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Untitled - Schwabenakademie Irsee

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Markwart Herzog<br />

men: beginnend mit der Geburt Jesu bzw. mit dem Krönungsjahr des jeweils<br />

herrschenden Kaisers, so wie sich in Altägypten die Chronologien an den Herrschaftsantritten<br />

der Pharaonen orientierten. Der republik- und kaiserzeitliche römische<br />

Kalender wurde mit den Namen und Regierungsjahren der beiden amtierenden<br />

Konsuln geführt, 2 während im byzantinischen Reich eine undurchschaubare<br />

Vielfalt von Datierungen gleichzeitig in Gebrauch war. 3<br />

Die hochangesehene Tageszeitung Jerusalem Post datiert ihre Ausgaben mit<br />

den Jahreszählungen (Ären) der drei ‚Buchreligionen‘: Die muslimische Ära<br />

setzt nämlich mit dem Jahr des Auszugs des Propheten Mohammed aus Mekka<br />

nach Medina am 16. Juli 622 n.Chr. ein, wohingegen die jüdische Zeitrechnung<br />

mit der Erschaffung der Welt durch Jahwe, den Gott der hebräischen<br />

Bibel, beginnt, und zwar am 7. Oktober des Jahres 3761 v.Chr., und<br />

der christliche Kalender die Jahre nach der Geburt Jesu von Nazareth rechnet.<br />

– Der hier vorliegende Band erscheint also nach christlicher Zählung im Jahr<br />

2002, nach jüdischer bzw. muslimischer Datierung im Jahr 5763 bzw. 1423.<br />

Die Geschichte der Zeitmessung ist eine Geschichte von Versuchen, wiederkehrende<br />

Rhythmen zu fassen, die in kalendarischen Ordnungen darstellbar<br />

sind und sich auf die Zyklen der Himmelskörper als Kriterium ihrer<br />

Richtigkeit 4 beziehen. Neben dem Ringen mit rechnerischen Problemen<br />

kommen regelmäßig politische und ökonomische Interessen ins Spiel (Steuern<br />

und Abgaben). 5 Besondere Brisanz erhält die Thematik durch ihre Einbettung<br />

in religiöse Kontexte. Alle Beiträge dieses Bandes bezeugen mehr<br />

oder weniger deutlich, daß es bei Kalenderreformen nicht nur auf astronomisches<br />

Wissen und mathematische Präzision ankommt; vielmehr bewegt man<br />

sich bei Kalenderreformen immer auch auf religiösen Minenfeldern.<br />

2 Grundsätzlich hätten in dieses System ‚Löcher‘ einreißen können, wenn nämlich beide<br />

Konsuln einer Regierungszeit der damnatio memoriae bei Tilgung ihrer Namen auch aus<br />

den offiziellen Kalendern verfallen wären. „Glücklicherweise kennt die römische Geschichte<br />

keinen Fall, in dem gegen beide Konsuln die damnatio memoriae verhängt worden<br />

ist.“ (GERHARD RIES, Damnatio memoriae. Die Vernichtung des Andenkens an Verstorbene<br />

in Politik und Strafrecht, in: MARKWART HERZOG [Hrsg.], Totengedenken und<br />

Trauerkultur. Geschichte und Zukunft des Umgangs mit Verstorbenen, Stuttgart 2001,<br />

237–248, 243).<br />

3 Vgl. dazu Beitrag MÜLLER, der deutlich macht, mit welchen Schwierigkeiten Historiker<br />

ringen, wenn sie Dokumente und Urkunden mit einer Vielzahl von parallel verwendeten<br />

Datierungen und Kalendern in eine einheitliche Chronologie einordnen müssen. – In abgeschwächter<br />

Form stellen sich diese Probleme beispielsweise bei der Berechnung der<br />

Lebensdaten und der Lebensspanne von Persönlichkeiten, wenn der Geburtstag nach Julianischer<br />

Rechnung, der Todestag aber nach Gregorianischem Kalender ohne Korrektur<br />

der Differenz zwischen altem und neuem Stil fortgeschrieben wurden. Gelegentlich weisen<br />

biographische Nachschlagewerke darauf hin, daß sie nicht in allen Fällen für die Berücksichtigung<br />

dieser Kalenderdifferenz garantieren können.<br />

4 Vgl. Beitrag HAEFFNER, S. 25f.<br />

5 Vgl. die Beiträge BAYER, MÜLLER, EICHLER, S. 47, 116f., 147–149.

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