Mit Bibel und Spaten? - Theologisches Studienjahr Jerusalem
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Forschungsinstituten, Museen, Lehranstalten<br />
<strong>und</strong> Bibliotheken.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat<br />
sich eine Grabungsmethode herauskristallisiert,<br />
die von Y. Aharoni in<br />
der Grabung von Beerscheba <strong>und</strong><br />
von J. Seger in Gezer beispielhaft angewandt<br />
worden ist. Unabhängig von<br />
einzelnen Differenzen ist man sich<br />
im Wesentlichen einig darüber, wie<br />
Bef<strong>und</strong>e dokumentiert <strong>und</strong> F<strong>und</strong>e<br />
geborgen werden sollen.<br />
Ein zentraler Bereich der palästinensischen<br />
Altertumsk<strong>und</strong>e, die biblische<br />
Landesk<strong>und</strong>e, hat sich gründlich<br />
geändert. War sie früher eher<br />
eine historische Disziplin, vor allem<br />
eine historische Topographie, die darauf<br />
zielte, biblische Orte zu lokalisieren,<br />
so handelt es sich dabei heute<br />
um Paläodemographie, historische<br />
Siedlungsgeographie <strong>und</strong> funktionale<br />
Regionalanalysen, die vor allem von<br />
Archäologen durchgeführt werden.<br />
Diese neue Form der Landesk<strong>und</strong>e<br />
untersucht die wirtschaftliche <strong>und</strong><br />
gesellschaftliche Komplexität der antiken<br />
Kulturen <strong>und</strong> ihre geographischen<br />
Manifestationen.<br />
Fazit<br />
Die Entwicklung der Palästina-Archäologie<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg<br />
lässt sich in sechs Thesen zusammenfassen:<br />
1. Archäologie in Palästina beschäftigt<br />
sich heute nicht mehr hauptsächlich<br />
mit der Identifikation biblischer<br />
Ortslagen <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>e-<br />
Cardo<br />
nen historischen <strong>und</strong> chronologischen<br />
Problemen, sondern mit funktionalen<br />
Regionalanalysen <strong>und</strong> problemorientierten<br />
Projekten zur materiellen Kultur<br />
des alten Palästinas.<br />
2. Die Archäologie Palästinas ist<br />
heute ein multidisziplinäres Unternehmen,<br />
an dem Sprachwissenschaften,<br />
Kulturanthropologie, Archäologie <strong>und</strong><br />
Naturwissenschaften mitarbeiten.<br />
3. Während bis Anfang der siebziger<br />
Jahre Ausgrabungen hauptsächlich<br />
von Theologen durchgeführt worden<br />
sind, sind heute vornehmlich ausgebildete<br />
Archäologen am Werk.<br />
4. Während früher fast ausschließlich<br />
mit Lohnarbeitern gegraben wurde,<br />
arbeiten heute in den Forschungsprojekten<br />
der Universitäten vor allem<br />
Archäologie-Studenten <strong>und</strong> Volontäre.<br />
5. Früher wurden Grabungen <strong>und</strong><br />
Surveys hauptsächlich von ausländischen<br />
Institutionen durchgeführt,<br />
während sie heute hauptsächlich von<br />
israelischen Institutionen, Universitäten<br />
<strong>und</strong> der staatlichen Antikenbehörde<br />
(Israel Antiquities Authority) veranstaltet<br />
werden. In jüngster Zeit kommt<br />
das Palestinian Department of Antiquities<br />
hinzu, das im Gebiet der palästinensischen<br />
Selbstverwaltung tätig ist.<br />
6. Akademische Forschung in Israel<br />
<strong>und</strong> den besetzten Gebieten wurde<br />
früher fast ausschließlich von ausländischen<br />
Institutionen organisiert. Heute<br />
spielen die Auslandsinstitute immer<br />
noch eine wichtige Rolle, die akademische<br />
Hauptarbeit im Lande wird inzwischen<br />
aber von israelischen <strong>und</strong> palästinensischen<br />
Universitäten geleistet.<br />
Gunnar Lehmann ist Senior Lecturer im Department of Bible, Archaeology<br />
and Ancient Near East der Ben-Gurion-Universität in Beersheva in Israel.