Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
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Drucksache 14/8900 – 148 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
bild an Kontur, an dem sich immer mehr Freiwilligenagenturen<br />
orientieren22 . Demnach bieten Freiwilligenagenturen<br />
– mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen –<br />
folgende konkrete Dienstleistungen; sie<br />
– informieren, beraten und vermitteln Bürgerinnen und<br />
Bürger, die an einem <strong>Engagement</strong> interessiert sind,<br />
– halten für bürgerschaftlich Engagierte Qualifizierungsangebote<br />
bereit,<br />
– sorgen für Qualitätsentwicklung, indem sie Organisationen<br />
bei der Entwicklung von engagementfreundlichen<br />
Rahmenbedingungen beraten und unterstützen,<br />
– fördern kommunale Vernetzung und ermöglichen<br />
neue Formen des freiwilligen <strong>Engagement</strong>s und der<br />
gesellschaftlichen Teilhabe,<br />
– betreiben gezielte Öffentlichkeits- und politische Lobbyarbeit<br />
und fördern damit eine neue Kultur des freiwilligen<br />
<strong>Engagement</strong>s.<br />
Freiwilligenagenturen leisten damit einen wichtigen Beitrag<br />
zur praktischen Förderung des bürgerschaftlichen<br />
<strong>Engagement</strong>s. Allerdings darf nicht übersehen werden,<br />
dass dieses Leitbild zur Zeit noch nicht der Realität und<br />
dem Alltag in allen Freiwilligenagenturen entspricht. Einige,<br />
insbesondere die bereits etablierten Einrichtungen –<br />
wie z.B. die Agenturen in Bremen, Berlin, München und<br />
Kassel, aber auch jüngere Agenturen wie die in Halle/S. –<br />
kommen in ihrer Arbeit diesem Leitbild bereits sehr nahe,<br />
während andere sich noch in der Phase des Aufbaus und<br />
der Orientierung befinden. Der Status der Profilentwicklung<br />
hängt dabei unmittelbar mit der erst kurzen Entwicklungsgeschichte<br />
und den schwierigen Bestandsbedingungen<br />
der Freiwilligenagenturen zusammen: Nur<br />
sechs Agenturen in der Bundesrepublik Deutschland sind<br />
älter als fünf Jahre.<br />
Nutzergruppen<br />
Freiwilligenagenturen beziehen sich in ihrer Arbeit sowohl<br />
auf Bürgerinnen und Bürger, die sich freiwillig engagieren<br />
wollen, als auch auf Einrichtungen und Organisationen,<br />
die mit Freiwilligen arbeiten oder in Zukunft<br />
arbeiten wollen. Aus der Konzeption und Zielsetzung der<br />
Agenturen resultieren weitere Adressaten und Kooperationspartner<br />
wie insbesondere Fachleute aus Verbänden,<br />
Einrichtungen, Organisationen und Verwaltungen sowie<br />
Politik- und Medienvertreter.<br />
Freiwilligenagenturen richten ihre Angebote grundsätzlich<br />
an alle Bevölkerungs- und Altersgruppen. Die größte<br />
Aufmerksamkeit richtet sich in der fachpolitischen Diskussion<br />
meist auf die „Vermittlungsquote“. Dabei wird<br />
häufig vernachlässigt, dass diesem „messbaren“ Erfolg<br />
eine intensive Informations- und Beratungsarbeit vorausgeht,<br />
die in die Beurteilung von Erfolg und Qualität der<br />
22 Dieses Leitbild von Freiwilligenagenturen wird inzwischen in zahlreichen<br />
Veröffentlichungen und Beiträgen vertreten (vgl. u.a. Stiftung<br />
Mitarbeit/Bundesarbeitsgemeinschaft Freiwilligenagenturen 1997,<br />
1999, Schaaf-Derichs 1999, Ebert/Olk 2000, Ebert/Hesse 2002,<br />
Ebert/Janning 2001, Jakob/Janning 2000, Jakob/Janning 2001).<br />
Arbeit einbezogen werden muss. Die „Vermittlungsquote“<br />
variiert entsprechend Alter, Größe, Personal, Ressourcen<br />
und Tätigkeitsprofil der einzelnen Freiwilligenagentur<br />
zwischen vier und 420 Vermittlungen im Jahr<br />
(vgl. Ebert 2002). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch<br />
der Abschlussbericht des Modellverbundes Freiwilligen-<br />
Zentren des Deutschen Caritasverbandes (vgl. Baldas<br />
u.a. 2001). Hier wird darüber hinaus festgestellt, dass<br />
70 % der „Vermittelten“ vor der Vermittlung durch das<br />
Freiwilligen-Zentrum noch nicht bzw. nicht mehr freiwillig<br />
engagiert waren.<br />
Das Nutzerprofil von Freiwilligenagenturen ist von einem<br />
ungleichen Geschlechterverhältnis geprägt. Die Angebote<br />
werden mit etwa 70 % deutlich häufiger von Frauen als<br />
von Männern (30 %) in Anspruch genommen. Dieser Befund<br />
wird durch alle vorliegenden Studien bestätigt. In<br />
Ostdeutschland sind deutlich mehr Arbeitslose unter den<br />
Nutzern der Freiwilligenagenturen als in Westdeutschland.<br />
Bei der Altersverteilung gibt es einen Schwerpunkt in der<br />
Gruppe der 30- bis 65-Jährigen, die etwa zwei Drittel der<br />
Nutzerschaft ausmacht (vgl. Ebert 2002). Die Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen unter 30 Jahre sowie die<br />
Generation der über 65-Jährigen (jeweils ca. 15 %) werden<br />
von den Angeboten der Freiwilligenagenturen bislang<br />
seltener erreicht. Offensichtlich erfordert insbesondere<br />
die <strong>Engagement</strong>förderung von Jugendlichen besondere<br />
zielgruppenspezifische Projekte, die auf die Interessen<br />
und Bedürfnisse der Jugendlichen zugeschnitten sind. Einige<br />
Agenturen haben dafür bereits spezifische Ansätze<br />
entwickelt.<br />
Trägerschaft<br />
Die derzeitige Landschaft der Freiwilligenagenturen ist<br />
von verschiedensten Trägermodellen geprägt. Nach den<br />
Angaben der jüngsten Untersuchung der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Freiwilligenagenturen tritt am häufigsten<br />
ein einzelner Wohlfahrtsverband als Träger von Freiwilligenagenturen<br />
auf (ca. 37 %) 23 . Etwa ein Viertel der<br />
Einrichtungen (27 %) wird von einem eigenständigen,<br />
z.T. eigens für diesen Zweck gegründeten Verein getragen.<br />
Jeweils ca. 14 % stehen in Trägerschaft von Trägerverbünden<br />
sowie der Kommune. Andere Trägerschaften<br />
– gewerbliche Träger, Stiftungen, Kirchenkreise o.Ä. –<br />
stellen Ausnahmen dar. Die Trägermodelle „Wohlfahrtsverband“<br />
und „eigenständiger Verein“ sind demzufolge<br />
gegenwärtig die dominierenden Trägervarianten. Besonders<br />
engagiert zeigt sich dabei der Caritasverband, der mit<br />
dem Modellverbund Freiwilligen-Zentren am häufigsten<br />
als alleiniger Träger vertreten ist. Auch der Deutsche Paritätische<br />
Wohlfahrtsverband und das Diakonische Werk<br />
sind häufig bereits in diesem Feld aktiv. Die Wohlfahrtsverbände<br />
treten jedoch nicht nur als „Einzelträger“ dieser<br />
Einrichtungen auf, sondern sind meist auch an den unterschiedlichen<br />
Trägerverbünden bzw. eigens gegründeten<br />
Trägervereinen beteiligt.<br />
23 Der Abschlussbericht der bagfa-Studie wird Mitte 2002 vorliegen.<br />
Erste Ergebnisse und Überblicksdaten konnten für das Gutachten der<br />
Enquete-Kommission „Freiwilligenagenturen: Profile, Erfolgskriterien,<br />
Probleme“ genutzt werden (vgl. Ebert 2002).