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Ägyptens Schätze entdecken - Historisches Museum der Pfalz Speyer

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Plutarch berichten, wurde <strong>der</strong> Apisstier im 25. Lebensjahr getötet. Danach wurde er<br />

demselben Mumifizierungsritual unterworfen, wie es dem König zuteilwurde, und<br />

anschließend wurde er in unterirdischen Gewölben beigesetzt. 162 Die für ihn eigens<br />

angefertigten Granitsarkophage konnten ein Gewicht von 70 Tonnen und mehr erreichen. 163<br />

Für den Apisstier wurde sogar ein Lebenslauf angefertigt mit Geburts- und Todesdatum<br />

sowie Festfeiern zu seinen Ehren. 164<br />

3.9 Mumifizierung<br />

Die Alten Ägypter pflegten ihre Toten zu mumifizieren, da sie den Erhalt des Körpers<br />

für das Weiterleben im Jenseits für unverzichtbar hielten. 165 Denn die Ägypter stellten sich<br />

das Jenseits als Fortsetzung des Diesseits vor, wenn auch unter angenehmeren<br />

Bedingungen.<br />

Wie die Mumifizierung genau ablief, erfahren wir nicht aus ägyptischen Texten. 166<br />

Hier waren die griechischen Schriftsteller Herodot, <strong>der</strong> um 450 v. Chr. das Nilland bereiste,<br />

und Diodor, <strong>der</strong> im 1. Jh. v. Chr. sogar eine Zeit lang in Alexandria lebte, die Ersten, die uns<br />

davon berichten. Offenbar galt die Mumifizierung als Tabu im Alten Ägypten. 167<br />

Den Einbalsamierungsvorgang führten Priester durch, die die Rolle des Gottes<br />

Anubis übernahmen, <strong>der</strong> für die Balsamierung zuständig war. Dies muss man sich konkret<br />

so vorstellen, dass die Priester Anubismasken aufsetzten und sich auf diese Weise in eine<br />

Person verwandelten, die über göttliche Kräfte verfügte. 168 Der oberste Priester trug den Titel<br />

„Hüter des Geheimnisses“. Allein dieser Titel verdeutlicht schon, dass nichts über das<br />

Geschehen am Balsamierungsort nach draußen dringen sollte.<br />

Ägyptische Papyri, die sich mit <strong>der</strong> Mumifizierung befassen, liegen uns seit etwa <strong>der</strong><br />

Zeitenwende und dem 1. Jh. n. Chr. vor (Papyrus Rhind I, Papyri Boulaq 3 und Louvre<br />

5158), aber darin geht es mehr um Rituale, die die Mumifizierung begleiteten, als um eine<br />

genaue Beschreibung, wie diese vorgenommen wurde.<br />

Wo die Nachrichten aus <strong>der</strong> Antike spärlich fließen, können mo<strong>der</strong>ne<br />

Untersuchungsmethoden die Lücke schließen. Computertomografie bei Mumien eingesetzt,<br />

hilft hier bei <strong>der</strong> Klärung von Sachverhalten und lässt den Körper unversehrt, da <strong>der</strong><br />

Leichnam ja nicht seziert werden muss, um Erkenntnisse zu gewinnen.<br />

Wie die Mumifizierung genau vollzogen wurde, lässt sich also nur rekonstruieren:<br />

Zuerst wurde <strong>der</strong> Leichnam des Verstorbenen 4 Tage nach dem Tod in <strong>der</strong><br />

Balsamierungsstätte, die den Namen Per nefer „Schönes Haus“ o<strong>der</strong> Wabet „reine Stätte“<br />

trug, gewaschen und gereinigt. Dabei wurde <strong>der</strong> Leichnam auf einen hölzernen Tisch<br />

gebettet. Anschließend wurde er aufgeschnitten und die Organe entnommen, da <strong>der</strong>en<br />

Zersetzung die innere Verwesung beschleunigt hätte. Das Gehirn wurde mit einem Haken<br />

durch die Nase entfernt. Die durch die Organentnahme im Körper entstandenen Hohlräume<br />

füllte man mit verschiedenen Substanzen aus. Zur Dehydrierung wurde <strong>der</strong> Körper dann auf<br />

162 s. Kap. 3.10 (Tiermumien)<br />

163 R. H. Wilkinson, S.170ff.<br />

164 M. Bommas, Das Alte Ägypten, S.125. Beson<strong>der</strong>es thematisiert wird <strong>der</strong> Apisstier im Jumus.<br />

165 Grundlegend: Ägyptische Mumien; J. Assmann, Tod und Jenseits im Alten Ägypten; R. David/R. Archbold; R.<br />

Germer, Das Geheimnis <strong>der</strong> Mumien; Dies., Mumien; J.-C. Goyon; J.-C.Goyon/P. Josset; K. Küster, S.2ff.; E.<br />

Kruck, „Mein Körper besteht“, in: Begleitbuch zur Ausstellung; Mumie und Computer, Bd. I und II<br />

166 Die Bezeichnungen „Mumifizierung“ und „Balsamierung“ sind mo<strong>der</strong>n. H. Sternberg (S.406, Anm. 8a) verweist<br />

auf eine Schrift mit dem Titel „Was den Balsamierer betrifft“ in einem medizinischen Lehrbuch <strong>der</strong> 18. Dyn.,<br />

worauf sich <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Begriff „Balsamierung“ stützen kann. Zum Ablauf <strong>der</strong> Mumifizierung: s. auch: D. v.<br />

Recklinghausen, „Man hat dir eine Bestattung mit Salbe und Binden bereitet“. Die Mumifizierung im Alten<br />

Ägypten, in: Ägyptische Mumien, S.50ff.<br />

Der Name „Mumie“ leitet sich aus dem Persischen ab und bedeutet so viel wie „Erdpech“ o<strong>der</strong> „Bitumen“. Da die<br />

Mumienbinden von <strong>der</strong> Farbe her so aussahen, als seien sie mit Erdpech bestrichen worden, wurde die<br />

Bezeichnung „Mumie“ bald auch auf die angeblich damit behandelten Leichname übertragen (R.Germer,<br />

Mumien, S.16f.).<br />

167 Herodots Text in Kap. 4.2 <strong>der</strong> Handreichung<br />

168 Eine solche Anubismaske besitzt das Roemer- und Pelizaeus-<strong>Museum</strong> in Hildesheim.<br />

© <strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> <strong>der</strong> <strong>Pfalz</strong> <strong>Speyer</strong><br />

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