Zabel_ueber_Bloch_plus_Info_dt_engl - Omnia vincit Amor
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Das Prinzip Hoffnung 57<br />
Die Kategorie Möglichkeit<br />
Hierauf folgen kategoriale Bestimmungen: die Kategorien Front,<br />
Novum und Ultimum werden eingeführt. Sodann wird auf die<br />
aristotelische Materiekonzeption und die für <strong>Bloch</strong> daraus resultierende<br />
Unterscheidung innerhalb der Kategorie Möglichkeit eingegangen: die<br />
Unterscheidung zwischen dem Nach-Möglichkeit-Seienden und dem<br />
In-Möglichkeit-Seienden. Dieser Unterscheidung entspricht die<br />
Differenzierung der Gesellschaftsanalyse, die Ernst <strong>Bloch</strong> in seiner<br />
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus für notwendig<br />
erachtete: dem Kältestrom, womit er die harte und klare marxistische<br />
Zustandsanalyse der ökonomischen und politischen Ressourcen- und<br />
Machtverteilung in der Gesellschaft bezeichnete und die das<br />
Nach-Möglichkeit-Seiende ermittele; und dem Wärmestrom, welcher<br />
die Erwartungen der Menschen ernst nimmt und so auf die<br />
Hoffnungsseite der objektiv-realen Möglichkeit, dem<br />
In-Möglichkeit-Seiendem abzielt. Die objektiv-reale Möglichkeit<br />
erscheine in der Kunst als Vorschein. Aber wie die beiden letzten Teile<br />
des Prinzip Hoffnung zeigen sollen, ist dieser Vorschein omnipräsent.<br />
<strong>Bloch</strong> zerlegt die Kategorie Möglichkeit im Folgenden in vier<br />
Schichten:<br />
• das formal Mögliche – das, was nicht der Logik widerspricht<br />
(formal zulässig)<br />
• das sachlich-objektiv Mögliche – das, was nach Maßgabe der<br />
Erkenntnistheorie möglich ist (objektiv vermutbar)<br />
• das sachhaft-objektgemäß Mögliche – das, was<br />
gegenstandstheoretisch möglich ist (objektgemäß offen)<br />
Endlose Treppe von Max Bill. Die 19<br />
gewundenen Stufen stellen das philosophische<br />
Prinzip Hoffnung dar<br />
• das objektiv-real Mögliche – das, was in der Materie Latenz und Tendenz hat (der Prozessmaterie entsprechend)<br />
Damit das sachhaft-objektgemäß Mögliche sich verwirklicht, ist es wichtig, dass die partiellen Bedingungen des<br />
aktiven Vermögens einerseits und der passiven Möglichkeit andererseits ineinandergreifen. Verkürzt ausgedrückt:<br />
um lesen zu können, muss man lesen können (Vermögen) und einen Text haben (passive Möglichkeit), erst dann<br />
besteht die (sachhaft-objektgemäße) Möglichkeit zu lesen. Das objektiv-real Mögliche setzt <strong>Bloch</strong> mit der Materie<br />
gleich. Allerdings ist die Materie bei ihm keine Klotzmaterie, sondern selbstschöpferisch.<br />
siehe hierzu auch: In-Möglichkeit-Seiendes, Wärmestrom / Kältestrom<br />
Zum Theorie-Praxis-Verhältnis<br />
Dies führt zu seiner Auseinandersetzung mit den marxschen Feuerbach-Thesen. Hier entwickelt Ernst <strong>Bloch</strong> das<br />
marxistische Theorie-Praxis-Verhältnis weiter:<br />
„Die dialektisch-historische Tendenzwissenschaft Marxismus ist derart die vermittelte Zukunftswissenschaft<br />
der Wirklichkeit <strong>plus</strong> der objektiv-realen Möglichkeit in ihr; all das zum Zweck der Handlung.“ (S. 331)<br />
siehe hierzu auch: Fortbildungstheorie