Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 27 – Drucksache 14/8900<br />
Die Autorinnen und Autoren des Freiwilligensurvey von<br />
1999 verweisen darauf, dass die ermittelte <strong>Engagement</strong>quote<br />
nicht mit politisch-sozialem <strong>Engagement</strong> gleichzusetzen<br />
ist – häufig handelt es sich bei freiwilligem <strong>Engagement</strong><br />
um „Gemeinschaftsaktivität im persönlichen<br />
Lebensumfeld“ (Rosenbladt 2000: 46). Auch diese stellt<br />
allerdings einen aktiven Beitrag zum Gemeinwohl dar<br />
und ist daher nicht weniger wertvoll als das politischsoziale<br />
<strong>Engagement</strong>. Tätigkeiten in den Bereichen Sport<br />
und Bewegung, Freizeit und Geselligkeit, Kultur und<br />
Musik sind zudem nicht allein Freizeitaktivitäten, sondern<br />
schließen – z.B. in der Vorstandsarbeit – durchaus<br />
Aspekte der Interessenvertretung und der Erzeugung öffentlicher<br />
Güter ein.<br />
Der Freiwilligensurvey von 1999 fragte nicht nur nach<br />
freiwilligem <strong>Engagement</strong>, sondern auch nach einem<br />
„Mitmachen“, das nicht mit der Übernahme besonderer<br />
Aufgaben verbunden sein muss. Wer im Sinne des Freiwilligensurveys<br />
von 1999 irgendwo mitmacht, ist damit<br />
noch nicht unbedingt freiwillig engagiert – zum <strong>Engagement</strong><br />
gehört die Übernahme von Aufgaben. Neben den<br />
22 Millionen Engagierten sind weitere 20 Millionen Bundesbürgerinnen<br />
und Bundesbürger in einem oder mehreren<br />
gesellschaftlichen Bereichen außerhalb von Beruf und<br />
Familie in Verbänden, Vereinen, Projekten, Initiativen<br />
oder Gruppen aktiv. Die weite Fassung des Begriffes<br />
„freiwilliges <strong>Engagement</strong>“ erbringt diese beeindruckenden<br />
Zahlen. Dennoch verweisen manche, vor allem ältere<br />
Institutionen, Verbände und freiwillige Vereinigungen auf<br />
Schwierigkeiten, bürgerschaftlich Engagierte zu gewinnen.<br />
Obwohl freiwilliges <strong>Engagement</strong> über ein einfaches Mitmachen<br />
hinausgeht, besteht zwischen beiden Aktivitätsniveaus<br />
ein enger Zusammenhang: Beteiligung, Mitmachen,<br />
Zugehörigkeit sind in der Regel Voraussetzungen<br />
dafür, dass Menschen Aufgaben und Tätigkeiten im Sinne<br />
freiwilligen <strong>Engagement</strong>s übernehmen. <strong>Engagement</strong><br />
hängt also eng mit der sozialen Einbindung, mit der Integration<br />
der Menschen zusammen. Dies ist ein Grund<br />
dafür, dass Erwerbslose im Vergleich zu Erwerbstätigen<br />
beim <strong>Engagement</strong> unterrepräsentiert sind. Die Daten des<br />
SOEP zum Erwerbsstatus zeigen, dass 36,2 % der Erwerbstätigen<br />
in Westdeutschland bürgerschaftlich engagiert<br />
sind, aber nur 22,4 % der arbeitslos Gemeldeten<br />
(Kistler/Pfau-Effinger/Böhle 2001). Eine Integration<br />
durch Erwerbsarbeit trägt offensichtlich zu einer Stärkung<br />
der <strong>Engagement</strong>bereitschaft und des Zugangs zu <strong>Engagement</strong>möglichkeiten<br />
bei. Demgegenüber verringert der<br />
Ausschluss aus der Erwerbsarbeit auch die <strong>Engagement</strong>bereitschaft.<br />
Die Daten zur Unterrepräsentanz von Arbeitslosen<br />
lassen sich allerdings unterschiedlich deuten.<br />
So geht Erlinghagen davon aus, dass für bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong> ähnliche Qualifikationen benötigt<br />
werden wie für eine erfolgreiche Erwerbsbeteiligung<br />
(vgl. Erlinghagen/Rinne/Schwarze 2000).<br />
Formen und Bereiche bürgerschaftlichen<br />
<strong>Engagement</strong>s<br />
Der Vielfalt der Erscheinungsformen entspricht die Vielfalt<br />
der Organisationsformen, in denen sich bürgerschaft-<br />
liches <strong>Engagement</strong> vollzieht. Für alle diese Formen lässt<br />
sich kein einheitliches Gliederungsprinzip finden. Es<br />
lassen sich folgende Formen unterscheiden (vgl. auch<br />
Roth 2000: 30 ff.):<br />
– Politisches <strong>Engagement</strong>: Dazu gehören die klassischen<br />
Formen des <strong>Engagement</strong>s als Gemeinderat und<br />
Stadtverordnete in der Kommunalpolitik, die Mitarbeit<br />
in Parteien, Verbänden und Gewerkschaften<br />
sowie die neueren Formen der Beteiligung und Themenanwaltschaft<br />
in Bürgerinitiativen und sozialen<br />
Bewegungen, das <strong>Engagement</strong> in Kinder- und Jugendparlamenten,<br />
in Ausländer- und Seniorenbeiräten<br />
oder die Mitarbeit in lokalen Agenda 21-Gruppen.<br />
– Soziales <strong>Engagement</strong>: Dies umfasst viele Tätigkeiten<br />
in Jugend- und Wohlfahrtsverbänden, in Kirchengemeinden<br />
und in öffentlichen Einrichtungen. Neue Formen<br />
sozialen <strong>Engagement</strong>s finden sich z.B. in den<br />
Hospizgruppen, in der „Tafel“-Bewegung, in den<br />
AIDS-Initiativen und in Gruppen zur Unterstützung<br />
von Asylbewerbern.<br />
– <strong>Engagement</strong> in Vereinen, Verbänden und Kirchen:<br />
Dies beinhaltet Vorstandstätigkeiten, Geschäftsführungs-<br />
und Leitungsaufgaben in allen verfassten Bereichen<br />
bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s. Kennzeichen<br />
dieser <strong>Engagement</strong>formen sind ihr rechtlich<br />
strukturiertes Aufgabenfeld, die Übernahme von Verantwortung<br />
für die Aktivitäten des Vereins oder Verbandes<br />
sowie die nicht selten hohen Anforderungen an<br />
organisatorische und betriebswirtschaftliche Qualifikationen.<br />
Dazu gehört die Tätigkeit des ehrenamtlich<br />
tätigen Trainers im Sportverein ebenso wie die Leitung<br />
eines Kirchenchores oder die Durchführung von<br />
Erste-Hilfe-Kursen im Bereich des Rettungswesens.<br />
– <strong>Engagement</strong> in öffentlichen Funktionen: Darunter fallen<br />
klassische Ehrenämter wie Schöffen, ehrenamtliche<br />
Richter oder Wahlhelfer, die nicht immer freiwillig<br />
ausgeführt werden, sondern durchaus einen<br />
verpflichtenden Charakter haben können. Zu dieser<br />
Variante bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s gehören<br />
auch Tätigkeiten im Rahmen des Betreuungsgesetzes<br />
oder das <strong>Engagement</strong> von Elternbeiräten. Öffentliche<br />
Aufgaben werden zudem von den freiwilligen Feuerwehren,<br />
vom Technischen Hilfswerk und von den<br />
Rettungsdiensten wahrgenommen. Eine weitere und<br />
häufig neuere Variante sind die Bürgervereine und Zusammenschlüsse,<br />
die in Einrichtungen wie Museen,<br />
Bibliotheken oder Schwimmbädern durch ihr bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong> den Betrieb aufrechterhalten.<br />
– Formen der Gegenseitigkeit: Dazu zählen Nachbarschaftshilfen,<br />
Genossenschaften und Tauschringe.<br />
<strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong> stützt sich hier auf<br />
Vorstellungen von einer Ökonomie, die auf gegenseitiger<br />
Hilfe und moralischen Grundsätzen beruht.<br />
– Selbsthilfe: Diese Form des <strong>Engagement</strong>s findet sich<br />
vor allem in den Bereichen von Familie und Gesundheit,<br />
bei Arbeitslosen, Migranten und marginalisierten<br />
Gruppen. Kennzeichnend für viele dieser Gruppen