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Erkenntnistheorie 24<br />

Locke und Shaftesbury schrieben Erkenntnis-, Gesellschafts-, Moral- und Staatstheorie in unterschiedlichen<br />

Argumentationsstrukturen, systematischer der eine, mehr auf die Ästhetik des Arguments bedacht, der andere. Ihre<br />

Angebote erschienen ab 1689 in direkter Auseinandersetzung mit der Glorious Revolution, der zweiten Revolution<br />

des Jahrhunderts, die, wenn sie erfolgreich verlief, Hobbes gegenbewies, der im Blick auf die Revolution von<br />

1641/42 behauptet hatte, dass Revolutionen einen Staat grundsätzlich zerstören mussten. Locke und Shaftesbury<br />

schrieben im Geflecht der Parteiinteressen, das sich 1689 herausbildete: Während auf dem Kontinent einzelne<br />

Regenten Bündnisse mit einzelnen Konfessionen schlossen in Versuchen, diese sich unterzuordnen, so schlossen in<br />

Großbritannien von nun an Parteien Bündnisse mit Regenten wie mit den im Land vertretenen Religionen. Beide,<br />

Locke und Shaftesbury, produzierten mit dem Empirismus und ihren Gesellschafts- und Moraltheorien<br />

Erkenntnistheorie im Interesse der Whigs, die, mit einer Unterbrechung von 1709 bis 1714, bis in das späte 18.<br />

Jahrhundert die Macht behalten sollten. Hatte Hobbes die Unterordnung aller Gruppen unter die Krone gefordert, so<br />

forderten die Vertreter des Empirismus nach Locke einen Staat, der dem Monarchen Macht zugestand, so lange er<br />

sie im Interessen der Bürger nutzte, einen Staat, der in England über eine Staatskirche verfügen mochte, der<br />

gleichzeitig aber die wichtigste Klientel der Whigs, den Religiösen Dissent, tolerierte. Die politisch intrikaten<br />

Forderungen setzten Theorien voraus, die nicht von einer der religiösen Gruppen ausgingen. Die neuen<br />

gesellschaftspolitischen Traktate und Essays wurden erkenntnistheoretisch empiristisch untermauert im Blick auf<br />

eine Sicht, die den individuellen Leser in den Medien überzeugte – das Erkenntnisvermögen der Rezensenten war<br />

mit den neuen Argumentationslinien unabhängig von aller Religion angesprochen. Locke wurde zwar unverzüglich<br />

auf dem Kontinent rezipiert, fand jedoch hier bezeichnend wenig Interesse als unabhängiger Erkenntnistheoretiker.<br />

Shaftesbury kam in den 1760ern und 1770ern auf dem Kontinent in Mode als Vertreter der Empfindsamkeit, mit der<br />

sich ein neuer selbst erkennender und verantwortlicher Staatsbürger fordern ließ, dessen Perspektiven neue Staaten<br />

akzeptieren würden. Locke wurde 1776 der Philosoph der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Die langsame<br />

Rezeption des Empirismus auf dem Kontinent scheint am deutlichsten damit zu tun zu haben, dass kontinentale<br />

Philosophen bis in die Zeit Jean-Jacques Rousseaus noch darauf bauten, bei weitem mehr zu erreichen, wenn sie<br />

einzelne Regenten überzeugten. Eine Erkenntnistheorie, die sich vor allem Parteien in der überkonfessionellen<br />

Kontroverse anbot, blieb hier bis ins 19. Jahrhundert von geringem Interesse.

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