Februar - Berliner Behindertenzeitung
Februar - Berliner Behindertenzeitung
Februar - Berliner Behindertenzeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BBZ – <strong>Februar</strong> 2008 SOZIALES<br />
Im letzten Jahr war das „Persönliche<br />
Budget“ in aller Munde. Es<br />
wurden Broschüren gedruckt, eine<br />
Informationstour von der Bundesbehindertenbeauftragten<br />
durch ganz<br />
Deutschland und viele andere Veranstaltungen<br />
zum Thema durchgeführt.<br />
Seit dem 1.1.08 hat (nun) jeder<br />
Mensch mit Behinderung das Recht<br />
auf ein „PB“.<br />
In den letzten Tagen des Dezembers<br />
2007 habe ich Viktor Eisele zu<br />
seinen Erfahrungen im „<strong>Berliner</strong><br />
Modellprojekt“ befragt. Seit einer<br />
Veranstaltung 2005 ist er Budgetnehmer<br />
als Arbeitgeber. Viktor ist<br />
wohnhaft in Spandau und hat den<br />
Antrag auf „PB“ beim dortigen Bezirksamt<br />
gestellt.<br />
Es war zwar kein Zuckerschlecken,<br />
aber der Umzug, zudem ihm die Beratung<br />
von asl geraten hatte, wäre<br />
unnötig gewesen. Der dortige medizinische<br />
Dienst war sogar der Meinung,<br />
Herrn Eisele stehen sogar 15<br />
Stunden statt der beantragten 11 Std.<br />
Assistenz zu. 11 Std. Assistenz hat<br />
Herr Eisele gewählt und beibehalten,<br />
um nicht als gläserner Mensch seine<br />
Eigenständigkeit zu verlieren.<br />
Ein Drittel, das sind 110 Std. im<br />
Monat, wird vom ad übernommen.<br />
Und ad ist für Viktor in erster Linie<br />
ein zuverlässiger Partner. Für den<br />
Rest der Leistung hat er zwei Leute<br />
eingestellt. Einer davon ist sogar<br />
sozialversicherungspflichtig. Beide<br />
wohnen bei ihm ganz in der Nähe.<br />
Das war für ihn sehr wichtig, denn<br />
die meisten Arbeitnehmer von ad<br />
stammen aus Kreuzberg-Friedrichshain<br />
oder Prenzlauer Berg. Eine flexible<br />
Einsetzung in Spandau wäre da<br />
schwierig.<br />
Für Viktor war es nicht wichtig,<br />
dass die beiden neu eingestellten<br />
Assistenten aus dem Pflegebereich<br />
kamen. Diese wissen meistens alles<br />
besser und lassen sich nicht mehr so<br />
gut formen. Nun hat er einen früheren<br />
Dachdecker (jetzt studentische<br />
Kraft) und einen Büromensch (VS<br />
Vers.pflichtig). Diese leisten Viktor,<br />
Tetraplegiker ab dem 6. Wirbel, Assistenz<br />
im Haushalt, bei der Pflege<br />
oder beim Kochen. Die Leistungen<br />
vom ad sind eingekauft. Darüber<br />
gibt es einen Vertrag, ad schreibt<br />
eine Rechnung und Herr Eisele überweist.<br />
Die andere Abrechnung lässt<br />
er von einem Lohnbüro erledigen.<br />
Im „PB“ enthalten ist auch Geld<br />
für die Ausbildung der Assistenz.<br />
Victor Eiseles Erfahrungen im Umgang<br />
mit dem „Persönlichen Budget“<br />
Davon hat Herr Eisele Gebrauch gemacht<br />
und beide Assistenten jeweils<br />
10 Tage bei ad ausbilden lassen. Auf<br />
dem Stundenplan standen Themen,<br />
wie „Heben und Tragen“, „Pflegen“<br />
und der „Umgang mit dem Roll-<br />
a n z e i g e<br />
Victor Eisele hat seit drei Jahren gute Erfahrungen mit dem „Persönlichen Budget“ gemacht.<br />
stuhl“. Jederzeit werden auch Auffrischkurse<br />
angeboten.<br />
Das „PB“ bietet auch die Möglichkeit<br />
für die Zeit des Urlaubs oder bei<br />
Erkrankung der eingestellten Assis-<br />
Foto: F. Littwin<br />
5<br />
tenten mehr Leistung bei ad einzukaufen.<br />
Dadurch ist die ganze Situation<br />
entspannter.<br />
Seit 2003 hat Viktor mit ad schon<br />
Erfahrungen sammeln können, der/<br />
die ihm von Freunden empfohlen<br />
wurde/n. Und das war für ihn eine<br />
gute Schule. Bis dahin übernahm<br />
die Mutter und eine Sozialstation die<br />
Assistenz. Das „PB“ ist zwar eine<br />
Herausforderung, weil man selbst<br />
die Planung machen muss, Leute<br />
einstellen und entlassen, Bürokram<br />
sorgfältig erledigen muss etc. Zwar<br />
ist es mit der Neubeantragung immer<br />
etwas stressig, aber mit dem<br />
Bezirksamt Spandau hat er gute Erfahrungen<br />
gemacht. Volle Verantwortung<br />
für das Team, für die eigene<br />
Assistenz ermöglichen ihm ein gutes<br />
Klima im Team zu schaffen und eine<br />
flexible Bewältigung des Alltags.<br />
Ich bin gespannt, wie sich seine<br />
Situation mit der neuen Rechtslage<br />
entwickelt und in ca. einem Jahr<br />
wird Herr Eisele mir wieder Rede<br />
und Antwort stehen.<br />
Franziska Littwin