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Artheon Nr. 26 bis Seite 27.indd

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stäcker über Cooper und Karl May und<br />

durch die Klischees, die <strong>bis</strong> heute in der<br />

Werbung weitergetragen werden.<br />

Otterbeck hat neben den Kunstwerken,<br />

die er alle zu sichten versucht hat, die<br />

Tagebücher und Briefe der Reisenden<br />

ausgewertet, soweit sie öffentlich zugänglich<br />

gemacht wurden. Ein riesiger<br />

Anmerkungsteil – etwa 90 <strong>Seite</strong>n! – gibt<br />

reichlich Auskunft über die Quellen<br />

und zitiert manches vollständig, was im<br />

fließenden Text nur stören würde. So ist<br />

ein spannendes Buch entstanden, das in<br />

vieler Hinsicht die Mühe des Lesens und<br />

Blätterns lohnt.<br />

(Hans-Ulrich Carl)<br />

Das Komische in der Kunst<br />

Hrsg. von Roland Kunz<br />

Böhlau Verlag, Köln. Weimar. Wien,<br />

2007, ISBN 978-3-412-07206-3,<br />

179 s/w-Abb., € 29,90<br />

Auf dem Umschlag dieses hochinteressanten<br />

Buches ist der berühmte lachende<br />

Peeckelhaering des Frans Hals von 1630<br />

abgebildet. Dem Rezensenten hat dieses<br />

Bild das Buch lange verdorben, es erschien<br />

ihm eben gerade nicht „komisch“<br />

und überhaupt nicht zum Lachen, eher<br />

obszön und unverschämt. Erst nach 235<br />

<strong>Seite</strong>n ist ihm klar geworden, was da<br />

passiert: Es ist in der Tat mit diesem<br />

Bild die Dezenz verletzt! Und das so<br />

zu empfinden erweist sich als ein Erbe<br />

Lessings, auf dessen ästhetischen Überlegungen<br />

in „Laokoon. Über die Grenzen<br />

von Malerei und Poesie“ von 1766 unser<br />

Schönheitsempfinden sich offenbar <strong>bis</strong><br />

heute gründet. Zu starke Emotionen soll,<br />

nach Lessing, die Kunst nicht darstellen<br />

– sie soll sie allenfalls auslösen! „Das<br />

breite Lachen“ auf einem Bild, das dem<br />

Betrachter womöglich noch frontal ins<br />

Gesicht schlägt, ist ein Angriff auf den,<br />

der objektiv vor dem Bild stehen möchte<br />

und sich nun ausgelacht, angegrinst,<br />

überheblich verspottet – oder gar in seiner<br />

Sterblichkeit entlarvt wird.<br />

Dies ist nur eine der vielen Entdeckungen,<br />

die sich in diesem Buch machen<br />

lassen. Das Komische wird von 14 verschiedenen<br />

Autoren an Beispielen aus<br />

der Kunstgeschichte erörtert. Es beginnt<br />

mit Beobachtungen zu komischen Zügen<br />

48<br />

in der Kunstwissenschaft (Hans Ost).<br />

Da wird sichtbar, wie Kirche und Kunst<br />

mit dem selben Ernst an ihre Themen<br />

herangegangen sind – Lachen, Ironie,<br />

Komik war da eigentlich nie vorgesehen,<br />

tauchte also aus Versehen oder als leise<br />

versteckte Ironie in manchen Werken<br />

auf. (Roland Kunz führt einige hübsche<br />

Beispiele vor). Hans Körner beschreibt<br />

wie die Putti und später (Ohne Flügel!)<br />

die Kinder etwas Komisches in die Bilder<br />

brachten.<br />

Andrea von Hülsen-Esch schaut in die<br />

Wunderkammern der Fürsten des 16. und<br />

17. Jahrhunderts mit ihren verwachsenen<br />

Zwergen und Narrenfiguren. Jürgen<br />

Wiener verfolgt die Spuren des Komischen<br />

in den Gartenskulpturen, deren<br />

Erbe schließlich die <strong>bis</strong> heute beliebten<br />

Gartenzwerge sind. Es gibt ein Kapitel<br />

über die rührend komischen Düsseldorfer<br />

Maler der Biedermeierzeit (Ekkehard<br />

Mai). Über die Karikaturenkunst Honoré<br />

Daumiers schreibt Ekaterina Kepetzis.<br />

Vom komischen Spiel mit der gerade neu<br />

in Gebrauch gekommenen Photographie<br />

in den Künstlerkreisen der Bohème Berichtet<br />

Bodo von Drewitz. Guido Reuter<br />

zeigt am Beispiel des Themas „Diana<br />

und Actäon“, wie die Künstler in der<br />

Verfehlung des entscheidenden Augenblicks<br />

aus der Szene immer etwas leicht<br />

Lächerliches gemacht haben.<br />

„Das breite Lachen“, an dem sich der<br />

Rezensent so gestört hat, deutet Antje<br />

von Graevenitz einleuchtend. Olaf<br />

Peters erzählt von Wilhelm Fraengers<br />

Vorlesungen über das Komische in Heidelberg<br />

und Mannheim. Hiltrud Kier<br />

amüsiert sich über komische Aspekte<br />

in der Arbeit der Denkmalpflege. Und<br />

schließlich bietet Stefanie Lieb einen<br />

Blick auf die komischen Arbeiten Martin<br />

Kippenbergs, die „Hühnerdisco“, die<br />

„Bärensocke“, den gekreuzigten „Fred<br />

the Frog“ und anderes: „der Komödiant<br />

mit dem lachenden Gevatter Tod in den<br />

Kleidern“.<br />

Jedes Essay ist reich bebildert und mit<br />

einem hilfreichen Anmerkungsteil versehen,<br />

so dass in den verschiedensten<br />

Richtungen weitergesucht und nachgedacht<br />

werden kann. Am Ende steht ein<br />

Namensregister, das beim Nachschlagen<br />

gute Dienste leistet. Natürlich sind nicht<br />

alle Artikel gleich gut gelungen. Aber<br />

<strong>Artheon</strong>-Mitteilungen <strong>Nr</strong>. <strong>26</strong><br />

insgesamt schärft das Buch den Blick auf<br />

die Kunst durch neue Aspekte.<br />

Es wäre vermutlich ebenso ernüchternd<br />

(und komisch?), würde man sich aufmachen<br />

und „Das Komische in Theologie<br />

und Predigt“ zu finden versuchen. Auch<br />

dort gilt Emotionalität – gilt lautes Lachen<br />

womöglich – weitgehend als indezent<br />

und unangemessen vor dem Ernst<br />

Gottes.<br />

(Hans-Ulrich Carl)<br />

Andreas Küker<br />

Der Rückzug des Denkens in die<br />

Philosophie des Bildes<br />

Verlag Königshausen & Neumann,<br />

Würzburg, 2007, ISNB 978-3-8<strong>26</strong>0-<br />

3454-1, 112 S., € 18,--<br />

Tagtäglich ist der Mensch der Moderne<br />

einer Flut von Bildern ausgesetzt. Im<br />

Alltag kommen sie flüchtig im Vorübergehen<br />

oder aufdringlich in der Werbung.<br />

Jederzeit sind sie verfügbar oder abrufbar<br />

im Internet. Oder sie werden aufgesucht,<br />

gezielt im Atelier oder Museum<br />

und als besondere Arbeiten, Zeugnisse<br />

eines künstlerischen Schaffens, in den<br />

Blick genommen. So unterschiedlich<br />

die Begegnungen geschehen und die<br />

Orte sind, hier wie dort sind es Bilder,<br />

und es stellt sich die Frage, was ganz<br />

allgemein gesagt, das Bild zu einem<br />

Bild macht. Andreas Küker nimmt diese<br />

Fragestellung auf. Er geht von einer für<br />

ihn unbestreitbaren These aus, dass ein<br />

Bild eine Erscheinungsweise beinhaltet,<br />

die die Aufmerksamkeit des Betrachters<br />

für sich einzunehmen vermag. Die Arbeit<br />

zielt darauf, die Wesensgesetzlichkeiten<br />

aufzuzeigen, die dieser Wirkung auf den<br />

Betrachter zugrunde liegen. Beschrieben<br />

werden sollen allgemein aussagbare<br />

Strukturen über den Erlebnisgehalt in der<br />

Begegnung mit einem Bild. Die so formulierte<br />

Bildfrage wird von Küker darum<br />

als Frage nach den Grundlagen verstanden,<br />

von denen aus der Zugang zur<br />

ursprünglichen Bilderfahrung gelingt.<br />

Methodisch ist die Untersuchung als eine<br />

fortschreitende Denkbewegung im Dialog<br />

mit jeweils ausgesuchten Gesprächspartnern<br />

aus der formalen Ästhetik, der<br />

Existenzphilosophie und der phänomenologischen<br />

Bewegung angelegt. Dieses

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