Untitled - Schwabenakademie Irsee
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Antike Zeitmessung 41<br />
Plinius rühmt dieses Ergebnis als Graecae inventionis scientia exquisitissimae<br />
subtilitatis (eine von Griechen geschaffene Wissenschaft von ausgezeichnetem<br />
Scharfsinn). 12<br />
3. Zeitmessung in Rom vor der Reform des Iulius Caesar<br />
Über den Beitrag der Römer gibt es eigentlich nur Blamables zu berichten.<br />
Denn wenn man sich vergegenwärtigt, wie es in alten Zeiten um das wissenschaftliche<br />
Denken in Rom, insbesondere auch, wie es um astronomische<br />
Kenntnisse bestellt war, dann ermißt man erst, welcher ‚Kulturschock‘ die<br />
Römer um die Mitte des zweiten Jahrhunderts v.Chr. getroffen hat: Sie mußten<br />
sich, an den Griechen gemessen, geradezu wie Barbaren vorkommen.<br />
Daraus erklärt sich die danach einsetzende Aufholjagd. Kein Geringerer als<br />
Vergil, selbst ein aemulus, erklärte sie für aussichtslos: Kultur, Kunst, Wissenschaft<br />
werden die Domäne der Griechen bleiben, die genuine Begabung<br />
der Römer sieht er in den Bereichen Macht, Recht und Zivilisation:<br />
„Weicher werden aus Erz stets andere atmend’ Gebilde<br />
treiben – ich glaube es –, formen lebendige Züge aus Marmor,<br />
führen gewandter das Wort vor Gericht und zeichnen des Himmels<br />
Bahnen genau mit dem Gnomon und künden den Aufgang der Sterne:<br />
Du aber, Römer, gedenk durch Befehl die Völker zu lenken,<br />
– das ist Kunst für dich – dem Frieden zu prägen Gesittung,<br />
Unterworf’ne zu schonen und niederzukämpfen Empörer.“ 13<br />
Der ältere Plinius gibt ein anschauliches Bild von den Verhältnissen ‚im alten<br />
Rom‘: Nachdem er von den ersten beiden „stillschweigenden Übereinkünften<br />
aller Völker“ berichtet hat – sie bestanden in der Verwendung der ionischen<br />
(d.h. griechischen) Buchstaben – und, kurioserweise, im Scheren des Bartes!<br />
–, nennt er als dritte große Übereinkunft (tertius consensus) die Einteilung<br />
(des Tages) in Stunden:<br />
„Auch die Stunde hat man in Rom erst später verwendet. Auf den Zwölf Tafeln<br />
wird nur vom Auf- und Untergang der Sonne gesprochen, einige Jahre später<br />
kam noch der Mittag hinzu. Ein Amtsdiener [accensus] der Konsuln mußte es<br />
ausrufen, wenn er von der Kurie aus die Sonne zwischen der Rednerbühne und<br />
der Tribüne der griechischen Gesandten erblickte; neigte sich die Sonne von der<br />
Maeniussäule nach dem Carcer hin, so rief er die letzte Tagesstunde aus. Dies geschah<br />
aber nur an heiteren Tagen, bis zum Beginn des 1. Punischen Krieges<br />
[264 v.Chr.].“<br />
12 PLINIUS, Naturalis historia 6,211 (Übers. K. Brodersen).<br />
13 Excudent alii spirantia mollius aera – | credo equidem – vivos ducent de marmore vultus;<br />
| orabunt causas melius caelique meatus | describent radio et surgentia sidera<br />
dicent: | tu regere imperio populos, Romane, memento – | Haec tibi erunt artes – pacique<br />
inponere morem, | parcere subiectis et debellare superbos. – VERGIL, Aeneis 6,847–853<br />
(Übers. J. Götte).