Untitled - Schwabenakademie Irsee
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Antike Zeitmessung 45<br />
Solche Sterndaten werden häufig mit einer Angabe über das zu erwartende<br />
Wetter (episemasía) verknüpft, so z.B. zum 28. August: „[...] und die Etesien<br />
hören auf zu wehen“ (et etesiae desinunt). 31 Dieser Satz wurde – in Griechisch<br />
– auch bei der Augustus-Sonnenuhr gefunden. Wir kennen solches aus<br />
unseren Bauernregeln, z.B. zum 24. Februar: „Matheis bricht’s Eis; hat er<br />
keins, macht er eins.“<br />
Daß es in diesen Kalendernotizen oft Caesari (nach Caesar) heißt, liegt<br />
daran, das dieses Kalendarium nicht unmittelbar, sondern nur durch zahlreiche<br />
Zitate beim älteren Plinius und bei Ptolemaios überliefert ist.<br />
Was nun die Einzelheiten anlangt, will ich mich auf die Wiedergabe der<br />
ausführlichsten Quelle beschränken, nämlich auf das 14. Kapitel des ersten<br />
Saturnalienbuches des Macrobius. Einige mir wichtig scheinende Aspekte,<br />
die Macrobius nicht erwähnt, werde ich einfügen oder am Ende nachtragen.<br />
Kurz zur Vergegenwärtigung der Saturnalia: Der Verfasser, Ambrosius<br />
Macrobius Theodosius, ein vir illustris, der um das Ende des 3. und den Beginn<br />
des 4. Jh. n.Chr. lebte, verfaßte für seinen Sohn Eustachius ein Werk mit<br />
dem Titel Saturnalia, von dessen sieben Büchern der überwiegende Teil erhalten<br />
geblieben ist. Sie sind in Dialogform gefaßt. Ein künstlerischer Mangel<br />
dieser Dialoge liegt darin, daß die benutzten Quellen so gut wie wörtlich<br />
übernommen sind; doch gerade dieser Mangel an Verarbeitung läßt sie als<br />
zuverlässig erscheinen und macht sie für unseren Zweck wertvoll.<br />
Das erste Buch spielt am Vortag der Saturnalien (sie entsprechen in etwa<br />
unseren Weihnachtsferien) im Haus des Prätorianerpräfekten Vettius Agorius<br />
Praetextatus, eines der entschiedensten Verteidiger der alten Götter und Verehrers<br />
der alten römischen Dichter, insbesondere des Vergil. Unter den namhaften<br />
Teilnehmern an den Gesprächen (z.B. Symmachus, Avianus und Servius)<br />
befindet sich auch ein Philosoph namens Horus, dessen Name auf<br />
Ägypten deutet (Aegypto oriundus sagt Macrobius), und in der Tat bringt dieser<br />
das Gespräch bald auf den ägyptischen Kalender, der Caesar als Vorbild<br />
diente.<br />
Unser Text setzt bei den Ursachen der Verwilderung der Kalenderschaltung<br />
bei den Römern an. Da der römische Kalender auf dem Mondjahr<br />
beruhte, waren Schaltungen unvermeidlich, um die Differenz zwischen<br />
der Dauer des Mondjahres (rd. 355,37 Tage) und der des Sonnenjahres<br />
(rd. 365,25 Tage) zu beheben. Im einzelnen handelt es sich dabei um folgende<br />
Zahlenwerte:<br />
Der synodische Mondmonat, d.h. die Umlaufzeit zwischen zwei Neumonden,<br />
dauert 29d 12h 44m 02,9s, das Mondjahr zu 12 Monaten dauert folglich<br />
354d 08h 48m 34,8s.<br />
Das tropische Sonnenjahr, die Umlaufzeit von Frühjahrspunkt zu Frühjahrspunkt,<br />
umfaßt die Zeitspanne von 365d 05h 48m 46,5s.<br />
31 PLINIUS, Naturalis historia 18,309 (Übers. R. König).