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Ägyptens Schätze entdecken - Historisches Museum der Pfalz Speyer

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nämlich den Nil zum Vorbild. Wie dieser durch das Land floss, sein Wasser noch in die<br />

kleinsten Kanäle verteilte, so stellten sich die Ägypter den menschlichen Kreislauf vor.<br />

Wurde das, was <strong>der</strong> Mensch zu sich nahm, ordnungsgemäß wie<strong>der</strong> aus dem Körper<br />

transportiert, war er gesund. Krankheit war gleichbedeutend mit „Verstopfung“ des<br />

Transportsystems. Gerade bei Magenleiden stoßen wir auf viele Ausdrücke, die aus <strong>der</strong><br />

Schifffahrt entlehnt sind. 96 Ausgehend von <strong>der</strong> ägyptischen Vorstellung, dass Krankheiten<br />

durch „Verstopfung“ verursacht würden, erklärt sich auch <strong>der</strong> häufige Gebrauch von Brech-<br />

und Abführmitteln.<br />

Da die Heilmittel teilweise unspezifisch bei verschiedenen Leiden eingesetzt wurden,<br />

stellt sich die Frage, ob die Wirkungsweise auf Erfahrung beruhte o<strong>der</strong> doch eher in den<br />

Bereich <strong>der</strong> Magie einzuordnen ist. Denn Magie gehörte unabdingbar zur ägyptischen<br />

Medizin dazu. Dort, wo die Heilmittel an ihre Grenzen stießen, setzte die Magie ein. Da die<br />

Ursache von Krankheiten im Wesentlichen in dem Wirken böser Dämonen gesucht wurde,<br />

glaubte man an die Macht von Zaubersprüchen, um sie auszutreiben, und hoffte, damit das<br />

Übel an <strong>der</strong> Wurzel zu packen. Allerdings darf man nicht verhehlen, dass Magie auch eine<br />

Placebowirkung entfalten konnte, die zur Heilung führte.<br />

Die ägyptische Medizin verfolgte in ihrem Heilungskonzept verschiedene Prinzipien.<br />

Ein Grundsatz war, dass Ähnliches nur mit Ähnlichem geheilt werden könne. So wurden<br />

Straußeneierschalen eingesetzt zur Behandlung von Brüchen <strong>der</strong> Schädeldecke. Der Sud<br />

einer gekochten grauen Maus sollte gegen das Ergrauen <strong>der</strong> Haare helfen. Ruß und Asche<br />

wurden bei Brandblasen eingesetzt. 97<br />

Eine an<strong>der</strong>e Methode war, nicht mit Gleichem, son<strong>der</strong>n mit dem Gegenteiligem zu<br />

heilen. So sollte das Blut eines schwarzen Tieres gegen graue Haare Erfolg zeitigen.<br />

Daneben gab es die Überzeugung, dass ausgefallene o<strong>der</strong> teure Mittel auch<br />

beson<strong>der</strong>s wirksam seien. In diese Kategorie gehört <strong>der</strong> Einsatz von tierischen und<br />

menschlichen Exkrementen. 98<br />

Nicht nur Fäkalien kamen zum Einsatz, son<strong>der</strong>n auch Körperteile von Tieren bzw.<br />

Tierblut. Wenn allerdings von Hasen- und Eselsohren in Rezepturen die Rede ist, sollte man<br />

dies nicht wörtlich nehmen. Es handelt sich hierbei um Pflanzen, die in <strong>der</strong> Schreibung als<br />

solche auch durch ein angefügtes Pflanzendeterminativ o<strong>der</strong> durch die Hieroglyphe für<br />

„Baum“ eindeutig als Pflanzen kenntlich gemacht sind.<br />

Die Ägypter kann man auch als Entdecker des Penicillins ansehen. Bei <strong>der</strong><br />

Wundbehandlung griff man am ersten Tag zu frischem Fleisch als Wundauflage, das<br />

adstringierende Wirkung hatte und am zweiten Tag legte man verschimmeltes Brot auf. Hier<br />

könnte sich die Wirkung des Penicillins entfaltet haben.<br />

Manchen Mitteln kann auch von <strong>der</strong> heutigen Warte aus durchaus medizinischer<br />

Nutzen bescheinigt werden. Dazu gehören Kot und Harn, die antibiotische Wirkstoffe<br />

enthalten. Harnsalben werden heutzutage bei trockener Haut, Schuppenflechte und<br />

Neuro<strong>der</strong>mitis verordnet. Zur Herstellung von Salben im Alten Ägypten diente als häufiges<br />

Bindemittel Öl und Honig. Auch Bier, das sich oft in ägyptischen Medizinsäften findet, soll<br />

eine leichte antibiotische Wirkung haben<br />

Fliegenkot und Krokodilsblut soll sogar nach neuesten Erkenntnissen eine starke<br />

antibiotische Wirkung entfalten. In Australien wird heute mit diesen Bestandteilen geforscht,<br />

und es erscheint möglich, in Zukunft daraus Medikamente gegen das HIV Virus zu<br />

entwickeln. 99<br />

Wie die Ausbildung <strong>der</strong> Ärzte erfolgte, darüber wissen wir nichts. Schutzpatron <strong>der</strong><br />

Ärzte war <strong>der</strong> Gott Thot. Wir können den medizinischen Papyri nur entnehmen, dass die<br />

Ärzte ihre Patienten sorgfältig untersuchten, dann Heilmittel verordneten, die in <strong>der</strong> Regel<br />

vier Tage genommen werden sollten. Die Zahl „Vier“ stand für die vier Himmelsrichtungen<br />

und damit für die Erfassung des Ganzen.<br />

Auch machte <strong>der</strong> Arzt eine Aussage über die Erfolgsaussichten seiner Behandlung.<br />

96 W. Westendorf, S.44<br />

97 B. Goede, Die <strong>der</strong> Ägypter, S.10; W. Westendorf, S.180<br />

98 B. Goede, Die <strong>der</strong> Ägypter, S.10f.<br />

99 B. Goede, Die <strong>der</strong> Ägypter, S.13f.<br />

© <strong>Historisches</strong> <strong>Museum</strong> <strong>der</strong> <strong>Pfalz</strong> <strong>Speyer</strong><br />

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