Mit Bibel und Spaten? - Theologisches Studienjahr Jerusalem
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Palestine Exploration F<strong>und</strong> hat diesen<br />
umfassenden Anspruch auch<br />
in umfassender Weise ausgeführt:<br />
mit dem monumentalen „Survey<br />
of Western Palestine“ (erschienen<br />
1882-1888). Dieser Publikation fehlt<br />
jedoch das heute entscheidende Datierungsinstrument,<br />
die Keramikchronologie.<br />
Eine erste verbindliche<br />
Keramiktypologie für Palästina wurde<br />
erst um 1890 von Flinders Petrie<br />
entwickelt.<br />
Die Arbeit der wissenschaftlichen<br />
Gesellschaften, die von ihren Heimatländern<br />
aus operierten, wurde um die<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertwende durch die Gründung<br />
von Forschungsinstituten in<br />
<strong>Jerusalem</strong> ergänzt, mit denen Wissenschaftler<br />
eine Art europäischen Wohnsitz<br />
im Nahen Osten erhielten. Die<br />
bedeutensten Institute sind die École<br />
Biblique et Archéologique (gegründet<br />
1890), die American Schools of Oriental<br />
Research (gegründet 1900) <strong>und</strong><br />
das Deutsche Evangelische Institut für<br />
Altertumswissenschaft des Heiligen<br />
Landes (gegründet 1902). Die dadurch<br />
entstehenden Forschungsmöglichkeiten<br />
führten in kurzer Zeit zu einer<br />
Forschungsdichte im Lande sowie zu<br />
einer Konzentration von Bibliotheken<br />
<strong>und</strong> Wissenschaftlern in <strong>Jerusalem</strong>,<br />
die damals in keinem anderen Land<br />
des Nahen Ostens erreicht wurde. In<br />
diesen Jahren entwickelten die Briten<br />
mit Flinders Petrie in Palästina die besten<br />
Grabungs- <strong>und</strong> Surveymethoden<br />
des Nahen Ostens. Die Stratigraphie,<br />
Keramiktypologie <strong>und</strong> die sorgfältige<br />
Publikation ihrer Grabungen waren in<br />
ihrer Zeit beispielhaft <strong>und</strong> unerreicht<br />
im übrigen Nahen Osten.<br />
Cardo<br />
Seit dem Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
lässt sich in der Archäologie<br />
des Nahen Ostens allgemein so etwas<br />
wie eine „Emanzipation“, eine<br />
Verselbständigung der Archäologie<br />
beobachten. War die Archäologie im<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert noch eine Hilfswissenschaft<br />
der Geschichtswissenschaft,<br />
eine Lieferantin für Inschriften oder<br />
Ausstellungsobjekte für die großen nationalen<br />
Museen, so begann sie nach<br />
dem Ersten Weltkrieg eine Wissenschaft<br />
mit eigener Theorie, Methodologie<br />
<strong>und</strong> eigenem Ausbildungsgang<br />
zu werden. Dieser Prozess gründete<br />
sich nicht zuletzt auf die zunehmende<br />
Spezialisierung des Faches <strong>und</strong> die<br />
wachsende Literatur. In Palästina war<br />
die Archäologie zu Anfang noch ganz<br />
Fragestellungen untergeordnet, die<br />
sich aus dem <strong>Bibel</strong>studium ergaben.<br />
Spätestens mit der Mandatsverwaltung<br />
setzt auch in Palästina ein Prozess<br />
der Verselbständigung ein. Die<br />
Antikenverwaltung der Mandatsregierung<br />
nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte<br />
einen Denkmalschutz für die<br />
materiellen Überreste aller Perioden<br />
Palästinas, vom Paläolithikum bis zur<br />
osmanischen Epoche. Dabei wurde<br />
formal den historischen Epochen des<br />
Alten <strong>und</strong> Neuen Testaments keine<br />
besondere Rolle eingeräumt.<br />
<strong>Mit</strong> der leistungsfähigen britischen<br />
Antikenverwaltung verbesserten sich<br />
die Forschungsbedingungen weiter:<br />
Zwischen 1918 <strong>und</strong> 1948 fanden<br />
zahlreiche Grabungen in den Schlüsself<strong>und</strong>stellen<br />
Palästinas statt. Zu<br />
den bedeutendsten Grabungen dieser<br />
Zeit zählen Tell Abu Hawwam,<br />
öAthlit, Megiddo, Beth Schean, Beitin,