Untitled - Schwabenakademie Irsee
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12<br />
Markwart Herzog<br />
Kulte mit größter Vorsicht und Schonung zu behandeln: feriarum tamen cuiusque<br />
mensis ordo servatus est; 13 vor allem durften die auf bestimmte Tage<br />
festgelegten kultischen Observanzen nicht behindert werden: ne scilicet religiones<br />
cuiusque mensis a loco summoverentur 14 – ne deum inferum religio<br />
immutaretur. 15<br />
Da aber das Julianische Kalenderjahr etwas länger als das astronomische<br />
Sonnenjahr ausgefallen ist und man nach Caesars Tod die Schaltregel nicht<br />
richtig angewendet hat, ist bis ins 16. Jahrhundert ein Überhang von 10 Tagen<br />
aufgelaufen. Auf dem Tridentinischen Konzil beschlossen, arbeitete eine Expertenkommission<br />
an der Verbesserung des Julianischen Kalenders. Das große<br />
Reformwerk kam unter Papst Gregor XIII. 1582 zum Abschluß. Der Julianische<br />
Kalender wurde außer Kraft gesetzt, die Regelung der Schaltjahre<br />
präzisiert. Zur Tilgung des Zehn-Tage-Überhangs folgte auf den 4. Oktober<br />
1582 der 15. Oktober, die Zeitspanne vom 5. bis zum 14. Oktober wurde gestrichen.<br />
So vernünftig und sinnvoll der neue Kalender auch war und obwohl man<br />
protestantische Wissenschaftler bei der Vorbereitung der Reform in der überkonfessionell<br />
besetzten römischen Kommission 16 hinzugezogen hatte, haftete<br />
dem Werk dennoch der Makel des Katholischen an. Unter den konfessionell<br />
angespannten Zeitumständen verdächtigten ihn evangelische Christen als Instrument<br />
der Gegenreformation. Die Auseinandersetzungen um die Kalenderreform<br />
führten Augsburg sogar an den Rand eines Bürgerkriegs. 17 Am Reformkalender<br />
entluden sich konfessionelle Spannungen, ökonomische<br />
Gegensätze und Konflikte um Grundsatzfragen der städtischen Verfassung.<br />
Obwohl der neue Kalender für die Einhaltung von Marktterminen, die Gewährleistung<br />
der städtischen Lebensmittelversorgung, den Geschäftsverkehr<br />
und alle Wirtschaftskontakte mit dem katholischen Umland von größter<br />
13<br />
MACROBIUS, Saturnalia 1,14,11, der neben Gewinnsucht bei der Erhebung von Abgaben<br />
auch Aberglaube (superstitio) als Ursache für fehlerhafte Schaltregeln in der Zeit vor<br />
dem Julianischen Reformvorhaben beklagt (ebd. 1,14,1, zit. im Beitrag BAYER, S. 47).<br />
14<br />
CENSORINUS, De die natali 10,8; vgl. dazu KARL BAYER, Caesar, De astris, in: Anregung<br />
42 (1996) 218–234, 223.<br />
15<br />
MACROBIUS, Saturnalia 1,14,7, zit. in Beitrag BAYER, S. 52; vgl. ebd. 53.<br />
16<br />
Vgl. Beitrag WALLENTA, S. 129 und Beitrag MAIER, S. 98f.<br />
17<br />
Über die damalige Spaltung der Christenheit und die besonderen Rahmenbedingungen<br />
im gemischtkonfessionellen Augsburg vgl. im vorliegenden Band den Beitrag WAL-<br />
LENTA; ferner BERND ROECK, Eine Stadt in Krieg und Frieden. Studien zur Geschichte der<br />
Reichsstadt Augsburg zwischen Kalenderstreit und Parität, 2 Bde., Göttingen 1987/89,<br />
125–169, sowie WOLFGANG WALLENTA, Grundzüge katholischer Konfessionalisierung<br />
in Augsburg 1548–1648, in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 33<br />
(1999) 215–232; DIETRICH BLAUFUSS, Das Verhältnis der Konfessionen in Augsburg<br />
1555 bis 1648. Versuch eines Überblicks, in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte<br />
10 (1976) 27–56, 28–32.