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Erkenntnistheorie 16<br />

Aristoteles (384–322 v. Chr.)<br />

Während Platon immensen Einfluss auf die Ideenwelt der Spätantike und des Christentums ausübte, sollte<br />

Aristoteles weitaus stärker den Wissenschaftsbetrieb in seiner Organisationsform beeinflussen. Das wird bereits<br />

deutlich, wenn man auf die Art textlichen Niederschlags der Überlegungen sieht. Platon bietet Dialoge,<br />

Streitgespräche, in denen Beispiele diskutiert werden.<br />

Aristoteles verfasst dagegen enzyklopädisch geordnete Wissensbestände unter Themen der Forschung, an denen sich<br />

im selben Moment in Vermehrung des Wissens fortarbeiten ließ. Mit Physik und Metaphysik legte Aristoteles eine<br />

grundlegende wissenschaftliche Differenzierung vor, die Platonisches Nachdenken über Ideen und Erscheinungen<br />

der Welt einer rationalen Ordnung unterwarfen. Die weiteren Themen Ethik und Politik ergänzte er um den Bereich<br />

menschlicher Erfindungen von Welten, die Poetik, sowie um die Logik als Untersuchung der<br />

Argumentationsstrukturen.<br />

Bestimmend blieb für Aristoteles die Frage nach der Begründung der Idealformen. Seine Schriften liefern<br />

Differenzierungen, Definitionen und sie stützende Argumentationen. Die Frage nach der Vollkommenheit ist ein<br />

Ordnungsprinzip – unsere Ideen formulieren, so die Prämisse, implizit Gedanken vom perfekten Gegenstand seiner<br />

Art. Die wissenschaftlich argumentierende Untersuchung muss erklären können, warum Perfektion jeweils so zu<br />

definieren ist. In dieser Form erwägt Aristoteles ebenso, dass die Kugel die perfekte Form ist, wie welche<br />

Eigenschaften eine perfekte Tragödie haben muss. Regeln der Produktion entspringen den Darlegungen.<br />

Übertragungen bestimmen die Schlussfolgerungen, etwa wenn Aristoteles vom Makrokosmos auf den Mikrokosmos<br />

schließt, in der Grundannahme übergreifender Formgesetze.<br />

Man kann von Aristoteles Linien in die Enzyklopädistik des Mittelalters ziehen wie in die modernen<br />

Naturwissenschaften, die mit eigenen Modellannahmen von Atomen und Molekülen Versuchergebnisse<br />

interpretieren. Das moderne Westeuropa verdankt die im Mittelalter einsetzende Aristotelesrezeption dabei dem<br />

Kulturkontakt mit Arabien. Islamische Gelehrsamkeit schulte sich ab dem 9. Jahrhundert an den aristotelischen<br />

Schriften.<br />

Gnostik und christliche Spätantike<br />

Die entscheidenden Schritte in die internationale Kontroverse, die der Erkenntnistheorie am Ende Raum als<br />

Grundlagenprojekt gab, geschahen im Austausch zwischen der akademischen platonischen Philosophie<br />

Griechenlands und den religiösen bis sektiererischen Strömungen der Gnostik, die sich im südlichen Mittelmeerraum<br />

ausbreiteten, in einer Kontroverse, in die sich schließlich ab dem 2. Jahrhundert das Christentum einmischte, bereit,<br />

mit der Loslösung vom Judentum eine eigene internationalistische philosophische Dimension zu entwickeln und die<br />

größere Synthese anzubieten.<br />

Die gnostischen Strömungen (von griechisch γνωσις, gnosis, Erkenntnis) nahmen Debattenstränge der griechischen<br />

Philosophie auf, zeigten sich jedoch ebenso religiösem Denken aufgeschlossen. Der wesentlich ältere Zoroastrismus<br />

entwickelte hier Einfluss. Mit dem persischen Großreich war er vorübergehend staatstragende Religion geworden;<br />

sein einheitlicher Kultus breitete sich im Mittelmeerraum aus. Philosophisch war hier das Angebot attraktiv,<br />

Monotheismus mit einem grundlegenden dualistischen Weltbild zu verbinden. Was auch immer beobachtbar war,<br />

war im einheitlichen Interpretationsangebot als Kampf zwischen Gut und Böse zu deuten, als Prozess, in dem sich<br />

das Urfeuer von der Finsternis schied, das Geistliche über die Körperwelt siegte, Erkenntnis, gnosis, herstellte - in<br />

der Trennung des Geistes von der Materie, wenn man es philosophisch sehen wollte. Mit dem Beginn des Kosmos<br />

waren die Gegenpole in Vermengung geraten. In jedem Weltenlauf musste sich die Erkenntnis wieder Bahn brechen,<br />

der Geist wieder zusammenfinden. In jedem einzelnen beobachtbaren Prozess wirkten die nämlichen Kräfte, so das<br />

Angebot, das allen Naturvorgängen ein zentrales Prinzip gab.<br />

Größeren Zusammenhalt gewannen Teile der gnostischen Strömungen im Manichäismus, der sich zwischen dem 3.<br />

vorchristlichen und dem 3. nachchristlichen Jahrhundert im Mittelmeerraum als neue Religion ausbreitete, bevor das

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