Imagixx Ausgabe Nr. 02-2009
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18 Innovation<br />
Mit Schallwellen<br />
gegen Schmerzen<br />
Krankes Gehirngewebe veröden, ohne den Schädel zu öffnen — genau das ist einem<br />
Spezialistenteam an der Züricher Universitäts-Kinderklinik gelungen. Zehn Patienten „operierten“<br />
sie erfolgreich mit Hochenergie-Ultraschall (HIFU).<br />
Eine Operation am Ge-<br />
E hirn löst bei den meisten<br />
Menschen keine angenehmen<br />
Vorstellungen aus. Eine<br />
Meldung im Juni dieses Jahres<br />
sorgte daher für Aufsehen: Erstmals<br />
erfolgreiche Hirnoperation<br />
mit Ultraschall durchgeführt! Am<br />
Magnetresonanz-Zentrum der Universitäts-Kinderklinik<br />
Zürich wurden<br />
zehn Patienten mit transkraniellem<br />
Hochenergie-Ultraschall<br />
(HIFU) erfolgreich operiert – also<br />
ohne die Schädeldecke zu öffnen.<br />
Schall statt Sonde<br />
Alle zehn Patienten, die im September<br />
2008 mit diesem Verfah-<br />
Thalamus — das Tor zum Bewusstsein<br />
ren behandelt worden waren, litten<br />
an chronischen Schmerzen,<br />
deren Ursache in einer Fehlfunktion<br />
im Thalamus lag. Bislang<br />
wurden solche Störungen mit einer<br />
Sonde behoben, die durch<br />
eine kleine Öffnung im Schädel<br />
in das Zielgebiet geschoben wurde<br />
und dort das Gewebe mit Hitze<br />
verödete. Auch Daniel Jeanmonod,<br />
Neurochirurg am Universitätshospital<br />
Zürich, praktizierte<br />
diese minimalinvasive chirurgische<br />
Methode. Doch birgt dieser<br />
Eingriff auch Risiken wie<br />
Blutungen oder Infektionen. Außerdem<br />
kann gesundes Hirngewebe<br />
zerstört werden an einem<br />
Die Väter des HIFU-Projekts<br />
am Kinderspital<br />
Zürich: Prof. Martin-Fiori<br />
(links) und Prof. Jeanmonod<br />
während einer<br />
HIFU-Operation. Da der<br />
Eingriff nicht invasiv ist,<br />
müssen keine sterilen<br />
Bedingungen herrschen.<br />
Die Computermaus ersetzt<br />
das Skalpell.<br />
Das Gehirn, die zentrale Verwaltungsstation des Körpers, besteht<br />
aus Großhirn, Kleinhirn, Mittelhirn und Zwischenhirn.<br />
Zu Letzterem gehört auch der Thalamus. Seine Aufgabe ist<br />
es, Informationen aus dem Körper und den Sinnesorganen<br />
zur Großhirnrinde weiterzuleiten. Dabei fungiert der Thalamus<br />
als Filter, der entscheidet, welche Informationen für den<br />
Organismus im Moment wichtig sind, sodass sie weitergeleitet<br />
werden und ins Bewusstsein gelangen. Der Thalamus wird<br />
deshalb oft als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet.<br />
Ort, wo jeder Millimeter wichtig<br />
ist. Mit dem Hochenergie-Ultraschall-Verfahren<br />
hingegen arbeitet<br />
das Züricher Team unter ständiger<br />
Bildkontrolle, was die<br />
Risiken minimiert.<br />
Eiweiß erhitzen<br />
Das Ultraschallsystem, der Transducer,<br />
ist eine Art Helm, der über<br />
den Kopf des Patienten gestülpt<br />
wird. Aus diesem Zylinder werden<br />
1.<strong>02</strong>4 Ultraschallbündel ins<br />
Innere des Gehirns gesendet. Jedes<br />
einzelne Ultraschallbündel ist<br />
zu schwach, um Gewebe zu schädigen,<br />
doch im Schnittpunkt aller<br />
1.<strong>02</strong>4 Bündel konzentriert sich<br />
ihre Energie derart, dass dort<br />
Gewebe gezielt erhitzt werden<br />
kann. Temperaturen ab 53 Grad<br />
Celsius reichen aus, um die Nervenzellen,<br />
die im Wesentlichen<br />
aus Eiweiß bestehen, zu veröden.<br />
Da der Schädelknochen jedoch<br />
etwa 80 Prozent der Schallenergie<br />
absorbiert, was ihn erheblich erhitzen<br />
würde, enthält der Transducer<br />
ein Kühlsystem. Das Wasser,<br />
Erfolgskontrolle mit<br />
Magnetresonanztomographie:<br />
Das Hirngewebe wird<br />
in verschiedenen Graustufen<br />
dargestellt, die Liquorräume<br />
sind schwarz. Die<br />
beiden weißen Punkte im<br />
Zentrum des Gehirns<br />
entsprechen dem während<br />
der Operation zerstörten<br />
Gewebe.