Bürgerschaftliches Engagement - CDU Deutschlands
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 31 – Drucksache 14/8900<br />
Zeitraum von 1989 bis 1998 entstanden ist (Priller/<br />
Zimmer 2001). Ob im Zuge dieser Veränderungen informelle<br />
Tätigkeiten gegenüber einem an Ämter gekoppelten<br />
<strong>Engagement</strong> an Boden gewinnen, lässt sich damit nicht sagen<br />
– die Rechtsform des Vereins als organisatorischer<br />
Hintergrund bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s bleibt jedenfalls<br />
bestehen.<br />
<strong>Engagement</strong> durch Spenden<br />
Neben dem Einsatz von Zeit – man könnte ihn als „Zeitspende“<br />
bezeichnen – stellt auch die Geldspende für gemeinnützige<br />
Zwecke eine Form des <strong>Engagement</strong>s für die<br />
Gemeinschaft dar. Die Höhe des Spendenaufkommens in<br />
der Bundesrepublik Deutschland lässt sich nur schätzen,<br />
zumal bei weitem nicht alle Spenden steuerlich geltend<br />
gemacht werden. Das Deutsche Spendeninstitut geht davon<br />
aus, dass jährlich etwa 10 Mrd. DM gespendet werden<br />
(vgl. Deutsches Spendeninstitut 1995, 1996, 1998).<br />
Während das Spendenvolumen von 1965–1986 erheblich<br />
stärker wuchs als das Bruttosozialprodukt, bleibt die<br />
Summe seit den 1990er Jahren in etwa konstant<br />
(vgl. Schneider 1995). Etwa ein Viertel der Spenden<br />
fließen in den sozialen Bereich (einschließlich des<br />
Gesundheitswesens), jeweils etwa 15 % gehen an Glaubensgemeinschaften,<br />
an die Katastrophenhilfe und an Umweltorganisationen<br />
(vgl. Deutsches Spendeninstitut 1998).<br />
Auch die Zahl der Organisationen, die um Spenden werben,<br />
kann nur grob geschätzt werden. Im Prinzip ist davon<br />
auszugehen, dass alle gemeinnützigen Vereine, Verbände,<br />
und GmbHs – schätzungsweise 400.000 – sich um Spenden<br />
bemühen. Die größten Spendenempfänger im Jahr<br />
2000 waren der Hermann-Gmeiner-Fonds (SOS-Kinderdörfer),<br />
das Deutsche Komitee für UNICEF und die<br />
Johanniter Unfall-Hilfe (Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmarketing<br />
2001).<br />
Spenden allein können gemeinnützige Aktivitäten jedoch<br />
nicht finanzieren: Sie machen nur 3 % der Einnahmen<br />
gemeinnütziger Organisationen aus. Im Durchschnitt<br />
werden knapp zwei Drittel des Finanzvolumens aus<br />
öffentlichen Kassen bereitgestellt. Dies sind allerdings<br />
nur in geringem Ausmaß Zuwendungen, sondern vor allem<br />
Leistungsentgelte. Die restlichen 30 % ergeben sich<br />
aus Gebühren und Beiträgen. Das Verhältnis von öffentlichen<br />
Fördergeldern, Beiträgen und privaten Spenden variiert<br />
stark, wenn man unterschiedliche Bereiche in den<br />
Blick nimmt: Während das Gesundheitswesen zu 95 %<br />
durch Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert<br />
wird, stammen im Kultur- und Umweltbereich<br />
immerhin etwa 15 % der Einnahmen aus Spenden. Im<br />
Kulturbereich kann man daher am wenigsten von einer<br />
Staatsabhängigkeit sprechen. Insgesamt muss einschränkend<br />
festgestellt werden, dass die Höhe des Fördervolumens<br />
für bürgerschaftliches <strong>Engagement</strong> – sowohl seitens<br />
der Verbände und Vereine als auch seitens der öffentlichen<br />
Hand – nicht bekannt ist.<br />
Ein anderes Bild ergibt ein Blick in die USA. Dort ist der<br />
geringe Anteil staatlicher Mittel an der Finanzierung gemeinnütziger<br />
Aktivitäten besonders auffallend. In den<br />
USA ist nicht nur der Anteil von Spenden an den Einnah-<br />
men von Nonprofit-Organisationen mehr als doppelt so<br />
hoch (13 %) wie in der Bundesrepublik Deutschland; der<br />
gespendete Anteil des individuellen Jahreseinkommens<br />
ist etwa dreimal so groß (vgl. The Johns Hopkins<br />
Comparative Nonprofit Sector Project 2001, Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Sozialmarketing 2001). Ein Vergleich<br />
ist allerdings – auf Grund der unterschiedlichen Steuerbelastungen<br />
und der Unterschiede in der politischen Kultur<br />
und im Staatsverständnis – nicht zulässig.<br />
Die Abhängigkeit vieler gemeinnütziger Organisationen<br />
vom Staat ist nicht die einzige Besonderheit der deutschen<br />
Vereinslandschaft. Durch die große Bedeutung der Wohlfahrtsverbände<br />
als Träger öffentlich finanzierter sozialer<br />
Aufgaben liegt der Schwerpunkt gemeinnütziger Aktivitäten<br />
hierzulande auf – ökonomisch messbaren und relevanten<br />
– Dienstleistungen, weniger auf sozialer und politischer<br />
„Themenanwaltschaft“, die etwa in Schweden<br />
einen erheblich größeren Anteil des gemeinnützigen Sektors<br />
ausmacht (Anheier/Toepler 2001: 27f.).<br />
Insgesamt lässt die hohe Zahl von Engagierten und ihren<br />
Organisationen nicht den Schluss zu, dass bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong> in der Bundesrepublik Deutschland<br />
keiner politischen Unterstützung und Förderung bedarf.<br />
Zum einen ist die Zahl von 22 Millionen Engagierten<br />
keine feste Größe. Zugänge und Abgänge machen die Dynamik<br />
bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s ebenso aus wie<br />
die Motivation derjenigen, die sich noch nicht engagieren,<br />
aber an einem <strong>Engagement</strong> interessiert sind. In dieser Dynamik,<br />
die zudem durch einen zunehmenden Anteil kurzfristiger<br />
und projektbezogener <strong>Engagement</strong>s geprägt ist,<br />
können förderliche Rahmenbedingungen entscheidende<br />
Anstöße für die Aufnahme oder Beibehaltung eines <strong>Engagement</strong>s<br />
geben.<br />
Das <strong>Engagement</strong>potenzial, die hohe Zahl derjenigen, die<br />
bereit wären, sich zu engagieren, ohne es bereits zu tun,<br />
liefert ein weiteres Argument für politische <strong>Engagement</strong>förderung.<br />
Verbesserte rechtliche und politische Rahmenbedingungen<br />
könnten dazu beitragen, die Schwelle<br />
zwischen <strong>Engagement</strong>bereitschaft und <strong>Engagement</strong> zu<br />
senken und so die Bürgergesellschaft auf eine noch breitere<br />
Grundlage zu stellen. Dabei reicht es nicht aus, Menschen<br />
individuell zum <strong>Engagement</strong> zu motivieren (oder in<br />
ihrer Motivation zu bestärken). Wenn Verbände oder Institutionen<br />
wie Schule, Krankenhaus und kommunale<br />
Verwaltung keinen Platz für Beteiligung einräumen, wird<br />
die individuelle <strong>Engagement</strong>bereitschaft schnell in Unzufriedenheit<br />
enden. Notwendig ist demnach eine engagementfreundliche<br />
Umgestaltung von Organisationen und<br />
Institutionen.<br />
Es gibt zusammenfassend eine hohe Bereitschaft, sich<br />
gesellig, sozial und politisch zu betätigen. Allerdings gibt<br />
es Defizite des <strong>Engagement</strong>s in Bereichen, in denen die<br />
Bewusstseinsbildung für ein solches <strong>Engagement</strong> zum<br />
einen erst am Anfang steht – wie im unternehmerischen<br />
bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong> –, zum anderen bei gesellschaftlichen<br />
Problemgruppen und in Verbänden und<br />
Institutionen, die sich auf Grund ihres Alters, ihrer Binnenstruktur<br />
und ihrer eher dienstleistungsorientierten<br />
Aufgabenstellung relativ weit vom Ursprungsbild der