Zabel_ueber_Bloch_plus_Info_dt_engl - Omnia vincit Amor
Zabel_ueber_Bloch_plus_Info_dt_engl - Omnia vincit Amor
Zabel_ueber_Bloch_plus_Info_dt_engl - Omnia vincit Amor
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Prinzip Hoffnung 58<br />
Das Dunkel des gelebten Augenblicks<br />
Anschließend (S. 343–368) führt er seine Überlegungen zum Dunkel des gelebten Augenblicks und dem Staunen<br />
aus. In diesem Kapitel bringt er sogenannte spirituelle Fragen mit der Klassengesellschaft in einen Zusammenhang.<br />
Das Dunkel des gelebten Augenblicks ist das unmittelbare Jetzt, welches ge-lebt aber nie er-lebt werde. In diesem<br />
Jetzt treibe es, in ihm sei der Grun<strong>dt</strong>rieb des Hungerns, das unmittelbare Jetzt bilde damit die Front worin echte<br />
Zukunft entschieden werden könne. Zum Verwirklichen dieser Zukunft gehöre jedoch nicht nur das Dunkel des Jetzt<br />
als Quelle sondern ebenso die ihm entsprechende Offenheit des objekthaften Hintergrunds, die Utopie als<br />
Frontbestimmtheit der Objekte. Dunkler Augenblick und adäquate Offenheit der Objekte seien die Pole des<br />
antizipierenden Bewusstseins. Offene Adäquatheit mache sich in der seltsamen Erfahrung eines antizipierenden<br />
Stillehaltens, dem fragenden Staunen deutlich und dieses laufe als unkonstruierbare Frage wieder in das Dunkel des<br />
Augenblicks hinein.<br />
In dem Nächsten – nicht im Fernsten – stecke mithin der Knoten des Daseinsrätsels. Der Zielinhalt des Dunkel des<br />
gelebten Augenblicks sei unter der mythologischen Bezeichnung Gott intendiert und sei mit unmythologischer<br />
Bezeichnung Agens wie Kern der sich entwickelnden Materie. Diese unmittelbar zu erleben sei bislang noch nicht<br />
möglich und somit lebe noch kein Mensch wirklich, was <strong>Bloch</strong> in verschiedenen Werken mit der Formel: „Ich bin.<br />
Aber ich habe mich noch nicht.“ auszudrücken versucht. Das Carpe diem (Pflücke den Tag) der Tatmenschen sei<br />
weit davon entfernt das Jetzt erleben zu lassen und ebenso reiche reine Kontemplation nicht aus. In der<br />
Klassengesellschaft, die notwendig über das Produkt das wirklich Produzierende übersehe, finde ein<br />
Begreifen-Ergreifen der aktuellen Triebkräfte des Geschehens nicht statt, bestenfalls falle ein senkrecht<br />
einschlagendes Licht auf die Unmittelbarkeit revolutionärer Situationen. Hier sei ein militanter Optimismus<br />
angebracht, ein echtes geschichtsbewusstes Carpe diem.<br />
Wunschbilder im Spiegel (Drittes Kapitel)<br />
In diesem letzten Kapitel des ersten Bandes geht <strong>Bloch</strong> auf die<br />
Wunschbilder ein, die uns in der Unterhaltung erscheinen.<br />
Es handelt vor allem auch von den gebrochenen Wunschbildern, die<br />
sich nicht entfalten können, die uns verführbar machen. <strong>Bloch</strong> spricht<br />
hier über das Licht der Reklame, die bunten Magazine. Er schreibt über<br />
die Südsee in Jahrmarkt und Zirkus und über Märchen. Das „Es war<br />
einmal“ beziehe sich nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die<br />
Zukunft, das Magische, so Ernst <strong>Bloch</strong>, intendiere das Schlaraffenland<br />
als Utopie. Es folgen die Abschnitte Reiz der Reise und Wunschbilder<br />
im Tanz. Hierzu sei angemerkt, dass <strong>Bloch</strong>, drastischer noch als<br />
Adorno, den amerikanischen Jazz-Tanz verurteilte: Der Mensch soll<br />
besudelt werden und das Gehirn entleert. Diesem setzte er den<br />
bodenständigen und – seinerzeit – nicht vermarkteten Volkstanz<br />
Schloss Versailles, Orangerie ...das Interesse des<br />
abendländischen Absolutismus am orientalischen<br />
Despotismus ließ hier zugleich in die arabische<br />
Phantasie greifen.<br />
entgegen. Allerdings lobte er als Philosoph des aufrechten Ganges am Volkstanz genau das, was den heutigen Jazz<br />
Dance mitausmacht: die Körperlinie und die Bewegung aus dem Becken.<br />
Im Unterkapitel zur Schaubühne bezieht sich <strong>Bloch</strong> positiv auf Bertolt Brecht. Hier bespricht er die Freude an der<br />
Befreiung, den Trotz und die Hoffnung als wirkenden Anteil Zukunft im Theater.