16 Da Paul hot passt. „Ich kam in Pistorf zur Welt und blieb dort auch bis zu meinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr“, beginnt Frau Prattes ihre Geschichte. „Man kann sagen was man will, aber das war die schönste Zeit in meinem Leben. Wir hatten eine kleine Wirtschaft und ich verlebte mit Bru<strong>der</strong> und Mutter schöne Jahre. Oftmals hielt man mir vor, dass ich noch zuhause lebte, waren doch meine Schulfreundinnen alle schon verheiratet und hatten vier und mehr Kin<strong>der</strong>. Aber mir gefiel es so. Natürlich hatte ich hin und wie<strong>der</strong> einen Freund, aber so richtig passte es nicht und nur damit ich unter die Haube komme, wollte ich auf keinen Fall heiraten. Ich freute mich am Leben, das Fahrrad war mein Fortbewegungsmittel und neben <strong>der</strong> Arbeit waren Singen und Tanzen meine Leidenschaft. Auch das Backen bereitete mir viel Vergnügen und bereits mit 15 Jahren waren meine Torten sehr begehrt. Mutter war streng und achtete sehr auf Moral und Disziplin. Einerseits war sie froh, mich noch zuhause zu haben, aber an<strong>der</strong>erseits hatte auch sie Sorgen, dass ich übrig bleiben würde. Ein schicksalhafter Tag war für mich <strong>der</strong> 1. Mai 1946. An diesem Tag machte unsere Jugendgruppe einen Ausflug auf die Koralpe zum Speikkogel. Mit dem Rad ging es bis nach Schwanberg und von dort zu Fuß hinauf. Da dies eine ordentliche Tour war, dauerte sie auch zwei Tage und es wurde auf einer Hütte übernachtet. Ich freute mich schon sehr auf diesen Ausflug, doch Mutter verweigerte mir die Erlaubnis dafür. Freund hatte ich keinen und wer weiß, was da alles passiert, wenn Mandl und Weibl gemeinsam auf <strong>der</strong> Alm schlafen, waren ihre Bedenken. Außerdem mussten genau am 1. Mai die Bohnen gesetzt werden und da braucht sie mich auf jeden Fall dafür. Alles bitten und betteln half nichts und weil sie nicht zum Überreden war, zwi<strong>der</strong>te ich natürlich dementsprechend herum. Irgendwann wurde es Mutter dann zuviel und sie beschloss, mich an jenem Tag nach Wernersdorf zu Verwandte zu schicken. Wahrscheinlich dachte sie, dass es besser ist, ich verbrauche meine Energie beim Radfahren als wie beim „Sempern“ zuhause. Mein Auftrag war es, die Verwandten zu besuchen, ich war vorher noch nie dort, und einer Weberin, in <strong>der</strong>en Nähe, Material für einen Teppich zu bringen. An diesem Tag lernte ich meine Cousine „Ridi“ kennen. Wir waren im selben Alter und verstanden uns vom ersten Tag an ausgezeichnet. Dieser Tag beeinflusste meine Zukunft weit mehr als es mir damals bewusst war. Unser Kontakt blieb erhalten. Wir besuchten uns gegenseitig und schrieben uns Briefe. Selbst als ich zwischenzeitlich einen Freund hatte und auch als bei ihr die Beziehung zu ihrem späteren Mann begann, blieben wir uns treu. Im Jahre 1952 heiratete sie zu einem Gasthaus in Garanas und bat mich, ihr an jenem Tag mit den Torten und in <strong>der</strong> Küche zu helfen. Das machte mir großen Spaß und auch in Folge half ich immer wie<strong>der</strong> bei ihnen aus. Bald meinten die Ersten humorvoll, dass ich halt unbedingt einen von DA haben möchte. Worauf meine Antwort lautete: „Eichari Loamlackln kinnts sölba koltn.“ Doch zu früh geredet, denn es sollte nämlich genau so kommen. Am 2. Jänner 1953 bat mich Ridi beim Jägerball im Gasthaus mitzuarbeiten. Ich sagte zwar zu aber bereute meine Entscheidung relativ schnell. Zwanzig Kilometer sind es von Pistorf bis nach Garanas. Es war kalt und Schnee und Eis auf den Straßen, als ich mich mit meinem Fahrrad abmühte, um hinauf zu kommen und mein Versprechen einzulösen. Und doch war dies <strong>der</strong> Tag, an dem ich meinen Paul kennenlernte. Bei einem Ball hatten wir viel in <strong>der</strong> Küche zu tun, doch nachdem alle Gäste gegessen und wir die Küche wie<strong>der</strong> zusammengeräumt hatten, ging auch ich hinaus in den Saal, um das Treiben zu beobachten. Und da war er. Ein stattlicher Mann, <strong>der</strong> auf mich zukam und mich zum Tanzen auffor<strong>der</strong>te. Wir haben getanzt, gelacht und geredet. Paul war drei Jahre im Krieg gewesen und danach in die Gendarmerieschule nach Graz gegangen. Die Nacht verging viel zu schnell und am Ende lud er mich zum Gendarmerieball nach Graz ein. Ich sagte nicht gleich zu, denn das erschien mir dann doch als sehr gefährlich. Ich kannte die Stadt nicht und obwohl mir Paul sehr gut gefiel, kannte ich ihn ja nicht. Ridi war es, die mir dann zuredete und auch erzählte, dass <strong>der</strong> Paul ein ganz anständiger Kerl ist, mit dem man durch die Wüste gehen kann. Zum Glück hatte ich einen Onkel in Graz, <strong>der</strong> ebenfalls bei <strong>der</strong> Gendarmerie war, und so hatte ich auch einen Platz zum Übernachten. Die Begeisterung meiner Mutter über mein Vorhaben hielt sich natürlich in Grenzen, aber ich war ja schon beinahe 24 Jahre alt und ließ mir sowieso nichts „dareden“. Ich organisierte mir ein schönes Festgewand und wurde von Paul bei meinem Onkel abgeholt. So gingen wir auf den Ball und es war ein großes Erlebnis. Später erzählte er mir, dass seine größte Sorge war, wie ich wohl daherkommen würde. Ein Bauernmädl vom Land, das noch nie in <strong>der</strong> Stadt und schon gar nicht auf einem Ball war. Ich antwortete ihm: „Host glaubt, i kumm mit da Mantlschiaz´n daher?“ So hat alles angefangen. Als meine Mutter ihn dann kennenlernte, passte wirklich alles. Er war ja selbst ein Bauernbub und so arbeitete und sang er mit uns, als ob er schon immer hierher gehört hätte. Im Jahre 1955 haben wir dann geheiratet und uns in Leibnitz ein Haus gebaut. Paul ging zum Bundesheer und ist dort auch bis zu seiner Pension geblieben. Es war immer sein Wunsch, früher o<strong>der</strong> später, wie<strong>der</strong> zurück in seine Heimatgemeinde nach Garanas zu ziehen, und vor rund 22 Jahren haben wir es auch getan. Heut genieße ich ein halbwegs sorgenfreies Leben, hab viel Freude mit meinen Enkeln und denk gerne an die schöne Zeit in Pistorf und die wun<strong>der</strong>baren Jahre mit meinem Paul zurück. Und hin und wie<strong>der</strong>, wenn ich in meinen Erinnerungen schwelge, kommt ein kleines Gedichterl dabei heraus, so wie das von <strong>der</strong> Heimohd.
Die Heimohd Wird ma ölter so bakloa, denkt ma zruck wias friager woar. Wias koani Maschinen noch hot gebn, wias ruhig woar am Land des Leben. In oller Fruah do kraht <strong>der</strong> Hau, do geht <strong>der</strong> Tog für uns schoa au. Die Sunn noch net zum Sechn is, doch oans des woaß ma schon für gwiss, es wird schean hoaß werden über d`n Tog, so wie`s da Bauer recht gern mog. Denn die Zeit fias Heidearn is goar nia z`hoaß, und dos is g`wiss. Do hoaßt‘s schon schwitzen aufn Roa, bis dass es diar (dürr) wird schea bakloa. Und kummt koa Wetta in Gout`s Noum, dann fiamas gegn die Nocht schon hoam. Doch es is <strong>der</strong> Tog noch net zu End, es rian sich fleißi noch die Händ. Es wird noch gmaht fian nechstn Tog, dann is es aus mit Miah und Plog. A Liad wir gsungan hoamwärts hin, ma is sou glicklich und zufrieden. 17