Imagixx Ausgabe Nr. 02-2009
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Foto: rollover/iStockphoto<br />
Völlig aus der Form<br />
Ohne Bandscheiben wäre unser Körper steif wie ein Stock. Einige der 23 elastischen Puffer<br />
sind besonders anfällig für Deformationen, die stark schmerzen können. Dank individueller<br />
Therapien sind die Aussichten gut, das Leiden loszuwerden. Ein Beitrag von Dr. Stefan Braitinger.<br />
Autsch, das tut weh! Ein<br />
A plötzlicher Bandscheibenvorfall<br />
kann einem<br />
die Tränen in die Augen treiben.<br />
Mit verkrümmtem Oberkörper<br />
zwängt man sich ins Auto und ist<br />
froh, einen Chauffeur zum Arzt<br />
gefunden zu haben. Mit gequältem<br />
Ausdruck im Gesicht wartet<br />
der Patient auf den Arzt und die<br />
Erlösung von den Schmerzen.<br />
Diese Szene spielt sich oft ab in<br />
Deutschland, dem Land der Rückenschmerzgeplagten.<br />
Unsere Wirbelsäule ist ein ausgeklügeltes<br />
System, das uns den<br />
aufrechten Gang ermöglicht und<br />
unglaublich flexibel ist. Einen<br />
wichtigen Beitrag dazu leisten die<br />
Bandscheiben. Die elastischen<br />
Puffer verbinden die einzelnen<br />
Wirbel der Wirbelsäule und ermöglichen<br />
unserer zentralen<br />
Stütze erstaunliche Beweglichkeit:<br />
Der Körper kann gebeugt<br />
werden, gestreckt, gedreht und<br />
zur Seite geneigt.<br />
Diesen Druckpolstern bekommt<br />
aber unsere moderne Lebensweise<br />
nicht. Die einseitige Belastung<br />
durch Sitzen oder Stehen, die Bewegungsarmut<br />
und auch die ungesunde<br />
Ernährung bleiben nicht<br />
ohne Folgen. So haben schon<br />
35 Prozent der jüngeren Bevölkerung<br />
vorgefallene oder degenerierte<br />
Bandscheiben. Dabei sind<br />
Beschwerden an den Wirbelpuffern<br />
eigentlich eine Sache für Ältere.<br />
Das hängt mit dem Aufbau<br />
der Bandscheiben zusammen: Im<br />
Inneren befindet sich der Gallertkern,<br />
den ein Faserring aus Faserknorpel<br />
umschließt. Der Gallertkern<br />
besteht im Wesentlichen aus<br />
Wasser, das für die Pufferwirkung<br />
verantwortlich ist: zu 90 Prozent<br />
bei einem Baby, aber eben nur<br />
noch zu 70 Prozent bei einem<br />
Siebzigjährigen. Die Pufferwirkung<br />
nimmt also mit dem Alter ab,<br />
zusätzlich nagt der Zahn der Zeit<br />
an der Stabilität des Faserrings.<br />
So hält die Bandscheibe bei jungen<br />
Menschen 800 Kilogramm<br />
Druck stand, bei älteren sind es<br />
noch 450 Kilogramm.<br />
Kein Schmerz trotz Vorfall<br />
Rückenschmerzen haben sich<br />
zwar längst zum Volksleiden entwickelt,<br />
doch nicht jeder Schmerz<br />
lässt sich auf die Bandscheiben<br />
zurückführen. Es gibt sogar viele<br />
Menschen, die zwar einen Bandscheibenvorfall<br />
haben, aber keine<br />
Schmerzen spüren und auch sonst<br />
in keiner Weise beeinträchtigt<br />
sind. Gerät die Bandscheibe nämlich<br />
allmählich außer Form, passt<br />
sich das umliegende Gewebe,<br />
auch die Nerven, an die veränderte<br />
Situation an. Verursacht hingegen<br />
eine plötzliche Druckbelastung einen<br />
Vorfall, dann führt dies meist<br />
zu heftigen Schmerzen.<br />
Dr. Stefan<br />
Braitinger,<br />
Arzt für<br />
Radiologie<br />
und Neuroradiologie<br />
Probleme mit Bandscheiben treten<br />
fast überwiegend im Bereich<br />
der Lendenwirbelsäule auf, am<br />
häufigsten zwischen dem vierten<br />
und dem fünften Lendenwirbel<br />
sowie zwischen dem fünften Lendenwirbel<br />
und dem Kreuzbein. In<br />
seltenen Fällen kann es auch den<br />
Halswirbelbereich treffen.<br />
Ein klassischer Vorfall<br />
Ist die Bandscheibe tatsächlich<br />
Auslöser von Rückenschmerzen,<br />
dann kommen zwei Ursachen infrage:<br />
einmal der typische Bandscheibenvorfall<br />
und zum anderen<br />
eine verformte Bandscheibe.<br />
Beim Bandscheibenvorfall reißt<br />
der Faserring, der den Gallertkern<br />
umgibt. Die Gallertmasse quillt<br />
durch den Riss und drängt gegen<br />
die seitlich abgehenden Wurzeln<br />
Ohne Bewegung verhungert die Bandscheibe<br />
In der Bandscheibe befinden sich weder Nerven noch Blutgefäße. Und trotzdem<br />
benötigt sie Nähr- und Sauerstoff zum Leben. Wie geschieht das? Die<br />
Bandscheibe ernährt sich über einen osmotischen Prozess. Bei Belastung wird<br />
ein Teil ihrer Flüssigkeit aus der Bandscheibe gepresst und damit auch Abfallstoffe.<br />
Bei Ruhe, also im Liegen, saugt sie sich voll mit Aminosäuren, Glukose<br />
und Sauerstoff. Weil die Bandscheibe im Laufe des Tages um etwa 10 Prozent<br />
schrumpft, ist man abends etwas kleiner als morgens nach dem Aufstehen.<br />
Der Wechsel zwischen Bewegung und Ruhe sorgt also für ihre optimale Ernährung.<br />
Bewegen heißt aber nicht sitzen und stehen, weil dies die Bandscheiben<br />
einseitig belastet, sondern gehen, laufen, springen, schwimmen, Rad fahren,<br />
turnen, tanzen und vieles mehr, was Spaß macht.<br />
Spezial 7