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Lebensqualität - Landentwicklung - Steiermark

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Klima im Wandel<br />

Die Gründe, den Klimawandel zu stoppen,<br />

sind mittlerweile allseits bekannt:<br />

Angefangen vom Anstieg des Meeresspiegels,<br />

über Dürren und daraus folgende<br />

Hungersnöte, bis hin zu Diversitätsverlust.<br />

Nun stellt sich die Frage, wer wie viel<br />

zur Vermeidung bzw. zur Verminderung<br />

des Klimawandels beitragen soll.<br />

Eine einfache Antwort ist hier nicht möglich<br />

und führt unweigerlich zur Thematik<br />

der Gerechtigkeit. Univ.­Prof. Dr. phil.<br />

Lukas H. Meyer von der Karl­Franzens­<br />

Universität Graz setzt sich schon seit einigen<br />

Jahren mit Klimagerechtigkeit auseinander<br />

und wurde dazu befragt.<br />

Herr Prof. Dr. Meyer, wieso spielt der<br />

Aspekt Gerechtigkeit eine so wichtige<br />

rolle? reicht denn eine „bloße“ Verringerung<br />

bzw. Vermeidung des Klimawandels<br />

nicht aus?<br />

Das angestrebte Ziel ist Mitigation, also<br />

die Reduktion der Treibhausgasemissionen,<br />

und angesichts nicht vermiedener<br />

oder nicht mehr vermeidbarer Auswirkungen<br />

der Klimaänderungen die Adaptation,<br />

also die Verringerung der Verletzbarkeit<br />

von Menschen durch den Klimawandel.<br />

Aber warum sollten wir diese<br />

Ziele verfolgen? Weil Überlegungen der<br />

Gerechtigkeit dies von uns fordern, ist<br />

eine und meines Erachtens die für uns<br />

wichtigste Antwort. Denn wenigstens minimal<br />

gerecht handeln zu sollen ist für<br />

uns eine unabweisbare Forderung.<br />

Welche Faktoren sollten in Zusammenhang<br />

mit Klimagerechtigkeit beachtet<br />

werden?<br />

Die Auswirkungen des Klimawandels<br />

sind in ihrer Qualität und Stärke sehr unterschiedlich.<br />

Aus Sicht der Gerechtigkeit<br />

sind primär die erwartbaren Auswirkungen<br />

zu beachten, die gerechte Ansprüche<br />

oder moralische Grundrechte von Menschen<br />

verletzen, also Ansprüche auf Suf­<br />

Thema 4/2011: <strong>Lebensqualität</strong><br />

Interview: Christine rossegger<br />

Das Klima – ein Indikator für<br />

<strong>Lebensqualität</strong><br />

Industrieländer kontra Entwicklungsländer<br />

Das Klima und somit natürlich auch der Klimawandel haben starken Einfluss auf die<br />

<strong>Lebensqualität</strong> der gesamten Bevölkerung. In besonders hohem Ausmaß betreffen die<br />

negativen Auswirkungen vor allem jene, die kaum für den Klimawandel verantwortlich<br />

sind – Entwicklungsländer beispielsweise. Ist das gerecht?<br />

fizienz (hinreichende Versorgung mit den<br />

für ein halbwegs gutes Leben nötigen<br />

Ressourcen, also Schutz insbesondere<br />

vor Hunger), auf Überleben (Schutz vor<br />

frühzeitigem Tod z.B. durch extreme Wetterbedingungen),<br />

auf Autonomie (Schutz<br />

insb.vor Zwangsumsiedlung). Der Schutz<br />

solcher grundlegender Ansprüche der<br />

Gerechtigkeit sollte die Klimaziele mitbestimmen<br />

helfen. Da vornehmlich (aber<br />

längst nicht mehr allein) zukünftig lebende<br />

Menschen vom Klimawandel stark negativ<br />

betroffen sein werden, ist dies auch<br />

eine Frage der Generationengerechtigkeit.<br />

Die meisten Studien gehen<br />

davon aus, dass wir mit einigen<br />

Prozent globalem Verzicht an<br />

Wachstumssteigerung auch<br />

anspruchsvolle Ziele des<br />

Klimaschutzes bezahlen können.<br />

Allerdings hat Klimaschutz einen Prei.<br />

Die Frage ist: wer bezahlt? Das ist eine<br />

Frage der Verteilungsgerechtigkeit zwischen<br />

allen heute lebenden Menschen.<br />

Die meisten Studien gehen davon aus,<br />

dass wir mit einigen Prozent globalem<br />

Verzicht an Wachstumssteigerung auch<br />

anspruchsvolle Ziele des Klimaschutzes<br />

bezahlen können. Menschen, wie ich und<br />

du, die in hochindustrialisierten Ländern<br />

aufgewachsen sind und leben und an den<br />

typischen Lebensweisen und dem Wohlstand<br />

dieser Länder partizipieren, haben<br />

bisher sehr viel mehr Begünstigungen<br />

aus der Industrialisierung oder generell<br />

aus Aktivitäten, die mit Emissionen einhergehen,<br />

bezogen – die meisten Menschen<br />

in den sogenannten Entwicklungsländern<br />

sehr viel weniger. Dazu kommt,<br />

dass insbesondere die zukünftig in den<br />

Entwicklungsländern Lebenden sehr viel<br />

mehr Schäden aufgrund des Klimawandels<br />

zu erwarten haben. Das legt nahe,<br />

<strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong><br />

| 28 |<br />

dass die Menschen in den reichen und<br />

hoch industrialisierten Ländern den Löwenanteil<br />

der Kosten des globalen Klimaschutzes<br />

tragen sollten.<br />

Wo sehen sie die zukünftigen schwierigkeiten<br />

in Bezug auf die Verminderung<br />

des Klimawandels und damit einer<br />

geringeren schadstoffemission in entwicklungsländern?<br />

Die Schwierigkeiten sind leider groß: Globaler<br />

Klimaschutz erfordert globale, effektive<br />

und gerechte Kooperation möglichst<br />

aller. Für solche mangelt es aber an<br />

Institutionen. Die Gründe dafür sind vielfältig.<br />

Erwähnen möchte ich, dass wir uns<br />

schwer tun, zukünftig lebende Menschen<br />

– die wir nie treffen werden, über deren<br />

besonderen Lebensumstände wir wenig<br />

wissen und die unser Wohlergehen nicht<br />

beeinflussen können – als Träger von gerechten<br />

Ansprüchen uns gegenüber ernst<br />

zu nehmen. Wie viele Treibhausgasemissionen<br />

die Entwicklungsländer reduzieren<br />

sollen, hängt davon ab, was als global<br />

gerecht gelten kann. Es sollte hier um<br />

eine gerechte Verteilung der Begünstigungen<br />

aus Emissionen über die Gesamtlebenszeit<br />

von Individuen gehen. Bei Berücksichtigung<br />

der höchst unterschiedlichen<br />

Konsequenzen der bisherigen<br />

(historischen) Emissionen wird eine gerechte<br />

Verteilung der noch erlaubten<br />

Emissionen den Entwicklungsländern<br />

ihre Chancen auf Entwicklung nicht nehmen.<br />

univ.-Prof. Dr. phil. Lukas H. Meyer<br />

Vorstand des Instituts für Philosophie<br />

und Vize-Dekan der Geisteswissenschaftlichen<br />

Fakultät der Karl-Franzens-universität<br />

Graz, Leiter von Forschungsprojekten<br />

zu Klimagerechtigkeit,<br />

Lead Author des International<br />

Panel on Climate Change (IPCC).

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