Untitled - Schwabenakademie Irsee
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26<br />
Gerd Haeffner<br />
Tag in mehrere ‚Stunden‘ und die Nacht in verschiedene ‚Wachen‘ gegliedert.<br />
Den alten Ägyptern und Babyloniern ist es dann gelungen, sogar Sonnen-<br />
und Mondfinsternisse zu berechnen. 11 Aber auch hier blieb man zunächst<br />
wieder bei einer Sicht vom sinnlichen Standpunkt aus: Man sieht die Gestirne<br />
so, wie sie sich der unmittelbaren Beobachtung darbieten (die Sonne z.B. als<br />
aufgehend), und betrachtet sie hinsichtlich der Bedeutung, die sie für uns haben<br />
(Sonne als lebenspendende Gottheit, die am Morgen mit einem Gebet<br />
begrüßt wird, oder biblisch-säkularisiert als Leuchte und Zeitgeber 12 ).<br />
Erst die Astronomie der Griechen löst sich von dieser sinnlichanthropozentrischen<br />
Sicht: Die bodengebende Erde, die leuchtenden Scheiben<br />
der Sonne und des Mondes und die Wandelsterne (Planeten) werden gleichermaßen<br />
als Körper angesehen, die sich auf bestimmten ‚Bahnen‘ bewegen.<br />
Erst jetzt konnte und mußte freilich auch die Frage gestellt werden, wie<br />
die Bewegungsbahnen dieser Körper zueinander stehen, ob z.B. die anderen<br />
genannten Körper sich um die Erde drehen (wie u.a. Platon, Aristoteles und<br />
Ptolemäus und nach ihnen viele Jahrhunderte meinten) oder ob sich die Erde<br />
mitsamt ihrem Mond und gemeinsam mit den ‚anderen‘ Planeten um die<br />
Sonne drehen (wie schon Aristarch von Samos [ca. 300 v.Chr.] lehrte und<br />
Kopernikus dann durchsetzte). 13 Diese astronomische Frage aber blieb die<br />
längste Zeit rein theoretisch; ihre Beantwortung in dem einen oder dem anderen<br />
Sinn ließ die gewöhnliche, zu praktischen Zwecken angewandte Zeitrechnung<br />
weitgehend unberührt. Denn die astronomische Theorie der Bewegungen<br />
der Himmelskörper an sich, sei es nun die ptolemäische oder die kopernikanische,<br />
erklärt nur, warum es zu den phänomenalen Bewegungen der erscheinenden<br />
Gestirne kommt, und gibt für deren Berechnung bestimmte Parameter<br />
vor. Aber die gebräuchlichen Zeiteinheiten ‚Tag‘, ‚Monat‘, ‚Jahr‘<br />
selbst wurden weiterhin primär an den sichtbaren Positionswechseln der erscheinenden<br />
Gestirne abgelesen; nur ergänzend berücksichtigt man für bestimmte<br />
Zwecke 14 die berechneten Bewegungen der Himmelskörper an sich.<br />
Und das ist für das Zeiterleben und die Zeitrechnung der meisten Menschen<br />
im Großen und Ganzen auch heute noch so.<br />
11<br />
Zu diesen Anfängen der Zeitmessung vgl. auch den Beitrag von KARL BAYER im vorliegenden<br />
Band, S. 35–41.<br />
12<br />
Gen 1,14: „Gott sprach: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu<br />
scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und<br />
Jahren dienen; sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten.“<br />
13<br />
Vgl. auch den Beitrag von KARL BAYER im vorliegenden Band, S. 40.<br />
14<br />
Zu diesen gehören spätestens alle Techniken der Raumfahrt und der Informationsübertragung<br />
über Satelliten.