amz_2012_11
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technik trends<br />
Mercedes-Benz schließt<br />
R1234yf-Einsatz aus<br />
_ Sicherheitsbedenken haben Mercedes-Benz dazu veranlasst,<br />
das alternative Kältemittel R1234yf doch nicht in seinen Fahrzeugen<br />
einzusetzen. Steht das alternative Kältemittel damit vor dem Aus?<br />
Es ist kaum zu glauben, was sich<br />
derzeit bei der Einführung eines<br />
klimafreundlichen Kältemittels in<br />
der Automobilindustrie abspielt.<br />
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
sind schon lange klar: Bereits<br />
vor fünf Jahren hat die EU mit der Verordnung<br />
(EG) Nr. 706/2007 den Einsatz<br />
von Kältemitteln mit einem GWP-Wert<br />
(Global Warming Potential) von mehr<br />
als 150 für alle neuen Fahrzeugtypen ab<br />
dem 1. Januar 20<strong>11</strong> und für alle Neufahrzeuge<br />
ab dem 1. Januar 2017 verboten.<br />
Lange Zeit war nicht klar, welches alternative<br />
Kältemittel das Rennen machen<br />
würde. Erst haben sich die im VDA organisierten<br />
Autobauer für Kohlendioxid<br />
ausgesprochen und dann schließlich<br />
doch auf R1234yf umgeschwenkt.<br />
Vorreiter steigt aus<br />
Mercedes-Benz war einer der ersten<br />
deutschen Automobilhersteller, der<br />
R1234yf einsetzen wollte. Dies wurde zur<br />
Markteinführung der B-Klasse vor einem<br />
Jahr erwartet. Doch es kam anders: Lie-<br />
14 <strong>amz</strong> - auto | motor | zubehör Nr. <strong>11</strong>-<strong>2012</strong><br />
ferschwierigkeiten bei den Herstellern<br />
der Chemikalie – Honeywell und DuPont<br />
– verhindern bis heute, dass R1234yf in<br />
Serienfahrzeugen eingesetzt wird. Die<br />
EU-Kommission zeigte sich bisher gnädig<br />
und gewährte den Automobilbauern<br />
eine Fristverlängerung bis Ende dieses<br />
Jahres.<br />
Und nun das: Mercedes-Benz steigt<br />
aus und will künftig statt R1234yf weiterhin<br />
das Kältemittel R134a in seinen<br />
Fahrzeugen einsetzen. Wie es in der<br />
offiziellen Stellungnahme des Unternehmens<br />
heißt, tritt bei dem neu entwickelten<br />
Real-Life-Testverfahren Kältemittel<br />
in der Nähe heißer Teile der<br />
Abgasanlage aus und entzündet sich.<br />
Der Test simuliert einen schweren Frontalaufprall,<br />
bei dem die Kältemittelleitung<br />
bricht. Zwar sei die neue Chemikalie<br />
unter vergleichbaren Laborbedingungen<br />
nur schwer zu entflammen, in einem<br />
heißen Motorraum könne sie sich jedoch<br />
als zündfähig erweisen. Diese Erkenntnis<br />
veranlasste Mercedes-Benz, zunächst<br />
weiterhin R134a zu verwenden, das bei<br />
vergleichbaren Tests nicht brennt.<br />
Der Alleingang von Mercedes-Benz<br />
verunsichert den Markt. Ob die fertig<br />
entwickelten R1234yf-Geräte jemals<br />
zum Einsatz kommen, liegt nun an der<br />
Entscheidung der anderen Autobauer.<br />
Foto: Bosch<br />
Alleingang mit<br />
unabsehbaren Folgen<br />
Was dieser Alleingang von Mercedes-<br />
Benz für die gesamte Branche bedeutet,<br />
ist aus heutiger Sicht noch nicht abzusehen.<br />
Honeywell und DuPont müssen<br />
nun den Gegenbeweis antreten, um ihr<br />
Produkt vermarkten zu können. Ebenso<br />
alle anderen Autobauer, die weiterhin<br />
auf R1234yf setzen. Besonders hart trifft<br />
es die Werkstattausrüster. Sie haben<br />
hohe Summen investiert und R1234yf-<br />
Klimaservicegeräte entwickelt und an<br />
die Vorgaben der Automobilhersteller<br />
angepasst. Vor allem Mercedes-Benz<br />
hat hier sehr hohe Anforderungen an<br />
die Geräte gestellt. Nun werden sie in<br />
dessen Service-Organisation nicht mehr<br />
gebraucht, bevor sie jemals zum Einsatz<br />
kamen. Spannend wird nun sein, für<br />
welches klimafreundliche Kältemittel<br />
sich Mercedes-Benz entscheiden wird.<br />
Greifen die Stuttgarter nun doch zu CO 2 ,<br />
könnte es Kfz-Werkstätten im schlimmsten<br />
Fall passieren, künftig nicht mit<br />
zwei, sondern mit drei Klimaservicegeräten<br />
arbeiten zu müssen.<br />
Richtig investieren<br />
Aber zunächst einmal sollten Kfz-Betriebe<br />
gelassen bleiben und abwarten,<br />
wie sich der Markt entwickelt. Momentan<br />
gibt es keine Fahrzeuge mit R1234yf<br />
auf dem Markt. Also macht es auch keinen<br />
Sinn, sich dafür ein Gerät anzuschaffen.<br />
Investieren sollten Kfz-Betriebe aber<br />
dennoch. Und zwar in moderne R134a-<br />
Geräte. Diese werden auch in Zukunft<br />
eine große Bedeutung im Service haben.<br />
Denn es ist davon auszugehen, dass bis<br />
Ende 2016 noch sehr viele Fahrzeuge mit<br />
R134a-Klimaanlagen auf den Markt kommen<br />
werden. Vor diesem Hintergrund<br />
werden Fahrzeuge mit dem alten Kältemittel<br />
noch sehr lange zu Wartungs- und<br />
Reparaturarbeiten in die Werkstätten<br />
kommen. Hier gibt es noch viel Potenzial,<br />
den Klimaservice zu professionalisieren<br />
und dieses Dienstleistungsangebot auszubauen.<br />
Richard Linzing