Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg
Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg
Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
28 Akzente<br />
schriftlicher Hausarbeit zur B-Prüfung „Erich<br />
Hübner, Leben und Werk“ (<strong>Heidelberg</strong> 1987):<br />
„Im Mai 1972 bot der damalige Berliner Senator <strong>für</strong><br />
Wissenschaft und Kunst, Prof. Stein, Erich Hübner<br />
eine ordentliche Professur <strong>für</strong> die Fächer Chorliteratur,<br />
praktische Liturgik und Hymnologie an der<br />
Staatl. <strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> Musik und darstellende<br />
Kunst in Berlin an. Mit dieser Professur wäre die<br />
Leitung des Staats- und Domchores verbunden<br />
gewesen. Erich Hübner nahm diesen Ruf, mit dem<br />
sich dadurch eine große Karriere hätte eröffnen<br />
können, nicht an.“<br />
Aus dem Bildband „75 Jahre Friedenskirche Handschuhsheim“:<br />
„Man stand nunmehr vor dem Wiederaufbau, als im<br />
Spätjahr 1945 der [Posaunen]Chor auf Einladung<br />
des damaligen Landeskirchenmusikdirektors Prof.<br />
Hermann Poppen in der Providenzkirche bei einer<br />
Abendmusik mitwirkte. Am Schluss dieser Veranstaltung<br />
hat sich ein junger Mann namens Erich<br />
Hübner dem Chor als Dirigent angeboten. Die Einladung<br />
zur nächsten Chorprobe durch den Obmann<br />
Fritz Vogt und der freundliche wie ebenso<br />
herzliche Handschlag zwischen den beiden waren<br />
wie ein ungeschriebener Vertrag, der, wie es die<br />
Geschichte später zeigte, über 37 Jahre Gültigkeit<br />
haben sollte.“<br />
Auch hier spürt man die weit gespannten Pole:<br />
international renommierte <strong>Hochschule</strong> und ebensolcher<br />
Chor auf der einen Seite, die tägliche Arbeit<br />
mit Laien, an der Basis, auf der anderen. Die Entscheidung<br />
muss meinem Vater seinerzeit sehr<br />
schwer gefallen sein. Er war ehrgeizig, das Angebot<br />
aus Berlin äußerst verlockend. Seine Liebe zum<br />
Beruf des <strong>Kirchenmusik</strong>ers, die starke Verbundenheit<br />
mit seiner Gemeinde, sein Freundeskreis, die<br />
Verehrung und Liebe, die ihm in Handschuhsheim<br />
und <strong>Heidelberg</strong> entgegengebracht wurden, das<br />
waren ausschlaggebende Gründe <strong>für</strong> sein Bleiben.<br />
Dazu kam die Verleihung des Professorentitels<br />
durch den damaligen Ministerpräsidenten Baden-<br />
Württembergs, Hans Filbinger, sowie die hervorragenden<br />
künstlerischen Bedingungen, die er in Hei-<br />
delberg mit der Leitung des Bachvereins und der<br />
von ihm gegründeten <strong>Heidelberg</strong>er Kantorei hatte.<br />
Zehn Jahre später, zum 65. Geburtstag, schrieb<br />
H. D. Werner, damaliger Feuilletonchef, in der RNZ:<br />
„Man muss vielleicht etwas Abstand von <strong>Heidelberg</strong><br />
und seinem täglichen Musikleben gewinnen,<br />
um zu erkennen, welch unverwechselbaren, welch<br />
präzisen, welch kultivierten und welch stilistisch<br />
weltoffenen Klangkörper Sie mit der <strong>Heidelberg</strong>er<br />
Kantorei geschaffen haben. Die gar nicht abstrakte,<br />
sondern polyphon beseelte Reinheit dieses Chores<br />
ist mir unvergesslich. Die a-cappella-Sublimation,<br />
die Sie mit ihm in alter und neuer Musik erreicht<br />
haben, zählt zum Gehaltvollsten und Feinsten, das<br />
einem in der Vokalmusik überhaupt widerfahren<br />
kann. Daß die HK zum hauptsächlichen Träger<br />
eines essentiellen Teils Ihres Lebenswerkes geworden<br />
ist, nämlich der Gesamtaufführung aller Kantaten<br />
Bachs, das unterstreicht die Wertschätzung, die<br />
Sie diesem auch außerhalb <strong>Heidelberg</strong>s hochgeschätzten<br />
Chor selbst entgegenbringen. Ihr Zyklus<br />
der Bachkantaten ist eine jener musikalischen<br />
Großtaten, die an Grundsätzliches rühren. Was Sie<br />
mit diesem Zyklus, um den uns andere Städte beneiden,<br />
<strong>für</strong> die Erkenntnis und <strong>für</strong> die Ergründung<br />
des ganzen Bedeutungsausmaßes Bachscher Musik<br />
tun, das ist ebenso bewunderungswürdig in der<br />
immer neuen künstlerischen Bewährung dieses<br />
Unternehmens wie beispielhaft in seinem dokumentarischen<br />
Wert. Mit diesem Zyklus haben Sie die<br />
Universalität Bachs beim Wort genommen.“ Und<br />
später an selber Stelle weiter: „Es hat <strong>für</strong> mich seinen<br />
tiefen Sinn, dass es die Vokalmusik ist, der<br />
Gesang der menschlichen Stimme, der Sie nicht<br />
loslässt. Mir steht es nicht zu, in die Sphäre Ihrer<br />
Religiosität einzudringen, aber ich meine, dass nur<br />
ein radikal gläubiger Mensch wie Sie dazu in der<br />
Lage ist, in der Musik so viel Menschliches zu berühren<br />
und zu bewegen und in einer geistlichen<br />
Nachfolge zu bekennen.<br />
Der Bachchor: das ist die zweite kraftvolle Säule<br />
ihres Lebenswerkes, in die Sie all das eingebracht<br />
haben und weiter hineinlegen werden, was sich nur<br />
als unvollständiger Tugendkatalog aufzählen lässt:<br />
Ihr künstlerisches Einfühlungsvermögen, Ihre Viel-