Ägyptens Schätze entdecken - Historisches Museum der Pfalz Speyer
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Ägypten „ein Geschenk des Nils“. Da 95 % <strong>Ägyptens</strong> zu den extrem trockenen<br />
Wüstengebieten <strong>der</strong> Erde gehören, war es tatsächlich die jährliche Nilüberschwemmung, <strong>der</strong><br />
Ägypten seinen Wohlstand verdankte. Alle Gebirgsbäche, die vom Hochgebirge Äthiopiens<br />
herab nach Westen flossen, transportierten fein zerriebenes Gestein und ergossen sich in<br />
die Quellflüsse des Nil, den Weißen und den Blauen Nil. 9 Wenn <strong>der</strong> Nil sich nach <strong>der</strong><br />
Überschwemmung wie<strong>der</strong> zurückzog, ließ er eine Schicht fruchtbaren, schwarzen<br />
Nilschlamms zurück. 10 Daher ist es auch zu verstehen, dass die Alten Ägypter das Land in<br />
ihrer Sprache „Kemet“ nannten, was so viel wie das „Schwarze“ bedeutet und den<br />
fruchtbaren, reich mit mineralischen Nährstoffen versetzten, schwarzen Nilschlamm meint.<br />
Heute bleibt durch die Regulierung des Flusses auf Grund des Assuanstaudammes die<br />
jährliche Überschwemmung aus, dafür besteht aber auch nicht mehr die Gefahr zu geringer<br />
und zu großer Überflutungen. Allerdings muss jetzt mit Kunstdünger ausgeglichen werden,<br />
was <strong>der</strong> Nil nicht mehr am Ufer an wertvollen Mineralien ablagern kann.<br />
Die Ägypter teilten die 12 Monate des Jahres je nach dem Stand des Nils in 3<br />
Jahreszeiten mit je 4 Monaten ein. Die Nilüberschwemmung wurde jedes Jahr zwischen Juni<br />
und September erwartet. Diese Jahreszeit wurde ägyptisch „Achet“ genannt, was mit<br />
„Überschwemmung“ zu übersetzen ist. Da von <strong>der</strong> Nilschwelle die Fruchtbarkeit des Landes<br />
abhing, markierte <strong>der</strong>en Beginn den Anfang des ägyptischen Jahres. An die Jahreszeit<br />
„Achet“ schloss sich die Zeit <strong>der</strong> Aussaat und Ernte an, die ägyptisch „Peret“, auf Deutsch<br />
„das Herauskommen“ heißt, also auf das Aufsprießen <strong>der</strong> Saat hinweist. Die letzte Periode<br />
des Jahres nannten die Ägypter „Schemu“, was so viel wie „Trockenheit“ bedeutet.<br />
Das Nilwasser als Spen<strong>der</strong> einer reichen Vegetation war so sehr in <strong>der</strong><br />
Vorstellungswelt <strong>der</strong> Alten Ägypter verankert, dass sie auch den Regen als „Nil am Himmel“<br />
deuteten, wobei sie jedoch einschränkten, dass <strong>der</strong> himmlische Nil in Form <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>schläge vor allem den Fremdvölkern zuteilwerde, <strong>der</strong> wahre Nil aber in Ägypten fließe.<br />
Dies war in <strong>der</strong> Tat eine richtige Beobachtung, denn Regen fiel kaum im Alten Ägypten, aber<br />
in dem Stolz, dass die Ägypter allein den wahren Nil besäßen, drückt sich auch ein<br />
Überlegenheitsgefühl gegenüber den Nachbarvölkern aus.<br />
Schaut man sich die Landkarte an, so erkennt man, dass Ägypten im Norden im<br />
Nildelta und dann in dem nach Süden anschließenden Niltal durch die Farbe „Grün“ geprägt<br />
ist, also durch fruchtbaren Boden. In <strong>der</strong> Antike bildeten sieben Nilarme das Delta, heute<br />
sind es nur noch zwei Mündungsarme. Die an den Nil angrenzenden Gebiete sind gelb auf<br />
<strong>der</strong> Karte eingezeichnet, was sie als Wüste charakterisiert. Da die Nachbarvölker <strong>Ägyptens</strong><br />
vor allem in Regionen lebten, die durch Wüste geprägt waren, bewohnten sie folglich<br />
unwirtliche, feindliche und bedrohliche Gebiete. Die Ägypter sahen den Wüstensand<br />
allerdings nicht als gelb an wie wir, son<strong>der</strong>n sie nannten die Wüste „das Rote“, weil <strong>der</strong> Sand<br />
in <strong>der</strong> sengenden Sonne rot zu glühen schien. Die Farbe „Rot“ hatte aber für die Ägypter wie<br />
für uns eine aggressive, gefährliche Note. So spiegelt sich im Gegensatz „schwarz =<br />
fruchtbar“ - „rot = unfruchtbar“ einerseits die hohe Wertschätzung <strong>der</strong> Ägypter für ihr eigenes<br />
Land wie<strong>der</strong>, das ihnen so günstige Lebensbedingungen bot, an<strong>der</strong>erseits aber übertrugen<br />
die Ägypter gleichzeitig ihre Abneigung gegen die lebensfeindlichen Bedingungen in den<br />
Nachbarlän<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong>en Bewohner. Die Nachbarn waren demnach für sie die<br />
Verkörperung <strong>der</strong> Gefahr und des Chaos, das man unbedingt von den Grenzen fernhalten<br />
musste. Denn dies hätte die gottgewollte Ordnung gestört.<br />
Nach dem Glauben <strong>der</strong> Ägypter war <strong>der</strong> Nil mit <strong>der</strong> Schöpfung entstanden, sein<br />
periodisches Ansteigen und Zurückweichen war göttlicher Wille. Deshalb musste man dem<br />
Nilgott Hapi Opfer darbringen und Riten zelebrieren, damit die Überschwemmung auch jedes<br />
Jahr im richtigen Maße wie<strong>der</strong>käme, we<strong>der</strong> zu hoch noch zu niedrig, da beides eine<br />
Hungerkatastrophe zur Folge gehabt hätte. Die jährlich wie<strong>der</strong>kehrende Nilflut war eine<br />
Konstante in <strong>der</strong> Naturerfahrung <strong>der</strong> Ägypter, die auch die Schöpfungsmythen prägte, indem<br />
9 A. Erman/H. Ranke, S.16<br />
10 Schon Herodot bezeichnet den ägyptischen Boden als „schwarz und brüchig, eben weil er aus Schlamm<br />
besteht“ (Hdt. Hist.II,12, übers. v. A. Horneffer 1971).<br />
© <strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> <strong>der</strong> <strong>Pfalz</strong> <strong>Speyer</strong><br />
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