Ägyptens Schätze entdecken - Historisches Museum der Pfalz Speyer
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3.1.5.3 Nutztiere<br />
Die Zählung des Nutzviehs, die alle zwei Jahre im ganzen Land durchgeführt wurde,<br />
war die Grundlage <strong>der</strong> Viehsteuer, die eine bedeutende Einnahmequelle darstellte. Im Alten<br />
Reich wurden sogar die Jahre nach <strong>der</strong> Viehzählung datiert, bevor nach Regierungsjahren<br />
eines Pharao gerechnet wurde. Nach den Erhebungen um das Jahr 2900 v. Chr. wird ein<br />
Bestand von 400.000 Stück Großvieh und 1,4 Millionen Kleinvieh angegeben. 67<br />
Die domestizierten Haustiere umfassten in Ägypten etwa ein Dutzend Arten. Rind,<br />
Schaf, Ziege und Schwein waren die wichtigsten landwirtschaftlichen Nutztiere. Das Rind<br />
hatte dabei die größte Bedeutung. 68 Das zeigt sich auch in den Opferlisten für das<br />
Totenopfer. Je<strong>der</strong> Verstorbene wünschte sich als Speise im Jenseits Rin<strong>der</strong>schenkel und<br />
zwar, wie meist hinzugefügt wird, die „hervorragendsten Stücke“. Knochenfunde jedoch<br />
beweisen, dass im Alltag nur wenig Rind gegessen wurde. Wohl gerade deshalb steht es auf<br />
<strong>der</strong> „Wunschliste“ <strong>der</strong> Verstorbenen ganz oben. Auch die <strong>der</strong> Oberschicht Angehörenden<br />
werden sich nicht allzu viel Rindfleisch geleistet haben. Denn wenn ein Tier geschlachtet<br />
war, musste es wegen <strong>der</strong> klimatischen Bedingungen im Land am Nil und <strong>der</strong> fehlenden<br />
Kühlmöglichkeiten sofort verzehrt werden, und das konnte nur bei größeren Festgelagen <strong>der</strong><br />
Fall sein. Von den Rin<strong>der</strong>n nutzte man nicht nur das Fleisch, son<strong>der</strong>n auch die Milch.<br />
Kuhmilch war ein bei den Ägyptern sehr geschätztes Produkt. Milch verarbeiteten sie auch<br />
nachweislich zu Butterfett, Molke und Käse. 69 Rin<strong>der</strong>dung diente als Brennstoff, aus<br />
Rindsle<strong>der</strong> konnten Sandalen gefertigt werden, mit dem Fell konnte man Möbel<br />
bespannen. 70 Als Arbeitstiere waren Rin<strong>der</strong> vornehmlich zum Ziehen <strong>der</strong> Pflüge und zum<br />
Dreschen des Getreides auf <strong>der</strong> Tenne eingesetzt.<br />
In Gebelein stieß man bei Ausgrabungen auf die Bestattung eines jungen Stieres, die<br />
zudem mit Tongefäßen, einer Strohmatte und einem Messer aus Kieselstein ausgestattet<br />
war und die Zeugnis für die Bedeutung <strong>der</strong> Viehzucht und vor allem des Rindes für die<br />
damalige Gesellschaft ablegt. Der Stier symbolisierte Stärke und Zeugungskraft. Um an<br />
diesen Eigenschaften des Rindes teilzuhaben, gestaltete man seit <strong>der</strong> Frühzeit auch gerne<br />
Möbelfüße in Form von Stierhufen 71 , wie das Exponat aus Gebelein in <strong>der</strong> Ausstellung<br />
(4300-3000 v. Chr.) demonstriert.<br />
Hieroglyphe: Rin<strong>der</strong>bein und Huf<br />
Da die Rin<strong>der</strong>bestände groß waren, musste man allerdings auch damit rechnen, dass<br />
viele Rin<strong>der</strong>krankheiten auftraten. Wie die Ägypter damit umzugehen versuchten, belegt <strong>der</strong><br />
Veterinärpapyrus von Kahun, <strong>der</strong> sich mit verschiedenen Tierkrankheiten befasst und die<br />
ältesten Anweisungen zur Heilung von Tierkrankheiten enthält. Lei<strong>der</strong> sind große Teile<br />
dieses Papyrus nicht mehr lesbar, doch gerade <strong>der</strong> Teil, <strong>der</strong> sich mit den Rin<strong>der</strong>krankheiten<br />
beschäftigt, hat sich noch am besten erhalten. Der Papyrus erweist sich als Zeugnis für eine<br />
wissenschaftliche Vorgehensweise, weil er Krankheitssymptome beschreibt, daraufhin eine<br />
Diagnose stellt, schließlich eine Therapie vorschlägt und eine Prognose über die<br />
Heilungschancen wagt. Allerdings sind die Krankheiten für uns heute nicht mehr zu<br />
identifizieren. Eine „nefet“ genannte Krankheit wird mit einem Segel determiniert, so dass<br />
davon auszugehen ist, dass es sich um eine ansteckende Seuche handelt, die durch den<br />
Wind übertragen wird. Aber um welche Krankheit es sich dabei genau handelt, ist nicht<br />
auszumachen. 72<br />
Die Kälber wurden von den Ägyptern fürsorglich behandelt, so sieht man in<br />
Wandmalereien immer wie<strong>der</strong> Hirten, die ein Kälbchen über <strong>der</strong> Schulter tragen. Eine<br />
67 E. Brunner -Traut, Die Alten Ägypter, S.34<br />
68 J. Boessneck, S.66ff.<br />
69 L. Sist, Lebensmittel und Ernährung, in: A. M. Donadoni Roveri u.a., Das Alte Ägypten, Bd.I, S.69<br />
70 C. Strauss-Seeber, S.83<br />
71 D. Arnold, Falken, Katzen, Krokodile, S.87<br />
72 J. Boessneck, S.71<br />
© <strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> <strong>der</strong> <strong>Pfalz</strong> <strong>Speyer</strong><br />
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