br />

eine Anhörung zu dieser Nutzenbewertung statt, die in den Beschluss des G-BA mündet.<br />

Der G-BA kann das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen<br />

(IQWiG) mit der Bewertung der Herstellerdossiers beauftragen.<br />

Der Workshop soll im Dialog mit den Teilnehmern kurz die gesetzlichen Regelungen der<br />

Nutzenbewertung darstellen und darauf basierend die methodischen Konzepte des<br />

IQWiG vermitteln sowie die Anforderungen an die Herstellerdossiers erläutern.<br />

I/5 Regulierung von Interessenkonflikten: Konzepte und offene Fragen zur<br />

Evaluation<br />

Interessenkonflikte sind eine Quelle für Bias, d.h. von Verzerrungen und systematischen<br />

Fehlern in medizinischen Informationen und medizinischen Handlungen, die bislang<br />

wenig kritisch untersucht und kaum in Methodenvorgaben berücksichtigt wurde. Während<br />

andere Bias-Quellen (z.B. Publikationsbias) relativ einfach konsensfähig zu definieren<br />

sind, besteht bei Interessenkonflikten bereits eine Herausforderung darin, eine sinnvolle,<br />

allgemein verständliche und Praxis-relevante Definition zu entwickeln. Erst dann jedoch<br />

wird eine rationale und effektive Diskussion über geeignete Methoden der Regulierung<br />

und deren Evaluation möglich sein.<br />

Der erweiterte Vorstand des DN<strong>EbM</strong> hat im Januar 2010 eine AG „Regulierung von<br />

Interessenkonflikten“ eingerichtet. Ziel der AG ist die Aufarbeitung und kritische<br />

Diskussion der Möglichkeiten und Grenzen für eine Evidenz-basierte Regulierung von<br />

Interessenkonflikten und nicht die Erstellung konkreter Regulierungsvorgaben.<br />

Im April 2010 hat die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen <strong>Medizin</strong>ischen<br />

Fachgesellschaften (AWMF) „Empfehlungen zum Umgang mit Interessenkonflikten bei<br />

Fachgesellschaften“ verabschiedet [1]. Ebenfalls im April 2010 hat eine weitere deutsche<br />

Autorengruppe um Prof. Klaus Lieb (Mainz) zwei im Anschluss viel diskutierte Artikel zu<br />

den Folgen der Finanzierung von Arzneimittelstudien durch pharmazeutische<br />

Unternehmen publiziert [2, 3].<br />

Im Workshop informiert die DN<strong>EbM</strong>-AG über ein im angloamerikanischen Raum<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 30


zunehmend einflussreiches Konzept zu Interessenkonflikten und ihrer Regulierung [4, 5].<br />

Weiterhin werden einige der 16 Empfehlungen des 2009 publizierten Institute of Medicine<br />

(IOM) Reports „Conflicts of Interest in Medical Research, Education, and Practice“<br />

vorgestellt und exemplarisch auf den deutschsprachigen Raum übertragen [6].<br />

Abschließend werden in drei Referaten zentrale offene Fragen zu einer adäquaten<br />

Evaluation von Interessenkonflikt-Regulierungen zur Diskussion gestellt. Referenten: 1)<br />

Prof. Dr. Claudia Spies, Leiterin der Kommission „Interessenkonflikte“ bei der AWMF, 2)<br />

Prof. Dr. Klaus Lieb, 3) Vertreter der DN<strong>EbM</strong>-AG.<br />

1. Müller W (2010) Empfehlungen der AWMF zum Umgang mit Interessenkonflikten bei<br />

Fachgesellschaften. DOI: 10.3205/awmf000206, URN: urn:nbn:de:0183-awmf0002063.<br />

2. Schott G, Pachl H, Limbach U, et al. (2010) The financing of drug trials by pharmaceutical<br />

companies and its consequences: part 2: a qualitative, systematic review of the literature<br />

on possible influences on authorship, access to trial data, and trial registration and<br />

publication. Dtsch Arztebl Int. 107(17): 295-301.<br />

3. Schott G, Pachl H, Limbach U, et al. (2010) The financing of drug trials by pharmaceutical<br />

companies and its consequences. Part 1: a qualitative, systematic review of the literature<br />

on possible influences on the findings, protocols, and quality of drug trials. Dtsch Arztebl<br />

Int. 107(16): 279-85.<br />

4. Emanuel EJ and Thompson DF (2008) The Concept of Conflicts of Interest, in The Oxford<br />

Textbook of Clinical Research Ethics, EJ Emanuel, Grady C, Crouch RA, et al., Editors.<br />

2008, Oxford University Press: Oxford. 758-766.<br />

5. Thompson DF (1993) Understanding financial conflicts of interest N Engl J Med. 329(8):<br />

573-6.<br />

6. IOM (2009) Conflicts of Interest in Medical Research, Education, and Practice. 2009,<br />

Washington D.C.: National Academies Press, Institute of Medicine (IOM).<br />

II/2 Bewertung diagnostischer Verfahren: Stellenwert und methodische<br />

Evaluation von Testgütestudien<br />

Stefan Sauerland 1 , Raatz Heike 2 , Scheibler Fülöp 1<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland<br />

2 Basel Institute for Clinical Epidemiology and Biostatistics (CEB), Basel, Schweiz<br />

Hintergrund:<br />

Die Bewertung diagnostischer Tests und Studien hat sich in den letzten Jahren erheblich<br />

weiter entwickelt. Neben den klassischen Testgütestudien (diagnostic accuracy studies,<br />

DASs) zur Abschätzung von Sensitivität und Spezifität wird zunehmend erkannt, dass in<br />

vielen Bereichen allein randomisiert kontrollierte Studien (RCTs) patienten-relevante<br />

Ergebnisse liefern können [1].<br />

Material/Methoden:<br />

In der methodischen Evaluation von Testgütestudien hat sich QUADAS (Quality<br />

Assessment of Diagnostic Accuracy Studies) als international akzeptiertes Instrument<br />

etabliert [2]. Um neuen methodischen Erkenntnissen Rechnung zu tragen und die<br />

Schwachpunkte des Instruments zu minimieren [3], wird derzeit an einer neuen Version<br />

namens QUADAS-2 gearbeitet, die voraussichtlich im Frühjahr 2011 publiziert sein wird.<br />

Ergebnisse:<br />

Der Workshop hat drei Teile:<br />

(1) Stellenwert von Testgütestudien und randomisiert kontrollierten Studien in der<br />

Bewertung diagnostischer Interventionen. Hierbei sollen die möglichen Rollen<br />

diagnostischer Tests (Add-on-Test, Triage-Test, Replacement-Test) besprochen werden<br />

und die verschiedenen Varianten, RCTs durchzuführen [1].<br />

(2) Methodische Evaluation von Testgütestudien mit QUADAS und QUADAS-2. Hier<br />

sollen die wesentlichen konzeptionellen Verbesserungen von QUADAS-2 im Gegensatz<br />

zu QUADAS vertieft dargestellt werden.<br />

(3) Übungsbeispiele zu QUADAS und/oder QUADAS-2. An konkreten Beispielstudien<br />

sollen häufige Probleme von Testgütestudien evaluiert werden, wie z.B. Güte des<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 31


Referenzstandards, interkurrente Therapie, Verblindung, "Intention-to-Diagnose"-Prinzip<br />

oder Spektrum-Bias.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Dem Teilnehmer soll der Workshop einen Überblick über die aktuellen Standards der<br />

Evaluation diagnostischer Verfahren bieten. Der Diskussion von praktischen Beispielen<br />

wird ausreichend Zeit eingeräumt.<br />

Literatur<br />

1. Lijmer JG, Bossuyt PM. Various randomized designs can be used to evaluate medical<br />

tests. J Clin Epidemiol. 2009; 62: 364-73.<br />

2. Whiting PF, Westwood ME, Rutjes AW, Reitsma JB, Bossuyt PN, Kleijnen J. Evaluation of<br />

QUADAS, a tool for the quality assessment of diagnostic accuracy studies. BMC Med Res<br />

Methodol. 2006;6:9.<br />

3. Raatz H, Suter K, Janßen I, Scheibler F, Lange S, Kunz R. Methodische Evaluation von<br />

diagnostischen Studien: Erfahrungen und Verbesserungsbedarf für das QUADAS-<br />

Instrument. <strong>EbM</strong> – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?. Forum <strong>Medizin</strong> 21 der<br />

Paracelsus <strong>Medizin</strong>ischen Privatuniversität & 11. <strong>EbM</strong>-Jahrestagung des Deutschen<br />

<strong>Netzwerk</strong>s Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong>. Salzburg, 25.-27.02.2010. Düsseldorf: German<br />

Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10ebm121. DOI: 10.3205/10ebm121<br />

II/2a QUADAS-2: an updated quality assessment tool for diagnostic accuracy<br />

studies<br />

Heike Raatz 1 , Penny Whiting 2 , Marie Westwood 3 , Anne W. Rutjes 4 , Susan Mallett 5 ,<br />

Mariska Leeflang 6 , Johannes B. Reitsma 6 , Jon Deeks 7 , Jonathan Sterne 2 , Patrick<br />

Bossuyt 6<br />

1<br />

Basel Institute of Clinical Epidemiology and Biostatistics, Basel, Schweiz<br />

2<br />

School of Social and Community Medicine, Bristol, Groß Britannien<br />

3<br />

Kleijnen Systematic Reviews Ltd, York, Groß Britannien<br />

4<br />

Division of Clinical Epidemiology and Biostatistics, Institute of Social and Preventive Medicine,<br />

Bern, Schweiz<br />

5<br />

Centre for Statistics in Medicine, University of Oxford, Oxford, Groß Britannien<br />

6<br />

Department of Clinical Epidemiology, Biostatistics and Bioinformatics, Amsterdam, Niederlande<br />

7<br />

Unit of Public Health, Epidemiology and Biostatistics, University of Birmingham, Birmingham, Groß<br />

Britannien<br />

Background:<br />

QUADAS was developed in 2003 to assess the quality of diagnostic test accuracy (DTA)<br />

studies included in systematic reviews [1]. Its 14 items assess risk of bias, variability and<br />

reporting quality. Personal experience, anecdotal reports, and feedback via Cochrane<br />

suggested that some elements required adaptation. We are therefore developing<br />

QUADAS-2.<br />

Material/methods:<br />

The development of QUADAS-2 comprised the following steps:<br />

1. Evaluation of the evidence base<br />

a. Review of use of QUADAS in systematic reviews<br />

b. Feedback from reviewers who have used QUADAS<br />

c. Updated review on sources of bias and variation<br />

d. Review of studies that evaluated QUADAS<br />

2. Conceptual decisions<br />

3. Face–to-face consensus meeting<br />

4. Development, piloting and refinement of QUADAS-2<br />

Results:<br />

Issues which arose consistently during the review of evidence included: the need for a<br />

tool which can assess comparative accuracy studies and studies which use follow-up as a<br />

reference standard and the requirement for an overall measure of study quality. There<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 32


were suggestions for inclusion of sub-categories to cover bias and variation related to<br />

spectrum composition and patient selection. Clinical review bias, uninterpretable results,<br />

and withdrawals were highlighted as problematic and items relating to reporting quality<br />

were frequently omitted. Conceptual decisions made by the steering group and agreed at<br />

the face-to-face meeting included: separate rating of risk of bias and applicability, remove<br />

items relating to reporting, expand to cover comparative tests and follow-up as a<br />

reference standard, and aim to develop a set of independent criteria that work well<br />

together. It was agreed not to extend QUADAS-2 to cover prognostic studies or to<br />

develop topic specific items. We agreed to move from the rating of yes/no/unclear to<br />

low/high/unclear risk of bias. We discussed providing an overall summary rating of quality<br />

for each study but we agreed that an objective rating was not possible and therefore<br />

should be avoided.<br />

Conclusion/implication:<br />

A draft version of QUADAS-2 is currently being piloted in a series of reviews. A finalized<br />

version is anticipated by the end of March 2011. This will be presented at the meeting.<br />

References<br />

1. Whiting P, Rutjes AW, Reitsma JB, Bossuyt PM, Kleijnen J. The development of<br />

QUADAS: a tool for the quality assessment of studies of diagnostic accuracy included<br />

in systematic reviews. BMC Med Res Methodol. 2003;3:25. DOI: 10.1186/1471-2288-<br />

3-25<br />

II/3 Wissenschaftliche Evidenz und Industrieinteressen: Ein Vergleich zwischen<br />

Pharma-, Tabak- und Agroindustrie<br />

Workshop auf der Jahrestagung des Deutschen <strong>Netzwerk</strong>s Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong>, 24.-<br />

26.3.2011<br />

Wieso wurden die Medikamente Vioxx und Avandia erst zugelassen und dann vom Markt<br />

genommen? Warum gibt es in Deutschland immer noch keinen hinreichenden Schutz vor<br />

den Gefahren des Passivrauchens? Haben gentechnisch veränderte Pflanzen wirklich<br />

keine relevanten Risiken?<br />

Wie gut Entscheidungen in der Prävention und in der Gesundheitsversorgung sind, hängt<br />

davon ab, wie gut die zugrunde liegende Evidenzbasis ist. Dass dort, wo wirtschaftliche<br />

Interessen tangiert sind, Manipulationen dieser Evidenzbasis naheliegen, ist nichts<br />

Neues. „Käufliche Wissenschaft“ war bereits vor 20 Jahren ein Beststeller zu solchen<br />

Problemen betitelt. Die Strategien der Industrie gehen jedoch über das einfache<br />

Einkaufen von Expert/innen hinaus und schließen ein ganzes Bündel verschiedenster<br />

Manipulationsformen ein. Für einzelne Branchen, etwa die Tabakindustrie, ist dies gut<br />

untersucht. Unklar ist, welche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede der<br />

Einflussnahme auf die wissenschaftliche Evidenz es zwischen den Industriezweigen gibt<br />

und was daraus an Herausforderungen für die Wissenschaft und Politik jeweils resultiert.<br />

Diesen Fragen wollen wir auf einem Workshop nachgehen, der die<br />

Manipulationsstrategien der Pharma-, Tabak- und Agroindustrie vergleichend diskutiert.<br />

Drei Impulsvorträge führen in die Thematik ein:<br />

1. Die Pharmaindustrie: Forschung für den guten Zweck?<br />

Dr. Beate Wieseler, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen<br />

(IQWIG)<br />

2. Verlauf und Folgen der Drittmittelabhängigkeit im Wissenschaftsbetrieb. Das Beispiel<br />

der Tabakindustrie und ihrer akademischen Kronzeugen<br />

Dietmar Jazbinsek, Journalist, Lobby Control<br />

3. Gentechnik, Lebensmittelsicherheit und Agroindustrie<br />

Dr. Christoph Then, Testbiotech e.V., Institut zur unabhängigen Folgenabschätzung in<br />

der Biotechnologie<br />

II/4 Wie misst man Patientenbeteiligung?<br />

Jürgen Kasper 1 , Heidi Keller 2 , Oliver Hirsch 2 , Isabelle Scholl 3 , Friedemann Geiger 4 ,<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 33


Fachbereich Patienteninformation und -beteiligung 5<br />

1 Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland<br />

2 Universität Marburg, Marburg, Deutschland<br />

3 Universiätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland<br />

4 Universitätsklinikum Schleswig-Holtstein, Schleswig-Holstein, Deutschland<br />

5 <strong>EbM</strong>-<strong>Netzwerk</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Patientenbeteiligung ist eine essentielle Kernoperation der Evidenz-basierten <strong>Medizin</strong>,<br />

deren Ziel es ist, wissenschaftliche Evidenz zu bestimmten Fragestellungen an Patienten<br />

zu vermitteln und mit diesen im Rahmen medizinischer Entscheidungen zu erörtern.<br />

Patientenbeteiligung auf eine nicht hierarchische Kommunikationsstruktur zwischen<br />

Ärzten und Patienten zu reduzieren, ist daher nicht korrekt, da der Inhalt dieser<br />

Kommunikation nicht beliebig ist. Während die Kriterien für die Gestaltung medialer<br />

evidenzbasierter Patienteninformation zunehmend klarer definiert werden, gibt es wenig<br />

Klarheit darüber, wie eine entsprechende mündliche Kommunikation zu beurteilen ist.<br />

Material/Methoden:<br />

Im Workshop wird der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zu Methoden der<br />

Messung von Patientenbeteiligung zusammengetragen. Das bestehende<br />

Methodeninventar wird hinsichtlich seiner Validität in Bezug auf das Konzept der<br />

Patientenbeteiligung bewertet. Im Einzelnen sind die folgenden Kurzreferate vorgesehen:<br />

Dr. phil. Heidi Keller:Reliabilität und Validität der deutschen Version der OPTION scale<br />

Dr.rer.nat.Oliver Hirsch:Abbildung der OPTION scale auf Prozessschritte des Shared<br />

Decision Making<br />

Isabelle Scholl, Dipl.-Psych.: Weiterentwicklung und psychometrische Testung des<br />

Fragebogens zur Partizipativen Entscheidungsfindung - PEF-FB-9 (Patienten- und<br />

Arztversion)<br />

Dr. phil. Jürgen Kasper: MAPPIN’SDM (Multifocal approach to the „sharing“in the shared<br />

decision making), ein Forschungsinstrument zur konvergenten Validierung der<br />

verschiedenen Messperspektiven auf SDM<br />

Dr. phil. Friedemann Geiger: SDMMASS (SDM meeting its concept’s assumptions),<br />

wieder ein neues SDM Maß oder der Entwurf eines Goldstandards?<br />

Anschließend an die wissenschaftlichen Kurzvorträge wird eine Diskussion zu den<br />

einleitend formulierten Fragen moderiert. Ausgehend von den Beiträgen soll in der<br />

anschließenden Diskussion zunächst der aktuelle Forschungsbedarf festgestellt werden.<br />

Der Workshop soll sodann ein Forum für einen Austausch von Ansätzen und Ideen sein,<br />

wie bestehende methodische Mängel kurzfristig kommuniziert und längerfristig<br />

kompensiert werden können.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Ergebnisse des Workshops werden allen Mitgliedern der Fachgruppe<br />

Patienteninformation zugänglich gemacht.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Es ist wünschenswert, dass eine Aufmerksamkeit für den bestehenden methodischen<br />

Forschungsbedarf im Bereich SDM wächst und eine Reflexion über die Angemessenheit<br />

der existierenden Methoden vor dem zugehörigen theoretischen bzw. konzeptionellen<br />

Hintergrund stattfindet.<br />

II/5 „Investigator initiated trials“ Wie schwierig sind sie wirklich; praktische<br />

Beispiele<br />

Vorsitz: Mechtild Schmedders, Matthias Dettloff<br />

Der Mangel an hochwertigen klinischen Studien ist unübersehbar. Vielfach fehlt die<br />

Grundlage zu entscheiden, von welchen Leistungen die Patienten am meisten profitieren.<br />

Gegenwärtig werden insbesondere die Rufe nach öffentlich geförderten, „unabhängigen“<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 34


wissenschaftlichen Studien immer lauter, die verlässliche Aussagen über den<br />

medizinischen Nutzen medikamentöser und nichtmedikamentöser Interventionen<br />

erlauben sollen.<br />

Die Initiatoren multizentrischer Studien ohne industriellen Sponsor („investigator initiated<br />

trials“, IIT) stehen jedoch vor großen organisatorischen, strukturellen und methodischen<br />

Herausforderungen, die für qualitativ hochwertige und aussagekräftige Studien bewältigt<br />

werden müssen. Zwar ist in Deutschland bereits einiges geschehen, um die Durchführung<br />

solcher IITs zu erleichtern: Die öffentliche Hand förderte und fördert mit den<br />

„Koordinierungszentren Klinische Studien“ (KKS), den medizinischen<br />

Forschungsnetzwerken (Kompetenznetze des BMBF) oder durch Bündelung<br />

medizinischer Kompetenzen (Deutsche Zentren für Gesundheitsforschung) eine<br />

vielversprechende Infrastruktur.<br />

Doch wie sieht es mit den methodischen Anforderungen an IITs aus? Welche Qualität<br />

müssen die Studien erreichen, damit sie verlässliche Aussagen für die<br />

Patientenversorgung und die gesundheitspolitischen Entscheidungen zulassen? Welche<br />

Schwierigkeiten sind zu überwinden? Reicht die bestehende öffentliche Infrastruktur aus?<br />

Die praktischen Herausforderungen, die mit der Planung und Durchführung<br />

multizentrischer IITs einhergehen, werden in zwei Impulsvorträgen verdeutlicht und<br />

anschließend gemeinsam lösungsorientiert diskutiert.<br />

1. IITs aus der Perspektive eines etablierten Forschungsverbundes:<br />

Klinische Studien der Deutschen Hodgkin Studiengruppe<br />

Andreas Engert, Universität Köln, Leiter der GHSG<br />

2. IITs aus der Perspektive der Urologie: Wir brauchen dringend aussagekräftige<br />

Daten zum richtigen Umgang mit dem Niedrigrisiko-Prostatakarzinom<br />

Michael Stöckle, Universität Homburg, Leiter der PREFERE-Studie<br />

III/3 Das Leid der Leitlinien – Neues zur Implementierung<br />

Gabriele Meyer 1 , Stefan Wilm 2 , Horst Vollmer 3<br />

1<br />

Universität Witten/Herdecke, Department für Pflegewissenschaft, Witten, Deutschland<br />

2<br />

Universität Witten/Herdecke, Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Witten,<br />

Deutschland<br />

3<br />

<strong>Deutsches</strong> Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Witten, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Entwicklung evidenzbasierter Leitlinien ist aufwändig. Reviews und HTA-Reports zu<br />

Wirksamkeit und Kosten von Implementierungstechniken lassen bisher keine klare<br />

Empfehlung zu. In dieser Sitzung der FB Pflege & Gesundheitsförderung und Leitlinien<br />

soll der Wissenskorpus zu begünstigenden Faktoren und Barrieren der aktiven<br />

Leitlinienimplementierung durch Diskussion aktueller, systematisch evaluierter Techniken,<br />

ihrer Machbarkeit und Generalisierbarkeit erweitert werden.<br />

1) G Meyer (Moderation): Problemaufriss; Kurzvorstellung der Ergebnisse der Online-<br />

Befragung der DN<strong>EbM</strong>-Mitglieder zur Beteiligung an Leitlinien und Methoden der<br />

Patientenpartizipation.<br />

2) HC Vollmar: Implementierung der DEGAM-Leitlinie „Demenz“ – Hilft viel doch viel?<br />

Multiple Implementierungszugänge haben dazu geführt, dass die Leitlinie die am<br />

häufigsten nachgefragte der DEGAM ist. Die eingeschränkte Internet-Verfügbarkeit und<br />

Präsenz konkurrierender nationaler Leitlinien erweist sich als Barriere.<br />

3) S Wilm: Interdisziplinäre Implementierung von Qualitätsinstrumenten zur Versorgung<br />

von Menschen mit Demenz in Altenheimen. In der kontrollierten Studie wurde die<br />

hausärztliche DEGAM-Leitlinie „Demenz“ und die verstehende Diagnostik der<br />

„Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit<br />

Demenz“ bei Pflegenden und Hausärzten in Altenpflegeheimen gleichzeitig eingeführt.<br />

Die Implementierung erwies sich als personal- und zeitaufwändig, jedoch als wirksam auf<br />

patientenseitige Outcomes wie Verhalten, Lebensqualität und Medikation.<br />

4) NN, LKH Univ.-Klinikum Graz (angefragt): Die Pflegepraxis ist kaum auf die<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 35


III/4<br />

Implementierung von Leitlinien vorbereitet, ein grundsätzliches Verständnis für<br />

wissenschaftsbasierte Steuerungsprozesse kann nicht vorausgesetzt werden. Am<br />

Standort Graz ist eine pflegewissenschaftliche Arbeitgruppe mit der Leitlinienentwicklung<br />

nach internationalen Methoden beschäftigt. Erste Ergebnisse der strukturierten<br />

Implementierung in das klinische Setting liegen vor.<br />

Personalised Healthcare: Der 2010 Report des Nuffield Council on Bioethics<br />

Im Workshop wird der Report des Nuffield Council on Bioethics (NCOB) zum Thema<br />

“Personalised Healthcare” von der stellvertretenden Direktorin des NCOB (Dr. Alena<br />

Buyx) auf Deutsch vorgestellt. www.nuffieldbioethics.org/personalised-healthcare-0.<br />

Das NCOB hat 2010 einen 250 Seiten umfassenden Report zu den gesellschaftlichen und<br />

ethischen Implikationen einer “Personalised Healthcare” veröffentlicht [1]. Das NCOB ist<br />

eine unabhängige Institution, die seit 1994 zu gleichen Teilen von der Nuffield<br />

Foundation, dem Wellcome Trust und dem Medical Research Council finanziert wird.<br />

Der NCOB Report berücksichtigt explizit das Zusammenspiel verschiedener Trends in der<br />

Gesundheitsversorgung, welche für mögliche Implikationen der individualisierten <strong>Medizin</strong><br />

bedeutsam werden können. So thematisiert der Report nicht allein die verschiedenen<br />

Charakteristika einer individualisierten <strong>Medizin</strong>, wie eine auf das Individuum<br />

zugeschnittene Information zur genetischen Ausstattung, zu Dispositionen für<br />

Erkrankungen oder Spezifika bereits diagnostizierter Erkrankungen. Der NCOB Report<br />

hebt zudem die Verbindung zwischen einer individualisierten <strong>Medizin</strong> und einer<br />

zunehmend online vernetzten und Angebote setzenden <strong>Medizin</strong> hervor. Diese Verbindung<br />

wiederum wird im Zusammenhang mit Trends diskutiert, welche den Bürger und<br />

Patienten in seiner Selbstverantwortung und Entscheidungskompetenz für<br />

gesundheitliche Fragen stärken wollen (Stichwörter: empowerment, patient-centered<br />

healthcare).<br />

Dr. Bärbel Hüsing, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI,<br />

kommentiert die Empfehlungen des NCOB Reports. Frau Hüsing ist Erstautorin des 2008<br />

publizierten TAB (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag)<br />

Reports „<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong> und Gesundheitssystem“.<br />

Neben dem Inhalt ist der Report für die Evidenz-basierte <strong>Medizin</strong> auch methodisch<br />

interessant. In gewisser Analogie zu sogenannten „Scoping Workshops“, wie sie aus dem<br />

Bereich Health Technology Assessment oder der Erstellung Evidenzbasierter Leitlinien<br />

bekannt sind, ging der finalen Ausarbeitung des Reports ein „consultation paper“ voraus,<br />

welches von der Öffentlichkeit in einer „public consultation“ Phase über mehrere Monate<br />

kommentiert werden konnte. Ebenfalls wurde ein „evidence review” durch externe<br />

Experten zum Thema Provider-Patienten Beziehung im Bereich der Telemedizin erstellt.<br />

Prof. Daniel Strech kommentiert die Methodik des NCOB Reports.<br />

III/5 Patientenbeteiligung – Methodik und internationale Standards<br />

Corinna Schaefer 1 , Sabine Schwarz 1 , Günter Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Patienten an der Erstellung klinischer Leitlinien zu beteiligen gilt als Gütekriterium gemäß<br />

dem Deutschen Leitlinienbewertungsinstrument (DELBI). Bislang verzeichnet in<br />

Deutschland weniger als die Hälfte aller S3-Leitlinien die Mitwirkung von Patienten. Eine<br />

Methodik der Patientenbeteiligung wurde bislang nur bei Leitlinien im Rahmen Nationaler<br />

Programme dokumentiert. Auch international gibt es wenige methodische Standards zur<br />

Beteiligung von Patienten.<br />

Material/Methoden:<br />

Das Guidelines International Network (G-I-N) unterhält seit 2007 die Arbeitsgruppe GIN<br />

PUBLIC, die sich für die Entwicklung von Standards und die weitere Verbreitung<br />

methodischer Ansätze bei „patient and public involvement“ einsetzt. Derzeit entwickelt<br />

diese Arbeitsgruppe, die sich aus Repräsentanten Leitlinien entwickelnder Institutionen<br />

aus zwölf Ländern zusammensetzt, auf der Grundlage einer systematischen Recherche<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 36


ereits vorhandener Ansätze eine Handreichung mit möglichen Standards zur Beteiligung<br />

von Patienten in den verschiedenen Phasen der Leitlinienentwicklung.<br />

Ergebnisse:<br />

Patientenbeteiligung wird je nach Art des Informationsflusses definiert als Konsultation,<br />

Partizipation oder Kommunikation. Diese drei Ansätze zielen auf unterschiedliche<br />

Gruppen und sind in unterschiedlichen Phasen der Leitlinienentwicklung einsetzbar. Die<br />

Konsultation kann etwa bei der Priorisierung von Themen, Schlüsselfragen oder bei der<br />

Kommentierung eines fertigen Leitlinienentwurfs zum Einsatz kommen; Kommunikation<br />

z.B. von Leitlinienempfehlungen erfolgt nach Veröffentlichung einer Leitlinie in Form von<br />

Patientenversionen. Partizipation ist im Recherche- und Konsentierungsprozess hilfreich<br />

und erfordert die umfassendste inhaltliche und methodische Begleitung der beteiligten<br />

Patienten.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Einheitliche Standards können zur Verbesserung und Verstärkung von<br />

Patientenbeteiligung beitragen. Dabei sind methodische Grundsätze ebenso wichtig wie<br />

konkrete Arbeitshilfen, etwa zur strukturierten Erfassung von Patientenerfahrungen oder<br />

zur Erklärung von Interessenkonflikten. International wird diskutiert, dass nicht nur<br />

mittelbar oder unmittelbar von einer Erkrankung Betroffene in die Entwicklung von<br />

Leitlinien einzubeziehen sind, sondern auch die breite Öffentlichkeit. Innerhalb des<br />

Workshops sollen verschiedene Szenarien der Patientenbeteiligung und anderer<br />

Zielgruppen je nach Phase der Leitlinienerstellung systematisch erarbeitet und mögliche<br />

Barrieren bei der Umsetzung analysiert sowie jeweils unterstützende Praxishilfen<br />

identifiziert werden.<br />

Der Workshop wird mit Unterstützung von GIN PUBLIC durchgeführt.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 37


Leitlinien I<br />

Vorträge<br />

I/1a Impulse für die Leitlinienlinienentwicklung aus der Gender-Perspektive am<br />

Beispiel internationaler Leitlinien zur Depression<br />

Birgit Babitsch 1 , Sanna Lönnfors 2 , Susanne Weinbrenner 3<br />

1 Berlin School of Public Health an der Charité, Berlin, Deutschland<br />

2 Charité – Universitätsmedizin, Berlin, Deutschland<br />

3 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ), Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Geschlecht (sex & gender) beeinflusst die Krankheitsentstehung und den<br />

Krankheitsverlauf sowie die Diagnostik, die Therapie und das Therapieergebnis und ist<br />

damit für eine angemessene Versorgung von Frauen und Männern relevant. Auch für die<br />

Depression finden sich erhebliche Geschlechterunterschiede, die unzureichend in der<br />

Versorgung adressiert werden. Im Rahmen einer Pilotstudie wurde geprüft, ob in<br />

internationalen Leitlinien zu Depression Geschlechterunterschiede berücksichtigt wurden.<br />

Daten und Methoden:<br />

Die Analysegrundlage stellen Leitlinien aus Österreich, Finnland, Schweden und<br />

Großbritannien dar. Methodisch wurde wie folgt vorgegangen:<br />

1. quantitativ (Nennung geschlechterrelevanter Begriffe)<br />

2. qualitativ (Abgleich mit den in der Literatur benannten Geschlechterunterschieden).<br />

Für den zweiten Schritt wurde eine systematische Literaturrecherche (MeSH-Terms,<br />

Freitextsuche) mit den Datenbanken pubmed und EMBASE durchgeführt. Insgesamt<br />

wurden 233 Publikationen gefunden, von denen 60 Publikationen in die<br />

systematische Literaturbewertung ein gingen.<br />

Ergebnisse:<br />

Aus der Literatur wurden folgende Bereiche mit versorgungsrelevanten Unterschieden<br />

zwischen den Geschlechtern identifiziert: Epidemiologie, Symptome, Suizid, Diagnose,<br />

Therapie und Prävention, soziale Faktoren und Coping-Strategien. Pharmakotherapie<br />

wurde im Rahmen dieser Pilotstudie ausgeschlossen. In den vier Leitlinien zur Depression<br />

fanden sich wenige Hinweise zu Geschlechterunterschieden; insbesondere in den<br />

Bereichen Epidemiologie, Symptome und Diagnose, Therapie und Behandlung. Nur im<br />

Bereich soziale Faktoren wurde den Geschlechterdifferenzen stärker Rechnung getragen.<br />

Diskussion:<br />

In Anbetracht der Reichweite und des Potentials von Leitlinien, die Versorgungsqualität zu<br />

verbessern, kommt ihnen auch hinsichtlich einer zeitnahen und umfassenden<br />

Berücksichtigung von Geschlechterunterschieden eine herausragende Rolle zu. Am<br />

Beispiel der Leitlinien zur Depression wird deutlich, dass dieses Potential noch nicht<br />

ausreichend genutzt wird. Zur Überwindung dieses Defizits sollte die<br />

Geschlechtersperspektive ein integraler Bestandteil sowohl im Erstellungs- als auch im<br />

Reviewprozess von Leitlinien sein.<br />

I/1b Wie sollte individualisierte <strong>Medizin</strong> in evidenzbasierten Leitlinien umgesetzt<br />

werden? – Eine Analyse von Leitlinienmanualen<br />

Michaela Eikermann 1 , Walgenbach Maren 1 , Jaschinski Thomas 1 , Mathes Tim 1 ,<br />

Mosch Christoph 1 , Neugebauer Edmund 1<br />

1<br />

Institut für Forschung in der Operativen <strong>Medizin</strong> (IFOM) Universität Witten / Herdecke, Köln,<br />

Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die individualisierte <strong>Medizin</strong> als eine Zukunftsvision für eine verbesserte<br />

Gesundheitsversorgung ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus von Politik und<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 38


Forschung gerückt [1]. Sie wird als eine Chance gesehen, neue präventive, diagnostische<br />

und therapeutische Interventionen insbesondere für komplexe Krankheiten zu entwickeln.<br />

Für Leitlinienentwickler ergeben sich hieraus zahlreiche Fragen, insbesondere ob Ansätze<br />

individualisierter <strong>Medizin</strong> in aktuelle evidenzbasierte Leitlinien aufgenommen werden<br />

können und sollen und welche Anforderungen an die Evidenz gestellt werden können.<br />

Hierzu müssen Methoden diskutiert und festgelegt werden.<br />

Ziel des Projektes ist eine Statuserhebung zur Thematisierung und Operationalisierung<br />

individualisierter <strong>Medizin</strong> für die Leitlinienerstellung.<br />

Material/Methoden:<br />

Gegenstand der vorliegenden Analyse waren Methodenhandbücher zur<br />

Leitlinienentwicklung (Leitlinienmanuale). Es wurde eine systematische Recherche bei<br />

den Mitgliedsorganisationen des Guidelines International Network (G.I.N.) sowie der<br />

AWMF durchgeführt. Eingeschlossen wurden themenübergreifende Anleitungen für die<br />

Erstellung von Leitlinien. Weiterhin wurde eine Stichprobe aus den von den recherchierten<br />

Organisationen erstellten Leitlinien analysiert. Analysiert wurden die allgemeine<br />

Thematisierung individualisierter <strong>Medizin</strong>, Definitionen sowie die methodische<br />

Operationalisierung.<br />

Ergebnisse:<br />

Es wurden 93 Manuale bzw. vergleichbare Publikationen zur Leitlinienerstellung<br />

identifiziert. Das Konzept der individualisierten <strong>Medizin</strong> sowie deren Umsetzung in<br />

klinischen Leitlinien wurden in keinem Manual explizit thematisiert. In wenigen Manualen<br />

fanden sich Hinweise auf das Thema. Konkrete methodische Überlegungen zu<br />

Anforderungen an Literaturrecherche und -bewertung wurden nicht gegeben. In der<br />

analysierten Leitlinienstichprobe fanden sich Empfehlungen für bestimmte Subgruppen<br />

von Patienten im Sinne einer individualisierten Versorgung. Auch in diesen Leitlinien<br />

konnten keine generellen Empfehlungen für das methodische Vorgehen identifiziert<br />

werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Leitlinienempfehlungen auf der Basis individualisierter <strong>Medizin</strong> zu formulieren stellt zur<br />

Zeit noch eine Herausforderung dar, da bisher wenig methodische Vorgaben bestehen.<br />

Hierzu ist die weitere Methodenentwicklung und –diskussion auf Basis einer einheitlichen<br />

Definition notwendig. In welchem Maße einzelne Leitlinien bereits konkrete Empfehlungen<br />

für eine individualisierte Versorgung geben und wie dies methodisch umgesetzt wird, wird<br />

in einem Anschlussprojekt systematisch anhand ausgewählter Erkrankungen überprüft.<br />

Literatur<br />

1. Zukunftsreport des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) „<strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

und Gesundheitssystem“, Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und<br />

Technikfolgenabschätzung. Verfügbar unter:<br />

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/120/1612000.pdf<br />

I/1c Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische<br />

Literaturübersicht.<br />

Thomas Kötter 1 , Friederike Anna Schaefer 1 , Eva Blozik 1 , Martin Scherer 1<br />

1 Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Qualitätsindikatoren (QI) sind spezifische und messbare Elemente der Versorgung, die<br />

zur Bewertung dieser verwendet werden können [1]. Die Messung von Qualität mittels QI<br />

dient der Qualitätsförderung. QI können basierend auf Expertenmeinungen, auf der<br />

Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz oder aus Leitlinien entwickelt werden<br />

[2]. Bislang besteht ein Goldstandard für die Entwicklung von QI jedoch noch nicht [3]. Die<br />

effiziente Entwicklung qualitativ hochwertiger QI setzt eine rigorose, anerkannte und<br />

evidenzbasierte Entwicklungsmethode voraus. Ziel des Reviews war die Identifikation und<br />

Gegenüberstellung verschiedener Methoden der leitlinienbasierten Entwicklung von QI.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 39


Material/Methoden:<br />

Wir haben mittels einer vorab entwickelten Suchstrategie relevante Datenbanken nach<br />

Literatur durchsucht. Ausschlusskriterien hinsichtlich Studien- bzw. Publikationstyp<br />

formulierten wir nicht. Wir führten eine ausführliche Grauliteratursuche durch und<br />

kontaktierten Experten. Daten zur Studienqualität und zu methodischen Variablen der<br />

Entwicklung von QI aus Leitlinien wurden systematisch extrahiert, analysiert und<br />

diskutiert.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Qualität der gefundenen Literatur war sehr heterogen. Randomisierte kontrollierte<br />

Studien zum Vergleich unterschiedlicher Methoden fanden wir nicht. Zahlreiche Methoden<br />

der leitlinienbasierten Entwicklung von QI werden beschrieben. Es finden sich<br />

Gemeinsamkeiten, aber auch entscheidende Unterschiede hinsichtlich methodischer<br />

Variablen. Die leitlinienbasierte Entwicklung von QI wird in der gefundenen Literatur<br />

übereinstimmend als effiziente Methode auf dem Weg zu qualitativ hochwertigen QI<br />

beschrieben. Ein Vergleich verschiedener Entwicklungsmethoden im Hinblick auf die<br />

Fähigkeit, solche QI hervorzubringen, fehlt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Als Vorbereitung der Formulierung eines Goldstandards für die Entwicklung von QI aus<br />

Leitlinien wurden erstmals die bisher beschriebenen Methoden gesammelt und analysiert.<br />

Das Fehlen einer Referenz für die Qualität eines Qualitätsindikators sowie von<br />

Vergleichsstudien von mit unterschiedlichen Methoden entwickelten QI bereitet bei der<br />

Formulierung eines evidenzbasierten Goldstandards jedoch erhebliche Schwierigkeiten.<br />

Randomisierte kontrollierte Studien werden dringend benötigt.<br />

Literatur<br />

1. McGlynn EA, Asch SM. Developing a clinical performance measure. Am J Prev Med. 1998;<br />

14:14-21.<br />

2. Campbell SM, Braspenning J, Hutchinson A, Marshall M. Research methods used in<br />

developing and applying quality indicators in primary care. Qual Saf Health Care. 2002;<br />

11:358-64.<br />

3. Wollersheim H, Hermens R, Hulscher M, Braspenning J, Ouwens M, Schouten J, Marres<br />

H, Dijkstra R, Grol R. Clinical indicators: development and applications. Neth J Med. 2007;<br />

65(1):15-22.<br />

I/1d Entspricht die medikamentöse Therapie bei Asthma-Patienten mit häufigen<br />

Symptomen den aktuellen Leitlinien?<br />

Sabine Groos 1 , Bernd Hagen 1 , Jens Kretschmann 1 , Lutz Altenhofen 1<br />

1 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Nationale Versorgungsleitlinie Asthma (NVL, 2009) sieht in ihrem Stufenschema zur<br />

medikamentösen Langzeittherapie zum Erreichen der Asthmakontrolle die Gabe von<br />

inhalativen Glukokortikosteroiden (ICS) und langwirkenden Beta-2-Sympathomimetika<br />

(LABA) vor. Das Disease Management Programm (DMP) Asthma erhebt den Anspruch,<br />

eine leitliniengemäße Behandlung dieser Patienten zu fördern. Lässt sich dieser Anspruch<br />

im Hinblick auf die medikamentöse Versorgung bei Asthma-Patienten mit häufigen<br />

Symptomen einlösen?<br />

Material/Methoden:<br />

Datengrundlage bilden die Dokumentationen von Patienten, welche Rahmen des DMP<br />

Asthma bronchiale in der Region Nordrhein im Zeitraum Juli 2008 bis Juni 2010<br />

dokumentiert wurden und durchgängig unter täglichen bzw. wöchentlichen Asthma-<br />

Symptomen litten. Die Dokumentationen wurden von insg. 2.270 Praxen erstellt.<br />

Analysiert wurde der Anteil der Verordnung von ICS und LABA für die genannte<br />

Patientengruppe pro Praxis im Zeitverlauf und das Ausmaß der Varianz zwischen den<br />

beteiligten Praxen.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 40


Ergebnisse:<br />

Für 3.037 von 40.268 Asthma-Patienten (7,5%) wurde eine über den zweijährigen<br />

Beobachtungszeitraum bestehende tägliche und für weitere 2.400 (6%) eine wöchentliche<br />

Asthma-Symptomatik dokumentiert.<br />

Bezogen auf die Patientengruppe mit täglicher Symptomatik ähnelten sich die Praxen<br />

zunehmend in ihren Entscheidungen, diese Patientengruppe mit ICS, LABA bzw. der<br />

Kombination der genannten Wirkstoffe zu behandeln (ICS initial IQR: 75–100% dieser<br />

Patienten; final 80–100%; LABA – initial IQR: 50–100%; final 60–100%; ICS & LABA –<br />

initial IQR: 40–100%; final 49–100%). Ähnliche Ergebnisse ergeben sich für die Patienten<br />

mit wöchentlicher Symptomatik<br />

Somit ist eine Abnahme der Varianz hinsichtlich einer leitlinienorientierten<br />

medikamentösen Behandlung von Patienten mit täglicher und wöchentlicher Asthma-<br />

Symptomatik festzustellen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Befunde sprechen für eine zunehmende Orientierung der Pharmakotherapie mit ICS<br />

und LABA bei Patienten mit häufiger Asthma-Symptomatik an den Vorgaben der NVL im<br />

Verlauf des betrachteten Zeitraums. Diese Änderung im Verordnungsverhalten ist<br />

möglicherweise eine Folge der regelmäßigen Rückmeldung der Verordnungsziele im<br />

Rahmen der halbjährlichen Feedback-Berichte an die am DMP beteiligten Praxen.<br />

Fraglich bleibt, in welchem Ausmaß das DMP selbst oder andere Rahmenbedingungen<br />

die Entscheidung der Ärzte beeinflusst haben, die Patienten konsequenter medikamentös<br />

zu behandeln.<br />

I/1e Die Arztbibliothek: Cochrane Reviews im Kontext eines Leitlinienthemas –<br />

Analyse des Mehrwerts für den Arzt<br />

Monika Nothacker 1 , Svenja Siegert 1 , Jacqueline Schirm 1 , Dana Rütters 1 , Christiane<br />

Rothe 1 , Günter Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Für das Online-Portal Arztbibliothek werden evidenzbasierte medizinische Online-<br />

Informationen selektiert und themenspezifisch in Kontext zueinander gesetzt. Mit Stand<br />

11/10 wurden 245 gültige S2- und S3-Leitlinien und 2748 Abstracts von Cochrane<br />

Reviews (CR) ab 2006 zur Verfügung gestellt. 2003 der CR waren durch 158<br />

Themenbegriffe zu Leitlinienthemen verschlagwortet. Ziel der vorliegenden Analyse ist<br />

aufzuzeigen, inwieweit dadurch ein Mehrwert an Information besteht und wie dieser<br />

genutzt wird.<br />

Material/Methoden:<br />

Ausgewertet wurden 6 häufig genutzte Leitlinien (NVL Depression, NVL Herzinsuffizienz,<br />

S3-Leitlinie zu Allergieprävention, Lungenkarzinom, Mammakarzinom und perioperativen<br />

Schmerzen), die 2008–2010 publiziert wurden. Es wurde untersucht<br />

1. ob die angezeigten CR in der Leitlinie zitiert werden bzw. welcher Anteil nach dem<br />

Rechercheschlussdatum der Leitlinien publiziert wurde,<br />

2. ob nicht zitierte CR gleichlautende, nicht gleich lautende, vertiefende oder nicht<br />

thematisierte Informationen liefern.<br />

Anhand von Nutzerstatistiken wurde ausgewertet, wie viele Nutzer CR zu den Leitlinien<br />

aufriefen.<br />

Ergebnisse:<br />

Im Kontext waren pro Leitlinie 10–40 CR verschlagwortet. 4–28,5% der CR wurden in den<br />

Leitlinien zitiert. 70% (31–100%) der nicht zitierten CR wurden nach Rechercheschluss<br />

der Leitlinien (3x2006, 1x1/2007, 2x2008) publiziert. 13% CR enthielten aktuellere<br />

gleichlautende Informationen, 6% nicht übereinstimmende Informationen, 35% (6–65%)<br />

vertiefende Informationen z.B. zu medikamentösen Therapieverfahren, 37% (11–54%)<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 41


spezifische nicht thematisierte Informationen wie z.B. zu Wochenbettdepression oder<br />

alternativen Therapien.<br />

Die Auswertung der Nutzerstatistik (11/09–11/10) zeigte 7526 Leitlinienaufrufe und 1.399<br />

Aufrufe von CR, entsprechend einer Nutzung von knapp 19%.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

CR zu gültigen Leitlinien haben einen Mehrwert v.a. im Hinblick auf vertiefende und nicht<br />

thematisierte Informationen. Der Anteil nicht übereinstimmender Informationen ist gering.<br />

Die Gründe für nicht zitierte CR liegen v.a. in der Aktualität gültiger Leitlinien, weitere<br />

Ursachen sind zu eruieren. Ärzte sollten ermuntert werden, CR ergänzend zu Leitlinien zu<br />

nutzen.<br />

Impact / Implementierung<br />

I/2a Welchen Impact hat Health Technology Assessment auf das<br />

Gesundheitswesen in Österreich?<br />

Ines Schumacher 1 , Ingrid Zechmeister 1<br />

1 Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment, Wien, Österreich<br />

Hintergrund:<br />

Das Ziel von Health Technology Assessment (HTA) ist die Bereitstellung evidenzbasierter<br />

Entscheidungsgrundlagen, die zu Gunsten eines effizienten und angemessenen<br />

Ressourceneinsatzes im Gesundheitswesen eingesetzt werden. In Österreich greifen<br />

Entscheidungsträger verstärkt auf die wissenschaftliche Entscheidungsunterstützung<br />

zurück. Ziel dieses Papers ist es den tatsächlichen Impact von HTA auf das<br />

österreichische Gesundheitswesen zu evaluieren.<br />

Material/Methoden:<br />

Mögliche Effekte der am Ludwig Boltzmann Institut für HTA und dem Institut für<br />

Technikfolgenabschätzung durchgeführten Forschung, wurden mit einer Kombination aus<br />

quantitativen und qualitativen Methoden erhoben. Untersucht wurde die Auswirkung der<br />

Forschung auf die Dimensionen „Wahrnehmung“, „Akzeptanz“, „Politikprozess“,<br />

„Entscheidung“, „Praxis“, „finale Outcomes“ (Budgetauswirkungen, Gesundheit), sowie ihr<br />

Beitrag auf den öffentlichen Diskurs und die wissenschaftliche Community<br />

(„Enlightenment“). Es wurden Zielgruppen auf der Mikro- Meso- und Makroebene<br />

betrachtet.<br />

Ergebnisse:<br />

Der kausale Zusammenhang zwischen HTA-Forschung und Systemeffekten ist schwer<br />

nachweisbar. Einzelne HTA-Projekte lassen sich aber mit punktuellen<br />

Systemveränderungen hin zu mehr Rationalität bei Entscheidungen assoziieren. Vor<br />

allem auf der Mesoebene (Krankenanstaltenverbände, Sozialversicherungsträger) ist eine<br />

zunehmende Wahrnehmung und Akzeptanz von HTA vorhanden, sowie fallweise ein<br />

Einfluss auf die Entscheidungsfindung gegeben. Einzelne Fallbeispiele zeigen einen<br />

direkten Effekt von HTA-Berichten auf Kostenreduktion bei gleichbleibender<br />

Leistungsqualität. Diskursanalytisch zeigt sich, dass eine veränderte Kultur bezüglich<br />

Transparenz und Evidenz in der Entscheidungsfindung bisher nur von Einzelakteuren<br />

getragen wird.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Der Effekt von HTA-Forschung ist multidimensional zu verstehen. Die Wahrnehmung und<br />

Akzeptanz von HTA hat sich seit Beginn der Forschung verstärkt, ihr Einfluss in den<br />

konkreten Entscheidungsfindungen ist jedoch nicht konsequent vorhanden. Punktuell<br />

kann HTA mit einer Kultur von mehr Transparenz und rationaler Entscheidungsfindung in<br />

Zusammenhang gebracht werden.<br />

Literatur<br />

1. Gerhardus A. Konzepte und Methoden zur Erhebung des Einflusses von HTA-Berichten<br />

auf das Gesundheitswesen. Hannover: <strong>Medizin</strong>ische Hochschule Hannover; 2005.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 42


Mehr Effizienz im österreichischen Gesundheitssystem durch Health<br />

Technology Assessment (HTA)? Eine Analyse des ökonomischen Impacts<br />

der HTA-Forschung<br />

Ingrid Zechmeister 1 , Ines Schumacher 1<br />

1 Ludwig Boltzmann Institut für HTA, Wien, Österreich<br />

Hintergrund:<br />

Für die Aufrechterhaltung eines solidarischen Gesundheitssystems mit einem Zugang zu<br />

Leistungen für alle ist mehr Effizienz im Einsatz der Gelder gefordert. Dafür greifen<br />

Entscheidungsträger verstärkt auf die wissenschaftliche Entscheidungsunterstützung<br />

mittels Health Technology Assessment (HTA) zurück. Diese Forschung gewinnt auch in<br />

Österreich kontinuierlich an Bedeutung. Ihr tatsächlicher ökonomischer Effekt ist zu<br />

evaluieren.<br />

Material/Methoden:<br />

Es wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß HTA-Forschung in Österreich zu<br />

Rationalisierung und/oder Umverteilung führt. Dazu wird 1) anhand von administrativen<br />

Daten die Mengen-, Preis- und Kostenentwicklungen der mittels HTA bewerteten<br />

Gesundheitstechnologien evaluiert und 2) werden – zur Validierung der Ergebnisse –<br />

Anwender der HTA-Forschungsberichte zu ökonomischen Effekten befragt.<br />

Ergebnisse:<br />

Mehrere Fallbeispiele zeigen einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erscheinen des<br />

HTA-Berichts und Reduktion von Mengen, Preisen oder Ausgaben betroffener<br />

Technologien. Beim Einsatz von HTA in der prospektiven Leistungsplanung ist vor allem<br />

im Krankenanstaltenbereich ein Trend hin zu Umverteilung in Richtung Leistungen mit<br />

nachgewiesenem positivem Nutzen-Risiko Verhältnis zu beobachten. Interviewaussagen<br />

bestätigen den ökonomischen Effekt in der Mehrzahl der untersuchten Berichte, einzelne<br />

Studien zeigten hingegen keinen Impact.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Nach Veröffentlichung der HTA-Berichte sind punktuell Effekte hin zu Rationalisierung<br />

und Umverteilung wahrnehmbar. Ein kausaler Zusammenhang mit der HTA-Forschung<br />

kann aus methodischen Gründen nicht bestätigt werden, er ist jedoch aufgrund der<br />

Interviewaussagen wahrscheinlich. Für umfangreiche Umverteilungseffekte ist eine<br />

stärkere Einbindung von HTA in Entscheidungsstrukturen notwendig. Dabei ist darauf zu<br />

achten, dass HTA nicht für reine Einsparungszwecke instrumentalisiert wird.<br />

I/2b Veränderte Überprüfung der Inhalationstechnik bei Patienten mit COPD<br />

nach einer Continued Medical Education (CME)-Maßnahme. Ergebnisse aus<br />

dem Disease Management Programm (DMP) COPD in der Region Nordrhein<br />

Jens Kretschmann 1 , Bernd Hagen 1 , Sabine Groos 1 , Lutz Altenhofen 1<br />

1 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Kann sich eine einzelne, leitlinienbezogene CME-Maßnahme auf das ärztliche Handeln<br />

auswirken? Den an dem DMP COPD teilnehmenden Ärzten wurde ein CME-Beitrag zur<br />

Nationalen Versorgungsleitlinie COPD angeboten. Beeinflusste dies in der Folge das<br />

Verordnungs- und Interventionsverhalten von CME-Teilnehmern vs. Nicht-Teilnehmern?<br />

Material/Methoden:<br />

Im Rahmen des DMP COPD erhielten 3.052 Ärzte als Zusatzbericht zu dem Feedback für<br />

das 2. Halbjahr 2008 den CME-Beitrag „Diagnostik, Therapie und Rehabilitation der<br />

COPD“. Von 2008 bis 2010 wurde die Verordnung verschiedener Wirkstoffklassen sowie<br />

deren leitliniengerechte Kombination bei Patienten mit einem FEV1 zu Sollwertverhältnis<br />

(F) < 50 % sowie die Häufigkeit interventioneller Parameter (Schulungen, Überweisungen,<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 43


Überprüfungen der Inhalationstechnik) explorativ analysiert.<br />

Ergebnisse:<br />

126 Ärzte (4 %) beteiligten sich an der CME. 2008 betreuten diese 2.758 Patienten,<br />

davon 668 mit einem F < 50 % (48.643 bzw. 11.274 Patienten bei Nicht-Teilnehmern).<br />

Sowohl SABA/SAAC als Bedarfs- (72–76 | 56–59 %) als auch LABA als Dauermedikation<br />

(66–67 | 53–55 % ) erhielten Patienten von Teilnehmern kontinuierlich häufiger, dies traf<br />

auch zu auf die Kombination aus SABA/SAAC und LABA oder LAAC bei Patienten mit<br />

einem F < 50 % (67–75 | 50–55 %, jeweils 2008–2010, p < .001). Die Inhalationstechnik<br />

wurde nach der CME-Maßnahme bei Patienten von Teilnehmern deutlich häufiger<br />

überprüft (2008: 65 vs. 63 %, p = .76, 2010: 80 vs. 66 %, p < .001).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Bei einer geringen Beteiligung erweist sich die Teilnahme als selbstselektiver Akt:<br />

Teilnehmer versorgen von Beginn an ihre Patienten in höherem Ausmaß medikamentös<br />

als die Nicht-Teilnehmer. Bei stark beeinträchtigten COPD-Patienten nimmt in der Gruppe<br />

der Teilnehmer tendenziell die Verordnung einer leitliniengerechten Therapie deutlicher<br />

zu. Allerdings wird bei gleicher Ausgangshäufigkeit die Inhalationstechnik nach der CME<br />

bei den Patienten der Teilnehmer sehr viel häufiger überprüft. Es erscheint<br />

bemerkenswert, dass ein Leitlinien-Teilaspekt, der sofort und aktiv in Kooperation von<br />

Arzt und Patient umgesetzt werden kann, durch einen einzelnen CME-Beitrag gefördert<br />

wurde. Veränderungen auf der Verordnungsebene, wie sie im DMP erfasst wird, sind so<br />

dagegen kaum zu erreichen und benötigen mutmaßlich verschiedene und mehrfache<br />

Maßnahmen.<br />

I/2c Bewertung von Feedback-Berichten aus ärztlicher Sicht – Ergebnisse aus<br />

den Disease Management Programmen (DMP) in der Region Nordrhein<br />

Bernd Hagen 1 , Lutz Altenhofen 1 , Groos Sabine 1 , Kretschmann Jens 1<br />

1 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Eine qualitätssichernde Maßnahme aller DMP ist die halbjährliche Zusendung von<br />

Feedback-Berichten an die teilnehmenden Ärzte. Die Berichte zeigen u. a. vergleichend<br />

(eigene Praxis vs. alle), ob die jeweiligen Qualitätsziele erreicht wurden. Bislang war<br />

unklar, wie diese Berichte aufgenommen werden und ob sich die Empfänger mit ihnen<br />

aktiv auseinandersetzen.<br />

Material/Methoden:<br />

Im Rahmen der DMP Diabetes mellitus Typ 2 (D2), Koronare Herzkrankheit (KH) und<br />

Brustkrebs (BK) wurden in der Region Nordrhein zwischen 2004 und 2010 insgesamt<br />

36.414 standardisierte Fragebögen mit der Bitte um eine mehrdimensionale Beurteilung<br />

(5-stufige Rangskala, 1 = „trifft voll und ganz zu“, 5 = „trifft überhaupt nicht zu“) der<br />

Berichte und der daraus resultierenden Konsequenzen versandt.<br />

Ergebnisse:<br />

Über den gesamten Zeitraum gingen 6.178 Antworten (17%, minimal 5%, maximal 28%)<br />

ein. Die Berichte wurden durchweg positiv bewertet (D2: 2,1; KH: 2,1; BK: 2,3), besonders<br />

zu späteren Befragungszeitpunkten (D2: 1,9–2,2; KH: 2,0–2,3; jeweils p


werden im Zeitverlauf besser und differenziert für unterschiedliche Teilaspekte bewertet.<br />

Informationsgehalt und Aktualität der Berichte werden als besonders positiv, ihre<br />

Brauchbarkeit für Qualitätszirkeldiskussionen dagegen als weniger geeignet empfunden.<br />

Es wird ein hohes Ausmaß an aktiver Auseinandersetzung mit den Berichten berichtet<br />

und häufig eingeräumt, dass sie sich auf das ärztliche Handeln auswirkten.<br />

Möglicherweise wurde die Bedeutung des Instruments Feedback-Bericht für die DMP<br />

bislang unterschätzt.<br />

I/2d Das Clearingverfahren für Arztbewertungsportale: Arztbewertungsportale<br />

auf dem Prüfstand<br />

Sabine Schwarz 1 , Corinna Schaefer 1 , Günter Ollenschläger 1 für den Expertenkreis<br />

Arztbewertungsportale des ÄZQ<br />

1<br />

Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Checkliste „Gute Praxis Arzt- und Klinikbewertungsportale“. Modul 1:<br />

Qualitätsanforderungen für Arztbewertungsportale“ (Version 1.0 – Dezember 2009)<br />

formuliert erstmalig Standards für Arztbewertungsportale (ABP). Nach deren<br />

Veröffentlichung wurde von mehreren Seiten die Forderung erhoben, die Qualität der<br />

bereits existierenden ABP mit Hilfe der Checkliste zu überprüfen. Daraus resultierte der<br />

Auftrag an das ÄZQ, ein Clearingverfahren für ABP einzurichten. Ziel des<br />

Clearingverfahrens war es, die Qualität von ABP für Nutzerinnen/Nutzer und<br />

Portalbetreiber transparent und nachvollziehbar darzustellen.<br />

Material/Methoden:<br />

Es erfolgte zunächst eine Recherche der derzeit vorhandenen Bewertungsangebote.<br />

Jeweils zwei Guachterinnen/Gutachter bewerteten von Mai bis September 2010<br />

unabhängig voneinander zehn relevante ABP anhand des Kriterienkatalogs. Im Oktober<br />

2010 erhielten alle Betreiber begutachteter Portale ihren Qualitätsbericht zur Kenntnis.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Qualität der überprüften ABP war zum Zeitpunkt der Bewertung sehr unterschiedlich.<br />

Das beste Webangebot erfüllte 85% (34 von 40) und das schlechteste 30% (12 von 40)<br />

der Qualitätskriterien. Einige Kriterien (z. B. notwendige Mindestanzahl an Bewertungen)<br />

erfüllte kein ABP, andere Anforderungen (z. B. Barrierefreiheit) wurden nur von wenigen<br />

erfüllt. Aus den acht eingegangenen Stellungnahmen der Betreiber geht hervor, dass die<br />

meisten Betreiber die Qualitätsberichte zum Anlass genommen haben, ihr Webangebot<br />

zu überarbeiten. Geforderte Angaben (z. B. zur Finanzierung des Angebots) oder<br />

Maßnahmen (z. B. die Möglichkeit zur Gegendarstellung) des Kriterienkatalogs wurden<br />

eingeführt bzw. umgesetzt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Eine Fülle von ABP bietet Unterstützung bei der Arztsuche an. Im Sinne von Transparenz<br />

und Verlässlichkeit sind jedoch Veränderungen und Nachbesserungen der derzeitigen<br />

ABP geboten. Einige Portalbetreiber haben aufgrund ihrer Gutachten begonnen, ihre<br />

Webseiten umzugestalten.<br />

I/2e Das EU-EBM-Projekt am Universitätsklinikum Frankfurt/Main:<br />

Zwischenbericht 2011<br />

Martin N. Bergold 1 , Reinhard Strametz 1 , Kevin Bohrt 1 , Tobias Weberschock 1<br />

1<br />

EBM-Frankfurt, Insitut für Allgemeinmedizin, Goethe Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am<br />

Main, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Qualifikation in Evidenzbasierter <strong>Medizin</strong> (<strong>EbM</strong>) sowie dessen adäquate Anwendung<br />

ist in dem universitären klinischen Alltag obligatorisch. In Zusammenarbeit mit der ebm-<br />

Unity-Group, der DN<strong>EbM</strong> und der Universität Frankfurt am Main konnte zu Beginn 2009<br />

der onlinebasierte „Euebm-Unity-Kurs“ für Weiterbildungsassistenten über Systematische<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 45


Übersichtsarbeiten (SR) implementiert werden. Wir führten selbst eine randomisiert<br />

kontrollierte Studie durch, um den Effekt dieses Kurses auf den Wissenszuwachs in <strong>EbM</strong>,<br />

auf die Fertigkeiten bezüglich des critical appraisals und die Einstellung der Teilnehmer<br />

gegenüber <strong>EbM</strong> zu untersuchen.<br />

Material/Methoden:<br />

Alle Assistenzärzte, die sich zum Zeitpunkt des Projektbeginns im 1. Weiterbildungsjahr<br />

befinden oder nach dem 01.01.2009 ihre Arbeit an der Universitätsklinik aufnehmen<br />

werden, werden zur freiwilligen Teilnahme an dem Projekt aufgefordert. Die Teilnehmer<br />

werden entweder in die Interventionsgruppe, welche unmittelbar mit dem online-Kurs<br />

beginnen oder in die Kontrollgruppe, welche erst 3 Monate später den Kurs beginnen,<br />

randomisiert. Jede Gruppe erhält zudem je ein pre- und postcourse Fragebogen mit 13<br />

verschiedenen multiple-choice (MC) Fragen. Nach Kursende werden die Ergebnisse der<br />

MC-Fragebögen zwischen den beiden Randomisationsgruppen verglichen. Zusätzlich<br />

führen wir eine deskriptive Analyse der subjektiven Evaluation der Teilnehmer durch.<br />

Ergebnisse:<br />

Es konnten 54,79% der möglichen Teilnehmer (120 von 219, davon 53 w, 67 m) für das<br />

Euebm-Unity-Projekt akquiriert werden. Alle Teilnehmer haben bereits den kompletten<br />

Kurs durchlaufen und wurden evaluiert. Die Auswertung der Fragen ergab einen<br />

Unterschied zwischen den beiden Randomisationsgruppen (postcourse<br />

Interventionsgruppe vs precourse Kontrollgruppe) von 6 Punkten im Median (p


Ergebnisse:<br />

33 von den 92 S3-LL wurden ausgeschlossen, da sie als irrelevant für die untersuchte<br />

Fragestellung eingestuft werden (z.B. LL zur parenteralen Ernährung, LL zur<br />

rechtsmedizinischen Leichenöffnung). Von 59 relevanten LL weisen 92% auf die<br />

Beachtung von Komorbiditäten hinsichtlich der Interpretation der diagnostischen<br />

Ergebnisse oder bei der Therapieauswahl mindestens einmal hin. Mindestens ein<br />

konkretes Beispiel für Komorbidität und den Umgang damit geben allerdings nur 68% der<br />

LL. 55% der LL verweisen mindestens einmal auf die Berücksichtigung von Komedikation,<br />

doch nur 31% nennen eine oder mehrere konkrete Komedikationen. Der Hinweis auf die<br />

Beachtung von Wechselwirkungen findet sich mindestens einmal in 35% der LL.<br />

Mindestens ein konkretes Beispiel für zu beachtende Wechselwirkungen geben aber nur<br />

19% der LL. Das Alter der Patienten wird in 61% der untersuchten LL mindestens einmal<br />

erwähnt, wobei allerdings nur 44% der LL tatsächlich geriatrisches Alter bei Diagnose und<br />

Therapie betrachten.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Obwohl die Mehrheit der S3-Leitlinien auf Komorbiditäten, Begleitmedikation im<br />

Allgemeinen hinweist und höheres Alter von Patienten in fast der Hälfte der LL<br />

berücksichtigt wird, ist eine Spezifizierung des alternativen Handelns beim Vorliegen von<br />

konkreten Effektmodifikatoren nicht ausreichend beschrieben.<br />

Literatur<br />

1. Lucke S. Ergebnisse von Sekundärdatenanalysen zur PRISCUS-Liste in Deutschland. Ein<br />

Vortrag an der Fachtagung Polypharmazie und PRISCUS-Liste, Berlin. 2010. Verfügbar<br />

unter: http://www.zi-berlin.de/cms/veranstaltungen/fachtagungen/<br />

2. Meyer F. Ergebnisse von Sekundärdatenanalysen zu Polypharmazie in Deutschland. Ein<br />

Vortrag an der Fachtagung Polypharmazie und PRISCUS-Liste, Berlin. 2010. Verfügbar<br />

unter: http://www.zi-berlin.de/cms/veranstaltungen/fachtagungen/<br />

3. Mukhtar AM. Methodische Aspekte der Datenanalyse zu Polypharmazie. Ein Vortrag an<br />

der Fachtagung Polypharmazie und PRISCUS-Liste, Berlin. 2010. Verfügbar unter:<br />

http://www.zi-berlin.de/cms/veranstaltungen/fachtagungen/<br />

II/1b Wenn die Evidenz nicht weiterhilft – die Rolle des Werturteils: Anwendung<br />

von langwirkenden Beta-Agonisten (LABA) in der Asthma-Therapie<br />

Liat Fishman 1 , Susanne Weinbrenner 1 , Günter Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ), Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die 2. Auflage der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Asthma wurde im Dezember<br />

2009 veröffentlicht. Im Februar 2010 publizierte die amerikanische Zulassungsbehörde<br />

FDA eine abschließende Bewertung zur Sicherheit der LABA-Arzneimitteltherapie mit<br />

Änderungen der Anwendungshinweise in den Beipackzetteln dieser Präparate [1]. Dabei<br />

wiesen einzelne Aussagen der FDA Abweichungen von den NVL-Empfehlungen auf. Ziel<br />

der dargestellten Untersuchung war, zu prüfen ob sich aufgrund der FDA-Empfehlungen<br />

Änderungen für die NVL Asthma ergeben.<br />

Material/Methoden:<br />

Vor dem Hintergrund, dass die Leitlinie den aktuellen Stand des Wissens wiedergeben<br />

soll, wurde zunächst ermittelt, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die eine<br />

Revision der NVL-Empfehlungen nahe legen. Die Überprüfung der Quellen ergab, dass<br />

keine neuen Daten vorhanden waren, sondern eine Neubewertung bereits länger<br />

vorliegender Daten und Ergebnisse einer im Jahr 2008 von der FDA durchgeführten<br />

Meta-Analyse [2] erfolgt war. Hierbei wurden Nutzen und Schaden des Einsatzes von<br />

LABA in bestimmten Situationen neu gegeneinander abgewogen und dem Schaden eine<br />

größere Gewichtung zugesprochen als bislang.<br />

Ergebnisse:<br />

Die von der FDA vorgenommene Neubewertung löste auch unter den NVL Asthma<br />

Experten eine Diskussion zur Nutzen-Schaden-Abwägung aus und führte im weiteren<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 47


Verlauf zu divergenten Ansichten hinsichtlich einer NVL-Empfehlung zur Anwendung von<br />

LABA bei Erwachsenen. Angesichts des sehr geringen und statistisch schwer erfassbaren<br />

Risikos von Todesfällen bei der LABA-Anwendung im Rahmen einer<br />

Kombinationstherapie befürwortet ein Teil der Gruppe weiterhin einen breiteren Einsatz<br />

dieses Medikamentes, mit der Begründung, es sei unverantwortlich, Patienten eine<br />

wirksame Therapie vorzuenthalten. Der restliche Expertenkreis gewichtete dagegen den<br />

Schaden höher und propagiert eine vorsichtigere Haltung. In der NVL Asthma werden die<br />

diskrepanten Einschätzungen als Minderheits- bzw. Mehrheitsvoten innerhalb der<br />

Empfehlung dargestellt [3]. Im Hintergrundtext wurden Ergänzungen im Sinne einer<br />

ausführlicheren Darstellung der Evidenz zu Nutzen und Schaden und der verschiedenen<br />

Argumente vorgenommen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Subjektive Werturteile hinsichtlich einer Nutzen-Schaden-Abwägung können zu<br />

unterschiedlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Übertragbarkeit von Studienevidenz<br />

führen. Aus Gründen der Transparenz sollten Leitlinienautoren neben Angaben zu<br />

Wirksamkeit und Risiken auch Stellung zu den Werten nehmen, die in die Formulierung<br />

der Empfehlungen einfließen.<br />

Literatur<br />

1. U.S. Food and Drug Administration (FDA). FDA Drug Safety Communication: Drug labels<br />

now contain updated recommendations on the appropriate use of long-acting inhaled<br />

asthma medications called Long-Acting Beta-Agonists (LABAs). 2010 [cited: 2010 Nov 19].<br />

Available from:<br />

http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/PostmarketDrugSafetyInformationforPatientsandProv<br />

iders/ucm213836.htm<br />

2. Kramer JM. Balancing the benefits and risks of inhaled long-acting beta-agonists--the<br />

influence of values. N Engl J Med. 2009;360(16):1592-5.<br />

3. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV),<br />

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen <strong>Medizin</strong>ischen Fachgesellschaften (AWMF).<br />

Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma – Langfassung, 2. Auflage. Version 1.2, 2010<br />

[cited: 29.11.2010]. Available from: http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/asthma<br />

II/1c Beeinflussten finanzielle Interessenkonflikte der Leitlinienautoren die<br />

Empfehlungen zu Efalizumab (Raptiva ® ) in der S3-Leitlinie zur Therapie der<br />

Psoriasis vulgaris?<br />

Claudia Dünnweber 1 , Monika Hey 2 , Wolf-Dieter Ludwig 1 , Gisela Schott 1<br />

1 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Berlin, Deutschland<br />

2 Berlin School of Public Health, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Fragestellung entwickelte sich aus dem im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />

festgestellten heterogenen Verordnungsverhalten von Dermatologen in Bezug auf den<br />

zwischen Oktober 2004 und April 2009 zur Behandlung der mittelschweren bis schweren<br />

Plaque-Psoriasis zugelassenen selektiven Immunmodulator Efalizumab (Raptiva®).<br />

Zugelassen war das Arzneimittel für den Einsatz bei nicht ausreichender Wirkung,<br />

Kontraindikation oder Unverträglichkeit von Ciclosporin, Methotrexat und der<br />

Fotochemotherapie (PUVA) [1]. Einige Dermatologen setzten Efalizumab auch induktiv<br />

ein, die meisten dagegen überhaupt nicht. 2009 verfügte die European Medicines Agency<br />

(EMA) wegen schwerer, z.T. tödlicher unerwünschter Wirkungen und des als<br />

„bescheiden“ beurteilten Nutzens von Efalizumab das Ruhen der Zulassung [1].<br />

Material/Methoden:<br />

In der Untersuchung wurden die Empfehlungen und Aussagen zu Efalizumab der von den<br />

„Raptiva-Verordnern“ häufig zitierten deutschen S3-Leitlinie mit den aus demselben<br />

Zeitraum (November 2006 ± 12 Monate) stammenden Bewertungen des National Institute<br />

for Health and Clinical Excellence (NICE) und der pharma-kritik (unabh.<br />

Arzneimittelbulletin) abgeglichen [2], [3], [4]. Zudem wurden Interessenkonflikte der<br />

Autoren der deutschen Leitlinie recherchiert.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 48


Ergebnisse:<br />

Im Gegensatz zur NICE-Leitlinie wurde in der deutschen S3-Leitlinie nicht auf<br />

Qualitätsmängel der Zulassungsstudien hingewiesen. Auch die Tatsache, dass<br />

Efalizumab nie direkt mit bewährten Therapien verglichen wurde, blieb unerwähnt.<br />

Obwohl eingeräumt wurde, dass eine Beurteilung der Langzeitsicherheit nicht endgültig<br />

möglich sei, wurde Efalizumab (Raptiva®) ein günstiges Sicherheitsprofil bescheinigt und<br />

es erfolgte – nicht zulassungskonform – eine explizite Empfehlung zur Induktionstherapie.<br />

NICE und pharma-kritik bewerteten die Substanz aufgrund geringer Wirksamkeit im<br />

indirekten Vergleich und gravierender Sicherheitsbedenken deutlich zurückhaltender.<br />

Zusätzlich zu den zulassungsgemäßen Voraussetzungen forderte das NICE die<br />

Nichteinsetzbarkeit von Etanercept als Bedingung für einen Efalizumabeinsatz. 10 von 15<br />

stimmberechtigten Teilnehmern am Konsensusverfahren der deutschen S3-Leitlinie<br />

hatten finanzielle Verbindungen mit bis zu 11 verschiedenen pharmazeutischen<br />

Unternehmen. Alle 10 Teilnehmer mit Industrieverbindungen erhielten Honorare vom<br />

Efalizumab-Hersteller.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Das Ergebnis legt nahe, dass finanzielle Beziehungen der Autoren zum Hersteller die<br />

Bereitschaft fördern, die bei Neuzulassung eines Präparates wenigen vorhandenen Daten<br />

einseitig zu Gunsten der neuen Substanz zu interpretieren.<br />

Literatur<br />

1. Public statement on Raptiva (efalizumab) – Withdrawal of the marketing authorisation in<br />

the European Union. London: European Medicines Agency; 2009. Available from:<br />

http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Public_statement/2009/11/WC50<br />

0009129.pdf<br />

2. Nast A, Kopp IB, Augustin M, Banditt KB, Boehncke WH, Follmann M, Friedrich M, Huber<br />

M, Kahl C, Klaus J, Koza J, Kreiselmaier I, Mohr J, Mrowietz U, Ockenfels HM,<br />

Orzechowski HD, Prinz J, Reich K, Rosenbach T, Rosumeck S, Schlaeger M, Schmid-Ott<br />

G, Sebastian M, Streit V, Weberschock T, Rzany B; Germany Society for Dermatology. S3-<br />

Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris [S3-Guidelines for the therapy of psoriasis<br />

vulgaris]. J Dtsch Dermatol Ges. 2006;4 Suppl 2:S1-126.<br />

3. Etanercept and efalizumab for the treatment of adults with psoriasis (NICE technology<br />

appraisal guidance; 103). London: National Institute for Health and Clinical Excellence;<br />

2006. Available from: http://www.nice.org.uk/nicemedia/live/11580/33376/33376.pdf<br />

4. Arnold AW, Itin P. Biologika bei Psoriasis vulgaris. pharma-kritik. 2007; 28(15).<br />

II/1d Angaben zu Interessenkonflikten in deutschen Leitlinien<br />

Thomas Langer 1 , Susann Conrad 1 , Liat Fishman 1 , Sabine Schwarz 1 , Beate Weikert 1 ,<br />

Susanne Weinbrenner 1 , Günter Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Eine Auswertung von deutschen S2- und S3-Leitlinien, die bis August 2009 aktuell waren<br />

zeigte, dass Interessenkonflikte in vielen Leitlinien unzureichend dargelegt werden [1]. Die<br />

Fragestellungen der Arbeit sind: 1.) Interessenkonfliktdarlegung in S2- und S3-Leitlinien,<br />

die zwischen 08/2009 und 11/2010 veröffentlicht wurden; 2.) Welche Beziehungen und<br />

Sachverhalte werden in S2- und S3-Leitlinien (Stand 11/2010) offen gelegt. 3.) Wie wurde<br />

mit diesen umgegangen.<br />

Material/Methoden:<br />

Alle von 08/2009 bis 11/2010 veröffentlichten oder aktualisierten S2- und S3-Leitlinien<br />

wurden mit Kriterium 23 des Deutsche Instrument zur methodischen Leitlinien-Bewertung<br />

(DELBI) durch zwei unabhängige BewerterInnen bewertet und die Ergebnisse mit den<br />

Daten der Auswertung aus 2009 [1] zusammengefasst. Die Angaben aller bis 11/2010<br />

gültigen Leitlinien mit Informationen zu Interessenkonflikten wurden extrahiert und<br />

quantitativ ausgewertet.<br />

Ergebnisse:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 49


Von den zwischen 08/2009 bis 11/2010 veröffentlichten Leitlinien (n=57) machten 25%<br />

individuelle Angaben zu Interessenkonflikten. Der Anteil von Leitlinien mit individuellen<br />

Angaben zu Interessenkonflikten an allen gültigen S2- und S3-Leitlinien stieg dadurch von<br />

5% (2009) auf 10%. Von 460 AutorInnen mit Angaben zu Interessenkonflikten gaben 203<br />

(44,1%) Beziehungen und Sachverhalte an, die auf Interessenkonflikte hinweisen.<br />

Häufigste Beziehungen bei LeitlinienautorInnen mit individuellen Angaben zu<br />

Interessenkonflikten waren Vortrags- und Schulungstätigkeiten (29,6%), Berater- und<br />

Gutachterverträge (28,3%), und Drittmittel (21,1%). In keiner Leitlinie wurde ein<br />

Interessenkonflikt festgestellt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Beziehungen und Sachverhalte, die auf Interessenkonflikte hinweisen, sind bei<br />

LeitlinienautorInnen häufig, haben bisher aber keine sichtbaren Konsequenzen auf den<br />

Erstellungsprozess der Leitlinien. Es sind Standards erforderlich für die transparente<br />

Bewertung von Interessenkonflikten und für den angemessenen Umgang mit<br />

Interessenkonflikten in Leitlinien.<br />

Literatur<br />

1. Gerken M, Kopp I, Lelgemann M. Angaben zu Interessenskonflikten in S2-/S3-Leitlinien.<br />

<strong>EbM</strong> – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?. Forum <strong>Medizin</strong> 21 der Paracelsus<br />

<strong>Medizin</strong>ischen Privatuniversität & 11. <strong>EbM</strong>-Jahrestagung des Deutschen <strong>Netzwerk</strong>s<br />

Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong>. Salzburg, 25.-27.02.2010. Düsseldorf: German Medical Science<br />

GMS Publishing House; 2010. Doc10ebm114. DOI: 10.3205/10ebm114<br />

II/1e Entwicklung und Evaluation einer Praxisleitlinie zu<br />

freiheitseinschränkenden Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen – clusterrandomisierte<br />

kontrollierte Studie<br />

Sascha Köpke 1 , Anja Gerlach 1 , Antonie Haut 2 , Ingrid Mühlhauser 1 , Gabriele Meyer 2<br />

1 Universität Hamburg, Deutschland<br />

2 Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FEM) werden in deutschen Altenheimen<br />

regelmäßig angewendet. Epidemiologische Studien belegen große Unterschiede in der<br />

inter-institutionellen FEM-Prävalenz. Fachliche und ethische Gründe sprechen gegen die<br />

Anwendung von FEM. Evidenz-basierte Leitlinien können wirkungsvoll zur Optimierung<br />

der Praxis und zur Überwindung von Praxisvariationen beitragen. Ziel der Studie war die<br />

Entwicklung und Evaluation einer evidenzbasierte Leitlinie und eines darauf basierenden<br />

komplexen Interventionsprogramms mit dem Ziel der Vermeidung von FEM.<br />

Material/Methoden:<br />

Die Evaluation erfolgte im Rahmen einer Cluster-randomisierten Studie. Eingeschlossen<br />

wurden Pflegeheime mit ≥ 60 Bewohnern und einer FEM-Prävalenz von ≥ 20%<br />

(Studienregistrierung: ISRCTN34974819). Die Interventionsgruppe (IG) erhielt die<br />

Leitlinien-basierte Intervention, die Kontrollgruppe (KG) eine FEM-Standardinformation.<br />

Die Cluster-Randomisierung erfolgte verdeckt und extern. Ziel war die Reduktion von<br />

FEM, Hauptendpunkt war die Anzahl der Bewohner mit FEM nach 6 Monaten. Die<br />

verblindete Erhebung der FEM erfolgte von April 2009 bis Februar 2010 durch direkte<br />

Beobachtung.<br />

Ergebnisse:<br />

36 Einrichtungen (IG: 18; KG: 18) in Hamburg und Witten (NRW) wurden eingeschlossen.<br />

Insgesamt wurden 4449 Bewohner (IG 2283, KG 2166) mindestens einmal gesehen. Die<br />

Intervention führte zu einer signifikanten Reduktion der Bewohneranzahl mit FEM um<br />

6,5% (Cluster-adjustiertes 95% Konfidenzintervall: 0,6–12,4%) nach 6 Monaten<br />

(p=0,032). Im Vergleich zur Ausgangserhebung sank die FEM-Häufigkeit in der IG von<br />

31,5% auf 22,6%, in der KG von 30,6% auf 29,1%. In der Gesamtgruppe aller während<br />

der Studiendauer beobachteten Bewohner stürzten in der IG 23,1%, in der KG waren es<br />

26,1%. In der IG hatten 1,4% der Bewohner mindestens eine sturzbedingte Fraktur, in der<br />

KG waren es 1,9%. Beide Unterschiede sind nicht statistisch signifikant.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 50


Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass eine aufwändige Leitlinien-gestützte Intervention sicher FEM<br />

reduzieren kann. Die klinische Relevanz der Ergebnisse bleibt jedoch zu diskutieren.<br />

Weitere geplante Analysen v.a. zur Prozessevaluation der komplexen Intervention werden<br />

hier wertvolle Erkenntnisse liefern.<br />

Neues zu methodischen Aspekten<br />

III/1a Stand und Bedingungen der nichtkommerziellen klinischen Forschung in<br />

Deutschland<br />

Bernhard Bührlen 1 , Peter Georgieff 2 , Horst Christian Vollmar 3<br />

1 Universitäre Psychiatrische Kliniken, Basel, Schweiz<br />

2 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe, Deutschland<br />

3 <strong>Deutsches</strong> Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Witten, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die nichtkommerzielle klinische Forschung beantwortet Fragestellungen, die sich aus der<br />

Behandlungspraxis ergeben. Sie bildet damit ein wichtiges Fundament der<br />

evidenzbasierten <strong>Medizin</strong> (<strong>EbM</strong>). Da die Hersteller der Produkte oft keinen<br />

wirtschaftlichen Vorteil aus solchen Studien zu erwarten haben, übernehmen häufig die<br />

medizinischen Fakultäten die Verantwortung und die Finanzierung muss zumindest<br />

teilweise aus öffentlichen Mitteln erfolgen oder von Stiftungen übernommen werden.<br />

Material/Methoden:<br />

Ziel der Studie im Auftrag des Deutschen Bundestags war es, die Faktoren, die Einfluss<br />

auf eine leistungsfähige nichtkommerzielle klinische Forschung in Deutschland haben, zu<br />

beschreiben und zu bewerten. Dazu wurden die medizinischen Fakultäten in Deutschland<br />

schriftlich befragt (Rücklauf: n=19) und k=13 Experteninterviews sowie ein<br />

Expertenworkshop durchgeführt.<br />

Ergebnisse:<br />

Die nichtkommerzielle klinische Forschung ist in Deutschland zahlenmäßig vergleichbar<br />

stark wie in anderen Ländern. Selbst die nichtkommerziellen Studien werden zu mehr als<br />

der Hälfte auch durch Wirtschaftsunternehmen gefördert.<br />

Als problematisch wird von den Fakultäten insbesondere das Einwerben der Studienmittel<br />

angesehen. Hinzu kommen die Gewinnung von Studienpatienten, die aufwendige<br />

Durchführung und Überwachung der Studien, die Validität der Daten, die Qualifikation des<br />

Personals, die akademische Anerkennung der klinischen Forschung sowie Bürokratie bei<br />

den Überwachungsbehörden und Ethikkommissionen.<br />

Weiterhin besteht dringender Bedarf an methodischer Unterstützung der Forscher und<br />

einer Verbesserung ihrer Qualifikation. Die Forschungsinfrastruktur wird als sehr günstig<br />

erachtet, sie ist allerdings nicht flächendeckend verfügbar und benötigt weitere<br />

flankierende Maßnahmen.<br />

Die Vorschriften für klinische Prüfungen werden nach wie vor als aufwändig und teils<br />

prohibitiv bezeichnet, Patientensicherheit und Qualität der Studien sind wichtige<br />

Standortfaktoren für die klinische Forschung in Deutschland.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Vom Hersteller unabhängig durchgeführte Studien sind zur Kontrolle und als Ergänzung<br />

der kommerziellen klinischen Forschung notwendig. Die Bedingungen sind in Deutschland<br />

relativ günstig, könnten aber noch weiter verbessert werden.<br />

Literatur<br />

1. Bührlen B, Georgieff P, Vollmar HC. Stand und Bedingungen klinischer Forschung in<br />

Deutschland und im Vergleich zu anderen Ländern unter besonderer Berücksichtigung<br />

nichtkommerzieller Studien. Innovationsreport. TAB-Arbeitsbericht 135. Büro für<br />

Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB); 2010. Download unter<br />

http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 51


ab135.pdf.<br />

III/1b Sind bestimmte Placebos effektiver als andere?<br />

Karin Meissner 1 , Klaus Linde 2 , Gerta Rücker 3 , Margrit Fässler 4<br />

1<br />

Institut für Allgemeinmedizin, Technische Universität München, 2 - Institut für <strong>Medizin</strong>ische<br />

Psychologie, Ludwig-Maximilians Universität, München, Deutschland<br />

2<br />

Institut für Allgemeinmedizin, Technische Universität München, München, Deutschland<br />

3<br />

Institut für <strong>Medizin</strong>ische Biometrie und <strong>Medizin</strong>ische Informatik, Universitätsklinikum Freiburg,<br />

Freiburg, Deutschland<br />

4<br />

Institut für Allgemeinmedizin, Technische Universität München, 2 - Institut für Biomedizinische<br />

Ethik, Universität Zürich, München, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Interpretation randomisierter placebokontrollierter Studien hat direkten Einfluss auf die<br />

Empfehlungen für Kliniker. Einzelne randomisierte Studien deuten darauf hin, dass z.B.<br />

Scheinakupunktur bessere Ergebnisse erzielt als ein Tablettenplacebo. Um zu<br />

untersuchen, ob bestimmte Placebos effektiver sind als andere, führten wir einen<br />

indirekten Vergleich der Placebogruppen in randomisierten kontrollierten Studien zur<br />

Migräneprophylaxe durch (systematisches Review).<br />

Material/Methoden:<br />

Mittels einer systematischen Literatursuche in MEDLINE, EMBASE, CENTRAL und<br />

PsychINFO wurden randomisierte kontrollierte Studien zur Migräneprophylaxe gefunden.<br />

Für die dichotomen Outcomeparameter wurden die Placebo-Responderraten<br />

(vorzugsweise 3 bis 4 Monate nach Randomisation) mit Hilfe eines Random-Effects-<br />

Modells gepoolt, wobei die Art des Placebos als Gruppierungsvariable diente.<br />

Ergebnisse:<br />

Bis jetzt wurden 92 Studien eingeschlossen, die folgende Placebogruppen bzw.<br />

Aufmerksamkeitskontrollgruppen hatten: Pharmakologische Placebos (n=43),<br />

Scheinakupunktur (n=15), Placebos für pflanzliche Mittel (n=10), Injektionen mit<br />

Kochsalzlösung (n=9), Schein-Biofeedback-Behandlung (n=5), chirurgische<br />

Scheinoperation (n=3), elektromagnetische Scheinbehandlung (n=2), manuelle<br />

Scheinbehandlungen (n=2) und andere Arten von Placebokontrollen (n=3). Post-hoc-<br />

Analysen zeigen, dass unsere primäre Zielvariable, die Placebo-Responderraten bei<br />

Patienten mit Scheinakupunktur signifikant größer waren als bei Patienten, die ein<br />

pharmakologisches Placebo erhielten (0,39 (95℅ CI, 0,35 bis 0,43) vs. 0,23 (95℅ CI, 0,21<br />

bis 0,25); p


Zur Beantwortung der Fragestellung wurden sowohl eine unsystematische, als auch eine<br />

systematische Literatursuche durchgeführt. Zusätzlich wurden Methodenhandbücher<br />

ausgewählter Institutionen, die sich mit der Evaluation von diagnostischen Verfahren<br />

befassen (MSAC, IQWiG, NICE, EUnetHTA) herangezogen.<br />

Ergebnisse:<br />

Diagnostische Verfahren können anhand von sechs Ebenen beurteilt werden. Obwohl<br />

sich die Mehrzahl der Studien mit der technischen Qualität und der diagnostischen<br />

Genauigkeit befasst, ist für Entscheidungsträger aber letztlich der mit einem Test<br />

vergesellschaftete patientenrelevante Nutzen und die damit einhergehenden Kosten von<br />

Bedeutung.<br />

Auch die untersuchten Institutionen nennen den Patientennutzen als entscheidende<br />

Zielgröße für die Bewertung von diagnostischen Verfahren, wobei als Methode der Wahl<br />

systematische Reviews genannt werden. Wenn Studien den Einfluss eines Tests auf<br />

nachfolgende Therapieentscheidungen und somit auf patientenrelevante Endpunkte<br />

untersuchen, kann der Patientennutzen direkt erhoben werden. Da diese Studien aber nur<br />

selten verfügbar sind, bietet „linked Evidence“ eine Alternative, indem diagnostische<br />

Genauigkeitsstudien mit therapeutischen Wirksamkeitsstudien verknüpft werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Bewertung von diagnostischen Verfahren sollte anhand des resultierenden<br />

Patientennutzens erfolgen. Dieser kann häufig nur indirekt mittels „linked Evidence“<br />

etabliert werden – eine Methode bei der nicht nur zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein<br />

müssen, sondern auch etliche Fragen ungeklärt sind.<br />

III/1d Herkunftsländer der Studien in IQWiG-Berichten zur Nutzenbewertung von<br />

Therapie und Diagnoseverfahren<br />

Kirsten H. Herrmann 1 , Robert Wolff 2 , Fueloep Scheibler 1 , Siw Waffenschmidt 1 , Lars<br />

G. Hemkens 1 , Stefan Sauerland 1 , Gerd Antes 3<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland<br />

2 Kleijnen Systematic Reviews Ltd., <strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum, Institut für <strong>Medizin</strong>ische<br />

Biometrie und <strong>Medizin</strong>ische Informatik, Abteilung für <strong>Medizin</strong>ische Biometrie und Statistik,<br />

Universitätsklinikum Freiburg, York YO19 6FD, Großbritannien<br />

3 <strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum, Institut für <strong>Medizin</strong>ische Biometrie und <strong>Medizin</strong>ische Informatik,<br />

Abteilung für <strong>Medizin</strong>ische Biometrie und Statistik, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das IQWiG bietet in Form von Nutzenbewertungen dem Gemeinsamen<br />

Bundesausschuss (G-BA) eine wissenschaftliche Grundlage für Entscheidungen zur<br />

Erstattungsfähigkeit von Therapie- und Diagnoseverfahren. Ziel der Analyse war es, die<br />

Anzahl deutscher Studien, die in die Nutzenbewertungen des IQWiG einbezogen wurden,<br />

zu ermitteln.<br />

Material/Methoden:<br />

Aus 59 abgeschlossenen IQWiG-Berichten wurden Angaben zu den berichtsrelevanten<br />

Studien extrahiert und die Länderverteilung ermittelt. Dabei wurde eine Studie nur dann<br />

einem Land zugeordnet, wenn alle Autoren aus demselben Land stammten. Die<br />

Ergebnisse wurden zu Bevölkerungsgröße, Bruttoinlandsprodukt (BIP) und den Ausgaben<br />

für Gesundheit ins Verhältnis gesetzt.<br />

Ergebnisse:<br />

Insgesamt wurden 1.099 klinische Studien aus 45 Ländern analysiert. 191 Studien waren<br />

multinational, 55 unklarer Herkunft. Die meisten Studien stammten aus den USA (27%),<br />

gefolgt von UK (7%) und Deutschland (5%). Bezogen auf die Bevölkerungsgröße wurden<br />

die meisten Studien in skandinavischen Ländern durchgeführt (Finnland 3,4; Island 3,2;<br />

Schweden 2,3 Studien pro Mio. Einwohner). Deutschland folgt an 17. Stelle (0,6). Bei<br />

Berücksichtigung des BIP führt Finnland (101 Studien pro 1 Bio. Intl. $ BIP), gefolgt von<br />

Island (83) und Neuseeland (69). Deutschland folgt an 19. Stelle. Werden Ausgaben für<br />

Gesundheit berücksichtigt, führt Finnland (1,2 Studien pro Mrd. Intl. $<br />

Gesundheitsausgaben) vor Bulgarien (0,9) und Island (0,9). Deutschland liegt an 21.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 53


Stelle (0,2).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Der zahlenmäßige Beitrag, den Studien aus Deutschland zur Nutzenbewertung des<br />

IQWiG leisten, ist vergleichsweise gering. Anstrengungen zur Verbesserung der<br />

versorgungsrelevanten Forschung wären dringend erforderlich, um die Übertragbarkeit<br />

internationaler Ergebnisse auf die deutsche Versorgungssituation vergleichen und prüfen<br />

zu können und einen international gleichwertigen Beitrag zum versorgungsrelevanten<br />

Wissen leisten zu können.<br />

III/1e Eine Übersicht zu Methoden der Aktualisierung evidenzbasierter<br />

Informationsprodukte<br />

Tracy Slanger 1 , Marco Knelangen 1 , Hilda Bastian 1<br />

1 IQWiG, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Evidenzbasierte Informationsprodukte wie HTA-Berichte, klinische Leitlinien,<br />

systematische Übersichten und Patienteninformationen müssen regelmäßig aktualisiert<br />

werden, damit sie inhaltlich korrekt bleiben. Um den Arbeitsaufwand zu reduzieren und<br />

die Informationen auf einem aktuellen Stand zu halten, ist es unerlässlich, effiziente und<br />

standardisierte Aktualisierungsmethoden zu entwickeln. Das Ressort<br />

Gesundheitsinformation des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im<br />

Gesundheitswesen (IQWiG) hat eine Übersicht erstellt, um die empirische Evidenz zu<br />

Aktualisierungsmethoden für verschiedene Arten evidenzbasierter Informationsprodukte<br />

zu identifizieren.<br />

Material/Methoden:<br />

Im Juli 2010 wurde eine Literaturrecherche im Cochrane Methodology Register<br />

durchgeführt und die Ergebnisse IQWiG-interne Literaturscreenings zu methodischen<br />

Entwicklungen wurden gesichtet. Von 352 potenziell relevanten Publikationen wurden 60<br />

Volltexte beschafft. Nach einem weiteren Filterprozess wurden insgesamt 34<br />

Publikationen als relevant eingestuft. Um einen Überblick zu gewinnen und<br />

Informationslücken aufzudecken, wurde die Literatur in sieben Subgruppen kategorisiert,<br />

welche die wesentlichen Phasen des Aktualisierungsprozesses darstellen: Zeitplanung,<br />

Feststellung des Aktualisierungsbedarfs, Definition / Neudefinition der Fragestellung,<br />

Literaturrecherche, Vorgehen nach der Informationsbeschaffung, Einarbeitung neuer<br />

Informationen und Darstellung des Aktualisierungsstatus des Produktes.<br />

Ergebnisse:<br />

Die meisten Studien beschäftigten sich mit der Zeitplanung (n=15) und der Feststellung<br />

des Aktualisierungsbedarfs (n=25). Auch gab es einige Arbeiten zur Definition /<br />

Neudefinition der Fragestellung (n=9). Den anderen fünf Phasen konnten jeweils nur zwei<br />

bis fünf Studien zugeordnet werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Studien zur Zeitplanung und zur Feststellung des Aktualisierungsbedarfs werden<br />

diskutiert. Insgesamt ist die empirische Evidenz zu Aktualisierungsmethoden von<br />

evidenzbasierten Informationsprodukten relativ begrenzt, besonders in den Bereichen<br />

Literaturrecherche, Vorgehen nach der Informationsbeschaffung, Einarbeitung neuer<br />

Informationen und der Darstellung des Aktualisierungsstatus.<br />

Analysen & Interventionen<br />

III/2a Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU) zur Behandlung des<br />

Prostatakarzinoms: eine systematische Übersicht<br />

Marisa Warmuth 1 , Tim Johansson 2<br />

1 Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment, Wien, Österreich<br />

2 Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 54


Hintergrund:<br />

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung von Männern in der Europäischen Union<br />

[1]. Konventionelle Therapieoptionen umfassen die chirurgische Therapie, die<br />

Strahlentherapie, die Hormontherapie sowie die „Aktive Überwachung“, wobei die<br />

Auswahl einer geeigneten Therapie von verschiedenen Faktoren abhängig ist. HIFU ist<br />

eine neue, minimal-invasive Methode zur Behandlung des Prostatakarzinoms.<br />

Ziel der vorliegenden systematischen Übersichtsarbeit war es, die Wirksamkeit und<br />

Sicherheit von HIFU zur Behandlung des Prostatakarzinoms zu erheben.<br />

Material/Methoden:<br />

Wir führten eine systematische Literatursuche in mehreren Datenbanken, eine<br />

Internetsuche sowie eine Handsuche durch und kontaktierten die Hersteller der beiden<br />

kommerziell erhältlichen HIFU Geräte bezüglich weiterer Informationen. Die Suche wurde<br />

auf den Zeitraum 2000 bis 2010, Studien an Menschen sowie englisch- und<br />

deutschsprachige Literatur eingeschränkt.<br />

Wir inkludierten alle prospektiven Studien mit mehr als 50 Patienten, wenn diese den<br />

vordefinierten Einschlusskriterien entsprachen und beurteilten die Qualität der Evidenz<br />

anhand des GRADE Schemas.<br />

Ergebnisse:<br />

Wir identifizierten 20 unkontrollierte, prospektive Fallserien, in denen zwischen 58 und<br />

517 Patienten behandelt wurden. Insgesamt wurden 3.018 Patienten mit HIFU behandelt<br />

(Primärtherapie 93%, Sekundärtherapie 7%). Das biochemische krankheitsfreie<br />

Überleben betrug 78–84% nach 1 Jahr, 45–84% nach 5 Jahren und 69% nach 7 Jahren.<br />

Die negative Biopsierate betrug 86% nach 3 Monaten und 80% nach 15 Monaten. Die<br />

Gesamtüberlebensrate und krankheitsspezifische Überlebensrate betrugen 90% bzw.<br />

100% nach 5 Jahren und 83% bzw. 98% nach 8 Jahren. Unerwünschte Nebenwirkungen<br />

betrafen die ableitenden Harnwege (1–58%), die Potenz (1–77%), das Rektum (0–15%)<br />

sowie Schmerzen (1–6%). Die Erhebung der Lebensqualität führte zu kontroversiellen<br />

Ergebnissen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Evidenz zu Wirksamkeit und Sicherheit von HIFU stützt sich ausschließlich auf<br />

unkontrollierte Fallserien mit kurzen Nachbeobachtungsperioden. Die Qualität der<br />

vorhandenen Evidenz ist entsprechend dem GRADE Schema als sehr niedrig zu<br />

beurteilen.<br />

Literatur<br />

1. European Cancer Observatory – Cancer Fact Sheets. 2010 [cited 2010 Oktober 16].<br />

Available from: http://eu-cancer.iarc.fr/2-cancer-fact-sheets.html.en<br />

2. Warmuth M, Johansson, T. Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU) zur Behandlung<br />

des Prostatakarzinoms. Systematic Review. Decision Support Document Nr. 037. 2010.<br />

3. Warmuth M, Johansson T, Mad P. Systematic Review of the Efficacy and Safety of High-<br />

Intensity Focussed Ultrasound for the Primary and Salvage Treatment of Prosate Cancer.<br />

Eur Urol. In press.<br />

III/2b Kann die Angst von Patienten durch strukturierte Informationen während<br />

des Intensivstationsaufenthaltes gemindert werden? Eine multizentrische,<br />

randomisierte kontrollierte Studie (RCT)<br />

Annegret Horbach 1 , Steffen Fleischer 2 , Almuth Berg 2 , Johann Behrens 2 , Oliver<br />

Kuß 3 , Ralf Becker 4 , Thomas Neubert 5<br />

1<br />

Fb Soziale Arbeit und Gesundheit, FH Frankfurt am Main – University of Applied Sciences,<br />

Frankfurt; Sana Herzchirurgische Klinik Stuttgart GmbH, Stuttgart, Deutschland<br />

2<br />

Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale,<br />

Deutschland<br />

3<br />

Institut für <strong>Medizin</strong>ische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Universität Halle-Wittenberg,<br />

Halle/Saale, Deutschland<br />

4<br />

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Marburg, Deutschland<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 55


5 Kooperationsstudien Pflegedienst/Ärztlicher Dienst, Universitätsklinikum Gießen und Marburg<br />

GmbH, Marburg, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Vor dem Hintergrund kontroll- und pflegetheoretischer Konzepte wurde in einer<br />

multizentrischen randomisierten kontrollierten Studie die Vermittlung von Wissen<br />

aufgegriffen, um Patienten auf der Intensivstation eine situative Einordnung des<br />

Aufenthaltes und eine Vorhersage damit verbundener ungewohnter Ereignisse zu<br />

vereinfachen und empfundene Ängste zu mindern.<br />

Material/Methoden:<br />

Die Untersuchung wurde als prospektive multizentrische Studie (ClinicalTrials<br />

NCT00764933; Förderung: BMBF) in den Studienzentren Marburg, Halle und Stuttgart bei<br />

Patienten auf herzchirurgischen, allgemeinchirurgischen und internistischen<br />

Intensivstationen (ITS) durchgeführt.<br />

Die Studienteilnehmer wurden per Randomisierung einer von zwei Gruppen zugeteilt. Die<br />

Interventionsgruppe erhielt ein intensivstationsspezifisches Gespräch mit prozeduralen,<br />

sensorischen und Coping-Informationen. Mit den Patienten der Kontrollgruppe wurde ein<br />

Gespräch geführt, das keine intensivstationsspezifischen Informationen enthielt. Beide<br />

Interventionen fanden zu Beginn des ITS-Aufenthaltes statt und dauerten 10 Minuten.<br />

Ergebnisse:<br />

Insgesamt konnten 211 elektive und nicht-elektive Patienten (IG N=104 vs. KG N=107) in<br />

die Studie aufgenommen werden, die mindestens 24 Stunden auf der jeweiligen<br />

Intensivstation verbrachten: Herzchirurgie (N=102), Allgemeinchirurgie (N=41) und Innere<br />

<strong>Medizin</strong> (N=68).<br />

Weder für das primäre Outcome „Angst auf der Intensivstation“ noch für die sekundären<br />

Outcomes wie „Angst auf Normalstation“ und „postoperative Verwirrtheit“ konnte ein<br />

zusätzlicher Nutzen des strukturierten Informationsgesprächs gegenüber Gesprächen mit<br />

unspezifischen Inhalten nachgewiesen werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Entgegen der theoretischen Erwartung, wonach gezielte Information zu einer<br />

Angstreduktion führt, zeigte sich dieser Effekt nicht. Der Beitrag diskutiert in diesem<br />

Zusammenhang auch die retrospektive Erfassung von Erlebnisinhalten und emotionalen<br />

Zuständen und zeigt Implikationen für Forschung und Praxis auf.<br />

Literatur<br />

1. Fleischer S, Berg A, Neubert T, Koller M, Behrens J, Becker R, Horbach A, Radke J,<br />

Rothmund M, Kuss O. Structured information during the ICU stay to reduce anxiety: study<br />

protocol of a multicenter randomized controlled trial. Trials. 2009; 10(1):84.<br />

III/2c Integrative und Personalisierte Gesundheitsversorgung – die Sicht der<br />

Universität Witten/Herdecke<br />

Peter Heusser 1 , Edmund Neugebauer 2 , Christel Bienstein 3 , Max Geraetds 3 , Friedrich<br />

Edelhäuser 3 , Sebastian Krapp 3 , Hans Lipps 3 , Peter Matthiessen 3 , Bernd<br />

Rosslenbroich 1 , Wolfgang Schad 3 , Martin Schnell 3 , Stefan Wilm 3 , Kurt Zänker 3 ,<br />

Eckhart G. Hahn 3<br />

1 Universität Witten/Herdecke, Herdecke, Deutschland<br />

2 Universität Witten/Herdecke, Köln-Merheim, Deutschland<br />

3 Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke konzentriert ihre<br />

Forschungsaktivitäten im Forschungsschwerpunkt Integrative und Personalisierte<br />

Gesundheitsversorgung.<br />

Integrativ bedeutet im Hinblick auf eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung die<br />

sinnvolle Integration unterschiedlicher Disziplinen der <strong>Medizin</strong> unter Betonung der<br />

Arzt/Patienten-Beziehung, eines allseitigen Blicks auf den Patienten, einer<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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wissenschaftlichen Fundierung und einer interprofessionellen Arbeitsweise.<br />

Personalisierte <strong>Medizin</strong> (PM; auch <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong>) bezieht sich auf die<br />

therapeutische Nutzung individueller Variationen genetischer und molekularbiologischer<br />

Ausprägungsmerkmale. Durch die Verbindung mit der IM wird die PM im Sinne einer<br />

humanistischen Bedeutung erweitert, da Menschen als Personen nicht nur durch<br />

molekularbiologische Varianten, sondern umfassender als Individuen im<br />

Gesamtzusammenhang ihrer biologischen, psychologischen, geistigen, sozialen,<br />

ökonomischen, kulturellen und spirituellen Dimensionen verstanden werden können. Die<br />

Berücksichtigung des Persönlichen und Individuellen wird so als ein Kernelement einer<br />

modernen patientenzentrierten Gesundheitsversorgung verstanden.<br />

Der Ausdruck Gesundheitsversorgung verdeutlicht, dass der gewählte<br />

Forschungsschwerpunkt nicht nur das Vorbeugen, Erkennen und Behandeln von<br />

Krankheiten und Traumata, sondern auch die Förderung und Erhaltung von Gesundheit<br />

betrifft und neben den individuellen Perspektiven auch die Funktionalität von<br />

Gesundheitssystemen umfasst. Damit wird das gesamte Spektrum der<br />

Gesundheitsversorgung von der Gesundheitsförderung und Prävention über die kurative<br />

und rehabilitative bis zur palliativen Versorgung einbezogen. Auch die dazu notwendigen<br />

Formen des Zusammenwirkens der verschiedenen Gesundheitsberufe in einer<br />

zukünftigen Gesundheitsversorgung unter den Aspekten demographischen Wandels,<br />

ökonomischer Ressourcen und individueller Autonomie sind Gegenstand dieses<br />

Forschungsschwerpunktes.<br />

III/2d Priorisierung und Gewichtung von patientenrelevanten Endpunkten am<br />

Beispiel der chronischen Hepatitis C Therapie<br />

Axel Mühlbacher 1 , John Bridges 2 , Susanne Bethge 1 , Charalabos-Markos Dintsios 3 ,<br />

Anja Schwalm 3 , Matthias Nübling 4<br />

1<br />

Institut Gesundheitsökonomie und <strong>Medizin</strong>management, Neubrandenburg, Deutschland<br />

2<br />

Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, Baltimore, Vereinigte Staaten<br />

3<br />

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland<br />

4<br />

GEB: Gesellschaft für Empirische Beratung mbH, Denzlingen, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Gemäß SGB V und den Methoden des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im<br />

Gesundheitswesen (IQWiG) beziehen sich die patientenrelevanten Endpunkte (PRE) bei<br />

der (Kosten-)Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien auf Mortalität, Morbidität<br />

und gesundheitsbezogene Lebensqualität. In der Therapie der chronischen Hepatitis C<br />

scheinen unterschiedliche PRE eine wichtige Rolle zu spielen (z.B. Andauernde virale<br />

Antwort, unerwünschte Ereignisse, Patientenaufwand). Im Rahmen von<br />

gesundheitsökonomischen Evaluationen nach dem Effizienzgrenzkonzept ist wiederum<br />

eine endpunktspezifische Gewichtung wünschenswert. Um dies zu bewerkstelligen ist<br />

eine Gewichtung der jeweiligen Endpunkte durch Patienten von Interesse. Eine mögliche<br />

Vorgehensweise hierfür stellt die Conjoint Analyse dar, eine etablierte präferenzbasierte<br />

multikriterielle Erhebungsmethode.<br />

Material/Methoden:<br />

Alle relevanten Charakteristika der chronischen Hepatitis C Therapie wurden durch ein<br />

Literaturreview, Fokusgruppen und Experteninterviews identifiziert. Für die Conjoint<br />

Analyse wurden 7 Attribute mit jeweils 3 Ausprägungen ausgewählt. Die Inhalts-Validität<br />

wurde durch qualitative Erhebungen gewährleistet, um sicher zu gehen, dass das<br />

gesamte Spektrum der Präferenzen hinsichtlich der antiviralen Therapie repräsentiert<br />

wird. Alle Attribute wurden im Rahmen der durchgeführten Fokusgruppengespräche und<br />

Prätests mit Patienten und Experten für relevant befunden. Die Präferenzen zur<br />

Gewichtung von Endpunkten wurden im Rahmen eines Discrete Choice Experiments<br />

mittel Conjoint Analyse unter Verwendung eines orthogonalen Designs erhoben. Die<br />

befragten Patienten und Experten erhielten unterschiedliche Fragebogen. Die Ergebnisse<br />

wurden anhand eines Random Effects Logit Modells gewonnen.<br />

Ergebnisse:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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309 Patienten und 21 Experten haben die spezifischen Fragebögen ausgefüllt. Pateinten<br />

und Experten haben die entsprechenden Endpunkte in annähernd gleicher Reihenfolge<br />

priorisiert, aber unterschiedlich gewichtet. Die andauernde virale Antwort erhielt das<br />

größte Gewicht gefolgt von der Applikationshäufigkeit (Patienten) bzw. Therapiedauer<br />

(Experten), welche keinen Endpunkt im eigentlichen Sinn darstellt (p < 0,001).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Erhebung konnte zeigen, wie Conjoint Analyse zur empirischen Untermauerung der<br />

Gewichtung von patientenrelevanten Endpunkten eingesetzt werden kann. Die<br />

Ergebnisse können sowohl zur Endpunktgewichtung im Rahmen von (Kosten-<br />

)Nutzenbewertungen eingesetzt werden, als auch Anreize für neue<br />

Therapieentwicklungen bei chronischer Hepatitis C liefern.<br />

III/2e Individuelle Diagnostik: zum Zusatznutzen von Proteomanalysen zur<br />

Diagnose des Prostatakarzinoms<br />

Monika Nothacker 1 , Dana Rütters 1 , Susanne Weinbrenner 1 , Günter Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die gängigen Diagnoseverfahren für das Prostatakarzinom weisen eine ungenügende<br />

diagnostische Sicherheit auf. Insbesondere um bei erhöhtem PSA-Wert unnötige Biopsien<br />

zu vermeiden, werden spezifische Biomarker erforscht. Für die Diagnosesicherung wird<br />

bereits ein Biomarker-Urintest kommerziell angeboten. Zur Abschätzung des<br />

Karzinomrisikos wird eine Proteomanalyse mittels Kapillarelektrophorese gekoppelt mit<br />

einer Technik der Massenspektrometrie durchgeführt. Die Deutsche Gesellschaft für<br />

Urologie beauftragte das Ärztliche Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, eine systematische<br />

Literaturrecherche zu Proteomanalysen für die Diagnosesicherung des Prostatakarzinoms<br />

durchzuführen und zu bewerten, ob die Proteomanalyse mit der genannten Technik<br />

ausreichend validiert ist und einen Gewinn an diagnostischer Sicherheit bringt.<br />

Material/Methoden:<br />

Es erfolgte eine systematische Literaturrecherche in Medline und den Datenbanken der<br />

Cochrane Library bis 12/2009. Abstracts und Volltexte wurden nach prospektiv definierten<br />

Kriterien eingeschlossen. Volltexte wurden methodisch bewertet und in Evidenztabellen<br />

extrahiert. Die Ergebnisse wurden methodisch und inhaltlich diskutiert.<br />

Ergebnisse:<br />

6 Studien erfüllten die Ein- und Ausschlusskriterien. Nur eine dieser Studien war als<br />

Validierungsstudie einzustufen. In dieser wurde die genannte Technik der<br />

Kapillarelektrophorese eingesetzt. Sensitivität und Spezifität lagen bei 73% und 60%,<br />

durch Anwendung eines nicht evaluierten Nomogramms konnte eine Sensitivität von 90%<br />

und eine Spezifität von 61% erreicht werden. Die Studie wies methodische Mängel im<br />

Hinblick auf Probengewinnung und Auswertung auf. Weitere explorative Studien zu<br />

Urinproteomanalysen sowie 2 Studien zu Serumproteomanalysen zeigten eine höhere<br />

Sensitivität und Spezifität.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Urinproteomanalyse mittels Kapillarelektrophorese ist für den Einsatz in der klinischen<br />

Routine nicht als ausreichend gesichert einzustufen. Weitere Validierungsstudien sind<br />

erforderlich. Dabei sollten die verschiedenen Techniken der Proteomanalyse außer zu<br />

Testgüteparametern im Hinblick darauf vergleichend geprüft werden, ob die Anzahl<br />

unnötiger Biopsien zuverlässig gesenkt werden kann. Vor Marktzulassung sind generell<br />

methodisch hochwertige Validierungsstudien für diagnostische Tests zu fordern.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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Leitlinien I<br />

Poster<br />

P1a Die Adaptationsprozesse der NVL Kreuzschmerz<br />

Susann Conrad 1 , Susanne Weinbrenner 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die transparente Darstellung der Adaptationsprozesse zur Ableitung von Empfehlungen<br />

aus bereits bestehenden Leitlinien ist ein wichtiger methodischer Bestandteil der<br />

Leitlinienentwicklung. Neben der Abbildung dieser Prozesse soll diese Arbeit einen<br />

quantitativen und qualitativen Überblick über die Anwendung von Quell-Leitlinien in der<br />

NVL Kreuzschmerz geben.<br />

Material/Methoden:<br />

Nach einer systematischen Leitlinien-Recherche, der Sichtung anhand festgelegter Ein-<br />

und Ausschlusskriterien und der strukturierten methodischen Bewertung [1], entschied<br />

sich die Leitlinien-Gruppe für drei Quell-Leitlinien, die Grundlage für den<br />

Adaptationsprozess der NVL Kreuzschmerz waren. Die Empfehlungen der Quell-Leitlinien<br />

werden zur Diskussion in einer Synopse einander gegenübergestellt.<br />

Ergebnisse:<br />

Für die 9 zentralen Empfehlungen der NVL Kreuzschmerz wurden 2 Quell-Empfehlungen<br />

mit geringfügigen Modifikationen und 3 mit Ergänzungen übernommen. Für 1 davon war<br />

zuvor Einblick in die zitierte Primärliteratur notwendig. Die Formulierungen von 2<br />

Empfehlungen der Quell-Leitlinien wurden nach Sichtung der Primärliteratur verworfen.<br />

Statt dieser wurde je 1 Empfehlung als Expertenkonsens oder auf Basis von<br />

Expertenbeiträgen neu formuliert. Für 2 der verabschiedeten Empfehlungen gab es keine<br />

Vorlage (1 Expertenkonsens, 1 auf Basis von Expertenbeiträgen). Die Modifikationen<br />

waren zur Konkretisierung der klinischen Situation, zur Harmonisierung verschiedener<br />

Quell-Empfehlungen zu einer Fragestellung und zur Anpassung an die NVL-Formulierung<br />

notwendig. Für die Präsentation des Projektes ist die vollständige Darstellung der<br />

Adaptationschritte aller Empfehlungen der NVL Kreuzschmerz vorgesehen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Durch die Adaptation der Empfehlungen aus Quell-Leitlinien können vorhandene<br />

Ressourcen zur Leitlinienentwicklung genutzt werden. Es besteht auf nationaler Ebene<br />

zusätzlich die Möglichkeit, die Empfehlungen verschiedener Interessengruppen zu<br />

harmonisieren. Ein transparentes Vorgehen entsprechend der Kriterien der Domäne 8<br />

von DELBI ist notwendig. Es trägt neben der Qualitätssteigerung zu einem größeren<br />

Vertrauen in die Leitlinieninhalte und damit zur Unterstützung bei den<br />

Implementationsprozessen bei.<br />

Literatur<br />

1. Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ); Arbeitsgemeinschaft der<br />

Wissenschaftlichen <strong>Medizin</strong>ischen Fachgesellschaften (AWMF). <strong>Deutsches</strong> Instrument zur<br />

methodischen Leitlinien-Bewertung (DELBI). Fassung 2005/2006. Z Arztl Fortbild<br />

Qualitatssich. 2005;99(8):468-519.<br />

P1b Untersuchung der Entwicklungsprozesse der NVL „Kreuzschmerz“ und<br />

„Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter“ im Hinblick auf<br />

Barrieren für die Implementierung<br />

Susann Conrad 1 , Berit Meyerrose 1 , Beate Weikert 1 , Susanne Weinbrenner 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die systematische Aufarbeitung und Darlegung von Faktoren, welche die Umsetzung<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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einer Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) in die Praxis beeinflussen (Barrierenanalyse)<br />

ist noch kein eigenständiger Bestandteil der NVL-Methodik. Definierte Methodikbausteine<br />

tragen jedoch dazu bei, im Rahmen des Leitlinienerstellungsprozesses, Barrieren zu<br />

identifizieren. Dazu gehören die Erarbeitung des Abschnittes Versorgungskoordination,<br />

die Ableitung von Qualitätsindikatoren aus den starken Empfehlungen sowie ein externes<br />

Reviewverfahren (Konsultationsphase). Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über<br />

die Barrieren zur Implementierung beider NVL bieten.<br />

Material/Methoden:<br />

Als zugrundeliegendes Konstrukt dient die Übersicht von Cabana et al. [1], in der sieben<br />

Barrieren für die Leitlinienentwicklung identifiziert wurden. Die Texte der Kapitel<br />

„Versorgungskoordination“ beider NVL werden hinsichtlich Barrieren gesichtet. Im<br />

Rahmen der Qualitätsindikatorenableitung wurde der Expertenkreis gezielt um Angaben<br />

möglicher Implementationsbarrieren gebeten. Diese Einschätzungen, sowie die im<br />

Rahmen der offenen Konsultationsphase eingegangenen Kommentare werden per<br />

Inhaltsanalyse im Hinblick auf Barrieren kategorisiert.<br />

Ergebnisse:<br />

Während der Konsultationsphase werden überwiegend Einstellungsbarrieren<br />

„Interpretation der Evidenz“ und „Unvereinbarkeit mit bisherigen Überzeugungen“ sowie<br />

Verhaltensbarrieren durch die „Eigenschaften der Leitlinie“ erfasst. Bei der gezielten<br />

Befragung zu den Qualitätsindikatoren spielen eher Verhaltensbarrieren, wie<br />

„Unvereinbarkeit mit Patientenpräferenzen“ und „Ressourcenmangel“ aber auch<br />

Einstellungsbarrieren wie „Kostenineffektivität“ eine Rolle. Im Kapitel<br />

„Versorgungskoordination“ werden primär strukturelle Defizite und Fehlsteuerung durch<br />

Vergütungsanreize diskutiert.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die derzeitigen Möglichkeiten zur Erfassung von Implementationsbarrieren bei der NVL-<br />

Erstellung sind begrenzt. Dennoch wurden durch die verschiedenen Methodenelemente<br />

unterschiedliche Barrierenbereiche erfasst. Für eine systematische Analyse ist die<br />

Entwicklung weiterer methodischer Schritte zur gezielten Befragung der<br />

Leistungserbringer notwendig.<br />

Literatur<br />

1. Cabana MD, Rand CS, Powe NR, Wu AW, Wilson MH, Abboud PA, Rubin HR. Why don't<br />

physicians follow clinical practice guidelines? A framework for improvement. JAMA.<br />

1999;282(15):1458-65.<br />

P1c Empfehlungen zur Manuellen Therapie bei lumbalen Rückenschmerzen in<br />

klinischen Leitlinien – ein systematischer Review<br />

Johannes Grothues 1 , Jean-François Chenot 2<br />

1 HAWK Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim, Hildesheim, Deutschland<br />

2 Universitätsmedizin Göttingen, Abt. Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Manuelle Therapie (MT) ist eine verbreitete aber umstrittene Therapieoption bei<br />

Rückenschmerzen. Die vorliegende Arbeit hat das Ziel, die Empfehlungen für MT und<br />

deren Grundlage in klinischen Leitlinien zu untersuchen.<br />

Material/Methoden:<br />

Es wurde eine systematische Recherche nach Leitlinien bei Medline, PEDro, Chochrane<br />

Libary, in Datenbanken für Leitlinien und im World Wide Web durchgeführt. Die Suche<br />

beschränkte sich auf Leitlinien die ab 2001 veröffentlicht wurden. Die qualitative<br />

Bewertung der Leitlinien wurde anhand der deutschen Version des Appraisal of<br />

Guidelines for Research & Evaluation (AGREE) vorgenommen.<br />

Ergebnisse:<br />

Elf Leitlinien wurden in das Review eingeschlossen. Die Qualität der Leitlinien ist<br />

allgemein gut. Die meisten Leitlinien empfehlen MT für akute (acht von neun) und<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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chronische (fünf von sechs) LRS. Keine Leitlinie formuliert eine negative Empfehlung. Es<br />

fehlen jedoch spezifische Angaben zu Indikationen für MT. Den Empfehlungen werden<br />

überwiegend hohe Evidenzstärken zugeordnet. Die Stärke der Empfehlung ist in vielen<br />

Leitlinien für akute und chronische LRS schwach. Heterogene oder fehlende<br />

Klassifikationssysteme für die Evidenzstärke und die Empfehlungsstärke erschweren dem<br />

Nutzer die Hintergründe der Empfehlungen nachzuvollziehen. Die zitierten Quellen und<br />

der Umfang an verwendeter Literatur variiert zwischen den Leitlinien.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

MT ist bei Patienten mit akuten und chronischen LRS eine leitliniengerechte<br />

Therapieoption. Die Empfehlungen der Leitlinien sind aber sehr unspezifisch und bieten<br />

dem Nutzer nur eine geringe Unterstützung bei der klinischen Entscheidungsfindung.<br />

Forschung mit präzise definierter MT und definierten Subgruppen von Patienten die am<br />

ehesten von MT profitieren wird benötigt für spezifische Leitlinienempfehlungen.<br />

P1d Probleme der Zuordnung von Leitlinienempfehlungen zur Anlage 5 der<br />

Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSA-<br />

ÄndV) - DMP Koronare Herzkrankheit (KHK)<br />

Petra Lange 1 , Marcial Velasco Garrido 2 , Annette Zentner 2 , Dimitra Panteli 2 , Eva<br />

Höfer 1 , Wiebke Hoffmann-Eßer 1 , Ulrich Siering 1 , Alric Rüther 1 , Carmen Bartel 1<br />

1<br />

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland<br />

2<br />

Technische Universität, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Evidenzbasierte Leitlinien geben Empfehlungen zu Versorgungsaspekten einer<br />

Erkrankung. Diese Empfehlungen gelten als Versorgungsstandards. Sie werden in<br />

Leitliniensynopsen vom IQWiG zusammengefasst und beispielsweise zur Überprüfung<br />

eines Aktualisierungsbedarfs der Disease-Management-Programme (DMP) durch den G-<br />

BA genutzt.<br />

Material/Methoden:<br />

Am Beispiel der Leitliniensynopse zur Prüfung eines Aktualisierungsbedarfs des DMP<br />

KHK [1] werden Probleme der Zuordnung von Empfehlungen zu den Gliederungspunkten<br />

der Anlage 5 der 20. Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSA-ÄndV) [2] dargestellt.<br />

Ergebnisse:<br />

14 internationale Leitlinien zur Versorgung von Patienten mit KHK wurden identifiziert. Als<br />

herausfordernd erwies sich die Zuordnung von Empfehlungen, wenn die Therapie<br />

schnittstellenübergreifend (erst akutstationär/ dann ambulant) erfolgt. Dies betraf das<br />

akute Koronarsyndrom (ACS), dessen Behandlung nicht Gegenstand des DMP ist, aber<br />

zur Aufnahme ins DMP führen kann. Die im akutstationären Bereich begonnene Therapie,<br />

z.B. mit Thrombozytenaggregationshemmern, wird im DMP langfristig fortgesetzt.<br />

Empfehlungen für den akut-stationären Bereich wurden nicht in die Synopse<br />

aufgenommen, aber Empfehlungen zur langfristigen Therapie. Als schwierig erwies sich<br />

die Zuordnung der Empfehlung, wenn z.B. nur eine Angabe zu Art und Dosis des<br />

Medikaments, aber nicht zur Dauer der Therapie vorlag.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Nicht alle versorgungsrelevanten Empfehlungen lassen sich direkt den<br />

Gliederungspunkten der RSA-ÄndV zuordnen. Dies betrifft insbesondere die<br />

schnittstellenübergreifende Versorgung. Die Grenzen zwischen ambulanter und<br />

stationärer Behandlung, z. B. des ACS, sind nicht trennscharf. Daher sind nicht alle in den<br />

Leitlinien thematisierten Versorgungsaspekte der KHK vollständig im DMP KHK<br />

abgebildet.<br />

Literatur<br />

1. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Systematische<br />

Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion neuer und relevanter Empfehlungen<br />

für das DMP KHK (Vorbericht). 30.08.2010. Köln; IQWIG; 2010.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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2. Bundesministerium für Gesundheit. Zwanzigste Verordnung zur Änderung der<br />

Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (20. RSA-ÄndV). Bundesgesetzblatt. 2009;Teil 1(35):<br />

1542-1569.<br />

P1e Welcher potenzielle Aktualisierungs- bzw. Ergänzungsbedarf des Disease-<br />

Management-Programms (DMP) Koronare Herzerkrankung (KHK) lässt sich<br />

auf Basis aktueller KHK-Leitlinien ableiten?<br />

Petra Lange 1 , Marcial Velasco Garrido 2 , Annette Zentner 2 , Carmen Bartel 1 , Eva<br />

Höfer 1 , Wiebke Hoffmann-Eßer 1 , Dimitra Panteli 2 , Ulrich Siering 1 , Alric Rüther 1<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland<br />

2 Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Auf Basis aktueller Leitlinien für die Versorgung von Patienten mit KHK werden diejenigen<br />

Empfehlungen identifiziert und dargestellt, die für die inhaltliche Überarbeitung des DMP<br />

KHK von Bedeutung sein könnten.<br />

Material/Methoden:<br />

In Leitlinien- und bibliographischen Datenbanken erfolgte eine systematische Recherche<br />

nach KHK-Leitlinien. Wesentliche Einschlusskriterien waren der Publikationszeitraum (ab<br />

Juni 2007), die Publikationssprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) und die<br />

Evidenzbasierung der Leitlinie. Empfehlungen zu den Versorgungsaspekten des DMP<br />

KHK wurden extrahiert und zusammengefasst. Nach Abgleich mit den Vorgaben des<br />

DMP KHK wurden diejenigen Empfehlungen hervorgehoben, die mit einem hohem<br />

Empfehlungs- bzw. Evidenzgrad verknüpft waren und damit einen potenziellen<br />

Änderungs- bzw. Ergänzungsbedarf begründen.<br />

Ergebnisse:<br />

Insgesamt wurden 14 KHK Leitlinien eingeschlossen. Die Empfehlungen der Leitlinien<br />

stimmen mit den Vorgaben des DMP KHK weitgehend überein. Zahlreiche Aspekte sind<br />

in den Leitlinien jedoch detaillierter dargestellt.<br />

Potenzieller Änderungsbedarf besteht hinsichtlich der ausführlicheren Darstellung der<br />

prognostischen Faktoren arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus sowie der<br />

Spezifikation der Empfehlungen zur Ernährungsberatung, körperlichen Aktivität und<br />

Raucherberatung. Ebenso enthalten die Leitlinien Empfehlungen zur Schulung der<br />

Patienten sowie zur Influenzaimpfung, die nicht im DMP enthalten sind. Die<br />

medikamentöse Therapie der KHK ist in den Leitlinien deutlich facettenreicher dargestellt.<br />

Darüber hinaus könnte die Indikationsstellung zur Revaskularisierung unter bestimmten<br />

Voraussetzungen angepasst werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Durch den Abgleich zwischen den Leitlinien und dem DMP KHK konnte ein potenzieller<br />

Aktualisierungs- bzw. Ergänzungsbedarfs identifiziert werden. Allerdings kann über den<br />

notwendigen Detaillierungsgrad des DMP KHK diskutiert werden. Die Entscheidung über<br />

die Umsetzung des potenziellen Aktualisierungs- bzw. Ergänzungsbedarf im DMP KHK<br />

trifft der Gemeinsame Bundesausschuss.<br />

P1f Herausforderungen in der Nutzen- und Schadensbewertung bei Patienten<br />

mit therapierefraktärer oder rezidivierter Erkrankung – am Beispiel von<br />

Patienten mit Hodgkin Lymphom<br />

Melanie Messer 1 , Andrea Steinzen 1 , Christian Lerch 2 , Bernd Richter 2 , Annegret<br />

Herrmann-Frank 1<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland<br />

2 Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Review Group, Abteilung für Allgemeinmedizin,<br />

Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das IQWiG wurde beauftragt, eine Nutzenbewertung der allogenen<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 62


Stammzelltransplantation mit nicht verwandtem Spender bei Patienten mit Hodgkin<br />

Lymphom (HL) durchzuführen. Das Projekt war durch zwei Besonderheiten<br />

gekennzeichnet. Zum einen ist die untersuchte Intervention keine Standardtherapie und<br />

wird nur bei Patienten mit rezidivierten und therapierefraktärem HL eingesetzt. Zum<br />

anderen unterschieden sich die Patienten stark durch ihre Vorbehandlung und ihre<br />

individuell angepassten Transplantationsschemata und Begleitbehandlungen.<br />

Material/Methoden:<br />

Da eine Vorabrecherche ergeben hatte, dass wahrscheinlich keine RCTs zu erwarten<br />

waren, wurden in die systematische Literaturrecherche und -bewertung auch Studien<br />

niedrigerer Evidenzstufen einbezogen. Erfolgte die Darstellung innerhalb der Studien für<br />

die zu untersuchende Studienpopulation nicht getrennt, wurden die Studienautoren um<br />

differenzierte Angaben gebeten. Um den sehr heterogenen Patienten- und<br />

Transplantationscharakteristika entgegenzukommen und diese auch entsprechend<br />

beurteilen zu können, wurde zudem eine sehr umfassende Form der Datenextraktion<br />

gewählt.<br />

Ergebnisse:<br />

Aus den 3.918 gescreenten Treffern der systematischen Literaturrecherche konnten<br />

letztlich nur 8 nicht randomisierte Studien in die Nutzenbewertung eingeschlossen<br />

werden. Von den eingeschlossen Studien lieferten 5 eine vergleichende Darstellung,<br />

davon 4 als ungeplanter Vergleich. Die Studien bezogen sich lediglich auf den Vergleich<br />

der allogenen Stammzelltransplantation (alloSZT) mit einem nicht verwandten Spender<br />

gegenüber der Transplantation mit einem verwandten Spender. Das<br />

Verzerrungspotenzial aller eingeschlossenen Studien war – bereits designbedingt – hoch.<br />

Zu vielen Aspekten enthielten die Studien keine Aussagen, u.a. auch für unerwünschte<br />

Wirkungen und Komplikationen. Zusammengefasst ergab sich für diesen Vergleich kein<br />

Hinweis oder Beleg auf einen Zusatznutzen oder Schaden der alloSZT mit einem nicht<br />

verwandten Spender. Andere Vergleiche konnten nicht beurteilt werden, da dazu keine<br />

Studien identifiziert wurden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die gewählte Methodik erwies sich als aufwendig, aber hilfreich, um bei dieser sehr<br />

spezifischen Indikation Anhaltspunkte für mögliche Effekte zu identifizieren.<br />

Leitlinien II<br />

P2a „Mehr Freiheit wagen“ – ein Prozess der Zeit braucht? Prozessevaluation<br />

der Implementierung einer Praxisleitlinie zu freiheitseinschränkenden<br />

Maßnahmen in Alten- und Pflegeheimen<br />

Anja Gerlach 1 , Sascha Köpke 1 , Antonie Haut 2 , Gabriele Meyer 2 , Ingrid Mühlhauser 1<br />

1<br />

Universität Hamburg, MIN-Fakultät; Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland<br />

2<br />

Private Universität Witten/Herdecke gGmbH; Fakultät für Gesundheit; Department für<br />

Pflegewissenschaft, Witten, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Im Rahmen einer Cluster-randomisierten Studie zur Evaluation einer evidenzbasierten<br />

Praxisleitlinie zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) in der beruflichen<br />

Altenpflege wurde ein komplexes Interventionsprogramm entwickelt [1]. Die Intervention<br />

beinhaltet die Bereitstellung verschiedener Materialien: Leitlinie, Kurzversionen für<br />

Pflegende und Betreuer sowie Infoflyer für Angehörige. Weitere Komponenten sind<br />

Schulungsmodule für Multiplikatoren und Pflegende sowie die Unterstützung der<br />

Einrichtungen bei der Entwicklung individueller Strategien zur Vermeidung von FEM. Zur<br />

angemessenen Interpretation der Evaluation komplexer Interventionen ist eine genaue<br />

Analyse der Prozesse unverzichtbar. Hierzu wird in der aktuellen methodologischen<br />

Diskussion u.a. die Durchführung qualitativer Prozessevaluationen gefordert. Ziel dieser<br />

Untersuchung ist es, den Prozess im Umgang mit der Reduktion von FEM aus Sicht der<br />

beteiligten Pflegenden in den 18 Einrichtungen der Interventionsgruppe zu reflektieren.<br />

Material/Methoden:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 63


Um Situationsdeutungen, Handlungsmotive und Selbstinterpretationen der am Prozess<br />

Beteiligten differenziert zu erheben, wurden unmittelbar nach Beendigung der Clusterrandomisierten<br />

Studie problemzentrierte leitfadengestützte Einzelinterviews durchgeführt.<br />

Zu jedem Interview wurden ein Transkript, ein Postskriptprotokoll sowie ein<br />

Kurzfragebogen erstellt. Die Auswertung erfolgt in Anlehnung an die „Qualitative<br />

Inhaltsanalyse“.<br />

Ergebnisse:<br />

Es wurden 40 Interviews geführt, 18 mit Multiplikatoren und 22 mit Leitungskräften. In den<br />

ersten Analysen zeigen sich wichtige Aspekte, die eine erfolgreiche Implementierung<br />

fördern bzw. behindern. Diese lassen sich den folgenden vorläufigen Kategorien<br />

zuordnen: institutionelle Rahmenbedingungen, Wissen um Alternativen zu FEM und<br />

deren Verfügbarkeit, Handlungsstrategien im Kontext von FEM sowie Interaktionen<br />

innerhalb der Pflegeteams und Teamprozesse. Endgültige Ergebnisse werden auf der<br />

Jahrestagung vorgestellt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Prozessevaluation generiert Hinweise, für die Organisation und Gestaltung<br />

zukünftiger komplexer Interventionen zur Reduktion von FEM angesichts weiter<br />

bestehender ausgeprägter Praxisvariationen.<br />

Literatur<br />

1. Haut A, Köpke S, Gerlach A, Mühlhauser I, Haastert B, Meyer G. Evaluation of an<br />

evidence-based guidance on the reduction of physical restraints in nursing homes: a<br />

cluster-randomised controlled trial (ISRCTN34974819). BMC Geriatrics. 2009;9:42.<br />

P2b Soll-Sollte-Muss! Wie werden Formulierungen von Leitlinienempfehlungen<br />

von Ärzten verstanden? Ergebnisse einer Pilotstudie<br />

Alexander Nast 1 , Stefanie Rosumeck 1 , Birte Sporbeck 1 , Berthold Rzany 1<br />

1 Division of Evidence Based Medicine (dEBM), Klinik für Dermatologie, Allergologie und<br />

Venerologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Formulierungen für Leitlinienempfehlungen sind bisher in Deutschland wenig standardisiert.<br />

Diese Pilotstudie erfasst die empfundene Verbindlichkeit verschiedener<br />

Begriffe in Leitlinientexten durch Ärzte mit dem Ziel der Etablierung einer Methodik zur<br />

Generierung eines Sets von Standardformulierungen für alle deutschsprachigen<br />

Leitlinien.<br />

Material/Methoden:<br />

81 Ärzte wurden zur Online Umfrage eingeladen und mit 13 verschiedenen Formulierungen<br />

zu Therapieempfehlungen konfrontiert. Sie gaben die empfundene Verbindlichkeit<br />

der Empfehlung entsprechend einer visuellen Analogskala zwischen –50<br />

(maximale Empfehlung gegen die Handlung) und +50 (maximale Empfehlung für die<br />

Handlung) an. Zudem wurde die Verständlichkeit des Fragebogens evaluiert. Die<br />

deskriptive Auswertung erfolgte mit PASW Statistics 18.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Responserate lag bei 27,16% (n=22). Für die Formulierungen „soll nicht“ und „sollte<br />

nicht“ ergab sich ein Median von -30 [-39 bis -14] bzw. von -28,00 [-38 bis -13]) sowie für<br />

die von der AWMF empfohlenen Begriffe „soll“ und „sollte“ von 32 [27 bis 37] bzw. 21 [17<br />

bis 29]).<br />

Die Formulierungen „kann“ (Range: -37 bis 32) und „sollte nicht“ (Range: -50 bis 35)<br />

weisen eine starke Streuung auf. „Darf nicht“ und „muss“ (Median: -49 [-50 bis -41] vs. 50<br />

[46 bis 50]) hingegen werden sehr einheitlich interpretiert. 55% der Befragten empfanden<br />

den Fragebogen als sehr gut verständlich, 45% als gut verständlich<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Methodik der Online-Befragung erscheint für diese Untersuchung gut geeignet.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 64


Die Werte der idealen Leitlinienformulierung sollten eine möglichst geringe Streuung um<br />

den Mittelwert und keine Überlappung aufweisen.<br />

Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Begriffe sich zum Teil nicht genug<br />

unterscheiden, um eine allgemeingültige Handlungsanweisung auszulösen.<br />

Umfangreichere Untersuchungen an einem größeren Ärztekollektiv sind wünschenswert.<br />

P2c Interessenkonflikte in dermatologischen Leitlinien in Deutschland – ein<br />

Indikator für die Qualität?<br />

Birte Sporbeck 1 , Stefanie Rosumeck 1 , Berthold Rzany 1 , Alexander Nast 1<br />

1 Division of Evidence Based Medicine (dEBM), Klinik für Dermatologie, Allergologie und<br />

Venerologie, Charité Universitätsmedizin, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Bei der Erstellung medizinischer Leitlinien stellt der Umgang mit Interessenkonflikten eine<br />

besondere Herausforderung dar. Das Ziel dieser Arbeit ist eine Erfassung des Umgangs<br />

mit Interessenkonflikten und der Angaben zur Finanzierung von Leitlinien im Bereich der<br />

Dermatologie.<br />

Material/Methoden:<br />

Der Zugriff auf das Leitlinienregister der AWMF (www.awmf.de) erfolgte im Oktober 2010.<br />

38 gültige Leitlinien, an denen die DDG und der BVDD beteiligt waren, wurden<br />

systematisch mit den Instrumenten AGREE und AGREE II von 2 unabhängigen<br />

Gutachtern evaluiert. „Domäne 6“ der Instrumente umfasst Kriterien zur redaktionellen<br />

Unabhängigkeit von Leitlinien sowie zu Interessenkonflikten der Autoren. Gefordert<br />

werden hier die explizite Darlegung der Finanzierung der Leitlinie sowie die Bestätigung<br />

der inhaltlichen Unabhängigkeit (AGREE II). Finanzielle Verbindungen/Zuwendungen zu<br />

Firmen und Institutionen sollen angegeben werden. Ergeben sich hieraus<br />

Interessenkonflikte, wird die Darlegung eines Modus zum Umgang mit diesen gefordert.<br />

Ergebnisse:<br />

In lediglich 12 Leitlinien (32%) finden sich Angaben zur Finanzierung und/oder zur<br />

redaktionellen Unabhängigkeit. Mögliche Interessenkonflikte werden sogar nur in 7<br />

Leitlinien (18%) angegeben, eine Angabe zum Prozedere zur Vermeidung einer<br />

Beeinflussung der Leitlinien durch Interessenkonflikte fehlt in allen untersuchten Leitlinien.<br />

Bei diesen 38 Leitlinien ergibt sich ein durchschnittlicher Domänwert von 22% bei<br />

Verwendung von AGREE und von 17% bei AGREE II. Dies resultiert u.a. aus der hohen<br />

Anzahl an methodisch schlechteren S1-Leitlinien. Im Vergleich dazu erreichen alle vier<br />

S3-Leitlinien einen Domänwert von mindestens 50%.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

In den aktuellen Leitlinien sind die Angaben zu Interessenkonflikten unzureichend. Das<br />

neue Standardformular der AWMF bietet hier einen guten Ansatzpunkt zur Verbesserung<br />

der Dokumentation. Ziel der anschließenden Diskussion sollte ein aktives Management<br />

möglicher Interessenkonflikte und eine transparente Darlegung des Umgangs mit diesen<br />

sein.<br />

P2d Praxishilfen zu Leitlinien im Online-Portal „Arztbibliothek“<br />

Christiane Rothe 1 , Svenja Siegert 1 , Jacqueline Schirm 1 , Dana Rütters 1 , Monika<br />

Nothacker 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das Online-Wissensportal Arztbibliothek enthält im Bereich Leitlinien gültige S2- und S3-<br />

Leitlinien. Um Ärzte in der Anwendung von Leitlinien zu unterstützen, werden dazu<br />

Praxishilfen zur Verfügung gestellt. Das Angebot wird u.a. durch aufwändige<br />

Erschließung der Dokumente generiert. Ziel der vorliegenden Analyse ist, einen Überblick<br />

über die Praxishilfen zu geben und zu zeigen, wie diese genutzt werden.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 65


Material/Methoden:<br />

Es erfolgte eine quantitative Analyse und Kategorisierung der angebotenen Praxishilfen.<br />

Zusätzlich wurde untersucht, wie viele Praxishilfen Hinweise auf die Güte der zugrunde<br />

liegenden Evidenz gaben. Mit Hilfe des Statistik-Tools „e-Tracker“ wurde ermittelt, wie<br />

hoch die Zugriffszahlen für die Praxishilfen im Vergleich zur Nutzung der Leitlinien waren.<br />

Analysezeitraum war der 1. Januar bis 30. September 2010.<br />

Ergebnisse:<br />

Von 245 Leitlinien der Arztbibliothek waren zu 100 (41%) insgesamt 285 Praxishilfen<br />

zugeordnet : 50% Algorithmen und Graphiken,15% Informationen für Patienten (Leitlinien,<br />

Wartezimmerinformationen), 13,7% Übersichtstabellen, 8,% standardisierte<br />

Erhebungsdokumente, 7,7% Tisch- und Kitteltaschenversionen, 5,6% spezielle<br />

Produktinformationen/sonstige Informationen.<br />

Evidenz – oder Empfehlungsgrade fanden sich in 16 Praxishilfen zu S3-Leitlinien und in 1<br />

Praxishilfe einer S2-Leitlinie.<br />

Im Zeitraum wurden 71 Praxishilfen (25%) mit insgesamt 585 Downloads abgerufen. 65%<br />

der Abrufe erfolgte für Patienteninformationen (v.a. Wartezimmerinformationen), an 2.<br />

und 3. Stelle folgten Algorithmen/Graphiken (15%) und Kitteltaschenversionen (12 %).<br />

Der orientierende Vergleich des Abrufs von Leitlinien-Lang- bzw. -Kurzfassungen und<br />

Praxishilfen zeigte, dass Kurzfassungen und Wartezimmerinformationen am häufigsten<br />

genutzt wurden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Analyse zeigt das größte Interesse an leicht verständlichen kurzen<br />

Patienteninformationen. Aus welchen Gründen die am häufigsten verfügbaren Hilfen -<br />

Algorithmen und Graphiken - weit weniger genutzt werden, ist zu untersuchen. Ein<br />

Hinweis auf die zugrunde liegende Evidenz findet sich in Praxishilfen noch zu selten.<br />

P2e Systematische Leitlinienrecherche: Ist eine ergänzende Suche in<br />

bibliographischen Datenbanken notwendig?<br />

Ulrich Siering 1 , Carmen Bartel 1 , Eva Höfer 1 , Wiebke Hoffmann-Eßer 1 , Petra Lange 1 ,<br />

Michaela Eikermann 2 , Alric Rüther 1<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland<br />

2 Institut für Forschung in der Operativen <strong>Medizin</strong> (IFOM), Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Hochwertige Leitlinien sind eine wichtige Basis für die Entwicklung neuer Leitlinien, von<br />

Qualitätsindikatoren oder die Aktualisierung von Disease Management Programmen. Das<br />

Ressort Versorgungsqualität des IQWiG nutzt daher evidenzbasierte Leitlinien als eine<br />

Grundlage für seine Berichte.<br />

Eine systematische Leitlinienrecherche erfolgt im Internet in Leitliniendatenbanken, bei<br />

fachübergreifenden und fachspezifischen Leitlinienanbietern. Zu fragen ist, ob über eine<br />

ergänzende Recherche in bibliographischen Datenbanken zusätzliche evidenzbasierte<br />

Leitlinien identifiziert werden können.<br />

Material/Methoden:<br />

Im ersten Halbjahr 2010 erfolgte eine systematische Recherche nach Leitlinien zu 4<br />

Erkrankungen (Adipositas [ADI], Diabetes Typ 1 [DM1], Diabetes Typ 2 [DM2], Koronarer<br />

Herzkrankheit [KHK]) in Leitliniendatenbanken (G-I-N, NGC, AWMF), bei<br />

fachübergreifenden und fachspezifischen Leitlinienanbietern sowie in bibliographischen<br />

Datenbanken (Medline, EMBASE). Einschlusskriterien waren u. a. thematische Relevanz,<br />

Publikation ab 2005 (KHK ab Juni 2007) sowie die Veröffentlichung in Deutsch, Englisch<br />

oder Französisch. Für jede themenspezifische Leitlinie wurde unabhängig voneinander<br />

durch zwei Personen die Evidenzbasierung anhand der Kriterien systematische<br />

Recherche, Verknüpfung der Empfehlungen mit Literatur sowie Level of Evidence und /<br />

oder Grade of Recommendation geprüft.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 66


Ergebnisse:<br />

Insgesamt wurden 418 themenrelevante Leitlinien (ADI: 38; DM1: 158; DM2 168; KHK:<br />

54) identifiziert. 71 der themenrelevanten Leitlinien waren evidenzbasiert (ADI: 11; DM1:<br />

20; DM2 27; KHK: 13).<br />

Ausschließlich über bibliographische Datenbanken wurden 112 (26,8 %) der 418<br />

themenrelevanten Leitlinien identifiziert (ADI: 6; DM1: 48; DM2 39; KHK: 19) davon waren<br />

2 (0,5 %) evidenzbasiert (ADI: 0; DM1: 0; DM2 2 [eine Leitlinie zur Prävention, eine zur<br />

Behandlung diabetischer Ulzera]; KHK: 0).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Ergänzend zu einer Leitlinienrecherche im Internet konnten in bibliographischen<br />

Datenbanken nur für eine Erkrankung 2 zusätzliche evidenzbasierte Leitlinien identifiziert<br />

werden. Methodisch hochwertige Leitlinien werden nahezu vollständig in<br />

Leitliniendatenbanken gelistet. Eine ergänzende Recherche in bibliographischen<br />

Datenbanken bringt nur geringe Zusatzinformationen und muss daher nicht regelhaft<br />

erfolgen.<br />

P2f NVL Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter: Von der<br />

Studienevidenz zur Handlungsempfehlung – Was tun bei qualitativ<br />

heterogener Studienlage?<br />

Beate Weikert 1 , Susanne Weinbrenner 1 , Christoph Maier 2 , Günter Ollenschläger 1<br />

1<br />

ÄZQ, Berlin, Deutschland<br />

2<br />

Abteilung für Schmerztherapie, Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil<br />

GmbH, Bochum, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Anwender der Nationalen Versorgungs-Leitlinie "Neuropathie bei Diabetes im<br />

Erwachsenenalter" wünschen konkrete Handlungsempfehlungen zur Schmerztherapie bei<br />

Menschen mit diabetischer Polyneuropathie (DNP). Ziel dieser Arbeit ist es, die<br />

methodischen Probleme bei der Gewichtung der Evidenz zur medikamentösen<br />

Schmerztherapie bei DNP zu beschreiben und auf offene methodische Fragen<br />

hinzuweisen.<br />

Material/Methoden:<br />

Im Rahmen der Entwicklung des Kapitels zur medikamentösen Schmerztherapie bei DPN<br />

wurden folgende methodischen Schritte durchgeführt: 1) synoptische Gegenüberstellung<br />

der Empfehlungen aus den Referenzleitlinien, 2) zusätzliche systematische Recherche<br />

nach aggreggierter Evidenz und Primärliteratur, 3) umfangreiche Evidenzbewertung je<br />

Wirksubstanz, 4) Considered Judgement und Entwicklung eines klinischen<br />

Therapiealgorithmus sowie 5) formale Konsentierung der Empfehlungen.<br />

Ergebnisse:<br />

Aus insgesamt 1.383 Treffern der systematischen Literaturrecherche wurden 12 relevante<br />

systematische Übersichtsarbeiten und 33 kontrollierte klinische Studien berücksichtigt.<br />

Die Evidenzbewertung ergab folgende häufige methodische Limitationen der Studien: 1)<br />

niedrige Qualität der Einzelstudien, 2) kleine Fallzahlen, 3) gemischte<br />

Studienpopulationen ohne Subgruppenanalysen zu speziellen Schmerzformen und 4)<br />

Hinweise auf Publikationsbias. Nach kritischer Interpretation der Studienlage zeigte sich<br />

eine deutliche Diskrepanz in der methodischen Güte der Studien zwischen den bereits<br />

seit längerer Zeit zugelassenen Wirkstoffgruppen (trizyklische Antidepressiva, Opioide)<br />

und neueren Wirksubstanzen (Duloxetin, Pregabalin, Gabapentin), die eine Gewichtung<br />

der Studienergebnisse gegeneinander erschwerte.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Klinische Studien zeigen häufig relevante Unterschiede in ihrer methodischen<br />

Durchführung. Die Gründe dafür liegen aber nicht selten in einer zeitlichen<br />

Weiterentwicklung der klinischen Forschung. Die methodischen Anforderungen vor allem<br />

an Zulassungsstudien haben sich in den letzten Jahren zunehmend erweitert.<br />

Leitlinienentwickler müssen diese Unterschiede bei der Ergebnisinterpretation<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 67


erücksichtigen. Daher bleibt die Diskussion der Studienlage in einer breiten<br />

multidisziplinären Expertengruppe von besonderer Bedeutung.<br />

Versorgung / HTA<br />

P3a Onkologische Themen in HTA-Berichten des DIMDI<br />

Sunya-Lee Antoine 1 , Hildegard Bossmann 1<br />

1 <strong>Deutsches</strong> Institut für <strong>Medizin</strong>ische Dokumentation und Information, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Männer sterben am häufigsten<br />

an Lungenkrebs, Frauen an Brustkrebs. Prostata-Krebs und Brustkrebs zählen zu den<br />

häufigsten Krebsneuerkrankungen. Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebsneuerkrankung<br />

und auch zweithäufigste Krebstodesursache.<br />

Fragen zur zukünftigen Krebsversorgung und -vorsorge sind daher für die<br />

Gesundheitspolitik relevant. Um Entscheidungen treffen zu können, sind<br />

wissenschaftliche evidenzbasierte Informationen von großem Interesse. HTA-Berichte<br />

(HTA = Health Technology Assessment) der Deutschen Agentur für Health Technology<br />

Assessment (DAHTA) des Deutschen Institutes für <strong>Medizin</strong>siche Dokumentation und<br />

Information (DIMDI) stellen solche wichtigen Informationen dar. Die Effektivität, die<br />

Effizienz sowie ethische, soziale und rechtliche Auswirkungen einer<br />

gesundheitsrelevanten Maßnahme werden in einem HTA-Bericht gewertet.<br />

Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Bedeutung von<br />

Krebserkrankungen wurde untersucht, welche onkologische(n) Themen bisher in HTA-<br />

Berichten des DIMDI bearbeitet wurden und ob diese die epidemiologische Bedeutung<br />

widerspiegeln.<br />

Material/Methoden:<br />

In der DAHTA-Datenbank des DIMDI wird nach HTA-Berichten zu onkologischen Themen<br />

gesucht. Dabei werden nur die Berichte gewählt, die DIMDI erstellt hat. Berichte die nicht<br />

direkt mit einem onkologischen Krankheitsbild verknüpft werden können, werden<br />

ausgeschlossen (z.B. Tumor-Nekrose-Faktor zur Behandlung der rheumatoiden<br />

Arthritits). Die gefundenen Berichte werden den Kategorien Screening/Prävention,<br />

Diagnostik und Therapie zugeordnet.<br />

Ergebnisse:<br />

Von insgesamt 143 HTA-Berichten des DIMDI beschäftigen sich 17 mit onkologischen<br />

Themen. Dem Bereich Screening/Prävention werden sieben, dem Bereich Diagnostik<br />

sechs und vier dem Bereich Therapie zugeordnet.<br />

Neun Berichte behandeln frauenspezifische Erkrankungen (z.B. Mammakarzinom,<br />

Zervixkarzinom). In drei Berichten werden männerspezifische Erkrankungen bearbeitet<br />

(z.B. Prostatakarzinom). Weitere fünf HTA-Berichte thematisieren Krankheitsbilder, die<br />

beide Geschlechter betreffen (z.B. Hirnmetastasen, Dickdarmkrebs).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Auswahl der onkologischen Themen der HTA-Berichte spiegelt die epidemiologische<br />

Bedeutung wider. Die häufigsten Krebserkrankungen sind Thema von HTA-Berichten. Es<br />

gibt bisher keinen HTA-Bericht zum Lungenkrebs, der tödlichsten Krebsart. Die<br />

onkologischen Themen der HTA-Berichte sind größtenteils frauenspezifisch. Seltenere<br />

Tumore, wie Zervixkarzinom oder Hirnmetastasen werden wegen der gesellschaftlichen<br />

Bedeutung thematisiert.<br />

P3b Wissenschaftliche Evidenz für Gesundheits-Entscheidungen: HTA<br />

Britta Göhlen 1 , Hildegard Bossmann 2<br />

1 DIMDI, Köln, Deutschland<br />

2 DIMDI, Berlin, Deutschland<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 68


Hintergrund:<br />

Strukturierte und systematisch aufbereitete Informationen über gesundheitsrelevante<br />

Verfahren sind eine wichtige Basis für gesundheitspolitische Entscheidungen. Ergebnis<br />

der Aufbereitung wissenschaftlicher Evidenz ist ein Health Technology Assessment<br />

(HTA)-Bericht. Schwerpunkte der Assessments sind Prävention, Diagnostik und Pflege<br />

bis hin zu Behandlungsverfahren und Methoden. Neben dem gesundheitspolitischen und<br />

wissenschaflichen Hintergrund werden finanzielle, ethische, soziale, und rechtliche<br />

Gesichtspunkte untersucht. Daraus werden Handlungsempfehlungen abgeleitet.<br />

Material/Methoden:<br />

Themenvorschläge zu HTA-Berichten erhält das Deutschen Institut für <strong>Medizin</strong>ische<br />

Dokumentation und Information (DIMDI) durch die Öffentlichkeit. Über eine Internetseite<br />

können zu allen gesundheitsrelevanten Bereichen Fragen gestellt und Themen genannt<br />

werden. Auf Empfehlung des Kuratorium HTA wird das Thema in einem HTA-Bericht<br />

abgefasst. Dieser steht nach Fertigstellung kostenfrei online für die Öffentlichkeit zur<br />

Verfügung (http://www.dimdi.de; http://www.egms.de).<br />

Ergebnisse:<br />

In 2010 hat das DIMDI 13 neue HTA-Berichte veröffentlicht. Die Themen sind sehr<br />

vielfältig:<br />

� Burnout-Syndrom, Diagnose<br />

� Zervixkarzinomfrüherkennung<br />

� Zahnmedizin: Instrumentellen Funktionsanalyse<br />

� Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA)-Infektionen im<br />

Krankenhaus<br />

� Knieendoprothetik, Infektionsprophylaxe<br />

� ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)<br />

� Diabetesneuentstehung unter antihypertensiver Therapie<br />

� Invasive Heimbeatmung<br />

� Radiochirurgie von Meningeomen<br />

� Wachstumsfaktoren für die Behandlung chronischer Wunden<br />

� Immuntherapie zur Behandlung der allergischen Rhinitis<br />

� Vergleich ambulanter und stationärer Versorgung der pneumologischen<br />

Rehabilitation<br />

� Bewertungsinstrumente für die Studienqualität von Primär- und Sekundärstudien<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Themen der HTA-Berichte, die durch das DIMDI angeboten werden, sind sehr breit<br />

gefächert. Sie spieglen die Anliegen der Öffentlichkeit wider. Diese nimmt dadurch –<br />

wenn auch indirekt – Einfluss auf gesundheitspolitische Entscheidungen in Deutschland.<br />

Die Berichte werden für Empfehlungen herangezogen (z.B. Impfungen, Leitlinien). Ferner<br />

decken sie Lücken in der Forschung auf und dienen deren Steuerung.<br />

P3c HTA beim DIMDI: Wer schlägt die Themen vor?<br />

Felix Miedaner 1 , Zinira Sharipova 1 , Swetlana Frei 1 , Britta Göhlen 1<br />

1 DIMDI, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

In Health Technology Assessment (HTA)-Berichten des Deutschen Instituts für<br />

<strong>Medizin</strong>ische Dokumentation und Information (DIMDI) wird ein gesundheitsrelevantes<br />

Thema nach politischen, ökonomischen, ethischen, sozialen und juristischen<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 69


Gesichtspunkten bewertet.<br />

Themenvorschläge von interessierten Bürgern (Politikern, Ärzten, Forschern oder<br />

Patienten) werden in der Datenbank des DIMDI gesammelt. (www.dimdi.de → HTA →<br />

HTA-Programm)<br />

Es wird untersucht, von welchen Personengruppen das Angebot, ein Thema für einen<br />

HTA-Bericht vorzuschlagen, genutzt wird.<br />

Material/Methoden:<br />

Alle Themenvorschläge, die beim DIMDI bis 2010 in der Themendatenbank eingegangen<br />

sind, werden systematisch ausgewertet.<br />

Die eingebenden Personen sind vom DIMDI wie folgt gruppiert:<br />

Krankenkasse, Verband, Arzt, Pflege, Wissenschaft, Industrie, Patient,<br />

Unternehmensberatung, Sonstiges. In der Gruppe „Sonstiges“ sind alle Personen<br />

eingeschlossen, die keiner anderen Gruppe zugeordnet werden können.<br />

Die Ergebnisse werden prozentual angegeben.<br />

Ergebnisse:<br />

Bis 2009 wurden dem DIMDI insgesamt 121 Themen vorgeschlagen, pro Jahr ungefähr<br />

30 Themen. Die Anzahl der Vorschläge in den letzten fünf Jahren ist konstant.<br />

Bei Betrachtung der Personengruppen ergibt sich u.a. Folgendes:<br />

Die Gruppe „Wissenschaftler“ hat in jedem Jahr die meisten der Themen vorgeschlagen<br />

(insgesamt 52,89%).<br />

Die Gruppen „Pflege“ und „Unternehmensberatung“ haben die geringste Anzahl an<br />

vorgeschlagenen Themen (jeweils 1,65%).<br />

Es ist kein Anstieg oder Rückgang der Themenanzahl in den einzelnen Gruppen<br />

ersichtlich.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die konstante Anzahl der Themenvorschläge pro Jahr zeigt, dass das Angebot<br />

regelmäßig genutzt wird. Die überwiegende Anzahl der vorgeschlagenen Themen aus der<br />

Gruppe Wissenschaft kann bedeuten, dass diese Personen den Forschungsbedarf in den<br />

betreffenden Bereichen erkennen und diesen aktiv formulieren. Dass die<br />

Themendatenbank als Angebot in speziellen Personengruppen bekannter ist als in<br />

anderen und/oder die Nutzung für einige leichter ist als für andere. Dass die Einteilung<br />

der Personengruppen nicht trennscharf genug ist. Die Gruppen-Einteilung sollte überprüft<br />

und gegebenenfalls geändert werden.<br />

Auf Basis dieser Ergebnisse muss eine zielgruppengerechte Verbreitung des Angebots,<br />

Vorschläge für einen HTA-Bericht zu machen, erfolgen.<br />

P3d Evidenz aus Critical-Incident-Reporting-Systemen? Systematische<br />

Auswertung von Berichten aus CIRS-AINS zur Erkennung von Risiken bei<br />

der Verwendung von Perfusoren<br />

Julia Rohe 1 , Tina Dichtjar 2 , Andrea Sanguino 1 , Alexander Schleppers 2<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

2 Berufsverband Deutscher Anästhesisten e. V., Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und<br />

Intensivmedizin e. V., Nürnberg, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Critical-Incident-Reporting-Systeme (CIRS) ermöglichen es Mitarbeitern im<br />

Gesundheitswesen, anonym und sicher über sicherheitsrelevante Ereignisse in der<br />

<strong>Medizin</strong> zu berichten und andere aus diesen Berichten lernen zu lassen. In der<br />

Anästhesie existiert seit vielen Jahren ein solches CIRS (früher PaSOS, jetzt CIRS-<br />

AINS), welches derzeit 1430 Berichte umfasst. Neben den "CIRS-AINS Fällen des<br />

Monats", den "Alerts" und Sonderpublikationen wie "CIRS-AINS Spezial" sind deskriptive<br />

Auswertungen eine weitere Möglichkeit, die Informationen der Berichte verfügbar zu<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 70


machen. Die hier dargestellte Herangehensweise soll helfen, Risiken z.B. bei der<br />

Verwendung von Perfusoren systematisch zu erfassen und für Maßnahmen zur<br />

Verbesserung der Patientensicherheit nutzbar zu machen.<br />

Material/Methoden:<br />

Die Titel der 1430 Berichte des CIRS-AINS wurden mit Hilfe der Suchmaske bzgl. des<br />

Wortes „Perfusor“ durchsucht. Dabei fanden sich 48 Berichte. Diese wurden gemäß der 5<br />

Phasen des Medikationsprozesses nach MEDMARX [1] klassifiziert und zu<br />

Problemfeldern gruppiert.<br />

Ergebnisse:<br />

Innerhalb der 5 Phasen (A-E) konnten die 48 Berichte zu 12 Problemfeldern gruppiert<br />

werden.<br />

A. Verschreibung<br />

1. Ende der Gabe des Medikaments<br />

B. Dokumentation/Kommunikation<br />

2. Kommunikation der Verschreibung<br />

C. Ausgabe<br />

3. Vorbereitung der Perfusorspritze<br />

D. Gabe des Medikaments<br />

4. Programmierung/Beschriftung des Perfusors<br />

5. Konnektion der Infusionsleitung<br />

E. Monitoring/Laufender Betrieb<br />

6. Stromversorgung des Perfusors<br />

7. Alarme des Perfusors<br />

8. Wechsel der Perfusorspritze<br />

9. Infusionsleitungen sind technisch OK<br />

10. Perfusor läuft gemäß Verschreibung<br />

11. Perfusoren im MRT<br />

12. Perfusorhalterung<br />

Die Gruppen der Berichte umfassten je nach Problemfeld ein bis 7 Berichte und<br />

beleuchten unterschiedliche Aspekte innerhalb des Problemfelds.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Berichte in CIRS sind eine Möglichkeit den Erfahrungsschatz von Individuen anderen zur<br />

Verfügung zu stellen. Da jedoch nicht jedes sicherheitsrelevante Ereignis berichtet wird,<br />

kann die Repräsentativität der Daten nicht vorausgesetzt werden. Die hier dargestellte<br />

Methode zur Identifikation von Problemfeldern im Rahmen des Medikationsprozesses<br />

kann jedoch dazu dienen, aus der Summation individueller Evidenz spezifische Risiken<br />

zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Risiken zu eliminieren oder zu<br />

verringern.<br />

Literatur<br />

1. Hicks RW, Cousins DD, Williams RL. Selected medication-error data from USP's<br />

MEDMARX program for 2002. Am J Health Syst Pharm. 2004 May 15;61(10):993-1000.<br />

P3e Kosteneffektivität des HPV-basierten Primärscreenings in der<br />

Zervixkarzinomfrüherkennung in Deutschland. Eine Entscheidungsanalyse<br />

im Rahmen von HTA<br />

Gaby Sroczynski 1 , Petra Schnell-Inderst 1 , Nikolai Mühlberger 1 , Katharina Lang 2 ,<br />

Pamela Aidelsburger 2 , Jürgen Wasem 3 , Thomas Mittendorf 4 , Jutta Engel 5 , Peter<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 71


Hillemanns 6 , Karl-Ulrich Petry 7 , Alexander Krämer 8 , Uwe Siebert 1<br />

1<br />

Department of Public Health, Information Systems and Health Technology Assessment, UMIT -<br />

University for Health Sciences, Medical Informatics and Technology, Hall i. T., Österreich<br />

2<br />

CAREM GmbH, Sauerlach, Deutschland<br />

3<br />

Lehrstuhl für <strong>Medizin</strong>-Management, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland<br />

4<br />

Institut f. Gesundheitsökonomie, Universität Hannover, Deutschland<br />

5<br />

Tumorregister München des Tumorzentrums München, Institut für med. Informationsverarbeitung,<br />

Biometrie und Epidemiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland<br />

6<br />

Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, <strong>Medizin</strong>ische Hochschule Hannover, Deutschland<br />

7<br />

Frauenklinik, Klinikum der Stadt Wolfsburg, Akademisches Lehrkrankenhaus der <strong>Medizin</strong>ischen<br />

Hochschule Hannover, Deutschland<br />

8<br />

School of Public Health, Fakultät f. Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Der HPV-Test erzielte in Studien eine höhere Sensitivität jedoch geringere Spezifität als<br />

die aktuell eingesetzte Zytologie. Ziel dieses vom DIMDI in Auftrag gegebenen HTA ist<br />

eine systematische Evaluation der Langzeiteffektivität und Kosteneffektivität des HPVbasierten<br />

Zervixkarzinom-Primärscreenings in Deutschland.<br />

Material/Methoden:<br />

Es wurde ein Markov-Modell für den natürlichen Verlauf der Zervixkarzinomentwicklung<br />

für den Kontext des deutschen Gesundheitssystems entwickelt und validiert.<br />

Screeningstrategien mit Zytologie allein, HPV-Test allein, HPV-Test in Kombination mit<br />

Zytologie oder mit zytologischer Triage von HPV-positiven Frauen in unterschiedlichen<br />

Screeningintervallen wurden untersucht. In das Modell gingen deutsche<br />

epidemiologische, klinische und ökonomische Daten sowie Daten zur Testgüte aus<br />

internationalen Metaanalysen ein. Zielparameter der Analysen waren die Reduktion von<br />

Zervixkrebs/-mortalität, Restlebenserwartung und das diskontierte inkrementelle<br />

Kosteneffektivitätsverhältnis (IKEV). Die Kostenträgerperspektive wurde gewählt und 3%<br />

jährliche Diskontrate.<br />

Ergebnisse:<br />

HPV-basiertes Screening war effektiver als die Zytologie (71%–97% versus 53%–80%<br />

Zervixkrebsreduktion, je nach Screeningintervall). Die IKEV lagen zwischen 2.600<br />

Euro/Lebensjahr (LJ) (Zytologie allein ab 20J, 5J-Intervall) und 155.500 Euro/LJ (HPV-<br />

Screening ab 30J, Zytologie 20J–29J, 1J-Intervall). Jährliche Zytologie, wie in<br />

Deutschland empfohlen, wurde von HPV-Screening dominiert. HPV-Screening ab 30J<br />

(Zytologie 20J–29J) alle 2J war kostengünstiger und gleich effektiv. Die Erhöhung des<br />

Alters für den Screeningbeginn auf 25J hatte keinen relevanten Effektivitätsverlust zur<br />

Folge, reduzierte aber den Ressourcenverbrauch.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Basierend auf diesen Modellergebnissen ist das HPV-basierte Zervixkrebsscreening<br />

effektiver als die Zytologie und bei Screeningintervallen von zwei oder mehr Jahren als<br />

kosteneffektiv zu bewerten. Für den deutschen Kontext könnte ein HPV-Screening ab<br />

dem 30. LJ und Zytologie im Alter von 25J–29J jeweils im 2J-Intervall eine optimale<br />

Strategie sein. Längere Screeningintervalle könnten für Frauen ohne erhöhtes Risiko und<br />

regelmäßiger Screeningteilnahme bzw. im Fall einer Abnahme der HPV-Inzidenz in der<br />

Population um mehr als 70% sinnvoll sein.<br />

Literatur<br />

1. Cuzick J, Arbyn M, Sankaranarayanan R, Tsu V, Ronco G, Mayrand MH et al. Overview of<br />

human papillomavirus-based and other novel options for cervical cancer screening in<br />

developed and developing countries. Vaccine. 2008 Aug 19;26(Suppl 10):K29-41.<br />

P3f Publikation der DIMDI-HTA-Berichte<br />

Elisabeth Giesenhagen 1 , Hildegard Bossmann 1<br />

1 DIMDI, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 72


Die wissenschaftliche Bewertung eines Themas zur Gesundheit wird in HTA-Berichten<br />

(HTA = Health Technology Assessment) dargelegt. Die HTA-Berichte des DIMDI<br />

(<strong>Deutsches</strong> Institut für <strong>Medizin</strong>ische Dokumentation und Information) werden in einer<br />

Datenbank seit 2001 öffentlich zur Verfügung gestellt. Des Weiteren werden sie seit 2005<br />

bei German Medical Science (GMS) im eJournal GMS HTA und in der Rubrik<br />

Forschungsberichte als „Schriftenreihe HTA“ publiziert. Gründe für die<br />

Mehrfachpublikation werden untersucht.<br />

Material/Methoden:<br />

Die Publikation der Berichte in der Datenbank (http://www.dimdi.de/>HTA>HTA-Berichte<br />

suchen) und bei GMS (http://www.egms.de/) wird verglichen.<br />

Ergebnisse:<br />

Die elektronischen Publikationen stehen kostenlos zur Verfügung.<br />

In der Datenbank werden die HTA-Berichte des DIMDI sowie anderer nationaler und<br />

internationaler Institutionen vollständig publiziert (z. B. Institut für Wirtschaftlichkeit im<br />

Gesundheitswesen oder der Gesundheit Österreich GmbH). Es wird keine ISSN<br />

(International Standard Serial Number) vergeben.<br />

Bei GMS erscheinen nur die DIMDI-HTA-Berichte. Im eJournal GMS HTA werden die<br />

englische sowie die deutsche Zusammen- und Kurzfassung präsentiert; ein Link führt<br />

zum gesamten Bericht. Unter „Forschungsberichte“ erscheinen nur die Volltexte der<br />

DIMDI-HTA-Berichte.<br />

Zu den GMS-Publikationen ist der Zugang unbeschränkt (Inhalte sind ohne Registrierung<br />

und dauerhaft sowie kostenlos verfügbar); dies ist das Siegel des OpenAccess.<br />

Die Publikationen bei GMS erhalten eine ISSN. Diese ist verbindlich und dient der<br />

Identifikation von Publikationen Die ISSN wird mit den bibliografischen Angaben in der<br />

Deutschen Nationalbibliografie erfasst und ermöglicht eine kostenfreie weltweite<br />

Verbreitung.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Publikation in der Datenbank sowie die bei GMS bieten verschiedene Informationen.<br />

Die Angebote werden den Wünschen der Autoren und den Anforderungen der Nutzer<br />

gerecht. Eine weitere Untersuchung soll zeigen, welche Nutzer welchen Zugang (über<br />

DIMDI oder GMS) wählen.<br />

P3g A non-interventional, retrospective, cross-sectional study to assess EDSS<br />

specific costs and quality of life of patients with multiple sclerosis in<br />

Germany<br />

Katja Neidhardt 1 , Michael Lang 2 , Timo Wasmuth 1 , Korinna Karampampa 3 , Maria<br />

Hellmann 4 , Benjamin Eckert 5<br />

1<br />

Novartis Pharma GmbH, HE&OR, Nürnberg, Deutschland<br />

2<br />

Neurotransdata Study Group, Ulm, Deutschland<br />

3<br />

i3 Innovus, Stockholm, Schweden<br />

4<br />

i3 Innovus, Berlin, Deutschland<br />

5<br />

Novartis Pharma AG, Basel, Schweiz<br />

Background:<br />

Multiple sclerosis (MS) is the most common non-traumatic cause of neurologic disability<br />

affecting young adults and is linked to high direct and indirect costs. While cost of illness<br />

studies have been carried out in the prior decade, detailed cost data specific to Expanded<br />

Disability Status Scale (EDSS) levels is limited in Germany. Such data are important for<br />

health economic assessment of new MS therapeutics.<br />

Material/methods:<br />

In this non-interventional, retrospective, cross-sectional study the following data was<br />

collected from patients: costs (in € for 2009) of MS from a societal and Third Party Payers’<br />

perspective as well as data on quality of life (utility weights based on EQ-5D). The data of<br />

244 adult patients from Germany was collected between May 2009 and October 2010<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 73


using questionnaires and was analyzed descriptively.<br />

Results:<br />

As EDSS increases, reflecting a higher level of disability caused by MS, costs from the<br />

societal as well as the payers’ perspective increased significantly whereas quality of life<br />

decreased. Detailed results are displayed in Table 1 (Tab. 1):<br />

Conclusion/implication:<br />

In MS, costs increase significantly in relation to EDSS from a societal and payers’<br />

perspective. MS also significantly impairs the quality of life of affected patients. The<br />

results of this study provide an important update to the literature in an era of more<br />

widespread use of MS disease modifying treatments. The results can be used to better<br />

understand cost-effectiveness of various treatment alternatives in MS from the German<br />

perspective.<br />

Table 1<br />

P3h Einführung eines Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose: eine<br />

Modellierung der diagnostischen und ökonomischen Auswirkungen<br />

Andrej Rasch 1 , Matthias Perleth 1<br />

1 Gemeinsamer Bundesausschuss, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Ein Standard-Screening aller Neugeborenen auf Mukoviszidose wird in Deutschland<br />

derzeit nicht durchgeführt, jedoch wird dessen Einführung seit einiger Zeit diskutiert. Die<br />

Zielsetzung der Untersuchung ist, die kurzfristigen diagnostischen und ökonomischen<br />

Auswirkungen der Einführung eines solchen Screenings zu modellieren.<br />

Material/Methoden:<br />

Die im Vorfeld durchgeführte systematische Literaturrecherche ergab Hinweise, dass eine<br />

Kombination von IRT- und DNA-Test mit der abschließenden Diagnostik durch einen<br />

Schweißtest die höchste Sensitivität und Spezifität ergibt. Es wurden drei alternative<br />

Variationen dieser Screening-Strategie als Entscheidungsmodell simuliert. Die für das<br />

Screening relevante Kohorte umfasst alle jährlich Neugeborenen in Deutschland im Jahr<br />

2008.<br />

Ergebnisse:<br />

Die modellierten Screening-Strategien zeigen einen vergleichbaren diagnostischen Ertrag<br />

(171 bis 175 CF-Fälle pro Jahr) mit Tendenz einer leicht höheren Sensitivität und einer<br />

kürzeren Diagnosedauer der Strategie „IRT-DNA mit Failsafe“. Diese Alternative weist im<br />

Vergleich zu anderen eine niedrigere Gesamtzahl Screening-bedingter Besuche auf,<br />

während die Anzahl der erforderlichen Schweißtests deutlich höher ist. Die Anzahl der<br />

durch das Screening zusätzlich vermiedenen Fälle extrem niedriger Körpergröße (37-38<br />

Fälle) bzw. Körpergewichts (13-14 Fälle) ist in allen Strategien vergleichbar. Die<br />

inkrementellen Diagnosekosten (abzüglich der diagnostischen Kosten für die Situation<br />

ohne Screening) liegen zwischen 1,13 und 1,16 Mio. EUR jährlich. Nach drei Jahren ist<br />

von einem nahezu neutralen Effekt des Screenings pro Kohorte hinsichtlich der<br />

kumulierten Diagnose- und Behandlungskosten auszugehen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Alle Screening-Strategien führen zu einer deutlichen Verkürzung des<br />

Diagnosezeitpunktes bei einem überschaubaren finanziellen Aufwand. Die Ergebnisse<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 74


der Untersuchung erweitern die Diskussionsgrundlage zur Einführung eines Screening<br />

auf Mukoviszidose in Deutschland.<br />

Systematische Übersichtsarbeiten<br />

P4a <strong>Individualisierte</strong> Therapie in der Onkologie: eine systematische Recherche<br />

zur Studienlage bei akuten Leukämien<br />

Annegret Herrmann-Frank 1 , Sigrid Droste 1<br />

1 IQWiG, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die akuten Leukämien<br />

unterteilen sich in 2 große Gruppen: akute lymphatische (ALL) und<br />

akute myeloische Leukämie (AML). Sowohl die ALL als auch die AML stellen keine<br />

einheitlichen Krankheitsbilder dar. Sie unterteilen sich in weitere Subgruppen, die sich<br />

im<br />

Hinblick auf Krankheitsverlauf und Heilungschancen unterscheiden. Zahlreiche<br />

Studienvorhaben verfolgen daher das Ziel einer individualisierten Therapie, die auf<br />

die<br />

unterschiedlichen Tumoreigenschaften der Subgruppen ausgerichtet ist. Ziel des<br />

vorliegenden Projektes war es zu recherchieren, welchen Stellenwert randomisierte<br />

kontrollierte Studien (RCT) bei der Entwicklung von individualisierten Therapiekonzepten<br />

bei akuten Leukämien einnehmen.<br />

Material/Methoden:<br />

Es erfolgte eine systematische<br />

Recherche in den Datenbanken MEDLINE, Embase und<br />

CENTRAL (10/2010). Zur Erfassung der Zielintervention wurden die Begriffe<br />

"Individualized Medicine", "Personalized Medicine", "Pharmacogenetics",<br />

"Pharmacogenomics", "Gene Expression Profiling" sowie "Monoclonal Antibodies"<br />

(ergänzt durch verschiedene monoklonale Antikörper) als Schlagworte und / oder Freitext<br />

eingesetzt. Das Rechercheergebnis wurde um Dubletten bereinigt und einem Screening<br />

nach vordefinierten Ein- und Ausschlusskriterien unterzogen.<br />

Ergebnisse:<br />

Die systematische<br />

Literaturrecherche ergab 627 Treffer, die im Rahmen eines Titel- und<br />

Abstractscreenings klassifiziert wurden. Mehr als 30% der Publikationen waren der<br />

Antikörpertherapie zuzuordnen. Insgesamt wurden 11 RCTs (14 Publikationen)<br />

identifiziert, die ein individualisiertes Therapiekonzept untersuchten, davon 6 Studien<br />

zur<br />

Antikörpertherapie. Die anderen 5 Studien untersuchten Induktionsregime, in denen die<br />

Dosis der eingesetzten Zytostatika individuell angepasst wurde. 1 Studie war auf die<br />

Behandlung therapierefraktärer Patienten ausgerichtet, in 1 Studie wurden ausschließlich<br />

Kinder und Jugendliche behandelt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Wie die vorliegende Literatur zeigt, können<br />

Konzepte zur individualisierten Therapie im<br />

Rahmen von Studien des höchsten Evidenzlevels, den RCTs, entwickelt und evaluiert<br />

werden. Bei der Indikation „Akute Leukämien“ bezieht sich die Individualisierung auf<br />

Subgruppen von Patienten, die sich hinsichtlich ihrer Tumoreigenschaften und ihres<br />

prognostischen Profils unterscheiden.<br />

P4b Die Sicherheit von Metamizol unter besonderer Berücksichtigung der<br />

s<br />

Blozik 1 , Klaus Linde 2 , Stephan Reichenbach 3 , Martin Scherer 1<br />

Agranulozytose: eine systematische Literaturübersicht. Vorstellung de<br />

Reviewprotokolls.<br />

Thomas Kötter 1 , Eva<br />

1 Institut für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland<br />

2 Institut für Allgemeinmedizin, TU München, München, Deutschland<br />

3 Institut für Sozial- und Präventivmedizin, Bern, Schweiz<br />

Hintergrund:<br />

Metamizol ist ein häufig eingesetztes Analgetikum [1]. Es ist in vielen Ländern erhältlich,<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 75


teilweise sogar rezeptfrei. In den USA und England wurde Metamizol jedoch wegen des<br />

Risikos schwerer unerwünschter Wirkungen (v.a. Agranulozytose [2]) vom Markt<br />

genommen. Wie hoch dieses Risiko ist, wurde bisher noch nicht ausreichend untersucht.<br />

Es existiert bisher keine systematische Sichtung und Kumulation von Literatur zur<br />

Abschätzung der Wahrscheinlichkeit schwerer unerwünschter Wirkungen wie der<br />

Agranulozytose. Angesichts der weitreichenden Konsequenzen für die klinische Praxis<br />

und die Zulassungsbehörden ist sie jedoch dringend erforderlich. Ziel dieser<br />

Untersuchung ist die Erstellung einer systematischen Literaturübersicht zur Sicherheit<br />

von<br />

Metamizol mit Schwerpunkt Agranulozytose.<br />

Material/Methoden:<br />

Wir werden mittels einer vorab entwickelten Suchstrategie die relevanten Datenbanken<br />

nach Literatur durchsuchen. Eingeschlossen werden randomisierte kontrollierte Studien,<br />

Beobachtungsstudien mit mindestens 100 Teilnehmern und pharmazeutische<br />

Registerdaten. Primäre Zielgröße ist das relative Risiko der Agranulozytose bei<br />

Metamizoleinnahme. Sekundäre Zielgrößen sind u. a. das absolute Risiko für schwere<br />

unerwünschte Wirkungen bei Metamizoleinnahme und das relative Risiko für schwere<br />

bzw. jedwede unerwünschte Wirkungen. Daten zu Studiendesign,<br />

Patientencharakteristika, unerwünschten Wirkungen, Outcome der Agranulozytose u.a.<br />

werden extrahiert werden. Die Ergebnisse der Einzelstudien werden mittels der Random-<br />

Effects-Metaanalyse gepoolt werden. Es wird der Einfluss von Confoundern wie z. B. der<br />

Finanzierungsquelle untersucht werden.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Ergebnisse dieser Literaturübersicht werden eine Abschätzung des Risiko/Nutzen-<br />

Verhältnisses für die Metamizoltherapie ermöglichen. Die Patientensicherheit wird erhöht,<br />

eine gezielte Ressourcenallokation gefördert.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Hauptschwierigkeit wird der Umgang mit Daten aus verschiedenen Studientypen sowie<br />

sich widersprechenden Daten sein. Daher wird die statistische Analyse primär getrennt<br />

nach den verschiedenen Studientypen durchgeführt werden. Die Zusammenfassung der<br />

Ergebnisse wird primär deskriptiv, nach Möglichkeit auch in Form explorativer<br />

metaanalytischer Auswertungen erfolgen.<br />

Literatur<br />

1. Dukes<br />

MNG. Meyler's side effects of drugs. 13th ed. Amsterdam: Elsevier; 1996.<br />

2. Pisciotta AV. Drug-induced agranulocytosis. Peripheral destruction of polymorphonuclear<br />

leukocytes and their marrow precursors. Blood Rev. 1990;4:226-37.<br />

P4c Nutzenbewertung des Neugeborenenscreenings auf Cystische Fibrose<br />

(Mukoviszidose) – ein systematischer Review<br />

Katja Matthias 1 , Matthias Perleth 1 , Hilke Bertelsman<br />

1 Gemeinsamer Bundesausschuss, Berlin, Deutschland<br />

2 Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die Mukoviszidose<br />

ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung der exokrinen<br />

Drüsen, die vor allem die weiße Bevölkerung betrifft. Bei Neugeborenen der<br />

kaukasischen Rasse in Europa ist etwa 1 von 2.000–3.000 Kindern betroffen.<br />

Eine<br />

heilende Therapie liegt derzeit nicht vor. Allerdings können die Symptome durch<br />

verschiedene Therapieansätze verbessert oder gelindert werden, sodass die<br />

Lebenserwartung kontinuierlich steigt. Fraglich ist, ob ein Screening aller Neugeborenen<br />

auf Mukoviszidose das Ziel erreichen kann, durch ein frühzeitige Behandlung den<br />

Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.<br />

Material/Methoden:<br />

Es erfolgte die Erstellung eines systematischen Reviews der wissenschaftlichen Literatur<br />

zur Fragestellung: Haben Kinder, deren Mukoviszidose im Rahmen eines<br />

n 2<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 76


Neugeborenenscreenings in den ersten Wochen nach der Geburt diagnostiziert<br />

wurde,<br />

Vorteile im Hinblick auf ihre körperliche und geistige Entwicklung, ihren<br />

Gesundheitszustand und ihre Überlebenswahrscheinlichkeit im Vergleich zu Kindern,<br />

deren Mukoviszidose aufgrund von klinischen Symptomen außerhalb eines<br />

Neugeborenenscreenings diagnostiziert wurde?<br />

Die Literaturrecherche erfolgte in den Datenbanken<br />

Medline, EMBASE, Biosis und „Cystic<br />

Fibrosis Trials Register“. Zur Auswertung gelangten 7 kontrollierte Studien, davon 2 RCT,<br />

aus 37 Publikationen. Bezogen auf den patientenrelevanten Endpunkt Mortalität kann<br />

keine belastbare Aussage darüber gemacht werden, ob ein Neugeborenenscreening auf<br />

Mukoviszidose die Mortalität verringert. Vorteile zeigten sich zum Teil bei Variablen der<br />

körperlichen Entwicklung. Der Endpunkt Lungenfunktion war nicht abschließend<br />

beurteilbar.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Ergebnisse der Studien auf unterschiedlichen Evidenzstufen waren heterogen, eine<br />

Tendenz zu Therapie-positiven Studien bei geringerer interner Validität war nicht zu<br />

beobachten. Die Kohortenstudien stellten bei dieser Fragestellung eine wichtige<br />

Ergänzung zu den RCTs dar. Die Ergebnisse reflektieren auch die Veränderung<br />

relevanter Endpunkte über die Zeit.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die evidenzbasierte Aufarbeitung von Studien zu der Fragestellung „Nutzen eines<br />

Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose“ zeigt ein heterogenes Ergebnis. Obwohl<br />

zu diesem Thema bevölkerungsbezogene Screeningstudien vorliegen, erschwert die<br />

unterschiedliche Definition der Endpunkte und deren sich verändernde Relevanz eine<br />

abschließende Bewertung der Methode.<br />

P4d Gesundheitsbezogene Lebensqualität in Studien zur Behandlung des<br />

lokalisierten Prostatakarzinoms – eine systematische Übersicht<br />

Frank Peinemann 1 , Ulrich Grouven 1 , Yvonne-Beatrice Schüler 1 , Stefan S<br />

1<br />

IQWiG, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

auerland 1<br />

Die niedrig dosierte<br />

permanente LDR-Brachytherapie ist bei der Behandlung des<br />

lokalisierten Prostatakarzinoms eine Alternative zu radikaler Prostatektomie, perkutaner<br />

Strahlentherapie und kontrolliertem Abwarten. Ergebnisse zur gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität (HRQOL) sowie zu krankheitsspezifischen Symptomen können einen<br />

Einfluss auf die Therapieentscheidung haben. Das Ziel der Untersuchung war die<br />

Evaluation der Häufigkeit und Qualität der Studien, in denen Ergebnisse zur HRQOL<br />

oder<br />

zu Symptomskalen berichtet wurden.<br />

Material/Methoden:<br />

In MEDLINE, EMBASE und<br />

Cochrane Library wurden systematisch randomisierte und<br />

nicht randomisierte Studien gesucht. Kriterien für den Einschluss waren validierte<br />

Erhebungsinstrumente, mindestens 70% zurück gemeldete Fragebogen, mindestens<br />

80%<br />

Anteil der Daten von Patienten mit relevanter Diagnose und Therapie. Die Baselinedaten<br />

sollten zwischen den Behandlungsgruppen gleichverteilt oder die statistische Analyse<br />

sollte nach den entsprechenden Einflussgrößen adjustiert sein.<br />

Ergebnisse:<br />

Ergebnisse der HRQOL-<br />

und der Symptomskalen wurden in 1 randomisierten und in 52%<br />

(32 von 61) der nicht randomisierten potenziell relevanten Studien eines Pools von 1.252<br />

Treffern identifiziert. In 16 Studien waren die Baselinedaten nicht gleichverteilt oder nicht<br />

adjustiert. In 4 weiteren Studien war ein Rücklauf von unter 70% Grund für den<br />

Ausschluss und in 5 Studien waren Vergleichsbehandlung oder Zielgröße nicht getrennt<br />

dargestellt. Somit konnten 23% (7 von 31 Studien) der Studien in die Evaluierung<br />

einbezogen werden. In diesen 7 Studien wurden 8 Skalen untersucht.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 77


Aufgrund ihrer geringen methodischen Qualität konnten nur wenige Studien einbezogen<br />

werden. Der fehlende Konsens über die idealen HRQOL- beziehungsweise<br />

Symptomskalen erschwert die Gesamtbewertung klinischer Studien in der Urologie.<br />

Datenerhebung oder -darstellung erlaubten es in den meisten Fällen nicht,<br />

Behandlungsunterschiede zu analysieren.<br />

P4e Geschlechtsspezifische Unterschiede<br />

in Wirksamkeit und Sicherheit<br />

medikamentöser Behandlungen: ein Umbrella Review<br />

Michaela Strobelberger 1 , Kylie Thaler 2 , Gerald Gartlehner 2<br />

1 Donau Universität Krems, Österreich<br />

2 Donau Universität Krems, Österreich<br />

Hintergrund:<br />

Epidemiologische Studien belegen Unterschiede in Inzidenz, Risiko und Prognose von<br />

Erkrankungen zwischen Männern und Frauen. Ob geschlechtsspezifische Unterschiede<br />

einen Einfluss auf die Wirksamkeit und Sicherheit medikamentöser Behandlungen haben,<br />

ist aber weniger klar. Das Ziel unseres Umbrella Reviews war es festzustellen, ob klinisch<br />

relevante Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf Nutzen und Schaden<br />

häufig verordneter Medikamente vorhanden sind.<br />

Material/Methoden:<br />

Basis unseres Umbrella Reviews waren<br />

alle verfügbaren systematischen Reviews des<br />

Oregon Drug Effectiveness Review Project (DERP) zu insgesamt 35<br />

Medikamentenklassen. Zwei Personen durchsichteten unabhängig voneinander alle<br />

Reviews um relevante Studien zu identifizieren. Daten bezüglich Effektmodifikation durch<br />

Geschlecht wurden dual extrahiert. Wir fassten die vorhandene Evidenz für jede<br />

Medikamentenklasse in Evidenzprofilen zusammen und beurteilten die Qualität der<br />

Evidenz nach GRADE (Grading of Recommendations Assessment, Development, and<br />

Evaluation) Kriterien.<br />

Ergebnisse:<br />

Unsere Ergebnisse<br />

basieren auf 59 für die Fragestellung relevanten Studien und<br />

umfassen mehr als 250.000 PatientInnen. Diese Studien zeigen, dass für die Mehrheit<br />

der 35 eingeschlossenen Medikamentenklassen kein Unterschied in Bezug auf<br />

Wirksamkeit und Sicherheit zwischen Männern und Frauen besteht.<br />

Es zeigten sich jedoch drei wichtige klinische Ausnahmen: Frauen zeigten<br />

eine geringere<br />

Response-Rate bei Antiemetika (45% vs. 58%; RR: 1.49, 95% CI 1.35–1.64) und brachen<br />

die Einnahme von Lovostatin aufgrund von Nebenwirkungen häufiger ab als Männer<br />

(3.2%–3.7% vs. 0.1%–0.9%). Bei Männern kam es durch die Einnahme von Paroxetine<br />

zur Behandlung von Depression häufiger zu sexueller Dysfunktion als bei Frauen.<br />

Für zahlreiche Medikamente war die vorhandene Evidenz jedoch fehlend oder<br />

unzureichend, um klare Aussagen über geschlechtsspezifische Unterschiede treffen<br />

zu<br />

können.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die vorhandene Evidenz deutet darauf<br />

hin, dass Geschlecht, mit wenigen Ausnahmen,<br />

kein Faktor ist, der bei der Verschreibung von Medikamenten bedacht werden muss.<br />

Limitationen unserer Arbeit sind, dass sich nicht alle Medikamentenklassen in den DERP-<br />

Reporten finden und viele der dort eingeschlossenen Studien keine<br />

geschlechtsspezifischen Informationen beinhalten.<br />

P4f Ergänzende professionelle Unterstützungsmaßnahmen<br />

in der ambulanten<br />

agonistischen Substitutionstherapie Opiatabhängiger: ein systematischer<br />

Review<br />

1 2 2<br />

Yvonne Zens<br />

, Svenja Siegert , Susanne Weinbrenner<br />

1<br />

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln,<br />

Deutschland<br />

2<br />

Ärztliches Zent rum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 78


Hintergrund:<br />

Die ambulante agonistische<br />

Substitutionstherapie (AST) ist die häufigste angebotene<br />

Behandlung für Opiatabhängige.<br />

Uneinigkeit besteht hinsichtlich der mit ihr ergänzend<br />

anzubietenden Leistungen. Vor diesem Hintergrund sollte im vorliegenden Projekt der<br />

Nutzen zusätzlicher professioneller Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der<br />

ambulanten Standard-AST Opiatabhängiger nach den Methoden der evidenzbasierten<br />

<strong>Medizin</strong> untersucht werden.<br />

Material/Methoden:<br />

Eine systematische Recherche<br />

erfolgte in den bibliographischen Literaturdatenbanken<br />

PubMed, EMBASE, PsycINFO<br />

und Cochrane Central Register of Controlled Trials. Die<br />

Evidenzgrundlage bildeten randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs), die verschiedene<br />

professionelle Unterstützungsmaßnahmen kombiniert mit einer ambulanten Standard-<br />

AST im Vergleich zu singulären Standard-AST untersuchten. Die Studienselektion und<br />

Bewertung mittels der Checkliste von SIGN 50 erfolgte jeweils durch 2 voneinander<br />

unabhängige Reviewer.<br />

Ergebnisse:<br />

Aus der Suche resultierte ein<br />

Studienpool von 4 Arbeiten, die insgesamt 7 verschiedene<br />

Therapiekonzepte<br />

im Vergleich zu einer ambulanten Standard-AST mit Methadon<br />

untersuchten. 3 dieser RCTs zeichneten sich durch ein hohes Verzerrungspotenzial aus.<br />

Bei insgesamt jeweils kurzen Studiendauern (6 bis 24 Monate) zeigten sich (Einzel-<br />

)Effekte für die Endpunkte: Verbleib in der Therapie, Beikonsum, Compliance und<br />

Lebensqualität. Die Heterogenität der Datenbasis ließ keine zuverlässigen<br />

Gesamtaussagen zu diesen Endpunkten zu. Relevante Endpunkte wie Mortalität,<br />

Morbidität für HIV, Hepatitis C bzw. B, unerwünschte Nebenwirkungen der jeweiligen<br />

Intervention und die Abstinenzquote wurden nicht erfasst.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Dieser systematische Review liefert keine<br />

belastbare Evidenz für einen<br />

Zusatznutzen von<br />

ergänzenden professionellen Unterstützungsmaßnahmen<br />

im Rahmen der ambulanten<br />

singulären Standard-AST Opiatabhängiger gegenüber einer alleinigen Standard-AST.<br />

Weitere Forschung ist notwendig, die in ihrer Konzeption, Durchführung und Präsentation<br />

die aufgezeigten Defizite berücksichtigt.<br />

P4g Frauenspezifische Risiken für unerwünschte<br />

Wirkungen von Arzneimitteln<br />

in der Anästhesie – ein systematisches Review<br />

Ines Ziegler 1 , Sabine Oertelt-Prigione 2 , Farid Aly 3 , Ulrike Maschewsky-Schneider 1 ,<br />

Vera Regitz-Zagrosek 2 , Gisela Schott 3<br />

1<br />

Berlin School of Public Health an der Charité, Berlin, Deutschland<br />

2<br />

Institute of Gender in Medicine an der Charité-Universitätsmedizin,<br />

Berlin, Deutschland<br />

3<br />

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Auswertungen von Datenbanken<br />

für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) und<br />

pharmakoepidemiologische<br />

Studien zeigen, dass UAW bei Frauen häufiger als bei<br />

Männern gemeldet werden. Dies gilt auch für Anästhetika. Eine systematische Übersicht<br />

der wissenschaftlichen Literatur zu geschlechtsspezifischen Unterschieden beim<br />

Auftreten von UAW in der Anästhesie fehlt derzeit.<br />

Material/Methoden:<br />

In der Datenbank PubMed wurde eine computergestützte<br />

Literaturrecherche u.a. mit den<br />

Suchbegriffen „sex difference“<br />

oder „gender based“ verknüpft mit Begriffen aus der<br />

Anästhesie, wie z. B. „anaesthetics“, „narcotics“ und „pain“ durchgeführt. Anhand<br />

definierter Ein- und Ausschlusskriterien wurden die relevanten Arbeiten ausgewählt und<br />

aus ihren Referenzen weitere Veröffentlichungen einbezogen. Aus den eingeschlossenen<br />

Publikationen wurden die Informationen über UAW nach Wirkstoffen geordnet und<br />

ausgewertet.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 79


Ergebnisse:<br />

Die computergestützte<br />

Literatursuche ergab 1042 potentiell relevante Veröffentlichungen,<br />

von denen unter Beachtung der Ein- und Ausschlusskriterien 52 Artikel eingeschlossen<br />

wurden, außerdem 35 Artikel aus den Referenzlisten. In allen Substanzklassen der<br />

Anästhetika konnte wenigstens ein Beispiel gefunden werden, dass UAW bei Frauen<br />

häufiger auftreten als bei Männern, darunter Übelkeit/ Erbrechen, Schwindel,<br />

Atemdepression, Müdigkeit/ Sedierung bei Opioiden, Hypotension nach Propofol sowie<br />

anaphylaktoide, kardiale und respiratorische Reaktionen nach Muskelrelaxantien. Nach<br />

Narkoseregimes mit mehreren Medikamenten beklagten Frauen häufiger Übelkeit/<br />

Erbrechen, Schmerzen, intraoperative Wachheit und insgesamt mehr allgemeine und<br />

allergische postoperative Komplikationen sowie eine schlechtere Erholung von der<br />

Narkose.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Bei der Anwendung von Anästhetika gibt<br />

es geschlechtsspezifische Unterschiede beim<br />

Auftreten von UAW, die allerdings nur in wenigen Studien und für wenige Arzneimittel<br />

belegt wurden. Forschungsbedarf besteht insbesondere bei den in der Praxis häufig<br />

eingesetzten Anästhetika.<br />

Patienten und Verbraucher<br />

P5a Eine Evaluation deutschsprachiger<br />

Websites zum Thema PSA-Screening<br />

des Prostatakarzinoms anhand der Kriterien der „Guten Praxis<br />

Gesundheitsinformation“<br />

Marcel Bülow 1 , Klaus Koch 2<br />

1<br />

Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus,<br />

TU Dortmund, Dortmund, Deutschland<br />

2<br />

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Obwohl der PSA- Test zur Früherkennung des Prostatakarzinoms wissenschaftlich<br />

umstritten ist, gehört er zu den am häufigsten durchgeführten Screening-Untersuchungen.<br />

Gleichzeitig weisen Befragungen darauf hin, dass die Mehrzahl der Deutschen den<br />

Nutzen des Tests in Form einer Reduzierung der Prostatakarzinommortalität überschätzt<br />

oder ihn nicht kennt. Die vorliegende Untersuchung evaluiert Online-Informationen zum<br />

Thema PSA-Screening im Hinblick auf ihre Eignung als Quelle für eine evidenzbasierte<br />

und informierte Entscheidung von Bürgern und Patienten.<br />

Material/Methoden:<br />

Aus den Anforderungen der „Guten Praxis Gesundheitsinformation“ (GPGI) wurden<br />

Kriterien zur Bewertung von Gesundheitsinformationen abgeleitet. Die ersten zehn<br />

Verlinkungen einer Google-Suche nach den Begriffen „PSA Früherkennung“, „PSA<br />

Screening“, „PSA Vorsorge“, „PSA Test“ und „PSA Prostata“ wurden von zwei Codierern<br />

unabhängig voneinander nach diesem Kriterienkatalog bewertet.<br />

Ergebnisse:<br />

Die aus der GPGI<br />

abgeleiteten Kriterien wurden folgenden Kategorien zugeordnet:<br />

Evidenz, Verständlichkeit, Nutzerbeteiligung, Krankheitsaspekte, Relevanz, Neutralität,<br />

Darstellung und Metadaten. Aus den 50 Verlinkungen der Google-Suche konnten 37<br />

unterschiedliche Gesundheitsinformationen zum Thema PSA-Screening identifiziert<br />

werden. Zwei von ihnen erfüllten die wesentlichen Anforderungen der GPGI. Bei den<br />

übrigen fehlte insbesondere die Berücksichtigung und Kommunikation der aktuellen<br />

Evidenz, die Beteiligung von Nutzern, die Angabe einzelner Krankheitsaspekte wie z. B.<br />

des natürlichen Verlaufs, die Verwendung patientenrelevanter Endpunkte, eine neutrale<br />

und verständliche Darstellung des Nutzens sowie die Angabe der Finanzierung.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die aus der „Guten Praxis Gesundheitsinformation“<br />

(GPGI) abgeleiteten Kriterien<br />

erwiesen sich als grundsätzlich praktikabel für eine Bewertung von Informationen zum<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 80


Thema PSA-Screening.<br />

Literatur<br />

1. Klemperer D, Lang B, Koch K, Bastian H, Brunsmann F, Burkhardt M, Dierks ML, Ehrmann<br />

U, Günther J, Härter M, Mühlhauser I, Sänger S, Simon D, Steckelberg A. Gute Praxis<br />

Gesundheitsinformationen. Z Evid Fortbild Qual Gesundheitswesen. 2010; 104: 66–68.<br />

2. Gigerenzer G, Mata J, Frank R. Public knowledge of benefits of breast and prostate cancer<br />

screening in Europe. JNCI J Natl Cancer Inst. 2009;101 (17): 1216-1220.<br />

P5b Blutzuckertest und Primärprävention des Diabetes mellitus Typ 2 –<br />

Evaluation des Effekts einer evidenzbasierten Patienteninformation<br />

le 3 Jutta Genz ,<br />

1 , Burkhard Haastert 2 , Hardy Müller 3 , Frank Verheyen 3 , Dennis Co<br />

Wolfgang Rathmann 1 , Bettina Nowotny 1 , Michael Roden 1 , Guido Giani 1 , Andreas<br />

Mielck 4 , Christian Ohmann 5 , Andrea Icks 6<br />

1<br />

<strong>Deutsches</strong> Diabetes-Zentrum, Düsseldorf, Deutschland<br />

2<br />

mediStatistica, Neuenrade, Deutschland<br />

3<br />

WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK<br />

für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen,<br />

Hamburg, Deutschland<br />

4<br />

Helmholtz-Zentrum, Neuherberg,<br />

Deutschland<br />

5<br />

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf,<br />

Deutschland<br />

6<br />

<strong>Deutsches</strong> Diabetes-Zentrum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität<br />

Düsseldorf, Düsseldorf,<br />

Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Wir entwickelten eine internetbasierte EBPI (evidence-based patient information) über<br />

grenzwertig erhöhte Blutglucosespiegel und Primärprävention des Diabetes und<br />

evaluierten ihren Einfluss auf die informierte Entscheidung bei Personen im Alter von 40–<br />

70 Jahren ohne bekannten Diabetes.<br />

Material/Methoden:<br />

Endpunkte in dieser internetbasierten,<br />

randomisiert-kontrollierten Studie waren (i) Wissen<br />

zum Thema „grenzwertig erhöhte Blutzuckerwerte“ (primärer Endpunkt); Einstellungen<br />

gegenüber einem Stoffwechseltest; (iii) Absicht, sich einem Stoffwechseltest zu<br />

unterziehen; (iv) Entscheidungskonflikt. Die Teilnehmer wurden über das Internet<br />

rekrutiert. Die Interventionsgruppe erhielt die EBPI, die Kontrollgruppe im Internet<br />

verfügbare Informationen zum Thema. Die Gruppen wurden statistisch verglichen<br />

(Wissen: intention to treat-Analyse, andere Endpunkte: per protocol-Analyse). Weiterhin<br />

untersuchten wir Einflussvariablen auf das Wissen mittels multipler ordinaler<br />

Regressionsmodelle.<br />

Ergebnisse:<br />

Die full analysis – Population nach Randomisation bestand aus 1.120 Personen.<br />

Insgesamt waren das Wissen und die Absicht, sich einem Stoffwechseltest zu<br />

unterziehen, hoch. Teilnehmer, die die EBPI erhielten, hatten signifikant höhere<br />

Wissensscores. Signifikante Einflussvariablen auf das Wissen (per protocol-Population,<br />

n=786) waren Geschlecht, Alter, Präwissen und Blutfettwerte. Die EBPI-Gruppe<br />

berichtete eine signifikant geringere Absicht sich einem Stoffwechseltest zu unterziehen,<br />

hatte eine signifikant kritischere Einstellung gegenüber einem Stoffwechseltest und einen<br />

signifikant ausgeprägteren Entscheidungskonflikt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Unsere EBPI erreichte eine selektierte Zielgruppe. Sie erhöhte das Wissen, allerdings<br />

auch den Entscheidungskonflikt und eine kritische Einstellung. Die Absicht, sich einem<br />

Stoffwechseltest zu unterziehen, nahm ab. Weitere Studien sollten die praktische<br />

Teilnahme an Stoffwechseltests und die Zufriedenheit mit dieser Entscheidung erheben.<br />

Literatur<br />

1. Genz<br />

J, Haastert B, Meyer G, Steckelberg A, Müller H, Verheyen F, Cole D, Rathmann W,<br />

Nowotny B, Roden M, Giani G, Mielck A, Ohmann C, Icks A. Blood glucose testing and<br />

primary prevention of diabetes mellitus type 2 – evaluation of the effect of evidence based<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 81


patient information (study protocol). BMC Public Health. 2010;10:15. DOI: 10.1186/1471-<br />

2458-10-15<br />

P5c Ist das Bewusstsein für die unterschiedliche Qualität von<br />

Gesundheitsinformationen durch technische Hilfsmittel praxistauglich<br />

steigerbar?<br />

le 1 , Christian Leopold 2<br />

Michael Häge<br />

1<br />

Institut für Qualität und Transparenz von Gesundheitsinformationen,<br />

Köln, Deutschland<br />

2<br />

Institut für Qualität und Transparenz von Gesundheitsinformationen, Neuss, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Verbraucherzentralen<br />

und Gesundheitsexperten empfehlen Patienten mehrere Quellen<br />

zu vergleichen, den Anbieter zu identifizieren und weitere Merkmale, meist aufgrund von<br />

Checklisten, zur Gütebeurteilung abzuarbeiten, wenn sie sich im Internet auf<br />

Informationssuche begeben.<br />

Die Empfehlung geschieht aus<br />

gutem Grund, denn die Qualität von<br />

Gesundheitsinformationen im Internet, das aufgrund seiner Verfügbarkeit und<br />

Preisgünstigkeit als Informationsquelle häufig genutzt wird, unterliegt großen<br />

Schwankungen. Oft ist die Informationsdarstellung durch Eigeninteressen motiviert,<br />

ohne<br />

dass Interessenskonflikte an geeigneter Stelle öffentlich gemacht werden.<br />

Material/Methoden:<br />

Studien zum Nutzungsverhalten<br />

von Onlinern zeigen, dass Verbraucher unkritisch mit<br />

Gesundheitsinformationen umgehen und dass Expertenhinweise zum richtigen Umgang<br />

mit Informationen nicht oder nur sehr unzureichend befolgt werden. Gründe scheinen im<br />

Zeitaufwand und Komplexität der Prüfmethoden zu liegen. Häufig aber auch im fehlenden<br />

Bewusstsein, der Sinnhaftigkeit einer Anbieter- und Informationsanalyse.<br />

Anhand von zwei Werkzeugen (Gesundheitsbrowser und Medinfo-Leiste) wurde<br />

untersucht, inwiefern sich die aktuelle Situation durch technische Hilfsmittel verbessern<br />

läßt.<br />

Ergebnisse:<br />

In ersten Anwendertests<br />

der Werkzeuge zeigte sich, dass zwei Ziele erreicht werden:<br />

1. Die Anwender sehen auf einen Blick ohne weitere Recherche, ob und welche<br />

zertifizierten Qualitätslogos wie HON,afgis, Medisuch ein Angebot erhalten hat. Farbliche<br />

Kennzeichnungen (derzeit blau: pharm. Industrie/<strong>Medizin</strong>technik und grün: Behörden)<br />

informieren über wichtige Anbietergruppen.<br />

2. Die angebotenen thematischen Querverweise<br />

(Anbieter mit vergleichbarem Thema zu<br />

finden) wurden genutzt.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Das Konzept der Browsererweiterung als Medinfo-Leiste, die nur einen Klick entfernt<br />

qualitätsgesicherte Zusatzinformationen in der normalen Surfumgebung anbietet,<br />

erscheint praxistauglich.<br />

Die Installation des eigenständigen<br />

Gesundheitsbrowsers dauert lange und der<br />

„Zweitbrowser“ gerät im Alltag in Vergessenheit.<br />

Die Datenbasis der Werkzeuge ist trotz über 4.000 Themen,<br />

mehr als 26.000 Links und<br />

ca. 1.200 Anbietern immer noch erweiterungsfähig.<br />

Literatur<br />

1. Nebling<br />

T. Kompetent als Patient – Gut informiert entscheiden. Techniker Krankenkasse<br />

[cited: 29.8.2010]. Available from:<br />

http://www.tk.de/centaurus/servlet/ contentblob/230330/Datei/45118/TK-Broschuere-<br />

Kompetent-als-Patient.pdf (15.11.2010)<br />

2. Schürer-Maly C et al. Wegweiser für Patienten<br />

im Internet – Wenn du eine weise Antwort<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 82


verlangst, musst du vernünftig fragen. Z Allg Med. 2006; 82:549–55.<br />

3. Anonymous. Gesundheitsinformationen in Internetforen. Verbraucherzentrale NRW (cited:<br />

15.11.2010). Available from: http://www.vznrw.de/UNIQ128983510815738/link251422A.html<br />

4. Schmidt H. Google-Nutzer nehmen nur obere Treffer<br />

wahr. FAZ-Blog vom 5.11.2008<br />

(cited: 15.11.2010). Available from: http://fazcommunity.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2008/11/05/die-blicke-der-google-nutzer.aspx<br />

5. Le Ker H. Patient und Arzt – Check im Netz. Spiegel-Online vom 30.6.2009 (cited<br />

15.11.2010). Available from: http://www.spiegel.de/spiegelwissen/0,1518,633422,00.html<br />

P5d <strong>Individualisierte</strong> Beratung zur Krebsfrüherkennung: Häufigkeit und<br />

Veränderung von Patientenbeteiligung nach Einführung finanzieller Anreize<br />

Dirk Horenkamp-Sonntag<br />

eutschland<br />

1 , Maral Manouguian 1 , Roland Linder 1 , Hardy Müller 1 ,<br />

Frank Verheyen 1<br />

1<br />

WINEG, Hamburg, D<br />

Hintergrund:<br />

Im Rahmen der letzten<br />

Gesundheitsreform (GKV-WSG) war ursprünglich vorgesehen,<br />

dass chronisch kranke Versicherte vor der Erkrankung zukünftig regelmäßig<br />

Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch genommen haben, damit ihre<br />

Zuzahlungsgrenze auf ein Prozent der jährlichen Haushaltseinkommen halbiert<br />

wird.<br />

Hierzu hat der GBA am 19.07.2007 beschlossen, dass eine Früherkennungsberatung die<br />

Pflicht zur Teilnahme an Gesundheits- und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen ersetzt.<br />

Dies gilt für nach dem 01.04.1987 geborene Frauen und für nach dem 01.04.1962<br />

geborene Männer. Diese haben ab dem 01.01.2008 Anspruch auf halbierte<br />

Belastungsgrenzen durch die Inanspruchnahme einer einmaligen ärztlichen Beratung<br />

über Chancen und Risiken der Früherkennung bei den Indikationen Brustkrebs,<br />

Gebärmutterhalskrebs und Darmkrebs.<br />

Material/Methoden:<br />

Im TK-Versichertenkollektiv<br />

wird beispielhaft für die Diagnose kolorektales Karzinom<br />

untersucht, inwiefern bei TK-Versicherten mit Anspruch auf Früherkennungsuntersuchung<br />

seit Umsetzung der G-BA-Richtlinie zum 01.01.2008 relevante Auffälligkeiten bei der<br />

Leistungsinanspruchnahme aufgetreten sind. Gleichzeitig wird durch einen Vorher-<br />

Nachher-Vergleich auf Basis von Routinedaten analysiert, inwiefern sich Art und Umfang<br />

der Teilnahme an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen geändert haben.<br />

Ergebnisse:<br />

Im TK-Versichertenkollektiv<br />

ließen sich im Zeitraum 2007–2009 insgesamt 560.572<br />

Versicherte zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms (operationalisiert durch EBM<br />

GOP 01740) beraten. Mittels geeigneter Indikatoren (z.B. Art und Umfang von<br />

Arztkontakten) wird auf Basis von GKV-Routinedaten detailliert dargestellt werden,<br />

inwiefern durch Einführung der Richtlinie Verhaltensveränderungen sowohl auf Seiten<br />

der<br />

Versicherten als auch auf Seiten der Leistungserbringer aufgetreten sind. Darüber hinaus<br />

werden regionale Variabilitäten unter Differenzierung von Geschlechts- und<br />

Alterskonstellationen dargestellt werden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Trotz vorhandener methodischer Limitationen<br />

von GKV-Routinedaten können mit<br />

adäquaten Indikatoren aktuelle Verhaltensveränderungen von Versicherten und<br />

Leistungserbringern im Zusammenhang mit der Teilnahme an<br />

Krebsfrüherkennungsprogrammen erfasst werden.<br />

GKV-Routinedatenanalysen sind geeignet, im Rahmen<br />

einer Politikfolgenforschung<br />

zeitnah Hinweise auf die Auswirkungen der Versorgung von GKV-Patienten durch die<br />

Einführung einer verpflichtenden ärztlichen Beratung über die Teilnahme an<br />

Krebsfrüherkennungsprogrammen zu geben.<br />

P5e "Kompetent als Patient" – ein Projekt zur Stärkung der<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 83


Gesundheitskompetenzen von Versicherten und Patienten<br />

Thomas Nebling 1<br />

1<br />

Techniker Krankenkasse, Hamburg,<br />

Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Bürger, Versicherte<br />

und Patienten reklamieren zunehmend für sich, als mündige<br />

Menschen das Gesundheitswesen selbstbestimmt und selbstbewusst nutzen zu wollen.<br />

Einen Hinweis auf diesen Trend liefern etwa Umfragen, wonach sich mehr als zwei Drittel<br />

der Befragten wünschen, medizinische Entscheidungen gemeinsam und partnerschaftlich<br />

mit ihrem Arzt zu treffen. Sie wollen mitreden und mitentscheiden, wenn es um ihre<br />

Gesundheit geht. Auf dem Weg zur Mündigkeit profitieren die Verbraucher im<br />

Gesundheitswesen u.a. von den drei folgenden Kompetenzen:<br />

(1) Die Kompetenz, eigenständig nach Gesundheitsinformationen<br />

recherchieren und<br />

diese Informationen kritisch auf deren Evidenz (Wahrheitsgehalt, Aussagekraft,<br />

Glaubwürdigkeit) sowie persönliche Relevanz bewerten zu können.<br />

(2) Die Kompetenz, mit einem Leistungserbringer (z.B. Arzt) erfolgreich<br />

kommunizieren<br />

und gemeinsam mit ihm Entscheidungen treffen zu können.<br />

(3) Die Kompetenz, sich einen geeigneten Leistungserbringer<br />

(z.B. Arzt oder Klinik)<br />

suchen und dessen Qualität einschätzen zu können.<br />

Material/Methoden:<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

hat die Techniker Krankenkasse (TK) die Kursreihe „Kompetent<br />

als Patient“ entwickelt. Diese besetht aus den folgenden drei Kursen:<br />

Kurs 1: "Arztgespräche erfolgreich führen"<br />

Kurs 2: "Gesundheitsinformationen bewerten"<br />

Kurs 3: "Gesundheitsdienstleister finden und bewerten"<br />

Nähere Informationen zu den Inhalten der Kurse finden sich<br />

in Tabelle 1 (Tab. 1).<br />

Als Methoden kommen Impulsreferate der Dozenten, Erfahrungsaustausch,<br />

Diskussionsrunden und praktische Übungen zum Einsatz. Als roter Faden zieht<br />

sich der<br />

folgende Dreiklang durch alle Kurse:<br />

Die Ablaufplanung der Kurse sieht vor,<br />

dass die Teilnehmer in mindestens der Hälfte der<br />

zur Verfügung stehenden Zeit selbst aktiv sind. Durch die unmittelbare Anwendung und<br />

Vertiefung des zuvor neu gelernten Wissens soll der Lernerfolg gesichert werden.<br />

Ergebnisse:<br />

Seit September<br />

2009 ist die Kursreihe bereits drei Mal mit insgesamt 140 Teilnehmern<br />

durchgeführt worden.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Aufgrund der positiven Erfahrungen<br />

wird die Kursreihe im Jahr 2011 auf fünf weitere<br />

Standorte ausgdehnt, um mehr Menschen eine Teilnahme zu ermöglichen.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 84


Tabelle 1<br />

P5f Patienteninformationsbroschüren zum Thema Rauchen und Passivrauchen<br />

in der Schwangerschaft und im Wochenbett: eine kritische Analyse<br />

Neeta Bühler 1 , Eva-Maria Panfil 2<br />

1 Hochschule für Angewandte Wissenschaften, St. Gallen, Schweiz<br />

2 Institut für Angewandte Pflegewissenschaft, St. Gallen, Schweiz<br />

Hintergrund:<br />

Die Risiken des Rauchens in der Schwangerschaft für Mutter und Kind und die Gefahren<br />

des Passivrauchens im Säuglings- und Kleinkindalter benötigen besondere<br />

Aufmerksamkeit. Die Motivation zum Rauchverzicht in der Schwangerschaft ist seitens<br />

der betroffenen Frauen vergleichsweise hoch und kann mittels Beratung, zum Beispiel<br />

anhand von schriftlichem Informationsmaterial, deutlich gesteigert werden. Das Beurteilen<br />

der Qualität der Informationen ist jedoch für Laien wie auch für Professionelle schwierig.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, von bestehenden Patientenbroschüren die qualitativ am besten<br />

geeignetste Broschüre zur Abgabe an Schwangere und Wöchnerinnen zu identifizieren.<br />

Material/Methoden:<br />

Durch gezielte Recherche wurden 31 Broschüren zum Thema Rauchen und<br />

Passivrauchen in der Schwangerschaft und Wochenbett identifiziert. Nach einer ersten<br />

Selektion wurden sieben Broschüren mit dem Instrument „Check-In“ bewertet. Mithilfe des<br />

Instruments ist es möglich, Gesundheitsinformationen auf die Eignung als zuverlässige<br />

Entscheidungshilfen zu prüfen.<br />

Ergebnisse:<br />

Fünf der sieben überprüften Broschüren erreichen das Prädikat „zu empfehlen als<br />

Hintergrundinformation“. Die Broschüre „Und wann hören Sie auf zu rauchen? Frau und<br />

Tabak“, herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz, erfüllt<br />

die wissenschaftlichen Kriterien für evidenzbasierte Patienteninformationen am besten.<br />

Zwei der Broschüren sind nicht zu empfehlen. Keine der überprüften Broschüren konnte<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 85


das Prädikat „zu empfehlen als Entscheidungshilfe“ erreichen. Schwachpunkte der<br />

Broschüren sind Angaben der wissenschaftlichen Quellen und zu Gültigkeitsvermerken<br />

sowie zur Unabhängigkeit und Interessenneutralität betreffend Finanzierung.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Broschüre „Und wann hören Sie auf zu rauchen? Frau und Tabak“ ist zur Abgabe an<br />

Schwangere und Wöchnerinnen zu empfehlen. Das Instrument „Check-In“ konnte als<br />

geeignetes Instrument zur Beurteilung des überprüften Informationsmaterials identifiziert<br />

werden.<br />

Literatur<br />

1. Sänger S, Lang B, Klemperer D, Thomeczek C, Dierks M. Manual Patienteninformation.<br />

Empfehlung zur Erstellung evidenzbasierter Patienteninformationen. Schriftenreihe ÄZQ<br />

Band 25. 2006. Available from:<br />

http://www.aezq.de/edocs/pdf/schriftenreihe/schriftenreihe25.pdf [10.08.09]<br />

2. Sänger S. Instrument zur Qualitätsbewertung von gedruckten und elektronischen<br />

Gesundheitsinformationen Anwendungsbeschreibung. 2004. Available from:<br />

http://www.patienten-information.de/patientenbeteiligung/check_in.pdf/view [21.09.2010]<br />

3. Köpke S, Berger B, Steckelberg A, Meyer G. In Deutschland gebräuchliche<br />

Bewertungsinstrumente für Patienteninformationen – eine kritische Analyse. Zeitschrift für<br />

ärztliche Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen. 2005; 99:353-7.<br />

P5g Die Wartezimmerinformation – Entwicklung und Implementierung von<br />

Evidenz-basierten Kurzinformationen für Patienten<br />

Silja Schwencke 1 , Jacqueline Schirm 1 , Corinna Schaefer 1 , Sabine Schwarz 1 , Günter<br />

Ollenschläger 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ) hat von der Kassenärztlichen<br />

Bundesvereinigung (KBV) den Auftrag erhalten, zu wichtigen Krankheitsbildern so<br />

genannte Wartezimmerinformationen zu erstellen: kompakte Kurzinformationen, die leicht<br />

verständlich die wichtigsten Empfehlungen zu Behandlung und Umgang mit einer<br />

Erkrankung vermitteln. Ziel ist es, über verschiedene Erkrankungen aufzuklären, die<br />

aktive Beteiligung der Patienten/Patientinnen am Behandlungsprozess zu fördern, das<br />

Arzt-Patienten-Gespräch zu unterstützen und auf weitergehende<br />

Informationsmöglichkeiten hinzuweisen. Die Informationen sollen allen niedergelassenen<br />

Ärzten/Ärztinnen kostenlos zur Verfügung stehen, damit sie bei Bedarf den Betroffenen<br />

persönlich ausgehändigt werden können.<br />

Material/Methoden:<br />

Grundlage der Texte der Wartezimmerinformationen sind die breit konsentierten<br />

Patientenleitlinien des Nationalen VersorgungsLeitlinien-Programms bzw. des<br />

Onkologischen Leitlinienprogramms. Sie beruhen somit auf den aktuellen<br />

wissenschaftlichen Erkenntnissen, die für die derzeit gültigen Leitlinien recherchiert und<br />

nach ihrer Güte bewertet wurden. Besonderer Wert wird bei der Erstellung auf eine<br />

verständliche Sprache und auf Informationen im Sinne der Patientenführung gelegt. So<br />

enthält jede Wartezimmerinformation die Rubrik „Was Sie selbst tun können“.<br />

Alle Wartezimmerinformationen werden inhaltlich und formal von mindestens zwei<br />

externen Experten, einem ärztlichen und einem Patientenvertreter, begutachtet. Die<br />

konsentierte Version erscheint als doppelseitiges pdf-Dokument zum Downloaden und<br />

Ausdrucken.<br />

Ergebnisse:<br />

Von Mai bis November 2010 erschienen insgesamt fünf Wartezimmerinformationen zu<br />

den Themen „Asthma“, „Diabetes und Augen“, „Diabetes und Füße“, „Prostatakrebs im<br />

frühen Stadium“ und „Früherkennung von Brustkrebs“. Sie stehen auf den Web-Seiten<br />

der KBV und dem geschützten <strong>Netzwerk</strong> der KVen, sowie auf den ÄZQ-Portalen<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 86


www.patienten-information.de und www.arztbibliothek.de zur Verfügung.<br />

Das Interesse an den Wartezimmerinformationen ist groß. Von der öffentlich<br />

zugänglichen Seite der KBV gab es kurz nach dem Erscheinen der dritten<br />

Wartezimmerinformation schon 1.138 Downloads.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Das Konzept der Wartezimmerinformation wurde erfolgreich umgesetzt. Das ÄZQ wird<br />

deshalb 2011 bis zu 20 weitere Wartezimmerinformationen erstellen. Auf dem Kongress<br />

können daher aktuelle Daten präsentiert werden.<br />

Für die Weiterentwicklung sollen in Zukunft vor allem auch Themenvorschläge von<br />

Patienten/Patientinnen und niedergelassenen Ärzten/Ärztinnen berücksichtigt werden, um<br />

die Akzeptanz der Information noch zu erhöhen.<br />

Umsetzung, Evaluation und Methodik I<br />

P6a Analyse von Zentrumseffekten auf die Länge des progessionsfreien<br />

Überlebens bei Patienten mit Hodgkin Lymphom: Ergebnisse der<br />

Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG)<br />

Corinne Brillant 1 , Peter Borchmann 2 , Kathrin Bauer 1 , Nicole Skoetz 1 , Sabine Kluge 1 ,<br />

Andreas Engert 1<br />

1 CHMG, Innere <strong>Medizin</strong> I, Uniklinik Köln, Köln, Deutschland<br />

2 Innere <strong>Medizin</strong> I, Uniklinik Köln, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Durch Therapieoptimierungsstudien wurde die Überlebenszeit für Patienten mit einem<br />

Hodgkin Lymphom (HL) in den vergangen Jahrzehnten bemerkenswert verbessert.<br />

Dennoch stellt sich die Frage, ob Zentrumseffekte möglicherweise Einfluss auf das<br />

progressionsfreie Überleben (PFS) besitzen. Diese Frage wurde anhand der<br />

Studiendaten der GHSG-Datenbank untersucht.<br />

Material/Methoden:<br />

Zwischen 1988 und 2002 wurden 8.121 Patienten von deutschen Zentren in die GHSG-<br />

Studien HD 4–12 eingebracht. Nach Aufteilung des Gesamtdatensatzes in drei<br />

Einzeldatensätze wurden zunächst potentielle Zusammenhänge für die Studien HD 4-9<br />

Teil A (2.223 Patienten, 532 PFS-Ereignisse) mittels einer Cox- Regressionsanalyse<br />

untersucht. Zur Validierung der Hypothese wurden ergänzend auch die Datensets HD 4-9<br />

Teil B (2.216 Patienten; 512 PFS - Ereignisse) und HD 10-12 (3.682 Patienten; 509 PFS-<br />

Ereignisse) analysiert.<br />

Ergebnisse:<br />

42% der Patienten wurden von insgesamt 52 Universitätskrankenhäusern (UK), 47% der<br />

Patienten von 304 allgemeinen Krankenhäusern (KH) und 11% der Patienten von 144<br />

unabhängigen Polikliniken/Schwerpunktpraxen (IOC) in die Studien eingebracht.<br />

Patienten aus kleinen Zentren (50 insgesamt eingeschlossene Patienten) durchschnittlich<br />

älter, hatten häufiger frühe Erkrankungsstadien, und wurden häufiger in die späteren<br />

Studien (HD7-9) eingebracht. Anhand der Cox-Regressionsanalyse konnten die bereits<br />

bekannten Parameter als ausschlaggebend für ein verkürztes PFS verifiziert werden<br />

(Signifikanzniveau P


noch eine Korrelation zwischen PFS und der Art des behandelnden Zentrums. Da diese<br />

Analysen auf einer sehr großen Zahl an Patienten und Ereignissen beruhen, können<br />

Zentrumseffekte, die einen Einfluss auf das PFS von HL Patienten haben, innerhalb der<br />

GHSG nicht nachgewiesen werden.<br />

P6b PEROSH – Clearing house systematic reviews on occupational health and<br />

safety topics<br />

Ulrike Euler 1 , Birgitte Blatter 2 , Angeles de Vicente 3 , Clara Diaz Aramburu 3 , Alba<br />

Fishta 1 , Diana Gagliardi 4 , Stein Knardahl 5 , Elżbieta Łastowiecka-Moras 6 , Annette<br />

Nold 7 , Ole Olsen 8 , Swenneke Vandenheuvel 2 , Jos Verbeek 9<br />

1<br />

BAuA, Berlin, Deutschland<br />

2<br />

TNO, Amsterdam, Niederlande<br />

3<br />

INSHT, Madrid, Spanien<br />

4<br />

ISPESL, Rom, Italien<br />

5<br />

STAMI, Oslo, Norwegen<br />

6<br />

CIOP, Warschau, Polen<br />

7<br />

IFA, St. Augustin, Deutschland<br />

8<br />

NRCWE, Kopenhagen, Dänemark<br />

9<br />

FIOH, Kuopio, Finnland<br />

Hintergrund:<br />

Aufgrund der Initiative des “Finnish Institute of Occupational Health“ startete 2009 im<br />

Rahmen des europäischen <strong>Netzwerk</strong>s PEROSH (Partnership for European Research in<br />

Occupational Safety and Health) das „Clearing house systematic reviews on occupational<br />

safety and health topics”. Beteiligt sind weitere acht Arbeitsschutzinstitute aus Norwegen,<br />

Dänemark, den Niederlanden, Italien, Spanien, Polen und zwei aus Deutschland.<br />

Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es:<br />

systematische Reviews zum Thema Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu recherchieren<br />

und die Ergebnisse auf einer Webseite bereitzustellen,<br />

als Plattform zum Austausch von Erfahrungen zu allen Aspekten eines systematischen<br />

Reviews zu dienen.<br />

Material/Methoden:<br />

Das methodische Vorgehen orientiert sich am PRISMA-Statement (Preferred Reporting<br />

Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses). Es werden Fragen zu Interventionen,<br />

Ätiologie, Prognose, Diagnose und Prävalenz/Inzidenz aufgenommen. Die<br />

Einschlusskriterien wurden definiert, sowie eine gemeinsame Suchstrategie in den<br />

Datenbanken PubMed und EMBASE für arbeitsmedizinische systematische Reviews<br />

entwickelt. Eine kritische Bewertung und Gesamtbeurteilung erfolgt anhand der<br />

adaptierten SIGN-Checkliste.<br />

Ergebnisse:<br />

Erste Recherchen wurden bereits durchgeführt, weitere folgen. Hier sind auch zusätzliche<br />

Beiträge von allen Interessierten aus der „scientific community“ gefragt. Die<br />

Clearinghouse Datenbank und alle methodischen Informationen, wie Reviews gesucht<br />

und ausgewählt wurden, werden auf einer Webseite zur Verfügung gestellt<br />

(http://www.perosh.eu/).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Das Clearing House wird die bestehende arbeitsmedizinische Evidenz aus<br />

systematischen Reviews transparent und nachvollziehbar auf einer Webseite anbieten.<br />

Damit wird eine wertvolle Informationsquelle für Arbeitsmediziner/-innen,<br />

Arbeitsschutzexperten/-innen, Wissenschaftler/-innen und politische<br />

Entscheidungsträger/-innen geschaffen.<br />

P6c Computerunterstütze Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong><br />

Michael Giretzlehner 1 , Dominic Girardi 1<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 88


1 RISC Software GmbH – Medical Informatics, Hagenberg, Österreich<br />

Hintergrund:<br />

Die Praxis der Evidenzbasierten <strong>Medizin</strong> beinhaltet die Forderung nach dem Finden der<br />

besten verfügbaren externen klinisch relevanten Forschungsergebnisse. Moderne<br />

Informationstechnologien können zwar nicht die gesamte Evidenzbasierte <strong>Medizin</strong><br />

unterstützen, jedoch durch eine intelligente Suche in medizinischen Datenbanken einen<br />

großen Beitrag leisten. Durch diese Arbeit wird ein Ansatz aufgezeigt, der einen<br />

Startpunkt eines Computerunterstützungssystems in dieser medizinischen Disziplin<br />

setzten kann.<br />

Material/Methoden:<br />

Wir entwickelten eine hoch-generische webbasierte Datenerfassungssoftware, die<br />

medizinische Daten nahezu beliebiger Struktur aufnehmen und in einer Meta-<br />

Datenstruktur ablegen kann. Basierend auf benutzerdefinierten Strukturinformationen<br />

werden die erfassten Datensätze unter Verwendung einer Self-Organizing-Map zu<br />

Gruppen ähnlicher Fällen zusammengefasst. Dabei werden<br />

Selbstorganisationsphänomene ausgenutzt, die denen im menschlichen Gehirn<br />

nachempfunden sind. Einzelne Fälle können so mit Informationen und Evidenzen<br />

ähnlicher Fälle angereichert werden.<br />

Ergebnisse:<br />

Hit Hilfe dieses Systems können Evidenz-basierte Krankheitsregister innerhalb weniger<br />

Tage einsatzbereit sein. Die Struktur der zu erfassenden Daten kann bequem mittels<br />

Webformularen definiert werden. Die dazugehörigen Webkomponenten wie<br />

Dateneingabemasken, Übersichtstabellen, Such- und Statistikinformationen, und Importsowie<br />

Exportschnittstellen werden basierend auf der benutzerdefinierten Datenstrukturen<br />

automatische erzeugt.<br />

Externe medizinische Evidenzen können zu Krankheitsfällen hinzugefügt werden und<br />

mittels Relevanz- und Benefitscores bewertet werden. Die Verknüpfung von<br />

medizinischen Evidenzen mit Krankheitsfällen und die Verknüpfung ähnlicher<br />

Krankheitsfälle untereinander schaffen eine dynamische querverbunden mit Evidenzen<br />

angereichterte Fall- und Wissensbasis einer medizinischen Domäne.<br />

Literatur<br />

1. Kohonen T. Self-Organizing Maps. 3rd Ed. Berlin: Springer; 2001.<br />

P6d Instrumente zur individualisierten Risikoprognostizierung der<br />

kardiovaskulären Erkrankungen in Deutschland<br />

Vitali Gorenoi 1 , Matthias P. Schönermark 1 , Anja Hagen 1<br />

1<br />

MHH, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover,<br />

Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Zur individualisierten Prognostizierung eines Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

werden Risikoprognoseinstrumente (RPI: Gleichungen, Punktescores bzw.<br />

Tabellendiagramme) auf Basis der Datenauswertung einer Population abgeleitet. Die<br />

Übertragbarkeit der RPI auf andere Populationen sowie die Vergleichbarkeit<br />

verschiedener RPI ist unklar.<br />

Material/Methoden:<br />

Eine Literaturrecherche wurde in den elektronischen Datenbanken MEDLINE, EMBASE<br />

etc. im April 2008 durchgeführt und durch eine ausführliche Handsuche vervollständigt. In<br />

die Bewertung wurden Publikationen über RPI für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie<br />

Publikationen mit Angaben zur externen Validierung bzw. zum Vergleich dieser RPI<br />

untereinander einbezogen. Als Kriterien der Validität wurden Kalibrierung und<br />

Diskrimination eingesetzt.<br />

Ergebnisse:<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 89


Insgesamt wurden 38 Publikationen mit Beschreibungen von RPI und 29<br />

Veröffentlichungen mit Angaben zur Validität (ggf. auch Vergleichbarkeit) der RPI<br />

identifiziert.<br />

Die meisten RPI basieren auf der amerikanischen Framingham-Kohorte, komplett auf die<br />

deutsche Bezugspopulation stützt sich ausschließlich PROCAM-RPI. Es werden bei den<br />

RPI verschiedene Variablen und verschiedene kardiovaskuläre Ereignisse als<br />

Endparameter betrachtet. Die Zeitspanne für prognostizierte Ereignisse beträgt meistens<br />

10 Jahre.<br />

Angaben zur Kalibrierung der RPI werden in den Studien selten präsentiert, dabei in<br />

keiner aus Deutschland. Nur in einzelnen Studien liegt die Kalibrierung im Bereich von 0,9<br />

bis 1,1. Viele Studien zeigen einen Wert für die Diskrimination der RPI zwischen 0,7 und<br />

0,8, wenige zwischen 0,8 und 0,9 und keine über 0,9 (Bestwert 1,0). In den Studien für<br />

die deutsche Population liegt dieser Wert fast ausschließlich zwischen 0,7 und 0,8. Es<br />

liegen bislang keine Studien zum Vergleich von verschiedenen RPI an der deutschen<br />

Population vor.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Als die wichtigste limitierende Komponente bezüglich der Übertragbarkeit von RPI wird<br />

die geografische Varianz der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität angeführt. Die<br />

bislang publizierten RPI für kardiovaskuläre Erkrankungen sind an der deutschen<br />

Population nicht ausreichend validiert. Ihre Anwendung kann zur Risikofehleinschätzung<br />

bei einzelnen Patienten führen. Diese RPI sind für die individualisierte Prävention nur mit<br />

kritischer Vorsicht anzuwenden.<br />

P6e Verändert eine einzelne Continued Medical Education (CME)-Maßnahme das<br />

Verordnungsverhalten? Ergebnisse aus dem Disease Management<br />

Programm (DMP) Koronare Herzkrankheit in der Region Nordrhein<br />

Bernd Hagen 1 , Lutz Altenhofen 1 , Sabine Groos 1 , Jens Kretschmann 1<br />

1 Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Wie stark wirkt sich eine singuläre CME-Maßnahme auf das ärztliche Handeln aus? Den<br />

an dem DMP Koronare Herzkrankheit (KH) teilnehmenden Ärzten wurde ein CME-Beitrag<br />

zur antihypertensiven Versorgung von Patienten angeboten. Veränderte sich danach das<br />

Verordnungsverhalten von CME-Teilnehmern vs. Nicht-Teilnehmern?<br />

Material/Methoden:<br />

Im Rahmen des DMP KH erhielten 3.495 Ärzte als Zusatzbericht zu dem Feedback-<br />

Bericht des 2. Halbjahrs 2005 den CME-Beitrag „Differenzialtherapie mit<br />

Kalziumantagonisten“. Zwischen 2005 und 2008 wurde die Verordnung von<br />

Kalziumantagonisten (CAA), ACE-Hemmern (ACE) und Beta-Blockern (BB) sowie die<br />

Veränderung des Blutdrucks der Patienten mit Herzinsuffizienz explorativ analysiert.<br />

Ergebnisse:<br />

428 Ärzte (12 %) beteiligten sich an der CME-Maßnahme. 2005 betreuten diese 955<br />

Patienten mit einem Herzinsuffizienzschweregrad von NYHA 2–3, die bis 2008<br />

weiterverfolgt werden konnten (5.092 Patienten bei Nicht-CME-Teilnehmern). 2005<br />

erhielten 28,1 / 29,9 % dieser Patienten CAA (p = .28), 2008 27,6 / 31,2 % (p = .06). BB<br />

erhielten 2005 78,9 / 74,6 % (p = .02) und 2008 80,5 / 78,1 % (p = .15), ACE 2005 69,9 /<br />

72,8 % (p = .08) und 2008 74,6 / 73,6 % (p = .59), BB kombiniert mit ACE 2005 53 / 54,8<br />

% (p = .33) und 2008 59,5 / 58,2 % (p = .54) der Patienten jeweils von Teilnehmern vs.<br />

Nicht-Teilnehmern. Der systolische Blutdruck sank bei den Patienten der Teilnehmer von<br />

129,1 auf 128,5 mmHg (p = .43), bei denen der Nicht-Teilnehmer von 131,7 auf 129,9<br />

mmHg (p < .001).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die CME-Beteiligung ist mit knapp einem Achtel aller adressierten Ärzte als typisch<br />

anzusehen. Die Auswirkungen einer einzelnen Maßnahme auf das Verordnungsverhalten<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 90


erwiesen sich als sehr schwach: CAA erhielten herzinsuffiziente Patienten von<br />

Teilnehmern am Ende der Beobachtungszeit lediglich tendenziell seltener. BB erhielten<br />

bei Beginn die Patienten von Teilnehmern deutlich häufiger, die Kombinationsverordnung<br />

nahm in beiden Gruppen leicht zu, jedoch unterschiedslos. Der systolische Blutdruck der<br />

Patienten wurde nur bei den Patienten von Nicht-Teilnehmern signifikant abgesenkt, bei<br />

denen von Nicht-Teilnehmern lag er von Beginn an auf einem niedrigeren Niveau. Die<br />

Teilnahme an einer CME-Maßnahme kann somit als selbstselektiver Akt angesehen<br />

werden. Um deutlichere Effekte zu bewirken, sind vermutlich ergänzende bzw.<br />

wiederholte Interventionen notwendig.<br />

P6f Studienselektion mit einer webbasierten Spezialsoftware (webbased<br />

TrialSelection DataBase, webTSDB)<br />

Elke Hausner 1 , Susanne Ebrahim 1 , Annegret Herrmann-Frank 1 , Janzen Tatjana 1 ,<br />

Michaela F. Kerekes 1 , Markus Pischedda 1 , Siw Waffenschmidt 1 , Thomas Kaiser 1<br />

1 IQWiG, Köln, Deutschland<br />

Text<br />

Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden<br />

medizinischer Maßnahmen für Patient und Patientinnen untersucht. Hierzu werden<br />

systematische Übersichten erstellt, deren Grundlage eine systematische<br />

Literaturrecherche darstellt. Der Prozess der Studienselektion wird zur Fehlerminimierung<br />

von zwei Reviewern unabhängig voneinander durchgeführt [1].<br />

Um die Studienselektion nachvollziehbar und effizient zu gestalten, hat sich das Ressort<br />

Arzneimittelbewertung des IQWiG kontinuierlich mit der Optimierung dieses Prozesses<br />

beschäftigt. Dabei ist neben der Etablierung eines 3-schrittigen Screenings mit dem Ziel<br />

der Verbesserung der Transparenz nach Außen [2] auch die Programmierung einer<br />

Access-basierten Datenbank zur Studienselektion umgesetzt worden, u.a. auch deshalb,<br />

weil geeignete Lösungen auf dem Markt nicht verfügbar waren. Im Jahr 2009 wurde<br />

aufgrund der positiven Erfahrungen mit der Access-basierten Datenbank in<br />

Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister eine webbasierte Anwendung<br />

entwickelt (webbased TrialSelection DataBase, webTSDB).<br />

Die Vorteile der webTSDB sind insbesondere die Effizienz und Transparenz des<br />

Verfahrens, sowie die Möglichkeit der einfachen Dokumentation des gesamten Ablaufs.<br />

Allgemeine Funktionen und Möglichkeiten der webTSDB:<br />

� zeitgleiches und ortsunabhängiges Arbeiten der Reviewer,<br />

� projektspezifische Hinterlegung von Ein- und Ausschlussgründen,<br />

� Funktion zur Konsentierung nicht-übereinstimmender Referenzen,<br />

� Hinterlegung von Kommentaren,<br />

� Erstellen von Berichten und Flowcharts,<br />

� Verlinkung zu Volltexten, sowie die<br />

� automatische Datensicherung.<br />

Die webTSDB ist seit Juni 2010 institutsweit im Einsatz. Ziel des Beitrages ist die<br />

Vorstellung der webTSDB mit ihren Vorteilen, Funktionen und Möglichkeiten.<br />

Literatur<br />

1. Edwards P, Clarke M, Di Guiseppi C, Pratap S, Roberts I, Wentz R. Identification of<br />

randomized controlled trials in systematic reviews: accuracy and reliability of screening<br />

records. Stat Med. 2002; 21(11): 1635-1640.<br />

2. Ebrahim SH, Jost MM, Potthast R, Hausner E, Wieseler B. Untangling the maze of the trial<br />

selection process [P 23]. In: XV Cochrane Colloquium; 23.-27.10.2007; Sao Paulo,<br />

Brasilien; 2007. S. 116.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 91


Umsetzung, Evaluation und Methodik II<br />

P7a Are systematic reviews original research? Survey of editors of core clinical<br />

journals<br />

Florian Herrle 1 , Jörg Meerpohl 2 , Reinders Stefan 3 , Gerd Antes 2 , von Elm Erik 4<br />

1 University Medical Centre Mannheim, University of Heidelberg, Mannheim, Deutschland<br />

2 University Medical Centre Freiburg, German Cochrane Centre, Freiburg, Deutschland<br />

3 School of Public Health, Bielefeld University, Bielefeld, Deutschland<br />

4 Swiss Paraplegic Research, Nottwil, Schweiz<br />

Background:<br />

Research synthesis has growing impact in evidence-based medicine and knowledge<br />

translation. Systematic reviews (SR) represent a cornerstone of research synthesis and<br />

require scientific rigor. Nevertheless, SR are often criticized as “secondary research” and<br />

not granted the status of original research.<br />

Journal editors are gatekeepers in the publication process. Their appraisal of a study<br />

design may reflect but also influence the value it receives in the scientific community.<br />

Material/methods:<br />

We identified all 118 journals labeled as “core clinical journals” in Pubmed’s Journal<br />

Database in April 2009. The journals’ editors were surveyed by email starting in April<br />

2009 followed by a reminder email in August 2009. The following three questions were<br />

asked:<br />

1. Do you consider a systematic review an original research project?<br />

2. Do you publish systematic reviews in your journal?<br />

3. For which section would you consider a manuscript reporting on a systematic review?<br />

Results:<br />

Editors of 65 journals (55%) responded to our survey. Response rate was higher for<br />

editors from general medical journals than editors from specialty journals. (Table 1 (Tab.<br />

1)).<br />

Most respondents considered SR original research (71%) and almost all journals (93%)<br />

publish SR. Some editors regarded use of Cochrane methodology or a meta-analysis as<br />

quality criteria; for some respondents these criteria were premises for consideration of SR<br />

as original research. Journals place SR in various sections such as “Original research”,<br />

“Review”or “Special article".<br />

Conclusion/implication:<br />

The majority of core clinical journal editors regarded SR as original research. The editor’s<br />

individual comments suggested that attitudes towards SR vary considerably.<br />

A debate about whether SR are “original research” is warranted.<br />

Appropriate academic recognition of high-quality SR could be an incentive for funding<br />

agencies to create specific funding schemes and for researchers to initiate such review<br />

projects.<br />

P7b Eignung der „related articles“ Funktion zur Bewertung der Vollständigkeit<br />

systematischer Recherchen<br />

Tatjana Janzen 1 , Elke Hausner 1 , Siw Waffenschmidt 1 , Thomas Kaiser 1<br />

1 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Ab dem 1.1.2011 sollen neu zugelassene Arzneimittel in Deutschland systematisch<br />

hinsichtlich ihres Zusatznutzens bewertet werden. Als Grundlage hierfür dienen von den<br />

Herstellern eingereichte Dossiers, bei denen sichergestellt werden muss, dass die<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 92


zugrunde liegende Informationsbasis vollständig ist.<br />

Erfolgsversprechend dafür erweist sich laut Sampson [1] die „related articles“-Funktion in<br />

Pubmed [2] zur Identifikation neuer Evidenz, ohne dass die ursprüngliche Suchstrategie<br />

vollständig angewandt werden muss.<br />

Diese Funktion listet Artikel nach ihrer Relevanz (basierend auf einem fest hinterlegten<br />

Algorithmus) auf.<br />

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu beurteilen, ob die „related articles“-Funktion<br />

geeignet ist, die Vollständigkeit einer Evidenzsammlung zu überprüfen.<br />

Material/Methoden:<br />

Aus 6 zufällig ausgewählten Projekten des Ressorts Arzneimittelbewertung wurden alle<br />

Publikationen zu eingeschlossenen Studien, die in PubMed verzeichnet sind,<br />

zusammengestellt.<br />

Für diese Publikationen wurde jeweils eine Liste der „related articles“ generiert. Aus<br />

diesen Listen wurde eine Matrix gebildet und dargestellt, ob und an welcher Position des<br />

Rankings eine andere relevante Publikation aus dem jeweiligen Projekt hierdurch<br />

identifiziert wurde.<br />

Ergebnisse:<br />

Insgesamt wurden 121 Publikationen identifiziert (Spannweite dieser je Projekt: 4 bis 55).<br />

Davon wurden alle durch die „related articles“-Suche zu mindestens einer anderen<br />

projektrelevanten Publikation identifiziert.<br />

110 (91%) der Publikationen befanden sich dabei unter den ersten 50 und 102 (84%)<br />

unter den ersten 20 Treffern.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die „related articles“-Funktion identifiziert alle relevanten Publikationen, einen Großteil<br />

davon bereits unter den ersten 20 Treffern. Da ein Teil jedoch nur durch eine vollständige<br />

Sichtung der „related articles“ identifiziert werden kann, ist diese Methode nur bedingt für<br />

eine effiziente Vollständigkeitsprüfung geeignet. Es ist aber denkbar, diese Funktion mit<br />

anderen Verfahren zu kombinieren (z.B. mit einer fokussierten Suche).<br />

Literatur<br />

1. Sampson M. Updating searches for systematic reviews [Dissertation]. Aberystwyth:<br />

University; 2009. URL:<br />

http://cadair.aber.ac.uk/dspace/bitstream/2160/3760/1/Sampson%20-<br />

%20Updating%20Searches%20for%20Systematic%20Reviews%20-%20PhD.pdf<br />

3. National Library of Medicine. Related citations [online]. 09.06.2010 [Zugriff: 30.11.2010].<br />

URL: http://www.nlm.nih.gov/bsd/disted/pubmedtutorial/020_190.html.<br />

P7c Einladung zur Kooperation: Projekt: Entwicklung eines Evidenz-basierten<br />

Aus- und Weiterbildungsrahmens und interdisziplinärer Kernkompetenzen<br />

für die prähospitale und innerhospitale Versorgung schwerverletzter<br />

Patienten<br />

Matthias Lenz 1 , Heinzpeter Moecke 2 , Thomas Schulz 3<br />

1 Universität Hamburg, Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) Institut<br />

für Pharmazie, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland<br />

2 Asklepios Institut für Notfallmedizin (IfN) Hamburg, Hamburg, Deutschland<br />

3 <strong>Deutsches</strong> Rotes Kreuz Schwesternschaft Hamburg e.V., Hamburg, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Eine Implementierung derzeit in Deutschland angebotener Schulungsprogramme zum<br />

Traumamanagement ist wegen mangelnder Evidenzbasierung schwer zu rechtfertigen.<br />

Auch fehlt eine interdisziplinäre Konformität, was die Zusammenarbeit in der<br />

Versorgungsphase limitiert. Kostenpflichtige Zertifizierungssysteme verhindern zudem<br />

eine Implementierung in die Regelausbildung.<br />

Ziel ist die Entwicklung eines auf das deutsche Versorgungssystem zugeschnittenen<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 93


evidenzbasierten Aus- und Weiterbildungsrahmens, das prähospitales und hospitales<br />

Traumamanagement interdisziplinär integriert.<br />

Geplante Methoden:<br />

Zusammenstellung der bestverfügbaren Evidenz unter Berücksichtigung relevanter<br />

Praxisleitlinien; Definition von Kernkompetenzen, die den prähospitalen<br />

(Rettungsassistenten und Notärzte) und hospitalen Disziplinen (Krankenpflege und Ärzte)<br />

übergeordnet sind (Sicherstellung interdisziplinärer Konformität); Konsensbildung (Delphi)<br />

mit Experten aller Disziplinen, welche der Kernkompetenzen übergeordnete Bedeutung<br />

haben; Taxonomie der Kernkompetenzen mit Bezug auf die disziplinspezifische<br />

Qualifikation (Erinnern, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Evaluieren und<br />

Planen/Konstruieren [1]) über ein mehrstufiges Konsensverfahren. Definition in welcher<br />

Performanz sich eine Kompetenz zeigt bzw. woran das Erreichen der Lernziele<br />

gemessen werden kann.<br />

Erwartete Ergebnisse:<br />

Der Aus- und Weiterbildungsrahmen wird die Basiskomponente interdisziplinären<br />

Schulungsprogramms (Gesamtprojekt) sein.<br />

Ausblick:<br />

Entwicklung und Evaluation des Gesamtprojektes nach methodischem Ansatz des UK<br />

Medical Research Councils [2]: Entwicklung weiterer aktiver Komponenten<br />

(Schulungscurriculum, Instrumente zur Evaluation des Programms auf Schulungsebene<br />

usw.); Pilotierung des Programms einschließlich aller Komponenten (Erweis von<br />

Machbarkeit und Wirksamkeit auf Schulungs- bzw. Lernzielebene); Evaluation der<br />

Effektivität unter kontrollierten Bedingungen im Rahmen einer Cluster-randomisierten<br />

kontrolliert Studie: Geschulte vs. ungeschulte Versorgungseinheiten (Cluster) Effektivität<br />

hinsichtlich patientenrelevanter Ergebnisparameter; Evaluation der<br />

Langzeitimplementierung über Kohortenanalysen und qualitative Begleitforschung.<br />

Literatur<br />

1. Anderson LW, Krathwohl DR. A Taxonomy for Learning, Teaching, and Assessing: A<br />

Revision of Bloom's Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman; 2001.<br />

2. Craig P, Dieppe P, Macintyre S, Michie S, Nazareth I, Petticrew M. Developing and<br />

evaluating complex interventions: new guidance. UK Medical Research Council; 2008.<br />

Available from: http://www.mrc.ac.uk/complexinterventionsguidance/ [accessed 24 October<br />

2010].<br />

P7d Invitation for collaboration: Project: Development of a European consensus<br />

based educational framework for the discipline of disaster medicine and<br />

nursing<br />

Matthias Lenz 1 , Italo Subbarao 2 , Heinzpeter Moecke 3<br />

1<br />

University of Hamburg, Unit of Health Sciences and Education, Hamburg, Germany<br />

2<br />

Deputy Editor, Disaster Medicine and Public Health Preparedness, American Medical Association,<br />

Chicago, IL, USA<br />

3<br />

Asklepios Institute of Emergency Medicine Hamburg, Hamburg, Germany<br />

Background:<br />

In recent years, questions have been raised regarding the public health emergency<br />

preparedness (PHEP) for a range of disasters, including weather-related catastrophes,<br />

bio-threats and terrorism. Various instruments for measuring PHEP have been developed,<br />

most of them designed to assess capacity, which is however only one predictor of<br />

successful response; more important is the ability of the system to function in a<br />

coordinated manner. Critical is the measurement of the personnel’s competencies.<br />

An array of competencies for diverse health professionals have been developed [1].<br />

Recently, a working group of the American Medical Association (AMA) developed an<br />

educational framework based on systematic literature review, reports on recent<br />

catastrophes, and expert consensus (Delphi) [2]. The US-framework however can not be<br />

simply transferred due to substantial differences related to the European PHEP-systems.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 94


Aim of the planned project is to develop a European educational framework for the<br />

disciplines of disaster medicine and nursing.<br />

Material and methods:<br />

Core competencies across all professions involved in PHEP will be delineated utilizing a<br />

generic form (before US expert consensus) of the AMA competency set.<br />

Consensus on which competencies are relevant will be achieved among European<br />

experts and stakeholders of all relevant disciplines using a multiple-stage Delphi process.<br />

Levels of discipline-specific proficiency will be defined using Bloom’s taxonomy of learning<br />

objectives [3].<br />

Results:<br />

The new European educational framework for disaster medicine and public health<br />

preparedness will serve as a solid basis from which educators could devise learning<br />

objectives and curricula tailored to fit the needs of all health professionals in a disaster.<br />

Conclusion:<br />

The framework will be applicable to a wide range of health disciplines, which are expected<br />

to perform at different levels (e.g. informed worker, practitioner, and leader) according to<br />

experience, professional role, level of education, or job function. The project would build<br />

and integrate previous efforts in competency development supporting a uniform<br />

framework for education and training for Disaster Medicine and PHEP.<br />

References<br />

1. Daily E, Padjen P, Birnbaum M. A review of competencies developed for disaster<br />

healthcare providers: limitations of current processes and applicability. Prehosp Disaster<br />

Med. 25(5):387-95.<br />

2. Subbarao I, Lyznicki JM, Hsu EB, Gebbie KM, Markenson D, Barzansky B et al. A<br />

consensus-based educational framework and competency set for the discipline of disaster<br />

medicine and public health preparedness. Disaster Med Public Health Prep. 2008; 2(1):57-<br />

68.<br />

3. Anderson LW, Krathwohl DR. A Taxonomy for Learning, Teaching, and Assessing: A<br />

Revision of Bloom's Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman. 2001.<br />

P7e Schulungsprogramme zum prähospitalen Traumamanagement in<br />

Deutschland. Eine systematische Übersichtsarbeit<br />

Matthias Lenz 1 , Frauke Wrobel 1<br />

1 Universität Hamburg, Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) Institut<br />

für Pharmazie, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Die derzeit in Deutschland angebotenen Schulungsprogramme zur prähospitalen<br />

Versorgung Schwerverletzter sind umstritten. Sie wurden überwiegend für das US-<br />

Amerikanische Versorgungssystem entwickelt, kostenpflichtige Zertifizierungssysteme<br />

verhindern eine Implementierung in die Regelausbildung.<br />

Schulungsprogramme sind komplexe Interventionen. Zentrale Komplexitätsaspekte sind<br />

interagierende Komponenten (z.B. Inhalte, didaktische Strategien) und der spezifische<br />

Implementierungskontext (z.B. Versorgungssystem) [1], [2]. Das UK Medical Research<br />

Council [2] unterscheidet vier sequenzielle Entwicklungs- und Evaluationsphasen<br />

(Abbildung 1 (Abb. 1)), die qualitative und quantitative Methoden beinhalten. Alle Phasen<br />

sollten in systematischen Übersichtsarbeiten berücksichtigt werden [3], [4], [5].<br />

Mit dieser Übersichtsarbeit wurde untersucht, ob eine Implementierung der verfügbaren<br />

Programme gerechtfertig ist.<br />

Material/Methoden:<br />

Systematische Recherche (Cochrane-Reviews und Clinical Trials, Medline, Embase,<br />

PsycInfo und CINAHL; 9/2010;); Identifizierung von Schulungsprogrammen; kritische<br />

Bewertung aller Entwicklungs- und Evaluationsphasen unabhängig durch zwei Gutachter;<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 95


Beschreibung aktiver Komponenten und Kontextfaktoren.<br />

Ergebnisse:<br />

2519 Titel wurden identifiziert [6]. 19 Publikationen [7], [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14],<br />

[15], [16], [17], [18], [19], [20], [21], [22], [23], [24], [25] zu vier Schulungsprogrammen<br />

wurden eingeschlossen. Nur für Prehospital Trauma Life Support wurden Publikationen<br />

zu allen Evaluationsphasen identifiziert. Randomisiert kontrollierte Studien wurden nicht<br />

identifiziert. Für keines der Programme wurden Arbeiten zur Wirksamkeit im Deutschen<br />

oder ähnlichen Versorgungskontext identifiziert.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Eine Implementierung der in Deutschland angebotenen Schulungsprogramme zum<br />

prähospitalen Traumamanagement ist wegen mangelnder Evidenzbasierung kaum zu<br />

rechtfertigen. Es muss ein auf das deutsche Versorgungssystem zugeschnittenes,<br />

evidenzbasiertes und interdisziplinäres Aus- und Weiterbildungsprogramm entwickelt<br />

werden, welches darüber hinaus ohne Lizenzierungskosten in die bestehende<br />

Regelausbildung implementiert werden kann.<br />

Literatur<br />

1. Campbell NC, Murray E, Darbyshire J, Emery J, Farmer A, Griffiths F, et al. Designing and<br />

evaluating complex interventions to improve health care. BMJ 2007; 334(7591): 455-9.<br />

2. Craig P, Dieppe P, Macintyre S, Michie S, Nazareth I, Petticrew M. Developing and<br />

evaluating complex interventions: new guidance. UK Medical Research Council 2008.<br />

Available from: http://www.mrc.ac.uk/complexinterventionsguidance/ [accessed 24 October<br />

2010].<br />

3. Lenz M, Steckelberg A, Mühlhauser I. Patient education programmes and decision aids -<br />

evaluation of complex interventions. Av Diabetol. 2008; 24(6): 443-52.<br />

4. Lenz M, Steckelberg A, Richter B, Mühlhauser I. Meta-analysis does not allow appraisal of<br />

complex interventions in diabetes and hypertension self-management: a methodological<br />

review. Diabetologia. 2007; 50(7): 1375-83.<br />

5. Glasziou P, Chalmers I, Altman DG, Bastian H, Boutron I, Brice A, et al. Taking healthcare<br />

interventions from trial to practice. BMJ. 2010;341:c3852. DOI: 10.1136/bmj.c3852<br />

6. Moher D, Liberati A, Tetzlaff J, Altman DG. Preferred reporting items for systematic<br />

reviews and meta-analyses: the PRISMA statement. J Clin Epidemiol. 2009; 62(10): 1006-<br />

12.<br />

7. Werman HA, Nelson RN, Campbell JE, Fowler RL, Gandy P. Basic trauma life support.<br />

Annals of Emergency Medicine. 1987; 16(11): 1240-3.<br />

8. McArdle DQ, Cook Jr RT, Paris PM. Basic trauma life support: What is it? American<br />

Journal of Emergency Medicine. 1991; 9(2): 189-91.<br />

9. Akiode O, Musa AA, Shonubi A, Lesi FE. Basic trauma life support: knowledge of medical<br />

students. The Nigerian postgraduate medical journal. 2005; 12(1): 14-7.<br />

10. Khattab OS. Starting the program of basic and advanced, cardiac and trauma life support,<br />

will improve the emergency medical service in Iraq. Middle East Journal of Emergency<br />

Medicine. 2007; 7(2): 67-70.<br />

11. Arreola-Risa C, Mock C, Herrera-Escamilla AJ, Contreras I, Vargas J. Cost-effectiveness<br />

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Prehospital & Disaster Medicine. 2004; 19(4): 318-25.<br />

12. Bendall JC, Parsell B. Pre-hospital trauma life support (PHTLS) advanced provider course.<br />

Journal of Emergency Primary Health Care. 2005; 3(1/2): 2p.<br />

13. Wölfl CG, Bouillon B, Lackner CK, Wentzensen A, Gliwitzky B, Gross B, et al. Prehospital<br />

Trauma Life Support (PHTLS): An interdisciplinary training in preclinical trauma care.<br />

Unfallchirurg. 2008; 111 (9): 688-94.<br />

14. Wölfl CG, Gliwitzky B, Wentzensen A. Standardised primary care of multiple trauma<br />

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Unfallchirurg. 2009; 112(10): 846-53.<br />

15. Dönitz S, Gliwitzky B, Wölfl C, Brokmann J, Uhl A. Schwerverletzte sicher versorgen.<br />

Pflegen Intensiv. 2009; 1: 1-5.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 96


16. Scholz B, Gliwitzky B, Bouillon B, Lackner CK, Hauer T, Wolfl CG. Speak the same<br />

language: the importance of the Pre-Hospital Trauma Life Support (PHTLS) concept in the<br />

preclinical and the advanced trauma life support (ATLS) concept in the clinical emergency<br />

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17. Ali J, Adam RU, Gana TJ, George B, Taylor A, Patino T, et al. Impact of the prehospital<br />

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1998; 47(3): 102-4.<br />

18. Ali J, Adam R, Josa D, Pierre I, Bedsaysie H, West U, et al. Effect of basic prehospital<br />

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19. Ali J, Adam RU, Gana TJ, Bedaysie H, Williams JI. Effect of the prehospital trauma life<br />

support program (PHTLS) on prehospital trauma care. Journal of Trauma. 1997; 42(5):<br />

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20. Ali J, Adam RU, Gana TJ, Williams JI. Trauma patient outcome after the Prehospital<br />

Trauma Life Support program. Journal of Trauma. 1997; 42(6): 1018-22.<br />

21. Arreola-Risa C, Mock CN, Lojero-Wheatly L, Garcia C, Canavati-Ayub F, Jurkovich GJ.<br />

Low-cost improvements in prehospital trauma care in a Latin American city. Journal of<br />

Trauma. 2000; 48(1): 119-24.<br />

22. Talving P, Palstedt J, Riddez L. Prehospital management and fluid resuscitation in<br />

hypotensive trauma patients admitted to Karolinska University Hospital in Stockholm.<br />

Prehospital & Disaster Medicine. 2005; 20(4): 228-34.<br />

23. Schröder M. TraumaManagement: Teamorientiert und praxisbezogen. Rettungsdienst.<br />

2010; 1(33): 22-5.<br />

24. Hoedtke J, Knacke PG, Marung H, Moecke H, Wirtz S. Polytraumaversorgung – Quo<br />

vadis? – Von goldenen Stunden, platinen Minuten. Ein Vergleich unterschiedlicher<br />

Strategien und Ausbildungskonzepte. Der Notarzt. 2010; 26: 209-15.<br />

25. Kopschina C, Stangl R. Prehospital trauma care training course: Integration of emergency<br />

physician and rescue services. [German]. Unfallchirurg. 2008; 111 (8): 641-4.<br />

Abbildung 1: Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen [2]<br />

P7f Marktzulassung für zielgerichtete Arzneimittel am Beispiel von Tyrosin-<br />

Kinase-Inhibitoren bei Philadelphia-Chromosom-positiver chronisch<br />

myeloischer Leukämie<br />

Frauke Naumann 1 , Ulrike Hermes 1 , Rembert Elbers 1<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 97


1 Bundesinstitut für Arzneimittel und <strong>Medizin</strong>produkte, Bonn, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das Philadelphia-Chromosom, t(9,22)(q34,q11), kann als ein seit fast 50 Jahren<br />

bekannter Biomarker bezeichnet werden [1]. Die Fusion der Gene BCR und ABL gilt als<br />

Auslöser für unkontrolliertes Zellwachstum bei der chronischen myeloischen Leukämie<br />

(CML). Die für den malignen Klon individualisierte Behandlung mit Tyrosin-Kinase-<br />

Inhibitoren (TKI) revolutionierte die Behandlung von CML [2].<br />

Novartis erhielt 2001 für den TKI Imatinib als „Arzneimittel für seltene Leiden (orphan<br />

drug)“ eine europäische Zulassung durch das "Committee for Human Medicinal products"<br />

(CHMP) mit Marktexklusivität für 10 Jahre. Weitere TKIs wurden zugelassen (Dasatinib,<br />

Nilotinib) [3] oder werden derzeit entwickelt (Bosutinib, Bafetinib [4]). Alle Substanzen<br />

erhielten den regulatorisch bedeutsamen "orphan drug" Status durch das europäische<br />

"Committee for Orphan Medicinal Products" (COMP) [5].<br />

Material/Methoden:<br />

Anhand der Chronologie der Vergabe des "orphan drug" Status durch den COMP und der<br />

Marktzulassungen durch den CHMP von Imatinib, Dasatinib und Nilotinib sollen mit Blick<br />

auf die exakten Formulierungen der "orphan designation" und der zugelassenen<br />

Anwendungsgebiete in den öffentlichen Bewertungsberichten (EPAR) der Europäischen<br />

Arzneimittelbehörde (EMA) Zulassungsstrategien für TKIs bei CML dargestellt werden.<br />

Ergebnisse:<br />

Tabelle 1 (Tab. 1)<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Regularien der europäischen Zulassung für "Arzneimittel für seltene Leiden", mit dem<br />

Fokus auf dem Anreiz der Marktexklusivität und ihren Bedingungen (akzeptables<br />

Ausmaßes an Ähnlichkeit zweier orphan drugs „similarity issue“) und des ggf. zu<br />

belegenden „significant benefit“ werden veranschaulicht. Außerdem wird die Entwicklung<br />

der Nutzen-Risiko-Abwägungen auf Seiten der Behörden bei einem first-in-class und<br />

seinen Nachfolgern aufgezeigt.<br />

Literatur<br />

1. Nowell PC. Discovery of the Philadelphia chromosome: a personal perspective. J Clin<br />

Invest. 2007 Aug; 117(8):2033-5.<br />

2. Fava C, Cortes JE, Kantarjian H, Jabbour E. Standard management of patients with<br />

chronic myeloid leukemia. Clin Lymphoma Myeloma. 2009; 9(Suppl 4):S382-S390.<br />

3. EPARs für Glivec, Sprycel und Tasigna (cited: 01.12.2010). Available from:<br />

http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/landing/epar_search.jsp&j<br />

senabled=true<br />

4. Santos FP, Ravandi F. Advances in treatment of chronic myelogenous leukemia – new<br />

treatment options with tyrosine kinase inhibitors. Leuk Lymphoma. 2009 Dec; 50(Suppl<br />

2):16-26.<br />

5. "Rare disease designations" für CML von Imatinib, Dasatinib, Nilotinib, Bafetinib, Bosutinib<br />

(cited: 01.12.2010). Available from:<br />

http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/landing/orphan_search.js<br />

p&murl=menus/medicines/medicines.jsp&mid=WC0b01ac058001d12b<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 98


Tabelle 1: Europäische Marktzulassungen von TKIs als "orphan drugs" durch Novartis und Bristol<br />

Meyers Squibb<br />

Umsetzung, Evaluation und Methodik III<br />

P8a Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften<br />

und klinische Praxis (FINDAX)<br />

Dea Niebuhr 1 , Vivien Weiß 1 , Henny Annette Grewe 1<br />

1 Hochschule Fulda, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Nichtärztliche Leistungserbringer bevorzugen zur Beantwortung klinischer,<br />

patientenrelevanter Fragen häufig Informationsquellen wie Fachbücher oder<br />

Arbeitskollegen/innen. Die Antworten sind deshalb selten auf dem aktuellen<br />

Wissensstand (externe Evidenz). Für die Bereitstellung wissenschaftlicher Informationen<br />

für alle nichtärztlichen Gesundheitsberufe wurde unter Einbezug der Studierenden und<br />

als Bestandteil in der Lehre im Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda<br />

in 2008 ein Frage- und Antwortdienst FINDAX aufgebaut. Informationen zu klinischen<br />

Fragestellungen in den Gesundheitsberufen werden evidenzbasiert und kostenfrei auf<br />

einer Internetplattform zur Verfügung gestellt.<br />

Material/Methoden:<br />

Durch eine systematische Literaturrecherche wurden in elektronischen Datenbanken<br />

vergleichbare Dienste identifiziert, um entlang einer Strukturanalyse Erkenntnisse zum<br />

dauerhaften Betreiben solcher Informationsdienste gewinnen zu können.<br />

Ergebnisse:<br />

Es wurden 41 Frage- und Antwortdienste überwiegend in Großbritannien, Australien und<br />

den USA identifiziert. Ein hoher Standardisierungsgrad ist ein wesentliches<br />

Leistungsmerkmal. 23 Dienste erfassen die Fragen mit Hilfe eines<br />

Strukturierungsschemas. 19 Dienste verwenden zur Beantwortung die methodisch<br />

qualitativ beste Literatur. Die Dauer der durchschnittlichen Fragebearbeitung (15 min bis<br />

über 32 Std.) hängt von der unterschiedlichen Intensität in der Anwendung der<br />

evidenzbasierten Methodik und der Personalausstattung ab.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

FINDAX hat bislang 35 Fragen mit 136 Einzelrecherchen in biomedizinischen und<br />

pflegerelevanten Datenbanken wie MEDLINE, EMBASE, CINAHL und in der Cochrane<br />

Library nach der evidenzbasierten Methodik bearbeitet. Pflegerelevante Fragen werden<br />

überwiegend mit Leitlinien, Good Practice Points etc. beantwortet. Die Bearbeitung<br />

dauerte durchschnittlich 11,3 Stunden. Zwischen Frageeingang und Ausgabe des<br />

Antwortschreibens vergingen aufgrund der Qualitätssicherung der Antworten im<br />

Durchschnitt 12,1 Arbeitstage. Für das dauerhafte Betreiben sind eine institutionelle<br />

<strong>Netzwerk</strong>struktur für die Nutzung von Synergieeffekten (bspw. mit Praxis- und<br />

Lehreinrichtungen, weiteren Hochschulen) und der Aufbau eines überregionalen<br />

Evidenzportals zentral.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 99


P8b FIT-Nursing Care: Entwicklung und Evaluation einer Internetplattform zur<br />

Unterstützung von Evidence-based Nursing<br />

Eva-Maria Panfil 1 , Susi Saxer 1 , Silvia Käppeli 2 , Luzia Herrmann 3 , Ulrich Bamert 4 ,<br />

Bettina Kuster 5 , Roswitha Koch 6<br />

1<br />

Institut für Angewandte Pflegewissenschaft, St. Gallen, Schweiz<br />

2<br />

Universitätsspital Zürich, Schweiz<br />

3<br />

Inselspital Bern, Schweiz<br />

4<br />

LEP AG, St. Gallen, Schweiz<br />

5<br />

Gesundheitsdepartment, St. Gallen, Schweiz<br />

6<br />

SBK Schweiz, Bern, Schweiz<br />

Hintergrund:<br />

Die Pflegenden in der Schweiz sind gesetzlich verpflichtet, eine auf dem aktuellen Stand<br />

des Wissens basierende Praxis anzubieten. Die grosse Herausforderung für die<br />

Pflegeabteilungen besteht in der Identifizierung des für ihren Aufgabenbereich relevanten<br />

und als gesichert zu betrachtenden Wissens. Ziel dieses Projektes war es, mittels einer<br />

forschungs- und IT-gestützten Internetplattform den aktuellen Stand des Wissens in<br />

praxisnaher und wissenschaftlich differenzierter Form bereitzustellen.<br />

Material/Methoden:<br />

Das mehrphasige Vorgehen beinhaltete folgende Arbeitsschritte: Identifikation von<br />

Produkten (Studien, Klinische Fragen, Standards) und einer Methodik zur kritischen<br />

Bewertung, nutzerfreundliche Darstellung der Produkte, Qualitätsstandards und<br />

Kompetenzprofile, Entwicklung einer nutzerfreundlichen IT-Plattform, Testbetrieb und<br />

Evaluation.<br />

Ergebnisse:<br />

FIT-Nursing Care bewertet kritisch durch zwei Autoren Reviews, Interventionsstudien und<br />

qualitative Studien, hausinterne Standards/Leitlinien und beantwortet klinische Fragen.<br />

Zur praxisnahen Darstellung werden Risikoampeln von RevMan und das adaptierte<br />

Qualitätsprofil des GRADEprofilers genutzt. Im Projektzeitraum wurden durch 47 Autoren<br />

88 Studien bewertet und 24 klinische Fragestellungen beantwortet. FIT-Nursing Care<br />

wurde von 282 Testnutzern genutzt. Die Methodik wurde von den befragten Autoren als<br />

umsetzbar und verständlich bewertet. Drei von vier Nutzern werten die Studienanalysen<br />

als praxisnah und verständlich.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

FIT-Nursing Care bietet die Möglichkeit, externe Evidenz in praxisnaher Darstellung und<br />

deutscher Sprache abzurufen. Die Architektur der Plattform wird derzeit entsprechend der<br />

Rückmeldungen überarbeitet. FIT-Nursing Care wird ab Frühjahr 2011 öffentlich über<br />

Lizenzen zugänglich sein.<br />

P8c High 5s-Projekt – Adaptation und Implementierung von internationalen<br />

standardisierten Handlungsempfehlungen zur Patientensicherheit in<br />

Deutschland<br />

Daniela Renner 1 , Liat Fishman 1 , Magdalena Kolbe 2 , Constanze Lessing 2 , Christian<br />

Thomeczek 1<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ), Berlin, Deutschland<br />

2 Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), Bonn, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das WHO-Projekt „Action on Patient Safety: High 5s“ hat zum Ziel, standardisierte<br />

Handlungsempfehlungen (SOP) zur Verbesserung der Patientensicherheit in<br />

Krankenhäusern innerhalb einer multinationalen Lerngemeinschaft zu implementieren<br />

und zu evaluieren. Es wurden SOP zu drei Themen festgeschrieben, für die aus der<br />

Literatur bekannt ist, dass sie relevante Risikobereiche in der Versorgung im<br />

Krankenhaus darstellen: 1) Eingriffsverwechslungen, 2) Verabreichung<br />

hochkonzentrierter injizierbarer Medikamente, sowie 3) die Medikamentenverordnung bei<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 100


Übergängen im Behandlungsprozess. In Deutschland wird High 5s vom<br />

Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanziert und gemeinsam vom Ärztlichen<br />

Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong> (ÄZQ) und dem Aktionsbündnis Patientensicherheit<br />

e.V. (APS) koordiniert.<br />

Material/Methoden:<br />

Am Beispiel der SOP „Vermeidung von Eingriffsverwechslungen“ wird die nationale und<br />

krankenhausindividuelle Anpassung der in den USA entwickelten SOP dargestellt.<br />

Zentrales Element dieser SOP ist eine OP-Checkliste, die sowohl der SOP-<br />

Implementierung als auch der Datenerfassung für Evaluationszwecke dient. Bundesweit<br />

wurden 18 Krankenhäuser unterschiedlicher Versorgungsstufen für das Projekt rekrutiert.<br />

Mit diesen wurde gemeinsam in Workshops die SOP bzw. die OP-Checkliste an die<br />

deutschen Anforderungen angepasst.<br />

Ergebnisse:<br />

Alle Adaptationen wurden an die internationalen Projektgremien zurückgespiegelt, was<br />

wiederum Anpassungen der SOP auf internationaler Ebene zur Folge hatte. Darüber<br />

hinaus war die Einbettung in die bestehenden präoperativen Prozesse der<br />

Krankenhäuser erforderlich. Deshalb wurden 11 unterschiedliche Checklisten entwickelt,<br />

die unter Wahrung der High 5s-Mindestkriterien je nach Bedarf der Krankenhäuser<br />

weitere inhaltliche und formale Elemente aufweisen.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Im Projektverlauf zeigte sich deutlich, dass eine sprachliche Anpassung der<br />

internationalen SOP-Materialien nicht ausreicht. Zwar müssen zur Beibehaltung der<br />

Prozessstandardisierung bestimmte Mindestkriterien beachtet werden, für die Akzeptanz<br />

und damit für eine erfolgversprechende Implementierung sind jedoch Adaptationen auf<br />

nationaler sowie auf Krankenhausebene erforderlich.<br />

P8d Evaluation validierter Suchfilter zur Identifizierung systematischer<br />

Arzneimittelreviews in Medline und Embase<br />

Sarah Salge 1 , Elke Hausner 2 , Thomas Kaiser 2<br />

1 Hochschule Fulda, Fulda, Deutschland<br />

2 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Köln, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Das IQWiG untersucht u.a. den Nutzen von Arzneimitteln. Systematische Reviews (SR)<br />

sind dabei eine von mehreren Quellen zur Identifikation von Primärstudien. Bei der Suche<br />

nach SR wird i.d.R. auf validierte Suchfilter zurückgegriffen. Die Health Information<br />

Research Unit (HiRU) der McMaster University stellt hierfür verschiedene Filter<br />

unterschiedlicher Sensitivität und Spezifität für Medline und Embase zur Verfügung<br />

(sensitiv, optimiert [„minimizing difference“], spezifisch). Ziel der vorliegenden Arbeit ist<br />

die Evaluation der Filter hinsichtlich ihrer Eignung zur Identifikation von SR zur<br />

Arzneimittelbewertung.<br />

Material/Methoden:<br />

Zunächst wurde ein Goldstandard aus abgeschlossenen Arzneimittelprojekten des IQWiG<br />

generiert, der aus allen in solchen Projekten identifizierten SR bestand. Bei Referenzen,<br />

die in Medline bzw. Embase enthalten waren, aber nicht mit den Filtern identifiziert<br />

werden konnten, fand anschließend eine Prüfung statt, ob sie tatsächlich SR darstellen,<br />

also eine systematische Suche bei diesen Arbeiten durchgeführt wurde. Der<br />

Goldstandard wurde um die irrelevanten SR bereinigt und dann die Sensitivität der<br />

einzelnen Filter ermittelt.<br />

Ergebnisse:<br />

Insgesamt 127 Referenzen des Goldstandards (n=860) wurden nicht durch die Filter<br />

identifiziert. Davon wurden 71 als nicht relevant (keine systematische Suche) eingestuft.<br />

Der bereinigte Goldstandard enthielt 384 (Medline) bzw. 356 (Embase) Zitate. In Embase<br />

betrug die Sensitivität des spezifischen Filters 88,8%, die des sensitiven Filters 99,2%<br />

und damit eine höhere Sensitivität als in den Validierungsstudien der HiRU angegeben.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 101


Der spezifische Filter ergab in Embase 421 Treffer, der sensitive Filter 4609 Treffer.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Für die gezielte Suche nach Arzneimittelreviews als Quelle von Primärliteratur kann auf<br />

die spezifischen Filter der HiRU zurückgegriffen werden. Nur wenn eine weitgehende<br />

Vollständigkeit (z.B. für Bewertungen auf Basis von Sekundärliteratur) angestrebt wird,<br />

muss auf den optimierten bzw. sensitiven Filter ausgewichen werden (mit Beachtung<br />

deutlich höherer Trefferzahl).<br />

Literatur<br />

1. Wong SSL, Wilczynski NL, Haynes RB. Comparison of top-performing search strategies<br />

for detecting clinically sound treatment studies and systematic reviews in MEDLINE an<br />

EMBASE. J Med Libr Assoc. 2006; 94(4): 451-455.<br />

P8e Die Checkliste „Gute Praxis Arztbewertungsportale“: Qualitätsstandards für<br />

Bewertungsportale<br />

Sabine Schwarz 1 , Corinna Schaefer 1 , Günter Ollenschläger 1 für den Expertenkreis<br />

Arztbewertungsportale des ÄZQ<br />

1 Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong>, Berlin, Deutschland<br />

Hintergrund:<br />

Patientinnen/Patienten haben heute mehrere Möglichkeiten eine gute Ärztin/einen guten<br />

Arzt zu finden. Dabei nimmt das Internet eine immer wichtigere Rolle ein. Mit Hilfe von<br />

Arztbewertungsportalen (ABP) können Patientinnen/Patienten 1) eine Ärztin/einen Arzt<br />

suchen, 2) Patientenmeinungen zu einer Ärztin/einen Arzt lesen und 3) ihren<br />

Ärztinnen/Ärzten „Zeugnisse“ ausstellen. Allerdings stellt sich aufgrund der heterogenen<br />

Qualität der existierenden ABP die Frage, ob diese geeignet sind, Nutzerinnen/Nutzer bei<br />

der Arztsuche zu unterstützen. Ein Instrument zur Beurteilung der Informationen zur<br />

Arztsuche und -bewertung auf Online-Portalen stand bisher nicht zur Verfügung.<br />

Material/Methoden:<br />

Ein Expertenkreis entwickelte die Qualitätsanforderungen unter Moderation des ÄZQ.<br />

Dafür wurden bestehende ABP analysiert und Veröffentlichungen zum Thema<br />

recherchiert. Dabei zeigte sich, dass es bisher kaum (inter-)nationale wissenschaftliche<br />

Arbeiten gibt, auf die sich der Expertenkreis bei der Erarbeitung der Checkliste stützen<br />

konnte. Nach einjähriger Entwicklungszeit wurde der Anforderungskatalog im Dezember<br />

2009 veröffentlicht.<br />

Ergebnisse:<br />

Es wurden insgesamt 40 Qualitätskriterien entwickelt. Diese beziehen sich auf juristische,<br />

inhaltliche und technische Aspekte. Ein gutes ABP zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass<br />

es eine Datenschutzerklärung, beinhaltet, ein verständliches Bewertungsverfahren hat,<br />

die Finanzierung offen legt sowie Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch bietet.<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Die Checkliste „Gute Praxis Arzt- und Klinikbewertungsportale“. Modul 1:<br />

Qualitätsanforderungen für Arztbewertungsportale“ formuliert erstmalig Standards für<br />

ABP. Sie kann Nutzerinnen/Nutzern helfen, die Verlässlichkeit eines Webangebots zu<br />

beurteilen. Zudem können Portalbetreiber auf der Grundlage der Checkliste ihr<br />

Webangebot überarbeiten und verbessern. Eine Weiterentwicklung und Modifikation der<br />

Checkliste für die Qualitätseinschätzung von Bewertungsportalen für andere ärztliche<br />

Berufsgruppen ist geplant.<br />

P8f Train-The-Trainer: Ein Curriculum für Lehrer zum Erwerb kritischer<br />

Gesundheitsbildung (eine Phase II Studie)<br />

Katja Bock 1 , Anke Steckelberg 1<br />

1 Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 102


Hintergrund:<br />

Bürger übernehmen zunehmend Verantwortung bei diagnostischen und therapeutischen<br />

Entscheidungen. Bereits für Jugendliche sind Gesundheitsthemen von hoher Relevanz.<br />

Die Partizipation an medizinischen Entscheidungen setzt eine kritische<br />

Gesundheitsbildung voraus. Ein Curriculum für Schüler zum Erwerb dieser Kompetenzen<br />

liegt vor (ebm@school). Das Train-The-Trainer Curriculum wurde entwickelt, um Lehrer<br />

an Allgemeinbildenden Schulen zu befähigen, das ebm@school Curriculum unterrichten<br />

zu können. Das Ziel der Studie war die Pilotierung des TTT-Curriculums im Rahmen einer<br />

Phase II Studie.<br />

Material/Methoden:<br />

Die Pilotierung fand im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Sommersemester 2009 mit<br />

31 Studierenden der Universität Bremen statt. Das TTT-Curriculum umfasst die Module:<br />

1: Trugschluss und Fehleinschätzung, Beobachtungsstudie vs. RCT; 2: Kritische<br />

Bewertung von RCT´s; 3: Internet- und Datenbankrecherche; 4: Diagnostische Tests; 5:<br />

Systematische Übersichtsarbeiten; 6: Bewertung von Patienteninformationen.<br />

Für die Durchführung wurde die Methode des selbstgesteuerten Lernens gewählt. Zur<br />

Beschreibung der Stichprobe wurden Alter, Geschlecht, Geburtsland, Muttersprache,<br />

Bildungsstand und Beruf erhoben. Evaluiert wurden: Eignung der Methode des<br />

selbstgesteuerten Lernens; Verständlichkeit, Schwierigkeitsgrad, Komplexität und<br />

Akzeptanz der Arbeitsmaterialien und Barrieren anhand von Feed-backs, semistrukturierten<br />

Fragebögen und Modultests.<br />

Der Critical Health Competence Test (CHC-Test) wurde zur Kompetenzmessung vor und<br />

nach dem Kurs eingesetzt.<br />

Ergebnisse:<br />

Die Methode des selbstgesteuerten Lernens erwies sich als geeignet. Die Module sind für<br />

die Teilnehmer verständlich, die Komplexität angemessen. Eine Überarbeitung der<br />

Struktur der Module ist notwendig. Das Ergebnis des CHC Tests weist auf eine<br />

Kompetenzsteigerung hin: der Mittelwert der Personenparameter (±SD) betrug im Vortest<br />

493 (±62) und im Nachtest 577 (±84).<br />

Schlussfolgerung/Implikation:<br />

Das TTT-Curriculum bietet Lehrern eine Möglichkeit sich anhand der Methode des<br />

selbstgesteuerten Lernens im Bereich der Evidenz-basierten <strong>Medizin</strong> weiterzubilden.<br />

Weitere Pilotierungen und die Evaluation in einer randomisiert-kontrollierten Studie sind<br />

notwendig.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 103


Vorsitzende und Referenten<br />

Antoine, Sunya-Lee<br />

DIMDI, Köln<br />

Babitsch, Birgit<br />

Berlin School of Public Health<br />

Bergold, Martin<br />

Universität Frankfurt/Main<br />

Blank, Wolfgang<br />

TU München<br />

Böhle, Eckhardt<br />

ZVK, Köln<br />

Borgetto, Bernhard<br />

HAWK Hildesheim<br />

Bühler, Diedrich<br />

GKV-Spitzenverband, Berlin<br />

Bührlen, Bernhard<br />

UPK Basel<br />

Buyx, Alena<br />

Nuffield Council London<br />

Dettloff, Matthias<br />

GKV-Spitzenverband, Berlin<br />

Dintsios, Charalabos-Markos<br />

IQWIG, Köln<br />

Donner-Banzhoff, Norbert<br />

Philipps-Universität Marburg<br />

Dören, Martina<br />

Charité Berlin<br />

Dünnweber, Claudia<br />

AKdÄ, Berlin<br />

Eikermann, Michaela<br />

IFOM, Universität Witten/Herdecke<br />

Engert, Andreas<br />

Uniklinik Köln<br />

Fässler, Margrit<br />

Universität Zürich<br />

Fishman, Liat<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Follmann, Markus<br />

DKG, Berlin<br />

Vorsitzende und Referenten<br />

Geiger, Friedemann<br />

UK Schleswig-Holstein<br />

Groos, Sabine<br />

ZI, Köln<br />

Hagen, Bernd<br />

ZI, Köln<br />

Herrmann, Kirsten<br />

IQWiG, Köln<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 104<br />

Heusser, Peter<br />

Universität Witten/Herdecke<br />

Hirsch, Oliver<br />

Universität Marburg<br />

Horbach, Annegret<br />

FH Frankfurt/Main<br />

Hüsing, Bärbel<br />

Fraunhofer ISI, Karlsruhe<br />

Jazbinsek, Dietmar<br />

Lobby Control, Köln<br />

Kaiser, Thomas<br />

IQWiG, Köln<br />

Kasper, Jürgen<br />

Universität Hamburg<br />

Keller, Heidi<br />

Universität Marburg<br />

Klemperer, David<br />

Fachhochschule Regensburg<br />

Koch, Klaus<br />

IQWiG, Köln<br />

Köpke, Sascha<br />

Universität Hamburg<br />

Kopp, Ina<br />

AWMF, Düsseldorf<br />

Kötter, Thomas<br />

Universität Lübeck<br />

Kretschmann, Jens<br />

ZI, Köln<br />

Kuhn, Joseph<br />

LGL Bayern, Erlangen


Lang, Britta<br />

<strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum, Freiburg<br />

Langer, Gero<br />

MLU Halle-Wittenberg<br />

Langer, Thomas<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Lenz, Matthias<br />

Universität Hamburg<br />

Lieb, Klaus<br />

Universität Mainz<br />

Ludwig, Wolf-Dieter<br />

AkdÄ, Berlin<br />

Meerpohl, Jörg<br />

<strong>Deutsches</strong> Cochrane Zentrum, Freiburg<br />

Meyer, Gabriele<br />

Universität Witten/Herdecke<br />

Mühlhauser, Ingrid<br />

Universität Hamburg<br />

Müller, Hardy<br />

WINEG, Hamburg<br />

Nachtnebel, Anna<br />

LBI-HTA Wien<br />

Neugebauer, Edmund<br />

IFOM, Universität Witten/Herdecke<br />

Nothacker, Monika<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Perleth, Matthias<br />

G-BA, Berlin<br />

Raatz, Heike<br />

CEB Basel<br />

Sänger, Sylvia<br />

GesundheitsUni am Universitätsklinikum Jena<br />

Sauerland, Stefan<br />

IQWiG, Köln<br />

Schaefer, Corinna<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Scheibler, Fülöp<br />

IQWiG, Köln<br />

Scherfer, Erwin<br />

Physio-Akademie, Wremen<br />

Vorsitzende und Referenten<br />

Schmedders, Mechtild<br />

GKV-Spitzenverband, Berlin<br />

Schoberer, Daniela<br />

LKH-Univ. Klinikum Graz<br />

Scholl, Isabelle<br />

Universiätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

Schott, Gisela<br />

AkdÄ, Berlin<br />

Schwarz, Sabine<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Skipka, Guido<br />

IQWiG, Köln<br />

Slanger, Tracy<br />

IQWiG, Köln<br />

Spies, Claudia<br />

Charité, Berlin<br />

Stöckle, Michael<br />

Universität Homburg<br />

Strech, Daniel<br />

MH Hannover<br />

Szecsenyi, Joachim<br />

AQUA, Göttingen<br />

Then, Christoph<br />

Testbiotech e. V., München<br />

Vollmar, Christian Horst<br />

DZNE, Witten<br />

Warmuth, Marisa<br />

LBI-HTA Wien<br />

Weinbrenner, Susanne<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Wieseler, Beate<br />

IQWiG, Köln<br />

Wilm, Stefan<br />

Universität Witten/Herdecke<br />

Windeler, Jürgen<br />

IQWiG, Köln<br />

Zechmeister, Ingrid<br />

LBI-HTA Wien<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 105


Teilnehmer Postersession<br />

Antoine, Sunya-Lee<br />

DIMDI, Köln<br />

Bauer, Kathrin<br />

Uniklinik Köln<br />

Brillant, Corinne<br />

Uniklinik Köln<br />

Bülow, Marcel<br />

TU Dortmund<br />

Conrad, Susann<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Euler, Ulrike<br />

BAuA, Berlin<br />

Genz, Jutta<br />

<strong>Deutsches</strong> Diabetes Zentrum, Düsseldorf<br />

Gerlach, Anja<br />

Universität Hamburg<br />

Giesenhagen, Elisabeth<br />

DIMDI, Köln<br />

Giretzlehner, Michael<br />

RISC Software GmbH, Hagenberg<br />

Göhlen, Britta<br />

DIMDI, Köln<br />

Gorenoi, Vitali<br />

MH Hannover<br />

Grothues, Johannes<br />

HAWK, Hildesheim<br />

Hägele, Michael<br />

IQGT, Köln<br />

Hagen, Bernd<br />

ZI, Köln<br />

Hausner, Elke<br />

IQWiG, Köln<br />

Herrle, Florian<br />

Universität Heidelberg, Mannheim<br />

Herrmann-Frank, Annegret<br />

IQWiG, Köln<br />

Horenkamp-Sonntag, Dirk<br />

WINEG, Hamburg<br />

Teilnehmer Postersession<br />

Janzen, Tatjana<br />

IQWiG, Köln<br />

Kötter, Thomas<br />

Universität Lübeck<br />

Lange, Petra<br />

IQWiG, Köln<br />

Lenz, Matthias<br />

Universität Hamburg<br />

Leopold, Christian<br />

IQGT, Neuss<br />

Matthias, Katja<br />

G-BA, Berlin<br />

Messer, Melanie<br />

IQWiG, Köln<br />

Miedaner, Felix<br />

DIMDI, Köln<br />

Nast, Alexander<br />

Charité, Berlin<br />

Naumann, Frauke<br />

BfArM, Bonn<br />

Nebling, Thomas<br />

TK Hamburg<br />

Neidhardt, Katja<br />

Novartis Pharma GmbH, Nürnberg<br />

Niebuhr, Dea<br />

Hochschule Fulda<br />

Panfil, Eva-Maria<br />

HS f. Angewandte Wissenschaften, St. Gallen<br />

Peinemann, Frank<br />

IQWiG, Köln<br />

Rasch, Andrej<br />

G-BA, Berlin<br />

Renner, Daniela<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Rohe, Julia<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Rothe, Christiane<br />

ÄZQ, Berlin<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 106


Salge, Sarah<br />

Hochschule Fulda<br />

Schwarz, Sabine<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Schwencke, Silja<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Siering, Ulrich<br />

IQWiG, Köln<br />

Sroczynski, Gaby<br />

UMIT Hall i.T.<br />

Teilnehmer Postersession<br />

Steckelberg, Anke<br />

Universität Hamburg<br />

Strobelberger, Michaela<br />

Donau Universität Krems<br />

Weikert, Beate<br />

ÄZQ, Berlin<br />

Zens, Yvonne<br />

IQWiG, Köln<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 107<br />

Ziegler, Ines<br />

Berlin School of Public Health


Allgemeine Informationen<br />

Veranstaltungsort:<br />

Technische Universität Berlin<br />

Hauptgebäude H<br />

Straße des 17. Juni 135<br />

10623 Berlin<br />

Allgemeine Informationen<br />

Kongressunterlagen:<br />

Namensschilder und Kongressunterlagen werden Ihnen bei Ankunft am Info-Point<br />

ausgehändigt.<br />

Fortbildungspunkte:<br />

Fortbildungspunkte wurden bei der Ärztekammer Berlin beantragt und werden Ihnen mit der<br />

Teilnahmebestätigung zugesandt. Bitte denken Sie daran, sich auf der Teilnahmeliste<br />

einzutragen sowie den Evaluationsbogen auszufüllen und einzureichen.<br />

Abstracts:<br />

Alle Abstracts werden auf dem Portal GMS German Medical Science nach der Tagung<br />

veröffentlicht (http://www.egms.de). Sie können sich alle Abstracts zum Programm auf der<br />

Kongresshomepage herunterladen.<br />

Handynutzung & Internetzugang:<br />

Alle Teilnehmer werden gebeten, ihre Mobiltelefone während der Sessions und Workshops<br />

auszuschalten. Vielen Dank. Ein WLAN-Anschluss steht Ihnen während der Veranstaltung<br />

zur Verfügung. Bitte melden Sie sich am Info-Point des DN<strong>EbM</strong> e. V.<br />

Poster- & Vortragshinweise:<br />

Poster- und Vortragshinweise werden ausführlich auf der Kongresshomepage beschrieben<br />

(www.ebm-kongress.de � Downloads).<br />

Posterpreise:<br />

Die drei besten Poster werden während der Posterpräsentation auf dem Kongress von den<br />

Vorsitzenden der Posterbegehung ausgewählt und anschließend im Rahmen des<br />

Gesellschaftsabends prämiert.<br />

Die Poster werden wie folgt prämiert:<br />

1. Preis: 500 Euro<br />

2. Preis: 250 Euro<br />

3. Preis: 150 Euro<br />

Für Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle<br />

während der Jahrestagung am Info-Point des DN<strong>EbM</strong> gerne zur Verfügung.<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 108


Veranstaltungsort<br />

Campusplan<br />

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln:<br />

U2: U Ernst-Reuter-Platz<br />

S5, S7, S75, S9: S Tiergarten<br />

Veranstaltungsort<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 109<br />

TU Berlin<br />

Hauptgebäude<br />

Straße des 17. Juni 135<br />

10623 Berlin


Gesellschaftsabend<br />

Gesellschaftsabend<br />

Nutzen Sie den Abend zu vertiefenden Gesprächen mit Referenten und Teilnehmern und lassen Sie<br />

den Tag Revue passieren.<br />

Der Gesellschaftsabend mit gemeinsamen Abendessen findet statt am<br />

Freitag, den 25. März 2011, ab 20.00 Uhr<br />

im<br />

Rosenthaler Straße 40/42<br />

10178 Berlin<br />

Telefon: +49 30 2839 188-6<br />

Fax: +49 30 2839 188-7<br />

E-Mail: info@oxymoron-berlin.de<br />

Ein Unkostenbeitrag in Höhe von 45,00 Euro ist bei der Anmeldung zu zahlen.<br />

Neben der Bekanntgabe der Gewinner des Posterpreises findet die Verleihung des Journalistenpreises<br />

des DN<strong>EbM</strong> e. V. sowie weiterer Preise statt.<br />

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln:<br />

S5, S7, S75, S9: S Hackescher Markt<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

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Sponsoren<br />

Sponsoren<br />

Wir danken unseren Sponsoren für ihre freundliche Unterstützung:<br />

GKV-Spitzenverband<br />

Ärztliches Zentrum für Qualität in der <strong>Medizin</strong><br />

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie<br />

Gemeinsamer Bundesausschuss<br />

<strong>EbM</strong> 2011: <strong>EbM</strong> & <strong>Individualisierte</strong> <strong>Medizin</strong><br />

Seite 111

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