Networking - VdU
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Deutschland könnte einen weltweit führenden Platz in der Umwelttechnik<br />
einnehmen. Das wird aber durch Zickzack-Kurs gerade<br />
erheblich erschwert.<br />
Frauen treffen bereits heute im Konsumgüterbereich rund 80<br />
Prozent der Kaufentscheidungen. In den Entscheidungsgremien<br />
der Unternehmen sind sie jedoch stark unterrepräsentiert;<br />
Deutschland liegt im internationalen Vergleich eher am Ende,<br />
gleichauf mit Indien. Dabei beweisen<br />
zahlreiche Studien: Gemischte Führungsteams<br />
sind kreativer und erfolgreicher!<br />
Seit zehn Jahren sind freiwillige<br />
Vereinbarungen mit den Unternehmen<br />
in Deutschland ohne nennenswerte<br />
Erfolge geblieben. EU-Kommissarin<br />
Viviane Reding plädiert deshalb<br />
für die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Vorständen<br />
und Aufsichtsräten, zu der sich neuerdings auch der bayerische<br />
Ministerpräsident Seehofer positiv äußert.<br />
Silke Kraus: Herr Minister, mehr Frauen in Führungspositionen<br />
könnten auch eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit von<br />
Bayern sein. Wäre es nicht eine Herausforderung, hier als Trendsetter<br />
voranzugehen?<br />
Martin Zeil: Ich bin auch dafür, dass mehr Frauen Führungspositionen<br />
übernehmen. Starre Quoten sind aber der falsche Weg. Ich<br />
bin fest davon überzeugt, dass Frauen den Weg an die Spitze von<br />
Unternehmen aus eigener Kraft und Leistung schaffen können,<br />
und lehne es ab, dass der Staat mit gesetzlichen Quoten direkt in<br />
Unternehmensentscheidungen eingreift. Verweigern sich Unternehmen,<br />
freiwillig mehr Frauen zu befördern, droht ihnen heutzutage<br />
ein Reputationsverlust. Außerdem gehen ihnen auch die Fachkräfte<br />
aus. Ich setze mich deshalb dafür ein, dass Frauen in Politik<br />
und Wirtschaft mehr Verantwortung übernehmen. Es kann ja wohl<br />
nicht wahr sein, dass Deutschland bei der Managerinnen-Quote<br />
im europäischen Vergleich nur auf Platz 28 liegt – von 29 Ländern!<br />
Im Gegensatz dazu glaubt die Unternehmerin und <strong>VdU</strong>-Vizepräsidentin<br />
Claudia Gläser nach zehnjähriger Erfahrung mit freiwilligen<br />
Vereinbarungen nicht daran, dass auch ohne gesetzliche Regelungen<br />
der Anteil von Frauen in den Vorständen und Aufsichtsgremien<br />
deutlich erhöht wird.<br />
Silke Kraus: Frau Gläser, teilen Sie in Ihrer Rolle als erfolgreiche<br />
mittelständische Unternehmerin und <strong>VdU</strong>-Vizepräsidentin die Meinung<br />
des Ministers?<br />
Claudia Gläser: Vor dem Hintergrund der enorm hohen Anzahl an<br />
weiblichen „High Potentials“ ist es aus meiner Sicht ein Skandal,<br />
dass Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten immer noch<br />
„Wer keine Frauen<br />
befördert, dem<br />
gehen die<br />
Fachkräfte aus!“<br />
Exoten sind. Eigentlich müsste doch jedes Unternehmen vor dem<br />
Hintergrund des Fachkräftemangels ein großes Interesse daran haben,<br />
für sich die besten Köpfe zu gewinnen. Ich beschäftige in<br />
meinem Unternehmen ganz selbstverständlich Männer in Teilzeit,<br />
wenn diese sich mehr Zeit für andere Aufgaben wünschen. Führung<br />
muss man heute anders definieren. Mit der Entkoppelung<br />
von Leadership und Tagesgeschäft haben wir sehr gute Erfahrungen<br />
gemacht. Der Fachkräftemangel<br />
wird von uns eine neue Personalpolitik<br />
verlangen, denn die Vorstellung der Belegschaft<br />
zum Thema gute Arbeit verändert<br />
sich rasant.<br />
Kraus: Herr Schoeller, welche Rolle spielen<br />
Frauen heute in den Familienunternehmen?<br />
Martin Schoeller: Frauen in der obersten Leitungsebene sind noch<br />
sehr selten. 12- bis 16-Stundentage mit der Betreuung von Kindern<br />
zu kombinieren, ist äußerst schwierig. Anders sieht es in Aufsichtsräten<br />
aus, wo nicht der Tageskampf gefragt ist. Hier sehe ich am<br />
ehesten eine Veränderung. Eine Hürde stellt allerdings die Erwartung<br />
an Aufsichtsratsmitglieder dar, Erfahrung in der obersten Leitungsebene<br />
mitzubringen, um die Kompetenz und Autorität gegenüber<br />
dem operativen Management sicherzustellen.<br />
Kraus: Sind bayerische Unternehmer schon reif für starke Frauen<br />
an ihrer Seite?<br />
Schoeller: Gemischte Teams sind ein sehr einleuchtendes Konzept.<br />
Dies ist aber noch nicht systematisch im Bewusstsein vieler männlicher<br />
Manager angekommen. Das Problem der Rollenbilder ist<br />
das Spannungsfeld von Konkurrenz und Kooperation. Zum Glück<br />
ist die natürliche Ausrichtung von Männern und Frauen weniger<br />
konkurrenz- und mehr kooperationsgeprägt. Im Aufsichtsrat sehen<br />
wir deshalb große Vorteile mit mehr Frauen.<br />
Kraus: Frau Gläser, Sie sind ein perfektes Beispiel dafür, dass auch<br />
Frauen mit Kindern erfolgreich ein Unternehmen leiten können …<br />
Gläser: Für mich gab es kein Entweder-oder. Mein Mann und ich<br />
sind vermutlich ein gutes Beispiel dafür, dass sich die Rollenbilder<br />
schon verändert haben. Frauen wollen heute ganz selbstverständlich<br />
Verantwortung übernehmen, und es gibt auch immer mehr<br />
Männer, die gerne mehr Zeit mit den Kindern verbringen möchten.<br />
Frauen stehen sich manchmal mit einem mangelnden Selbstbewusstsein<br />
oder Perfektionsansprüchen selbst im Weg. Das Wort<br />
Rabenmutter sollten Mütter aus ihrem Wortschatz verbannen.<br />
Eine im Berufsleben erfolgreiche Mutter, die ihren Job liebt, ist aus<br />
meiner Sicht immer auch eine glückliche Mutter mit zufriedenen<br />
Kindern und einer guten Partnerschaft.<br />
Die Unternehmerin 01 i 2012 25