Zabel_ueber_Bloch_plus_Info_dt_engl - Omnia vincit Amor
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Erkenntnistheorie 41<br />
miteinander befinden? Können wir sagen, dass alle Erkenntnisse „nützlich“ im Umgang mit der Welt sind?<br />
Zirkelschlüsse weist die Evolutionäre Erkenntnistheorie aus Sicht der strengen idealistischen oder positivistischen<br />
Philosophie auf: Materie, die Existenz von Körpern, deren Evolution – all dies wird von der evolutionären<br />
Erkenntnistheorie vorausgesetzt. Sie benötigt die der Evolution unterworfene Materie für die Produktion der<br />
biologischen Erkenntnisapparate, die am Ende der Evolution eben in Kategorien wie Materie, Raum, Zeit und<br />
Kausalität denken sollen. Ein Glaube an die naturwissenschaftlichen Erklärungsmodelle stabilisiert die evolutionäre<br />
Erkenntnistheorie.<br />
Daneben gibt es in der evolutionären Erkenntnistheorie auch eine kritischere Position. Sie wurde von den Anhängern<br />
des Kritischen Rationalismus vertreten, [30] vorwiegend Karl R. Popper und Donald T. Campbell. Sie bestreiten, dass<br />
es sichere Evidenz gibt – auch nicht in naturwissenschaftlichen bzw. naturalistischen und insbesondere auch nicht<br />
evolutionären Erklärungen. Jeder Versuch, bestimmte Meinungen als wahr und gewiss herauszusondern (als<br />
„Wissen“), müsse scheitern. [31] Es gebe insbesondere auch im Rahmen evolutionärer Modellbildungen nur blinde<br />
Variation zusammen mit selektiver, ausschließlich negativer Rückkopplung. Die Evolution der Lebewesen und die<br />
Evolution des menschlichen Wissens gehen dabei ineinander über; sie beide stellen einen objektiven<br />
Problemlösungs- und Lernprozess dar, der im Wesentlichen auf den gleichen Prinzipien basiert. Die Selektion in der<br />
natürlichen Evolution entspricht dabei der Kritik im Bereich des menschlichen Wissens: „Diese Art der <strong>Info</strong>rmation<br />
– die Abweisung unserer Theorien durch die Wirklichkeit – ist […] in meinen Augen die einzige <strong>Info</strong>rmation, die<br />
wir von der Realität bekommen können: alles andere ist unsere eigene Zutat.“ [32] Die Entwicklung basiert demnach<br />
also auf der Fehlerkorrektur im Bezug auf eine objektive Problemsituation. Verbunden mit der Position ist ein<br />
radikaler, aber nichtbegründender Apriorismus: Jegliches Wissen wird als dem „Inhalt nach a priori, nämlich<br />
genetisch a priori“ [33] angesehen, nicht jedoch als a priori gültig oder begründet. Aufgrund dieser<br />
erkenntnistheoretischen Haltung wird diese Position gemeinhin als Totalskeptizismus oder Totalirrationalismus<br />
kritisiert [34][35][36][37][38] und weitestgehend ignoriert. [39][40] David Miller, der prominenteste zeitgenössische<br />
Vertreter dieser Position, hat sie bekräftigt und die Kritik zurückgewiesen. [41] (Für den Fall, dass es nur um Worte<br />
geht, ist er bereit, die Bezeichnung ‚Irrationalist‘ zu akzeptieren.) [42] Er vertritt den Standpunkt, dass die Sichtweise<br />
die aktuell einzige existierende ist, die – trotz vieler ungelöster Probleme – im Ansatz ernsthaft behaupten kann,<br />
logisch haltbar zu sein. [43]<br />
Künstliche-Intelligenz-Forschung<br />
In eine eigene mehr durch technologische Projekte bestimmte<br />
Problemzone drang die Künstliche-Intelligenz-Forschung vor. An einer<br />
Stelle ist sie jedoch mit der Evolutionären Erkenntnistheorie<br />
verbunden: Sie fragt aus den Naturwissenschaften und der<br />
Konstruktion von Maschinen kommend, wo Verstehen anfängt, wo<br />
Bewusstsein einsetzt? Beide Fragen werden virulent, wo immer wir<br />
Maschinen bauen, die uns Denkvorgänge abnehmen und zur<br />
Interaktion zur Verfügung stehen. Schachcomputer spielen<br />
Handlungsverläufe von Schachpartien weit effizienter durch, als wir<br />
dies könnten; sie tun dabei letztlich durchaus nichts anderes, als wir<br />
selbst täten, wenn wir schneller denken könnten und<br />
Tandy radio shack 1650 aus den 1980er Jahren<br />
Handlungsverläufe besser memorieren könnten – dennoch gehen wir nicht davon aus, dass sie denken. Weder die<br />
Abbildung des Gerätes noch sein Schaltplan zeigen die Grundgedanken des Schachspiels. Wir kommunizieren mit<br />
Maschinen, wenn wir eine Bestellung per Telefon über ein Spracherkennungsverfahren abgeben. Die von uns