Untitled - Schwabenakademie Irsee
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Antike Zeitmessung 37<br />
deutsche Wort leitet sich bekanntlich von hora (Stunde) her – erfunden und<br />
vor allem geeicht werden. Neben Sonnenuhren kamen auch Wasseruhren in<br />
Betracht. Zu ihrer Eichung waren die üblichen, an der Dauer des Tageslichtes<br />
orientierten, also variablen ‚Stunden‘ unbrauchbar. Man mußte eine Normalstunde<br />
schaffen. Das Maß dafür lieferte die Dauer der Stunde zur Zeit der<br />
Tagundnachtgleichen (Äquinoktien), die ishemerinè (hôra).<br />
Es ist deutlich, wie verschiedenste, bereits vorhandene Kenntnisse miteinander<br />
vernetzt werden mußten und wie die gesuchten Lösungen zwangsläufig<br />
die Entwicklung der Zuliefererdisziplinen, aber auch der feinmechanischen<br />
Werkstätten zu neuen Problemlösungen anregten. Da mußte z.B. über die<br />
Möglichkeiten, den gewölbten Raum planimetrisch abzubilden, nachgedacht<br />
werden, Meßgeräte mußten geschaffen werden, die immer höheren Genauigkeitsansprüchen<br />
zu genügen hatten.<br />
2. Naturphilosophie und Astronomie in der griechischen Antike<br />
Sehr bald erkannte man, daß es darauf ankam, die Fülle der beobachteten<br />
Einzelphänomene in ein rationales, in sich stimmiges System zu fassen. Leider<br />
kann ich hier nur die äußeren historischen Umrisse nachzeichnen. – Im<br />
europäischen Raum haben jedenfalls die Vorsokratiker den Anfang gemacht,<br />
jene sog. Naturphilosophen also, die seit dem 6. Jahrhundert v.Chr. von der<br />
kleinasiatischen Handelsmetropole Milet aus die Entwicklung der abendländischen<br />
Wissenschaften einleiteten. Von ihren Lehren ist glücklicherweise<br />
vieles auf uns gekommen. Einige Zitate mögen veranschaulichen, wie mühsam<br />
man sich an die Fakten herantastete.<br />
Den Namen des frühesten von ihnen, Thales, bringt jedermann mit dem<br />
gleichnamigen Kreis in Verbindung, vielleicht auch mit der Vorhersage der<br />
Sonnenfinsternis des 25. Mai 585 v.Chr. Daß sich hinter diesen beiden Begriffen<br />
Beziehungen nach Babylonien und nach Ägypten verbergen, kann als<br />
sicher gelten. Thales wurde zum Begründer einer Philosophenschule. Sein<br />
Nachfolger Anaximander entwarf bereits eine Himmelskugel (sphaîra). Diese<br />
Versuche, die Vorgänge am Himmel (metéora) zu erklären, wurden weitergetrieben,<br />
wobei man von den vier kanonischen ‚Elementen‘ (Erde, Wasser,<br />
Luft, Feuer) ausging. So schreibt z.B. der dritte in dieser Reihe, der Milesier<br />
Anaximenes (6. Jh. v.Chr.):<br />
„(4) Die Erde ist flach und breit und treibt auf der Luft.<br />
In ähnlicher Weise treiben auch Sonne, Mond und die übrigen Gestirne, die alle<br />
feurig sind, wegen ihrer flachen und breiten Form auf der Luft.“ 4<br />
Bei Xenophanes aus Kolophon (6./5. Jh. v.Chr.) – kein gebürtiger Milesier –<br />
ist zu lesen:<br />
4 Zit. nach HIPPOLYTOS, 13 A 7 (Text H. Diels / W. Kranz).