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Katholische Kirche im Lebensraum St.Gallen - (Dekanat) St.Gallen

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Nr . 5/2010<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

spezialität: komplexe Fälle<br />

Ein weiterer Trend ist, dass die Fälle <strong>im</strong>mer<br />

komplexer werden, dass oft zahlreiche verschiedene<br />

<strong>St</strong>ellen und Behörden involviert<br />

sind . «Der Aufwand für diverse Abklärungen<br />

und Finanzgesuche macht einen bedeutenden<br />

Teil der Arbeit aus», steht <strong>im</strong> Kommentar zur<br />

Klientinnen- und Klientenstatistik 2009 . «Die<br />

Polyvalenz ist unser Profil», erklärt Beni Brack<br />

– die Vielfalt ist es, die das Angebot der kirchlichen<br />

Sozialdienste ausmacht . Bei vielschichtigen<br />

Problemen werden sie denn auch von<br />

spezialisierten <strong>St</strong>ellen um Unterstützung angegangen<br />

. Wie kompliziert die Lage mancher<br />

Betroffener ist, ergibt sich oft erst <strong>im</strong> Gespräch<br />

. Sie kommen mit der Bitte um Unterstützung<br />

etwa bei einer dringenden Anschaffung,<br />

welche das staatliche Sozialamt gemäss<br />

Sozialhilfegesetz nicht leisten kann . Bald aber<br />

wird klar, dass zum Beispiel fehlende Bewilligungen,<br />

eine verwickelte Krankengeschichte,<br />

eine gescheiterte Beziehung, ein Suchtproblem<br />

oder an dere Schwierigkeiten mit hineinspielen<br />

. «Man zupft an einem Fädchen, und<br />

schon kommt die ganze Sauce», kommentiert<br />

Gertrud Hermann vom Sozialdienst West .<br />

Die besondere aufgabe der <strong>Kirche</strong><br />

Nicht selten gehen die Bedürfnisse der Klienten<br />

aber auch weit über die materielle Hilfe<br />

hinaus: Viele Menschen sind aufgrund ihrer<br />

Armut einsam, isoliert, nicht mehr in die Gesellschaft<br />

integriert . Sie fühlen sich unnütz<br />

und nicht ernst genommen, können ihre Talente<br />

und Fähigkeiten nicht entfalten . An dieser<br />

<strong>St</strong>elle haben gerade die kirchlichen Sozialdienste<br />

gute Möglichkeiten – und auch den<br />

Auftrag – zur Gemeinschaftsbildung beizutragen:<br />

Viele Klientinnen und Klienten werden<br />

etwa zum Mittagstisch <strong>im</strong> Offenen Haus eingeladen<br />

oder zu sonstigen Aktivitäten . «Sie<br />

können Kontakte knüpfen, irgendwo dabei<br />

sein, irgendwo mitmachen, nützlich sein», erklärt<br />

Romana Haas Pérez, Leiterin des Offenen<br />

Hauses .<br />

Manche engagieren sich denn auch in der<br />

Freiwilligenarbeit . «Viele dieser Leute haben<br />

den Wunsch, einen Beitrag zu leisten», sagt<br />

Beni Brack . «Das finde ich das Schönste an einer<br />

Beratung: Wenn etwas passiert, das der<br />

Klient gar nicht erwartet hat .» Wenn aus dem<br />

Gesuch um einen Geldbetrag am Ende auch<br />

das Miteinander in einer Gemeinschaft entsteht<br />

. «Vernetzen – das ist die Rolle der <strong>Kirche</strong>»,<br />

sagt Christoph Balmer .<br />

W e n n a l l e s t r I c K e r e I s s e n<br />

Aus diesen Gründen haben die Sozialdienste<br />

auch schon mehrere Hobby- und Talentausstellungen<br />

von Armutsbetroffenen organisiert<br />

. Letztlich geht es um Würde . Aber natürlich<br />

besteht die Arbeit der Sozialdienste nicht<br />

nur aus «Happy Ends» . Vieles ist schwierig .<br />

Etwa wenn die Leute mit Forderungen, mit einer<br />

Anspruchshaltung kommen . Bei Migranten<br />

spielen oft auch kulturelle Unterschiede<br />

oder gar Missverständnisse mit: «Für sie sind<br />

wir in der Schweiz einfach die Reichen», sagt<br />

Beni Brack . Da muss man klar nein sagen können<br />

. Oder erklären, dass es andere Klienten<br />

gibt, die viel dringendere Bedürfnisse haben .<br />

«lustige vögel»<br />

Die Sozialdienst-Mitarbeitenden lachen los,<br />

als die Rede auf «den Griechen» kommt . Er ist<br />

einer jener «alten Bekannten», die <strong>im</strong>mer wieder<br />

auftauchen . Wie eine Art Wanderarbeiter<br />

scheint er umherzutingeln und in regelmässigen<br />

Abständen vorbeizukommen .<br />

Die Leute von den Sozialdiensten müssen einiges<br />

aushalten – und die Menschen trotzdem<br />

gern haben . «Das sind manchmal schon lustige<br />

Vögel, die da herumzwitschern», meint<br />

Gertrud Hermann . «Aber die machen das Leben<br />

auch farbig .» (pem)<br />

Sozialhilfe ist ein heisses Eisen – <strong>im</strong>mer wieder wird sie mit Missbrauch in Verbindung gebracht . Doch wer erhält eigentlich Sozialhilfe<br />

und warum? Aus Anlass des Europäischen Jahrs zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung hat die Schweizerische<br />

Konferenz für Sozialhilfe Skos die Wanderausstellung «Im Fall» lanciert, die auch in <strong>St</strong> .<strong>Gallen</strong> zu sehen sein wird . Die katholischen<br />

und evangelischen Sozialdienste und die Schule für Gestaltung haben zusammen mit Armutsbetroffenen eine Erweiterung der<br />

Schau erarbeitet, die den Alltag der Betroffenen veranschaulichen soll .<br />

Wie sieht Armut aus? Die kirchlichen Sozialdienste<br />

haben einigen ihrer Klienten eine Einwegkamera<br />

in die Hand gedrückt mit der Bitte,<br />

ihren Alltag zu fotografieren . «Es ist gar nicht<br />

so leicht, die eigenen vier Wände zu zeigen,<br />

wenn man ihnen die Armut ansieht», sagt Brigitta<br />

Holenstein vom Sozialdienst Ost . Doch<br />

das Resultat hat die <strong>St</strong>udierenden der Fachklasse<br />

visuelle Gestaltung an der Schule für Gestaltung<br />

begeistert . Die Betroffenen haben leere<br />

Kühlschränke ebenso aufgenommen wie<br />

sch<strong>im</strong>mlige Wohnungen und beantworten damit<br />

auf ihre Weise die Frage, wie denn Armut<br />

hier bei uns konkret aussehen kann .<br />

Informieren und sensibilisieren<br />

Die <strong>St</strong>udierenden stellen nun mit den Bildern<br />

eine Ergänzung zur Wanderausstellung «Im<br />

Fall» auf die Beine, welche die Schweizerische<br />

Konferenz für Sozialhilfe Skos lanciert hat und<br />

das städtische Sozialamt für <strong>St</strong> .<strong>Gallen</strong> organisiert<br />

. «Im Fall» ist vom 7 . bis 11 . April an der<br />

Frühlings- und Trendmesse Offa zu sehen, vom<br />

13 . bis 17 . April <strong>im</strong> Waaghaus . Sie «soll dazu<br />

beitragen, die Öffentlichkeit für die Themen<br />

Armut und soziale Ausgrenzung zu sensibilisieren»,<br />

ist auf der Homepage der Wanderausstellung<br />

zu lesen, «und die Akzeptanz der Sozialhilfe<br />

in der Gesellschaft zu stärken .» Denn das<br />

Thema Sozialhilfe gerät in der Öffentlichkeit<br />

nur allzu oft in den Geruch des Missbrauchs .<br />

Die Ausstellung will differenziert informieren<br />

und über die Ursachen der Armut aufklären .<br />

skos<br />

Die Skos, die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe,<br />

ist der Fachverband der Sozialhilfe und<br />

gleichzeitig Interessenvertreter der Sozialhilfe-<br />

Institutionen in der Schweiz . Die Organisation<br />

setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern<br />

von Gemeinden, Kantonen, dem Bund sowie<br />

privaten Organisationen aus dem Sozialbereich<br />

zusammen . Die Skos gibt insbesondere Richtlinien<br />

für die Ausgestaltung und Bemessung der<br />

Sozialhilfe heraus .<br />

www .skos .ch<br />

Damit soll das Verständnis für Menschen, die<br />

auf Unterstützung durch die öffentliche Hand<br />

angewiesen sind, gefördert werden .<br />

Mitten <strong>im</strong> öffentlichen raum<br />

Die Ausstellung ist so konzipiert, dass sie in<br />

den öffentlichen Raum sozusagen hinausragen<br />

kann: Verschiedene Elemente können nach<br />

draussen gestellt werden und dort, wo die<br />

Menschen unterwegs sind, Eckdaten zur Sozialhilfe<br />

vermitteln . Eingesetzt werden Texte, Fotografien<br />

und grafische Darstellungen, Film, Internet<br />

und Tonaufnahmen .<br />

Auch spielerische Elemente kommen nicht zu<br />

kurz – man kann sich zum Beispiel in eine Person<br />

hineinversetzen, die von Armut betroffen<br />

ist und Sozialhilfe bezieht . Denn schliesslich<br />

kann es jeden treffen . Die Ausstellungsmacher<br />

erinnern denn auch an die Auswirkungen der<br />

Wirtschaftskrise: «Personen, die ihre Existenz<br />

stets selbständig sichern konnten, sind plötzlich<br />

auf öffentliche Unterstützung angewiesen»,<br />

heisst es <strong>im</strong> Konzept . In diesem Fall – darauf<br />

spielt der Titel der Ausstellung an – ist die<br />

Sozialhilfe das Auffangnetz für den Notfall .<br />

Ein weiterer Akzent wird auf das Bild der<br />

Sozial hilfe in der Bevölkerung gelegt: Verschiedene<br />

Gruppen kommen mit ihrem Bild und ihrer<br />

Meinung zur Sozialhilfe zur Sprache . Parallel<br />

zur Ausstellung findet ein Rahmenprogramm<br />

statt mit zwei runden Tischen: Fachleute und<br />

Experten geben Auskunft . (pem)<br />

www .<strong>im</strong>-fall .ch

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