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2-JAHRES KONZEPT DER FLEISCHEREI „THE ART OF LIFE“

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hat ihren Durchbruch Mitte der 50er Jahre; ihr Versuch, dem engen Kosmos des Wiener<br />

Literatenkreises zu entfliehen, ist gelungen. Ein früher Ruhm ermöglicht es ihr, vom Schreiben zu<br />

leben, sie geht nach Italien, lebt teilweise mit dem Komponisten Hans Werner Henze zusammen.<br />

Aber das stille Gespräch mit der einstigen Geliebten reißt nicht ab – sie schreibt, dass sie seine<br />

Gedichte „besser lesen [könne] als die anderen“, weil sie ihm „darin begegne“! Leidenschaft und<br />

Erlösungssehnsucht treiben sie voran, lässt immer wieder Celan vor dem inneren Auge entstehen<br />

(siehe Motivwahl ihres 2. Gedichtbands „Anrufung des großen Bären“ 1956). Ohne ihr Wissen<br />

führt auch Celan das „Gespräch“ weiter. 1948 entsteht in Wien das Gedicht „Sprachgitter“, in dem<br />

er erneut um die „In Ägypten“ entworfene Differenz ringt und erstmals zwei Perspektiven im<br />

Angesicht der Vernichtungserfahrung zusammenführt: „die beiden / herzgrauen Lachen: / zwei /<br />

Mundvoll Schweigen“.<br />

„Herzzeit“<br />

Als ER und SIE im Oktober 1957 erneut aufeinandertreffen, bricht sich die Liebe orkanhaft neue<br />

Bahn. Eine handschriftliche Notiz von ihr: „Wann fährst Du? Und wann kommst Du wieder?“<br />

eröffnet nun ein sonst nirgendwo in den Briefen mögliches Glück der Vereinigung. Leben und<br />

Lieben, Lesen und Schreiben, Sprechen und Schweigen finden nun auf überwältigende Weise<br />

zusammen. Celans Gedicht „Köln, Am Hof“ benennt diese neue „Herzzeit“, das, was „Verbannt<br />

und Verloren“ schien, weiß sich „daheim“. Im Mai 1958, fast zehn Jahre nach ihrer ersten<br />

Begegnung in Wien, kommt es zur erneuten Trennung. Beide kämpfen nun um den Erhalt der<br />

Freundschaft. Das Bemühen, mit vereinten Kräften dem Leben „entgegen“ zu gehen, bringt neue,<br />

ungeahnte Schnittstellen und Zufälligkeiten hervor – im Juli 1958, nur einen Tag nach der ersten<br />

Begegnung mit seiner späteren Frau Gisèle, lernt Bachmann in Paris Max Frisch kennen.<br />

Das „grössere Unglück“<br />

Ihre Legen gehen andere Wege, erneute Kränkungen, erneutes Verstummen und Verschweigen<br />

sind die Folge.. Der Briefwechsel zwischen Max Frisch und Paul Celan zeugt davon, dass hier<br />

völlig unterschiedlichen Lebens- und Dichtungsverständnisses am Werk sind, die auch die<br />

Partnerinnen in den Strudel hineinziehen. In einem letzten Aufbegehren gegen den „Untergang“<br />

der Liebe zielt sie auf eine grundsätzliche Klärung: „Und ich frage mich eben, wer bin ich für Dich,<br />

wer nach sovielen Jahren?“ („Herzzeit“). Sie muss einsehen, „dass alle Erklärungen, jedes<br />

Eintreten, so richtig es auch gewesen sein mag“, das Unglück des geliebten Freundes nicht<br />

verringern können, weil „das grössere Unglück in Dir selbst ist“. „Du willst das Opfer sein, aber es<br />

liegt an Dir, es nicht zu sein.“ Dieser Brief wird nie abgeschickt, wie so viele Entwürfe in dieser<br />

Korrespondenz. Im April 1970 stürzt sich Paul Celan in die Seine. Nur drei Jahre später, am 17.<br />

Oktober 1973, stirbt Ingeborg Bachmann an den Folgen einer Brandverletzung in Rom.<br />

THE <strong>ART</strong> <strong>OF</strong> LIFE<br />

Einreichung an das Kuratorium Theater, Tanz, Performance<br />

<strong>FLEISCHEREI</strong> – 2-Jahreskonzept [2011-2012]

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