PDF Öffnen - Biokreis
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n_3_11.qxp 01.06.2011 10:22 Seite 29<br />
Wie das Futter die Gene beeinflusst<br />
Die Haltungsbedingungen wirken sich auf das Erbgut aus<br />
Von Willy Baumann<br />
Seit zehn Jahren beweist die<br />
Legegemeinschaft Biohennen<br />
AG, dass ihre Tiere mit 100<br />
Prozent ökologischen Komponenten<br />
leistungsgerecht gefüttert werden<br />
können. Der Bio-Geflügelhof<br />
Schubert in der fränkischen Schweiz<br />
geht noch einen Schritt weiter: Seit<br />
mehr als drei Jahren werden die<br />
Junghennen ab dem ersten Tag mit<br />
reinem Ökofutter aufgezogen, und<br />
im Juni 2009 wurden die ersten Öko-<br />
Elterntiere als Küken eingestallt –<br />
selbstverständlich ab dem ersten Tag<br />
mit purem Biofutter gefüttert.<br />
Im Januar 2010 schlüpften in den optimierten<br />
Brutmaschinen die ersten<br />
Küken. Die Aufzuchtresultate und die<br />
Leistungen der speziell für Schubert<br />
gezüchteten Lohmann-Braun-Zuchthennen<br />
bestätigen, dass eine hundertprozentige<br />
Ökofütterung für Junghennen<br />
und deren Elterntiere ohne Tricks<br />
möglich ist. Neueste Versuche beim<br />
Mastgeflügel zeigen auch, dass eine<br />
rein biologische Putenfütterung sogar<br />
ab dem ersten Tag möglich ist.<br />
Das Huhn prägen mit Epigenetik<br />
Erfahrungsgemäß sind immer die Tiere<br />
besonders gesund, fruchtbar und leistungsfähig,<br />
die auf dem Hof geboren<br />
sind und aufwachsen, die artgemäß<br />
gehalten und gefüttert und vom<br />
Menschen fürsorglich behandelt werden.<br />
Das bedeutet: Haltungsbedingungen,<br />
Fütterung und Umwelt, gute<br />
Betreuung der Eltern, Großeltern und<br />
der Linienzuchttiere prägen die Küken<br />
und somit unsere Legehennen viel stärker,<br />
als bisher angenommen. Biochemische<br />
Untersuchungen weisen darauf<br />
hin, dass die Umwelt großen Einfluss<br />
darauf hat, welche Gene bei Mensch,<br />
Tier und Pflanze letztendlich aktiviert<br />
werden. Man nennt diese relativ junge<br />
wissenschaftliche Disziplin Epigenetik.<br />
Aus ihr lässt sich folgern, dass auch die<br />
Zuchttiere unserer Hühner über mehrere<br />
Generationen unter biologischen<br />
Haltungs- und Fütterungsbedingungen<br />
gehalten werden müssen, damit gute<br />
Gene voll zum Tragen kommen.<br />
Praxisbeobachtungen und die bisher<br />
wenigen wissenschaftlichen Arbeiten<br />
lassen auch vermuten, dass während<br />
der natürlichen Brut viele Informationen<br />
und Interaktionen zwischen Henne<br />
und Embryonen im Ei ablaufen und die<br />
Synchronisation des natürlichen Tagesablaufs<br />
schon in der ersten Lebenswoche<br />
geschieht – die Erfahrungen in<br />
der Biobrüterei Hockenberger bestätigen<br />
diese Hypothesen. Diese Prägungsphasen<br />
sind für die weitere<br />
Entwicklung des Kükens zur Zuchtoder<br />
Legehenne sehr wichtig und richtungweisend.<br />
Deshalb muss das heutige<br />
Brutgeschehen neu beurteilt werden<br />
und die Brüterei ins ökologische<br />
Verfahren eingebunden werden.<br />
Gleiche Futterkomponenten<br />
für Jung- und Legehennen<br />
Den ersten Schritt zu einer wirklich<br />
nachhaltigen Eierproduktion können<br />
die Hühnerhalter selbst bestimmen,<br />
indem sie nur Junghennen zukaufen,<br />
die von ökologisch gehaltenen Elterntieren<br />
stammen. Die Futtermischungen<br />
des Zuchtbetriebes sollten sämtliche<br />
Komponenten enthalten, die später<br />
auch an die Legehennen verfüttert werden.<br />
So können die entsprechenden<br />
Gene die notwendigen Enzyme zur<br />
Verdauung und Verstoffwechselung<br />
aktivieren.<br />
Der Fokus muss auf eine wesensgerechte<br />
Fütterung mit regional anbaubaren<br />
Pflanzen mit möglichst geringer<br />
Lebensmittelkonkurrenzierung und<br />
dennoch hoher Effizienz der Futterverwertung<br />
gerichtet werden. Beispielsweise<br />
hat sehr jung geschnittene<br />
Luzerne einen viel höheren Gehalt an<br />
Methionin als der rohfaserreiche<br />
Schnitt vor dem Blühen. Aber eine<br />
optimierte Fütterung braucht beide<br />
Erntestadien. Es ist auch seit längerem<br />
bekannt, dass Fermentierung und<br />
Keimung von Futterkomponenten neue<br />
Aspekte in einer nachhaltigen Nutztierfütterung<br />
ergeben, insbesondere wer-<br />
Geflügel Titel<br />
den diverse Vitamingehalte erhöht und<br />
verdauungsfördernde Enzyme produziert.<br />
Parallel dazu muss die Züchtung von<br />
hühnergemäßen Futterpflanzen intensiviert<br />
werden. Bei Körnerleguminosen<br />
und Futtergetreide sollten primär die<br />
Gehalte an essentiellen Aminosäuren<br />
optimiert werden. Ebenso können die<br />
hühnerrelevanten Nährstofferträge<br />
durch Mischkulturen substanziell<br />
erhöht werden. Als letztes müssen wir<br />
endlich das BSE-Dogma knacken und<br />
tierische Eiweiße für eine wesensgerechte<br />
Geflügelfütterung wieder zulassen.<br />
Nach über anderthalb Jahrzehnten<br />
hat die Hunderte von Millionen kostende<br />
Forschung noch keinen schlüssigen<br />
Beweis erbracht, dass die Fütterung<br />
von infiziertem Fleischmehl zu BSE<br />
führt.<br />
Daniela Schubert bei den Elterntieren.<br />
Bild: Daniela Schubert<br />
Autor Willy Baumann aus der Schweiz ist<br />
Geflügel-Fachberater für wesensgemässe<br />
Tierhaltung und Fütterung in Deutschland,<br />
Schweiz, Österreich, Luxemburg, Schweden,<br />
Dänemark, Holland.<br />
Mail: w.baumann@oeko-marketing.ch<br />
BioNachrichten 3 | Juni/Juli 2011 29