Stadtzeitung Juni 2008 - Marchtrenk
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1895 wird Ferdinand<br />
Ullrich als Sohn eines<br />
Lehrerehepaares in Reichenberg<br />
in Böhmen geboren.<br />
63 Jahre später ist er<br />
der Gründer der Apotheke<br />
„ Zur Welser Heide“ in<br />
<strong>Marchtrenk</strong>, das damals<br />
noch ein kleines, bäuerliches<br />
Heidedorf gewesen ist.<br />
Das kam so: 1912 nach<br />
sechs Jahren Gymnasium,<br />
beginnt Ferdinand Ullrich<br />
eine einschlägige Lehre in<br />
der Conrath - Apotheke in<br />
Reichenberg, so wie es<br />
damals für den Apothekerberuf<br />
Vorschrift gewesen<br />
ist. Die Lehre endet jäh im<br />
Ersten Weltkrieg an der russischen<br />
und italienischen<br />
Front, von der der Lehrling<br />
als Leutnant heimkehrt.<br />
Aber schon im November<br />
1918 inskribiert Ferdinand<br />
Ullrich in Wien den<br />
Lehrgang zum „Magister<br />
in der Kunst der Pharmazie“<br />
an der Universität,<br />
MARCHTRENKER<br />
und schließt dort seine<br />
Ausbildung zum Pharmazeuten<br />
1920 ab. In der<br />
Fasanapotheke in Wien<br />
nimmt er seine Laufbahn<br />
als angestellter Apotheker<br />
auf. Hier lernt er die<br />
Apothekenhelferin Hildegard<br />
Freitag kennen, die<br />
1921 seine Gattin wird. In<br />
der schweren Zeit der ersten<br />
Republik Österreich reift<br />
im jungen, angestellten<br />
Apotheker bald der Wunsch<br />
nach Selbständigkeit.<br />
Groschen um Groschen legt<br />
das Ehepaar zusammen, um<br />
einmal eine Apotheke wenigstens<br />
pachten zu können.<br />
Inflation und Wirtschaftskrise<br />
machen jeden<br />
Traum zunichte.<br />
Sohn Wolfgang wird 1927<br />
geboren, Tochter Gertraud<br />
1939. Mit Ausbruch des<br />
Zweiten Weltkrieges muss<br />
Ferdinand Ullrich wieder an<br />
die Front. Nach dem<br />
Polenfeldzug kann er, weil<br />
Jahrgang 1895, abrüsten<br />
und die kleine Apotheke<br />
von Leobersdorf bei Wien<br />
in Pacht nehmen, deren jüngerer<br />
Besitzer an der Front<br />
bleiben muss. Hier aber<br />
werden seine schlimmsten<br />
Befürchtungen über den<br />
Verlauf des Krieges wahr.<br />
Nach den Fliegerbomben<br />
rollt 1945 die russische<br />
Front über die Gemeinde<br />
hinweg. Auf der Flucht<br />
überlebt er in einer Höhle<br />
an der Hohen Wand in N.Ö.<br />
mit Frau und Tochter die<br />
letzten Kriegstage.<br />
Ferdinand Ullrich harrt als<br />
Pächter in Leobersdorf aus,<br />
bis der Apothekenbesitzer<br />
aus der Gefangenschaft<br />
heimkehren kann. Ein zweites<br />
Mal vernichtet eine<br />
Nachkriegsinflation die<br />
Ersparnisse der Ullrichs.<br />
Ab 1948 arbeitet Ferdinand<br />
Ullrich in der Thalia-<br />
Apotheke in Wien, die er<br />
1952 schließlich pachten<br />
kann. Es sind die erfreulichen<br />
Jahre des Wieder-<br />
6<br />
STADTZEITUNG<br />
50 Jahre Apotheke “Zur Welser Heide“<br />
Aus der Familiengeschichte:<br />
aufbaues in Österreich.<br />
Sohn Wolfgang studiert<br />
Pharmazie und dissertiert<br />
an der Universität Wien.<br />
Tochter Gertraud beginnt<br />
nach der Matura 1957<br />
ebenfalls das Pharmaziestudium.<br />
Nebenberuflich wird der<br />
Sohn, nun Dr. Wolfgang<br />
Ullrich, Redakteur der<br />
Apothekerzeitung, Dabei<br />
begegnet er in der Apothekerkammer<br />
zufällig<br />
Frau Anna Haberfellner,<br />
die sich dort geschäftstüchtig<br />
bemüht, einen Apotheker<br />
für ihr altes Haus<br />
an der Welser Straße in<br />
<strong>Marchtrenk</strong> zu interessieren.<br />
Dr. Wolfgang Ullrich<br />
weiß um die alten Sehnsüchte<br />
des Vaters und trägt<br />
das Ansinnen von Frau<br />
Anna Haberfellner seinem<br />
Vater vor. Mag. pharm.<br />
Ferdinand Ullrich, nun bereits<br />
63-jährig und eigentlich<br />
pensionsreif, ergreift<br />
die Chance und ersucht um<br />
die Konzession zum Betrieb<br />
einer öffentlichen<br />
Apotheke in <strong>Marchtrenk</strong>.<br />
Mit seinen „dritten“ Ersparnissen<br />
und einem Kredit<br />
baut er das alte Haberfellnerhaus<br />
in ein Apothekenhaus<br />
um.<br />
Gemeinsam mit seiner<br />
Gattin Hildegard eröffnet<br />
er am 2. August 1958 die<br />
neue, von ihm so benannte<br />
Apotheke „Zur Welser<br />
Heide“ in <strong>Marchtrenk</strong>. Ein<br />
Lebenstraum ist für Ferdi-<br />
nand Ullrich in Erfüllung<br />
gegangen.<br />
1962 spondiert Tochter<br />
Gertraud zur Magistra der<br />
Pharmazie und kann nun<br />
die Eltern in der Apotheke<br />
entlasten. Aber nur wenige<br />
Jahre sind Ferdinand<br />
Ullrich in seiner eigenen<br />
Apotheke gegönnt. 1965<br />
reißt ihn ein Schlaganfall<br />
aus seinem schaffensreichen<br />
Leben.<br />
Nun ist es an Frau Mag.<br />
pharm. Gertraud Ullrich<br />
noch als sehr junge<br />
Pharmazeutin die verantwortungsvolle<br />
Nachfolge<br />
anzutreten. Sie wird aber<br />
bis 2004 in der Apotheke<br />
„Zur Welser Heide“ insgesamt<br />
42 Jahre, zuerst als<br />
angestellte und dann als<br />
selbständige Apothekerin<br />
tätig gewesen sein. 1970<br />
heiratet sie Dipl.-Ing. Erwin<br />
Prillinger aus Wels.<br />
Dadurch muss sie ihren<br />
schönen altösterreichischen<br />
Familiennamen Ullrich in<br />
den uroberösterreichischen<br />
Namen Prillinger ändern.<br />
Die Familie wächst auf fünf<br />
Köpfe: 1971 kommt Sohn<br />
Manfred, 1973 Tochter<br />
Christa und 1976 Tochter<br />
Margit zur Welt.<br />
1982 verstirbt 80-jährig<br />
Frau Hildegard Ullrich,<br />
die, als starke Frau an der<br />
Seite des Gatten arbeitend,<br />
für die Familie unermüdlich<br />
tätig gewesen ist und auch