ZIT JAHRESBERICHT 2008
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durch die Einbeziehung von Usern in den Neuproduktentwicklungsprozess<br />
zeigen sich in vielen Praxisprojekten. Sie sind auch wissenschaftlich<br />
dokumentiert. Insbesondere können User einen wertvollen<br />
Beitrag in den frühen Phasen des Neuproduktentwicklungsprozesses<br />
leisten. Um die Innovationsfähigkeit von NutzerInnen systematisch in<br />
den Innovationsprozess einzubinden, bieten sich verschiedene<br />
Möglichkeiten und Tools an.<br />
(1) user haben völlig neue Ideen:<br />
die Lead User Methode<br />
Die Suche nach radikalen Innovationen kann mit der Lead User<br />
Methode sehr effizient gestaltet werden. Im Zentrum der Methode<br />
stehen nicht DurchschnittskundInnen aus dem Zielmarkt, sondern<br />
besonders fortschrittliche AnwenderInnen, sogenannte Lead User.<br />
Die Lead User Methode beschleunigt den Informationstransfer vom<br />
User Innovator zur Herstellerfirma. Im Vergleich zur Marktforschung<br />
werden mit der Lead User Methode nicht nur Bedürfnisse gesucht,<br />
sondern bereits systematisch konkrete Lösungskonzepte für diese<br />
Bedürfnisse entwickelt. Eine empirische Überprüfung der Lead User<br />
Methode hat ergeben, dass Lead User Ideen ein über achtfach<br />
höheres Umsatzpotenzial aufweisen als Ideen, die mit herkömmlichen<br />
Methoden entwickelt wurden.<br />
(2) user machen ungewöhnliche entdeckungen:<br />
die ISAA-Methode<br />
Kürzer werdende Produktlebenszyklen in Verbindung mit immer<br />
stärker steigenden Kosten für Forschung und Entwicklung sind eine<br />
zentrale Herausforderung, mit der Unternehmen heute in zunehmendem<br />
Maße konfrontiert werden. Ein Lösungsansatz dazu ist, entwickelte<br />
Technologien besser zu nutzen, indem F&E-Ausgaben optimal<br />
gehebelt werden. Mit anderen Worten: Das Ziel ist es, bestehende<br />
technologische Lösungen in unterschiedlichen Märkten einzusetzen.<br />
Damit reduziert sich die Herausforderung zunächst auf die Frage, wie<br />
denn diese zusätzlichen Geschäftsfelder gefunden werden können.<br />
Innovative User sind - wie oben gezeigt – offenbar dazu in der Lage,<br />
neue Anwendungsbereiche für bestehende (technologische) Lösungen<br />
zu entdecken. Diese Tatsache nutzt die sogenannte ISAA-<br />
Methode (steht für Intelligent Search for Additional Applications). In<br />
zahlreichen Projekten in der unternehmerischen Praxis konnte die<br />
Methode erfolgreich eingesetzt werden, um systematisch neue<br />
Geschäftsfelder zu identifizieren.<br />
User Innovation<br />
(3) user nehmen die sache selbst in die Hand:<br />
Toolkits und User-Netzwerke<br />
„User Innovationen“ entstehen dann, wenn die NutzerInnen (a)<br />
innovative, von bestehenden Marktangeboten nicht befriedigte<br />
Bedürfnisse haben und (b) die Fähigkeit zur Verwirklichung ihrer<br />
Ideen haben. Nicht immer jedoch haben innovative NutzerInnen<br />
diese Befähigung zur Innovation. In der traditionellen Marktforschung<br />
versuchen Herstellerfirmen daher, die Bedürfnisse der Anwender-<br />
Innen zur Herstellerfirma zu transferieren. Dies ist oft problematisch<br />
(„Sticky Information“). Unter Toolkits 1 und User-Netzwerken versteht<br />
man Methoden, mit denen der umgekehrte Weg beschritten wird:<br />
Statt bedürfnisbezogene Information vom Kunden oder von der<br />
Kundin zu der Herstellerfirma zu transferieren, stattet man die<br />
NutzerInnen mit lösungsbezogener Kompetenz aus. Ziel dieser<br />
Übertragung ist einerseits, die differenzierten Bedürfnisse möglichst<br />
optimal zu befriedigen, und andererseits, die durch langwierige<br />
Entwicklungs- und Marktforschungsprozesse entstehenden Kosten<br />
zu verringern.<br />
Junior-Prof. Dr. Reinhard Prügl<br />
Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und<br />
Entrepreneurship Zeppelin Universität Friedrichshafen<br />
1 Toolkits sind (oftmals webbasierte) „Werkzeuge“, häufig in der Form einer Software,<br />
mit deren Hilfe der User sein eigenes Produkt aus einer bestimmten Anzahl an<br />
Lösungsvorschlägen selbst erstellen kann. Durch einen „Trial-and-Error“ Prozess kann<br />
er sein Produkt so lange modifizieren, bis es genau seinen eigenen Ideen und<br />
Bedürfnissen entspricht. Der Einsatz von Toolkits eignet sich vor allem für heterogene<br />
Märkte, um differenzierte Kundenbedürfnisse zu befriedigen.<br />
<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 47