Tag des offenen Denkmals - Handwerkskammer Bremen
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EDITORIAL<br />
Liebe Handwerkerinnen und<br />
Handwerker, sehr geehrte<br />
Leserinnen und Leser,<br />
„wir brauchen Persönlichkeiten – nicht nur Absolventen!“<br />
So bringt der Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz,<br />
Horst Hippler, auf den Punkt, dass die<br />
Vereinfachung vieler Studiengänge zugunsten eines beschleunigten<br />
Abschlusses nicht der richtige Ansatz ist.<br />
Vor zehn Jahren wurden die Studienabschlüsse Bachelor und<br />
Master eingeführt. Sie sollten eine bessere internationale<br />
Vergleichbarkeit herstellen und zu einem früheren Einstieg<br />
deutscher Studenten ins Berufsleben führen. Tatsächlich<br />
– so kritisiert Präsident Hippler heute – sei ein Bachelor-<br />
Abschluss einer Universität in der Regel zwar berufsqualifi<br />
zierend, aber in vielen Branchen nicht ausreichend.<br />
Der Präsident stellt sich damit gegen Bildungsministerin<br />
Annette Schavan, die es als „europäische Erfolgsgeschichte“<br />
bezeichnet, dass mittlerweile immer mehr deutsche Studenten<br />
im Ausland studieren und schneller Abschlüsse erwerben.<br />
Doch ist es ein Erfolg, wenn zwar immer mehr junge<br />
Menschen studieren – aber deren Abschlüsse nicht ausreichend<br />
auf die Anforderungen <strong>des</strong> Berufslebens qualifi zieren?<br />
Ist es ein Erfolg, wenn zwar immer mehr junge Menschen<br />
studieren, aber gleichzeitig das Handwerk als zuverlässiger<br />
Ausbilder händeringend nach Auszubildenden sucht?<br />
417.318 Lehrlinge wurden 2011 im deutschen Handwerk ausgebildet.<br />
Zum Stichtag 31. Juli 2012 waren insgesamt 88.604<br />
Ausbildungsverträge neu in die Lehrlingsrollen der <strong>Handwerkskammer</strong>n<br />
eingetragen. Mit einem nochmaligen Plus von 3,8 Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr liegt diese Zahl deutlich über dem<br />
Niveau der vergangenen Jahre. Allein in <strong>Bremen</strong> hat das Handwerk<br />
865 neue Ausbildungsverträge in die Lehrlingsrolle eingetragen.<br />
Dies sind acht Prozent mehr als im vergangenen Jahr.<br />
In unserem dualen Ausbildungssystem werden den angehenden<br />
Handwerkern nicht nur theoretische Inhalte vermittelt, sondern<br />
auch praktische Fertigkeiten im Betrieb. Dank der hervorragenden<br />
Ausbildung der Betriebe aller Gewerke ist handwerkliche<br />
Qualitätsarbeit aus Deutschland auch im Ausland gefragt.<br />
Deutsche Gesellen und Handwerksmeister werden weltweit<br />
mit Kusshand empfangen. Dies sehe ich als Erfolgsmodell!<br />
Zudem kümmern sich die Betriebe auch um diejenigen, die<br />
schulische Defi zite haben. Die Einstiegsqualifi zierung für<br />
förderbedürftige Jugendliche gewinnt im Handwerk immer<br />
mehr Bedeutung. Die Zahl der Plätze nimmt insgesamt zu,<br />
so dass die Jugendlichen mit ausbildungsbegleitenden Hilfen,<br />
sozialpädagogischer Begleitung und ergänzenden Angeboten<br />
ihre Defi zite beseitigen können. „Das Handwerk<br />
kümmert sich. Bei uns geht keiner verloren!“, sagte <strong>des</strong>halb<br />
der Präsident unseres Zentralverban<strong>des</strong> <strong>des</strong> Deutschen<br />
Handwerks kürzlich. In <strong>Bremen</strong> kümmert sich das Handwerk<br />
mit seiner neuen Kindertagespfl ege im Kompetenzzent-<br />
rum HandWERK gGmbH sogar schon um die Kleinsten.<br />
Es ist daher völlig unverständlich, dass immer wieder diejenigen<br />
fi nanziell belastet werden sollen, die Verantwortung<br />
übernehmen und Ausbildung, Beschäftigung, Steuern und<br />
Beiträge überhaupt erst ermöglichen. Wie sollen die Handwerksbetriebe<br />
ihre Wettbewerbs- und Beschäftigungsfähigkeit<br />
erhalten, wenn die Arbeitskosten ständig steigen?<br />
Wie sollen die Handwerker ihre Mitarbeiter motivieren,<br />
wenn die Finanzämter einen immer größeren Teil der Löhne<br />
einstreichen? Statt soziale Gerechtigkeit zu schaffen gefährden<br />
wir so die Grundlage unserer sozialen Sicherheit.<br />
Die immer weiter anwachsende Steuer- und Abgabenlast ist<br />
auch keine wirkliche Antwort auf den Alterswandel unserer<br />
Bevölkerung. Wenn Deutschland in den kommenden fünfzehn<br />
Jahren zirka 6,5 Millionen heute noch erwerbstätige Steuerzahler<br />
in die Rente entlässt und 40 Prozent unserer Bürger über<br />
65 Jahre alt sein werden, wird die Zahl der Leistungsbezieher<br />
überproportional steigen. Wenn diese Menschen immer länger<br />
leben und durchschnittlich länger als achtzehn Jahre Rente beziehen<br />
und gleichzeitig immer weniger Kinder geboren werden,<br />
dann können für die Absicherung der Menschen nicht zuerst<br />
die Betriebe verantwortlich sein. Wenn die öffentlichen Kassen<br />
seit Jahren immer mehr Geld einnehmen, aber die Einnahmen<br />
nicht reichen, ist es an der Zeit, die Ausgaben weiter zu kürzen,<br />
statt nach immer neuen Einnahmequellen zu suchen.<br />
Dies ist auch angesichts der Euro-Krise wichtig. Aus Sicht <strong>des</strong><br />
Handwerks ist die Stabilisierung der Währungsunion zudem kein<br />
Ziel, das ungeachtet aller damit möglicherweise verbundenen<br />
ökonomischen, gesellschaftlichen und sozialen Kosten verfolgt<br />
werden sollte. Die Kosten dürfen keinesfalls größer werden als<br />
der Nutzen! Die Währungsunion muss eine Stabilitätsunion<br />
bleiben, denn Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind auf die<br />
Stabilität <strong>des</strong> Preisniveaus angewiesen. Eine Infl ation hingegen<br />
würde eine nicht mehr steuerbare gesamtgesellschaftliche<br />
Umverteilung zu Lasten der Gläubiger mit sich bringen. Deshalb<br />
darf die Währungsunion keine Haftungsunion werden. Es kann<br />
den Bürgern und Unternehmen in den stabilen Ländern nicht<br />
zugemutet werden, dass sie in immer größerem Umfang für<br />
die politischen Fehlentscheidungen anderer Staaten haften.<br />
Herzlichst<br />
Ihr<br />
Joachim Feldmann<br />
Präses der <strong>Handwerkskammer</strong> <strong>Bremen</strong><br />
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