der steirer land
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Maria Brenner<br />
Bauersleut auf Probe<br />
Nicht immer war es so, dass automatisch <strong>der</strong> o<strong>der</strong> die<br />
Erstgeborene den Hof übernahm. Gerade in Familien mit sehr<br />
vielen Kin<strong>der</strong>n und oft auch mit mehreren Wirtschaften musste<br />
man sich das Privileg „Bauer zu sein“ erst einmal verdienen. Frau<br />
Brenner kam in Langegg zur Welt, und da wenige Wochen nach<br />
ihrer Geburt die Mutter verstarb, kam sie zu ihrer Großmutter<br />
nach Glanz. Die Wirtschaft gehörte dem Vater und war an<br />
Mohr-Leut, wie sie die Winzer damals nannten, verpachtet. Für<br />
die Arbeit im Weingarten bekam <strong>der</strong> Winzer vom Vater bezahlt,<br />
<strong>der</strong> übrige Grund und das Vieh dienten dem Lebensunterhalt<br />
<strong>der</strong> Weinzerl, wobei die Fechsung (Ernteertrag) dem Vater<br />
zustand.<br />
„Meine Großmutter und ich bearbeiteten ein ¾ Joch Grund<br />
für uns selber“, beginnt Frau Brenner ihre Erzählung. „Darauf<br />
bauten wir alles an, was wir zum Leben brauchten und auch<br />
1-2 Stückl Vieh gehörten uns.“ Geld hatten wir keines, aber<br />
alles was wir zum Leben brauchten. In meiner Kindheit waren<br />
die schönen Jahreszeiten von <strong>der</strong> Arbeit mit Großmutter und<br />
die kalten Zeiten von saule<strong>der</strong>nen Schuhen und schafwollenen<br />
Strümpfen für den weiten Schulweg geprägt. Vater heiratete<br />
später auf Vermittlung eine Witfrau mit einer großen Wirtschaft,<br />
die bereits 10 Kin<strong>der</strong> hatte und fünf weitere kamen im<br />
Laufe <strong>der</strong> Jahre noch dazu. Bereits beim Ableben meiner<br />
Mutter bestätigte Vater notariell, dass ich seinen Heimathof<br />
übernehmen kann, falls ich das wollte. Doch <strong>der</strong> Weg bis dort<br />
hin war noch weit und steinig. Nach dem Abschluss <strong>der</strong> Schule<br />
blieb ich bei Großmutter daheim und wir bewirtschafteten<br />
unseren Grund und Boden. Wie damals üblich, ging man<br />
zwischenzeitlich Tagwerken und die nachbarschaftlichen Hilfen<br />
wie das Ernten o<strong>der</strong> das Woazschöln (Entblättern <strong>der</strong><br />
Maiskolben) brachten immer gesellschaftliche und lustige<br />
Abwechslung in unseren Alltag. Das Woazschöln war es auch,<br />
bei dem ich meinen späteren Mann „Jakob“ kennenlernte. Er<br />
war aus Gamlitz und als wir uns das erste Mal sahen, habe ich<br />
ihm gut gefallen und er mir natürlich auch. Er nutzte jede Möglichkeit,<br />
damit wir uns sahen, und kaufte auch des Öfteren bei<br />
unserem Weinzerl Fleisch, nur damit wir uns sehen konnten.<br />
Jakob war gelernter Zimmermann und von Berufswegen das<br />
schwere Arbeiten gewohnt.<br />
Dann kam das Jahr 1950 und wir haben geheiratet. Da unsere<br />
Mohr-Leit (Winzer) in diesem Jahr den Hof verließen, beschloss<br />
Vater uns die Wirtschaft auf Probe zu überlassen. Mein Mann<br />
musste seine Arbeit aufgeben und wir begannen zu wirtschaften.<br />
Im Stall standen eine Kuh und ein Kalb, aber wir hatten kein<br />
Futter, da die Weinzerl bis auf ein paar Streubogen voll alles<br />
mitnahmen. Als erstes kauften wir von den Straßenarbeitern<br />
das „Roahgros“, jenes Gras, das sie von den Weg- und Straßenrän<strong>der</strong>n<br />
mähten, damit wir unser Vieh füttern konnten.