Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
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Drucksache 14/8900 – 350 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />
allen gesellschaftlichen Bereichen für mehr bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong>,<br />
– in der Förderung von mehr Bewusstsein für die Bedeutung<br />
bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s für unser<br />
Gemeinwesen und<br />
– in unterstützenden Maßnahmen durch Bund, Länder<br />
und Kommunen<br />
eine effektive, zukunftsorientierte und damit nachhaltige<br />
Förderung des bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s.<br />
2. Sondervotum des sachverständigen<br />
Mitglieds Prof. Dr. Roland Roth zum<br />
Resümee des Teils A: „Bürgergesellschaft<br />
als Bezugsrahmen“ (A6)<br />
Sollen „Bürgergesellschaft“ und bürgerschaftliches <strong>Engagement</strong><br />
mehr als eine politische Restgröße sein, bedarf es<br />
allerdings auch in Deutschland tiefgreifender Veränderungen,<br />
wie zahlreiche Einzelanalysen dieses Berichts<br />
nahe legen. Einige der zentralen Barrieren auf dem Wege<br />
zur Bürgergesellschaft sollen hier wenigstens in Stichworten<br />
aufgelistet werden:<br />
– Statt eine Vielfalt von Formen zu nutzen, wird politische<br />
Demokratie noch immer repräsentativ eingehegt<br />
und von den politischen Parteien kolonisiert. Populistische<br />
Medienkampagnen und die Inszenierung<br />
charismatischer Führungspersonen setzen auf unkritische<br />
Konsumenten, nicht aber auf aktive und kompetente<br />
Bürgerinnen und Bürger. Eine „Demokratisierung<br />
liberaler Demokratien“, die dem gestiegenen<br />
<strong>Engagement</strong> und dem wachsenden Kompetenzbewusstsein<br />
der Bürgerschaft Rechnung trägt und beides<br />
fördert, steckt noch in den Kinderschuhen.<br />
– Starke etatistische Traditionen machen Bürgerinnen<br />
und Bürger allzu oft zum „Sicherheitsrisiko“ und Verwaltungsobjekt.<br />
Bürgerrechte werden zur Disposition<br />
gestellt, wenn der aktive Bürger aus staatlicher Sicht<br />
„zum Problem“ wird. Die Neigung, Bürgerrechte gegenüber<br />
der staatlichen Verwaltung und anderen Verfassungsorganen<br />
effektiv zu stärken (Informationsund<br />
Akteneinsichtsrechte, Transparenzgebote etc.),<br />
hält sich hierzulande in engen Grenzen.<br />
– Aus der Perspektive des bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s<br />
wäre die Staatsorganisation erst noch vom Kopf<br />
auf die Beine zu stellen. <strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong><br />
kann sich vor allem auf kommunaler Ebene entfalten.<br />
Aber dort fehlt es weitgehend an Kompetenzen<br />
und Ressourcen, um einflussreich und nachhaltig zu<br />
sein. Weder im Bund noch in den Ländern lässt sich<br />
die Bereitschaft zu einer effektiven Kommunalisierung<br />
erkennen.<br />
– Bürgergesellschaft kann heute kein nationales Projekt<br />
mehr sein. Die Konflikte um Einwanderung, Flucht<br />
und Asyl oder die Politik transnationaler Organisationen<br />
und die Praxis transnationaler Konzerne bieten<br />
dafür reichlich Anschauungsmaterial. Wie eine transnationale<br />
Bürgergesellschaft politisch verfasst, wel-<br />
che Formen des Föderalismus und der Subsidiarität<br />
der Verwirklichung von kosmopolitischen Bürgerund<br />
Menschenrechten dienlich sein könnten, wissen<br />
wir heute allenfalls in Ansätzen. Selbst im begrenzten<br />
Rahmen der Europäischen Union fehlt es weitgehend<br />
an transnationaler Öffentlichkeit und politischer Willensbildung.<br />
– Dass nach dem Ende des Kalten Krieges die erhoffte<br />
„Friedensdividende“ ausgeblieben ist und kriegerische<br />
Konflikte – nun auch mit deutscher Beteiligung – eher<br />
zunehmen, verweist auf ein unbewältigtes Problem<br />
der „Westfälischen Ordnung“: Wie kann ziviler Konfliktaustrag<br />
nicht nur innerhalb einer staatlichen Ordnung,<br />
sondern auch zwischenstaatlich garantiert werden?<br />
Die Rückkehr zur „Normalität“ kriegerischer<br />
Einsätze stellt jedenfalls keine hoffnungsvolle Antwort<br />
dar, wenn es um die universelle Verwirklichung<br />
von Bürgerrechten und Demokratie geht. Das Recht<br />
auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist dafür<br />
eine unabdingbare Voraussetzung.<br />
– Weitgehend unstrittig ist der Befund ökonomisch<br />
bedingter, wachsender sozialer Ungleichheiten, von<br />
sozialen Ausschließungen im nationalen wie internationalen<br />
Kontext (UNDP 2000). Manuel Castells<br />
(1998: 70ff.) spricht von einer „Vierten Welt“ der Ausgeschlossenen.<br />
Dieser lokal, national und international<br />
zu beobachtende Trend stellt aktuell vermutlich<br />
die stärkste Herausforderung für die Vision einer Bürgergesellschaft<br />
dar. Hier liegt eine wesentliche Quelle<br />
für die Erosion von Bürgerrechten und von Konflikten,<br />
die den Rahmen ziviler Konfliktaustragung sprengen.<br />
Will Bürgergesellschaft nicht als „gated community“,<br />
als machtgeschützte Insel der Wohlständigen<br />
enden, wird sie diesen Exklusionstendenzen etwas<br />
entgegen setzen müssen. Aber nicht an Solidarität und<br />
Gleichheit orientierte Lösungswege haben gegenwärtig<br />
international Konjunktur, sondern – wie im „Krieg<br />
gegen den Terrorismus“ – autoritäre und repressive<br />
Formen der Eindämmung (Young 1999).<br />
Mit Blick auf diese keineswegs vollständige Problemliste<br />
fällt es schwer, der Einschätzung zu folgen, die „wesentlichen<br />
Grundlagen und Elemente einer Bürgergesellschaft“<br />
seien bereits vorhanden.<br />
3. Sondervotum des sachverständigen<br />
Mitglieds Prof. Dr. André Habisch:<br />
Soziales Kapital, <strong>Bürgerschaftliches</strong><br />
<strong>Engagement</strong> und Initiativen regionaler<br />
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik<br />
Sozialkapital – Selbstorganisationsprinzip oder Subventionstatbestand?<br />
Dieses Sondervotum kritisiert zunächst die Verwendungsweise<br />
des Begriffes „Soziales Kapital/Sozialkapital“<br />
in Teilen des Abschlussberichtes (insbesondere im<br />
Berichtsteil B3.2.4. zur lokalen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik<br />
bzw. in den diesbezüglichen Passagen<br />
von B2.7). Ich plädiere dafür, den Begriff präziser zu<br />
fassen und sich dabei insbesondere an dem Gutachten von